Protocol of the Session on May 28, 2015

Für eine Kurzintervention hat der Kollege Baum das Wort!

Ich habe darauf verzichtet, Zwischenfragen zu stellen, aber auf ein paar Punkte möchte ich noch mal eingehen. Wenn Sie sagen, das sei so eine erfolgreiche Radverkehrsstrategie, dann frage ich mich tatsächlich: Wo sehen Sie die im öffentlichen Straßenland? Wäre nicht vielleicht eine erfolgreiche Radverkehrsstrategie der Zukunft eine, die tatsächlich einen wesentlich höheren Radverkehrsanteil bis 2030 – beispielswiese von 45 Prozent – vorsieht? Wäre es nicht möglich, dass z. B. bei mehrspurigen Straßen dem Autoverkehr eine Spur weggenommen und dem Radverkehr zugeschlagen wird, wenn es die Zahl der Radfahrer an dieser Stelle erfordert? Was passiert mit den 5 Euro pro Kopf? Das war eigentlich für diese Legislaturperiode Ihr Ziel. In Potsdam sind in der mittelfristigen Finanzplanung bereits über 10 Euro eingestellt. Warum passiert das in Potsdam und nicht in Berlin? Ist Potsdam erfolgreicher als Berlin, oder ist das wieder ein Vergleich Äpfel mit Birnen?

[Lars Oberg (SPD): Genau das!]

Aber genau das machen Sie auch. Sie sagten, Paris sei nicht mit Berlin vergleichbar. Zwei Sätze später sagen Sie aber: In Paris ist der Radwegeausbau nicht so toll wie in Berlin. – Da kann man das dann wieder vergleichen. – Sie widersprechen sich da selbst.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Wenn noch Abstellanlagen dazukommen, frage ich mich: Warum sind die dann immer belegt?

[Lars Oberg (SPD): Weil sie so erfolgreich sind!]

Ja! Und weil dort Fahrräder sind, mit deren Entsorgung die ach so erfolgreichen Bezirke überfordert sind. Man könnte sich mal Gedanken darüber machen, ob es ein berlinübergreifendes Konzept geben kann, das dafür sorgen würde, dass diese neu hinzukommenden Fahrradabstellanlagen an S-Bahnhöfen und Ähnlichem über die Dauer der Zeit nicht nur mit Fahrradleichen bestückt werden.

(Ole Kreins)

[Beifall bei den PIRATEN]

Ihre Rede war der von Herrn Müller im letzten Jahr sehr ähnlich. Ist Ihnen beim Ausdrucken vielleicht etwas durcheinandergekommen? – Danke!

[Beifall und Heiterkeit bei den PIRATEN und den GRÜNEN – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Zur Erwiderung hat jetzt der Kollege Kreins das Wort. – Bitte schön!

Herr Baum! Wenn Ihnen die Rede bekannt vorkam, dann deshalb, weil ich sie schon zwei Mal in ähnlicher Art und Weise gehalten haben.

[Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Da lüge ich gar nicht. Aber das Problem ist, dass Sie nicht zuhören, und deswegen halte ich sie auch noch ein drittes und viertes Mal, bis Sie verstehen, was ich sage.

Herr Baum! Sie haben gerade gefragt, woran ich erkenne, dass diese Radverkehrsstrategie erfolgreich ist. An jeder Ampel stehen Radfahrer in der dritten und vierten Reihe. Da müssen Sie sich mal die Frage stellen, warum so viele Menschen mit dem Rad fahren. Sie tun das, weil es so ein attraktives Angebot in dieser Stadt gibt. Das können Sie nicht wegreden. Das ist Fakt. Wenn Sie sich mit den Fakten auseinandersetzen, dann kommen Sie zu diesen Erkenntnissen.

Einen Punkt haben Sie angesprochen, der mir auch sehr auf dem Herzen liegt. Ich habe mich auch schon über die Fahrradwracks, die Schrottfahrräder gewundert. Da gibt es Bezirke, die räumen 400 Fahrräder im Jahr weg, und dann gibt es Bezirke, die räumen vier weg. Dann geht man in einen Bezirk, in dem vier Fahrräder weggeräumt werden, Lichtenberg beispielsweise, fragt und erhält die Antwort: Nein, nein, das machen wir nicht, das ist nicht notwendig. Die Rechtslage ist unterschiedlich. – Die Rechtslage wird in anderen Bezirken ja wohl nicht grundsätzlich anders sein. Das kann man dem Bürger nicht erklären. Dann geht man einen Bahnhof lang und zählt fünf Fahrräder. Dann geht man zum nächsten Bahnhof und zählt wieder fünf Schrottfahrräder unter Hunderten. Das ist das Problem. Als erstes muss man die Schrottfahrräder wegräumen und dann auch die Frage stellen, ob wir weitere Infrastruktur brauchen.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Da bin ich der Meinung, dass wir vereinheitlichen müssen, aber den Abgeordneten zu sagen, wie unterschiedlich die Bezirke ihre Hausaufgaben machen, ist natürlich auch schwierig.

[Steffen Zillich (LINKE): Christian, guck’ nicht so!]

