Der Bund kann auch Ausnahmen zulassen, und zwar in dringendem Bundesinteresse. Ist bezahlbarer Bestand öffentlicher Wohnungen in der Bundeshauptstadt etwa kein dringendes Bundesinteresse? Er zahlt doch schließlich den Ländern auch Kompensationsmittel für die Wohnraumförderung. Er könnte ein dringendes Gesamtinteresse von Bund und Ländern am Erhalt preiswerten Wohnraums aus sozialen Gründen erklären für Zwecke der öffentlichen Daseinsvorsorge. Er müsste sogar ein Eigeninteresse daran haben, denn was er mit seiner Verkaufspraxis kaputt macht, kann kein Bundesprogramm soziale Stadt mehr retten.
All das geht auch ohne die Änderung des Gesetzes. Wenn eine Klarstellung erfolgt, ist es umso besser. Die Linke erwartet also, dass der Bund dem Land Berlin bzw. den städtischen Wohnungsbaugesellschaften die Wohnungen in den Miethäusern, die in den nächsten Jahren zum Verkauf anstehen, im Vorkaufsrecht und zu akzeptablen Preisen anbietet. Wenn sich der Bund schon zum Verkauf öffentlicher Wohnungen entscheidet, darf er sich nicht aus seiner sozialen Verantwortung stehlen. Öffentliche Wohnungen müssen öffentlich bleiben. Der Senat ist auch in der Pflicht und darf sich eben nicht hinter dem Bund verstecken. Er muss für die aktuellen Verkaufsfälle am Ball bleiben und zumal in einem Milieuschutzgebiet für die Umsetzung des kommunalen Vorkaufsrechts sorgen. Er muss die Bezirke so ausstatten, dass sie das auch können oder muss diese Aufgabe in Kooperation mit den städtischen Unternehmen selbst in die Hand nehmen. Schön formulierte Entschließungen sind ein Anfang, nicht mehr, aber auch nicht weniger. – Vielen Dank!
Danke, Frau Lompscher! – Für die Piratenfraktion hat nun das Wort der Abgeordnete Lauer. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich vertrete den Herrn Höfinghoff, der heute leider verhindert ist, weil er krank ist. Es ist wunderbar, als nicht Fachpolitiker zu einem Thema zu sprechen, bei dem sich alle einig sind, nachdem schon von allen Fraktionen alles gesagt wurde. Deswegen möchte ich hier noch einige kleine Aspekte anmerken, die mir doch noch wichtig zu erwähnen wären.
Zum einen ist es sehr schön, dass es große Einigkeit darüber gibt, diese Wohnungen im Bestand des Landes Berlin zu sichern. Zweitens – darauf sollte man vielleicht noch einmal bei der Bundesanstalt für Immobilienaufga
ben hinweisen – kann es ein Beispiel dafür sein, wie man Wohnungen in eigener Hand behält und dann auch dazu nutzt, in attraktiven Lagen Wohnungen zum Mietspiegel zu vermieten und nicht zu irgendwelchen Phantasiepreisen. Das hat nämlich die BImA geleistet.
Es ist sehr schön, dass sich der Senat bzw. die Koalition dazu hinreißen ließ, die Wohnungen kaufen zu wollen. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass wir darauf achten müssen, dass das tatsächlich passiert. Ein Gedanke ist uns an der Stelle wichtig: Bei den ganzen Bestrebungen des Landes Berlin, neuen Wohnraum in dieser Stadt zu schaffen und auch bei der Aussage der Koalition, dies zu tun, wäre es auch wichtig, darauf zu achten – egal wie viele Wohnungen jetzt von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gekauft werden –, dass diese nicht schon in ein beschlossenes Konzept – wir wollen soundso viele tausend neue Wohnungen schaffen – eingerechnet werden, weil aus dem Bestand der BImA 1 700, oder wie viele es sein mögen, hinzukommen. Auf die Zahl von 1 700 kamen wir übrigens, Frau Schmidberger, weil im Antrag von Grünen und Linken 1 700 Wohnungen aufgeführt waren.
