Protocol of the Session on May 28, 2015

Das ist ein ganz normaler Vorgang, dass es Briefwechsel gibt.

[Heiterkeit bei der LINKEN – Zurufe]

Herr Henkel sucht den Brief gerade.

[Heiterkeit bei der LINKEN]

Der Brief ist bei Herrn Henkel auch angekommen. Das zeigt ja auch, dass der Senat ernsthaft Interesse daran hat, hier zu einer Veränderung zu kommen. Briefwechsel zwischen Senatoren ist etwas ganz Übliches.

[Steffen Zillich (LINKE): Wer schreibt, der bleibt!]

Vielen Dank, Frau Senatorin!

Jetzt hat Herr Abgeordneter Delius die Möglichkeit, für die Piratenfraktion eine Frage zu stellen. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vor dem Hintergrund des kürzlich angelaufenen Volksbegehrens gegen Unterrichtsausfall frage ich den Senat, ob der SPDBildungssenatorin der Parteitagsbeschluss der eigenen Partei vom Mai 2009 bekannt ist, der eine 15-prozentige Vertretungsreserve fordert, und ob sie bei ihrer Einschätzung bleibt, dass eine solche Forderung lebensfremd ist. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für den Senat antwortet Frau Senatorin Scheeres. – Bitte!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind hier im Parlament und nicht auf dem Parteitag. Sicherlich hat die Partei unterschiedliche Beschlüsse – das ist bei Ihnen genauso.

[Steffen Zillich (LINKE): Das hat nichts miteinander zu tun!]

Zum Thema Vertretung: Die aktuelle Handhabe ist so, dass wir 100 Prozent Lehrerausstattung haben und 3 Prozent flexible Vertretungsmittel. Das war auch das, was die Schulen damals gewünscht haben, um flexibel auf Unterrichtsausfall reagieren zu können. Im Land Berlin – Sie kennen die Statistiken – haben wir einen Unterrichtsausfall von 2,1 Prozent. Da liegen wir im bundesweiten Durchschnitt. Aber das heißt ja nicht, dass

wir uns zurücklehnen und sagen können: Wir liegen im Durchschnitt; das reicht aus! – Wir arbeiten kontinuierlich daran, dass die Unterrichtsversorgung über unterschiedliche Maßnahmen verbessert wird. Es ist Ihnen bekannt, dass wir die Zahl dauerkranker Lehrer senken konnten. Wir rechnen diese nicht an. Auch das Gesundheitsmanagement und viele andere Themen führen dazu, dass der Unterricht stattfindet. Auch die Schule selbst hat eine Verantwortung zu managen, dass, wenn Lehrkräfte krank werden, Klassenfahrten oder Projektwochen stattfinden, der Unterricht gewährleistet werden kann.

Wir haben jetzt das Volksbegehren auf dem Tisch. Es fordert 110 Prozent Lehrerausstattung. Das ist ein Thema im Rahmen des Volksbegehrens, bei dem ich sage: Das Ziel, dass weniger Unterricht ausfällt, teilen wir. Das ist ganz klar; daran arbeiten wir jeden Tag. Aber den Weg teile ich nicht. Wenn Sie sich die Statistiken anschauen, haben wir Schulen, die jetzt schon 110 Prozent Ausstattung haben und einen Ausfall von 4,5 Prozent. Wir haben aber andere Schulen mit 110 Prozent, die einen Ausfall von 1,9 Prozent haben, oder Schulen mit 100 Prozent Ausstattung und einem Unterrichtsausfall von 2 Prozent. Man kann also keinen Bezug dazu herstellen, dass damit dieses Thema gelöst sei.

Allen ist, glaube ich, auch bekannt, dass es kein Bundesland gibt, das keinen Unterrichtsausfall hat, wie alle damit kämpfen und versuchen, ihre Wege zu gehen. Wie gesagt: Das Ziel teile ich. Aber dem Instrument stehe ich kritisch gegenüber.

Vielen Dank! – Haben Sie eine Nachfrage, Herr Abgeordneter Delius? – Bitte!