Die Fragestellungen, die hier noch offen sind, und die hier nicht genannt worden sind, sind die, wie wir beispielsweise mit Elektromobilität umgehen, nämlich dem Radverkehr, der schneller ist als der andere, also die Frage unterschiedlicher Geschwindigkeiten. Wir haben die Fragestellung zu realisieren, wie wir Kapazitätsengpässe, beispielsweise an der Frankfurter Allee und der Karl-Marx-Straße, im begrenzten Stadtraum organisieren. Wir haben auch die Frage zu stellen und insgesamt zu beantworten, wie wir die Diskrepanz zwischen Mobilität in der Innenstadt und den Stadtrandbezirken organisieren. Das sind die Herausforderungen, neben der Frage der Finanzierung, denen wir uns stellen müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Danke schön! – Jetzt kommt der Kollege Gelbhaar von den Grünen zu Wort. – Ich mache noch einmal darauf aufmerksam, dass bei Zwischenbemerkungen und Erwiderungen keine Zwischenfragen zulässig sind. – Bitte schön, Herr Gelbhaar!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kreins! Es gibt ja doch noch Leben in der SPD.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die Leidenschaft wünsche ich mir dann auch bei den Haushaltsberatungen.

Der Radverkehr nimmt in Berlin zu, das sehen wir alle. Das sieht man nicht nur an der regen Beteiligung an der Critical Mass, das sieht man jeden Tag. Aber, und das ist die Wahrheit, das passiert nicht wegen, sondern trotz der Politik des Senats.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Martin Delius (PIRATEN): Den kann man immer bringen!]

Den kann man immer bringen, weil es immer stimmt. – Ich möchte zur Untersetzung dieser Behauptung – mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident – den Regierenden Bürgermeister zitieren. Er sagte an dieser Stelle vor ziemlich genau einem Jahr, damals noch als Verkehrssenator:

Insofern ist es nicht wirklich zukunftsweisend, den alten Fehler, auf die autogerechte Stadt zu setzen, dadurch zu ersetzen, dass man auf die fahrradgerechte Stadt setzt, und die großen Schneisen nicht mehr für die Autos zu bauen, sondern für die Fahrräder.

(Andreas Baum)

Ich finde, das ist ein Armutszeugnis. Bevor Herr Kreins hier an das Pult kam, hatte ich gehofft, dass sich da im Bewusstsein etwas entwickelt hat.

[Ole Kreins (SPD): Das ist zusammenhanglos gewesen! Zitieren Sie mal den Satz danach!]

Herr Kreins hat es gerade noch einmal wiederholt, in modularem Redesystem, wie wir gerade gelernt haben.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Nun könnte man ironisch erwidern, dass es ganz schön breite Schneisen braucht, um diese dicken Fahrräder aufzunehmen. Aber tatsächlich ist es doch so, dass der Senat konsequent weiter an der Autostadt baut. Ich sage A 100, ich sage TVO, dafür versenken Sie Hunderte Millionen Euro, und das ist der Fehler, da muss sich etwas ändern.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Marion Platta (LINKE)]

Wir brauchen das Geld woanders, nämlich zum Beispiel für den Radverkehr.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Marion Platta (LINKE)]

Aber wir haben jetzt neue Verantwortliche. Herr Senator Geisel, Sie sind der Nachfolger. Wie steht es denn mit Ihnen? Stimmt es wirklich, dass Sie mehr Lobbyarbeit von der IHK eingefordert haben, damit den Radfahrern und Radfahrerinnen endlich etwas entgegengesetzt wird? Ich hoffe, dass Sie das gleich in Ihrem Redebeitrag richtigstellen. Das ist zu mir gelangt, und ich fand das sehr irritierend. Aber selbst, wenn Sie das wirklich gesagt haben: Ich glaube, die IHK müsste massiv für den Radverkehr werben, denn – das zeigen Untersuchungen, das zeigen Erfahrungen – Radverkehr ist sehr gut für den Einzelhandel, ist sehr gut für die Geschäftsstraßen. Das heißt: Wer den Radverkehr fördert, der fördert die Berliner Wirtschaft, und so wird ein Schuh daraus.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Marion Platta (LINKE)]

Radverkehr braucht Vorbilder. Klaus Wowereit war keines, auf das Fahrrad hat er sich nie getraut. Ich habe ihn einmal gefragt, er wollte nicht. In den Niederlanden, um nur einmal den Kontrast zu zeigen, sieht man Staatsoberhäupter, sieht man Könige mit dem Fahrrad fahren, und die lassen sich dabei fotografieren, um diese Vorbildfunktion einzunehmen. In Berlin habe ich in den letzten vier Jahren genau einen Senator auf dem Fahrrad gesehen, das war Kollege Henkel. Das ist mir nicht entgangen.

[Beifall und Oh! bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Lars Oberg (SPD): Erstaunlich!]

Ich fand das gut, selbst wenn das nur vor der Olympiabewerbung war. Mit Verlaub, das Foto war ein bisschen zweifelhaft. Aber ganz olympisch sage ich: Dabeisein ist alles!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN]

Vielleicht klappt es dann ja auch noch mit dem Dienstfahrrad und vielleicht überzeugen wir dann gemeinsam den Kollegen Geisel und den Regierenden Bürgermeister und auch noch Herrn Czaja, denn Fahrrad fahren ist auch noch Gesundheitsförderung.

[Senator Mario Czaja: Na, na!]

Das ist eine Querschnittsaufgabe. Vielleicht machen wir es noch einen Schritt weiter, wir legen dem Senat nahe oder ich fordere Sie dazu auf: Fahren Sie doch zur nächsten Senatsklausur alle gemeinsam auf Dienstfahrrädern! Das wäre dann mal wieder ein bisschen Zusammenhalt im Senat. Das wäre mal etwas.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN) – Zurufe von den PIRATEN: Tandem! – Bürgermeister Frank Henkel: Da ist die Frage, wer tritt und wer vorne sitzt!]

Schöne Frage!