Vielen Dank, Frau Senatorin! Ich nehme also mit, dass Sie bei Ihrer Einschätzung bleiben. Das muss dann die SPD unter sich klären. – Sie haben die Statistik angesprochen: Sie wissen, dass es in Berlin nicht bei 2,1 Prozent bleibt, wenn man genau hinguckt. Das Volksbegehren rechnet sogar mit 10 Prozent realem Unterrichtsausfall. Planen Sie denn, Ihre eigene Statistik im Hinblick auf Transparenz und Ehrlichkeit zu überarbeiten?

Vielen Dank! – Frau Senatorin!

Sehr geehrter Herr Delius! Da wird alles zusammengepackt, und dann sind wir bei den 10 Prozent. Unterricht wird aber auch qualifiziert vertreten, und ich finde, man sollte nicht einfach so zur Seite räumen, dass Schulen das

sehr gut organisieren und dass Lehrer Unterricht so vorbereiten, dass, falls sie einmal krank sind, sie adäquat vertreten werden können. So zu tun, als würde überhaupt kein qualifizierter Vertretungsunterricht stattfinden, finde ich den Lehrkräften gegenüber nicht in Ordnung – das möchte ich an dieser Stelle einmal sagen.

Es ist die Frage, wie man das berechnet. Ich habe von 2,1 Prozent Unterrichtsausfall gesprochen. Es wird Unterricht vertreten, das ist der Fall und auch richtig. Ihn komplett ausfallen zu lassen, fände ich noch schwieriger. – Ich möchte noch etwas zu den 110 Prozent sagen: Wenn die Lehrkräfte eingestellt werden, werden sie auch eingesetzt. Ich gehe nicht davon aus, dass die Schulleitungen die Lehrkräfte im Lehrerzimmer sitzen und warten lassen, bis irgendwo Unterricht ausfällt. Wenn man die Realität der Schule sieht, dass eine Lehrkraft im Rahmen der 110 Prozent für Vertretungsunterricht abgefordert wird, dafür aber etwas anderes ausfällt, dann wird das auch wieder kritisiert werden. Es ist also die Frage: Ist das das richtige Instrument? Wie geht man damit um? – Das wird sicherlich noch Diskussionen im Fachausschuss geben, und die Initiatoren werden sich auch dazu äußern. Ich denke, das ist ein falsches Instrument. Das Thema, wie es uns gelingt, dass weniger Unterricht ausfällt, müssen wir selbstverständlich weiter diskutieren.

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Dann hat jetzt der Herr Abgeordnete Reinhardt die Gelegenheit zu einer weiteren Nachfrage. – Bitte!

Vielen Dank! – Frau Senatorin! Ich habe so ein bisschen den Eindruck, dass Unterrichtsausfall ein ganz entscheidender Faktor bei der Tatsache ist, dass immer mehr Menschen ihre Kinder nicht mehr auf öffentliche Schulen schicken, sondern auf Privatschulen. Sehen Sie das ähnlich?

Vielen Dank! – Frau Senatorin!

Dazu nur: Bei freien Schulen fällt auch Unterricht aus und wird vertreten.

Vielen Dank!

Das war die zweite Runde nach der Stärke der Fraktionen. Die ist damit beende. Nun können wir die weiteren Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Wie üblich

(Senatorin Sandra Scheeres)

werde ich die Runde mit einem Gongzeichen eröffnen. Sie können sich dann sofort eindrücken. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden hier nicht erfasst und bleiben unberücksichtigt.

[Gongzeichen]

Ich gehe davon aus, dass alle Gelegenheit hatten, sich anzumelden.

[Gongzeichen]

Damit beende ich die Anmeldung und verlese Ihnen zunächst die ersten beiden Fragenden. Viel Zeit haben wir leider nicht mehr. Beginnen wird Herr Magalski. Es folgt Herr Herrmann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Wie erklärt sich der Senat, dass in Zeiten, wo Fälle von Gewalt in der Familie und Kindesmisshandlungen konstant die Berichterstattung der Berliner Medien füllen, diejenigen, die erheblich zur Prävention dieser Gewalt und zur Unterstützung belasteter Familien beitragen könnten, nämlich die freiberuflichen Familienhebammen, laut deren Vertreterin zukünftig so schlecht bezahlt werden sollen, dass viele von ihnen – trotz Absolvierung einer entsprechenden Schulung, die durch die Alice Salomon Hochschule und den Notdienst Kinderschutz entwickelt wurde – diese Tätigkeit nicht antreten wollen und werden, anstatt gestärkt die großen Herausforderungen in der Familienbetreuung mit Neugeborenen wahrnehmen zu können?

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Vielen Dank, Herr Magalski! – Für den Senat antwortet Senator Czaja. – Bitte!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Die Familienhebammen leisten eine Aufgabe, die von der Bildungsverwaltung und unserer Verwaltung begleitet wird. Ich habe aber in Ihrem Schwall von Fragen und Vorwürfen gar nicht den Kern der Frage mitbekommen. Ich habe es so verstanden: Die haben eine Ausbildung an der AliceSalomon-Hochschule wahrgenommen und wollen jetzt den Dienst nicht antreten. Wenn ich das richtig verstanden habe, war das der Kern Ihrer Frage.

Haben Sie eine Nachfrage? – Bitte!

Nein, das war nicht der Kern der Frage. Der Kern der Frage ist: Durch welche Berechnung kommt der Senat auf die entsprechende Empfehlung des Stundensatzes von 55 Euro für die Familienhebammen, der allein durch die Aufwendungen für die Betriebshaftpflicht und Rentenvorsorge sowie die Einbeziehung des Wegegeldes zum Wochenbettbesuch so stark aufgezehrt wird, dass es am Ende auf einen viel geringeren Stundensatz hinausläuft, sodass das Engagement der Familienhebammen nicht mehr auskömmlich durchgeführt werden kann?

[Torsten Schneider (SPD): Ich finde 55 Euro pro Stunde zu viel! Schreiben Sie das ruhig ins Protokoll!]

Vielen Dank! – Herr Senator Czaja!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Wir haben eine Ausführungsvorschrift der Senatsverwaltungen für Bildung und für Gesundheit zur Vergütung der Familienhebammen zusammen mit den Bezirken erarbeitet. Der von Ihnen genannte Stundensatz spiegelt nicht alle darin genannten Preise wider. Ich gehe davon aus, dass wir so ein Thema vielleicht einmal im Ausschuss differenzierter behandeln können als hier im Rahmen der Fragestunde. Die von Ihnen erwähnten Annahmen werden aber vom Fachbereich so nicht geteilt. Zudem handelt es sich um eine Ausführungsvorschrift, die zusammen mit den Bezirken erarbeitet wurde. Der Stundensatz beruht auf kalkulatorischen Größen.

Herr Abgeordneter Schneider! Wir befinden uns hier im Bundesdurchschnitt und nicht an der oberen Grenze. Die Haushaltspolitiker müssen durch Ihren Zwischenruf nicht die Sorge bekommen, wir würden den Familienhebammen in Berlin zu viel bezahlen.

Die Gelegenheit zu einer weiteren Nachfrage hat Frau Abgeordnete Burkert-Eulitz. – Bitte!

Das Thema Familienhebammen beschäftigt uns gefühlt schon seit Jahren hier im Haus. Es ist auch nicht unbekannt, dass es hinsichtlich der Kostensätze Probleme gibt. Mich würde interessieren: Wie ist der aktuelle Stand der Arbeit der Familienhebammen? Es war ja ein Problem, ob die überhaupt weiterarbeiten wollen. Werden die eingesetzt? Wie viele sind tätig? Im letzten Jahr waren es noch sehr wenige.

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

Danke! – Ich glaube, die Frage ist verstanden worden. – Herr Senator!

Es gibt jetzt hier einen heftigen Dialog, aber die Familienhebammen werden eingesetzt. Sie sind in den Bezirken im Einsatz. Wir haben die Ausführungsvorschrift zusammen mit den Bezirken erarbeitet und eine deutlich positivere Variante bei der Vergütung verabredet, als es in der Vergangenheit der Fall war.

Vielen Dank, Herr Senator!