Sie können mich jetzt auch anschreien, obwohl hier Einigkeit besteht, dass wir das alles irgendwie toll finden. Es wäre schon wichtig, dass damit so umgegangen wird, wenn das Land Berlin diese Wohnungen erwirbt, dass nicht bei den nächsten Präsentationen gesagt wird, dass neuer Wohnraum geschaffen wurde, obwohl es eigentlich nur linke Tasche, rechte Tasche ist, weil der Bestand des Bundes abgekauft worden ist. Es wäre wünschenswert, wenn das Land Berlin noch viel mehr Wohnungen hätte, über die man möglicherweise einen Mietspiegel steuern kann. Die Probleme, das Für und Wider, wurde hier schon erwähnt. Wir als Opposition werden natürlich dran bleiben.
Es wurde aber schon gesagt, wir hätten das auch schon vor der Sommerpause beschließen können und hätten vielleicht eine stärkere Position in den Verhandlungen gehabt. Es ist schön, dass wir es zumindest nach der Sommerpause beschließen. Jetzt könnte man noch auf den Bundestag und die Bundestagsabgeordneten schließen und fragen, warum die auf die Idee kommen, dass es überhaupt eine gute Idee ist, diese Wohnungen zu veräußern. Jetzt könnten wir auch noch auf den Finanzminister schimpfen und fragen, warum er auf diese Idee kommt. Wir lassen es sein und freuen uns darüber, dass Einigkeit in diesem Haus herrscht und bedanken uns alle ganz herzlich bei denjenigen, die betroffen sind und dieses Thema öffentlich gemacht haben, dass wir uns als Parlament darum kümmern. – Vielen lieben Dank!
Vielen Dank, Herr Lauer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Vorabüberweisung hatten Sie bereits eingangs bestätigt. Hierzu liegen auch bereits die dringlichen Beschlussempfehlungen des Bauausschusses sowie des Hauptausschusses vor, sodass wir darüber sofort abstimmen können. Beide Ausschüsse empfehlen einstimmig mit allen Fraktionen die Annahme. Wer dem Antrag Drucksache 17/1837 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, die Piratenfraktion und der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Ich sehe keine Gegenstimmen. Enthaltungen? – Ich sehe auch keine Enthaltungen. Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Bauausschuss und Hauptausschuss empfehlen zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion die Linke Drucksache 17/1702 Neu mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU sowie der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltung. Dann ist dieser Antrag abgelehnt.
a) Beauftragten für den Justizvollzug einführen (II) – Gesetz zur Änderung des Jugendstrafvollzugsgesetzes (JStVollzG), des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (UVollzG) und des Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes (SVVollzG)
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 10. September 2014 Drucksache 17/1825
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 10. September 2014 Drucksache 17/1824
Ich eröffne hinsichtlich des Gesetzes die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der vier Artikel miteinander zu verbinden. Gibt es hierzu Widerspruch? – Gibt es nicht. Ich rufe also die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I bis IV der Drucksache 17/1445 auf. Von nun an stehen den Fraktionen für alle weiteren Beratungen die Kontingente der Gesamtredezeit gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 unserer Geschäftsordnung zu.
In der Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Behrendt! – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Grünen wollen die Zivilgesellschaft in den Berliner Knästen stärken. Die Anstaltsbeiräte und auch der Vollzugsbeirat haben die wichtige Funktion, als Vertreter der Zivilgesellschaft über die immer noch viel zu hohen Gefängnismauern zu schauen und als Bindeglied nach außen, zur Öffentlichkeit zu dienen. Sie sollen der Öffentlichkeit den Knast erklären, sie sollen für die Belange des Knastes werben, und sie sollen Ansprechpartner für die Gefangenen und auch die Bediensteten sein. Deswegen wollen wir mit unserem Antrag, den wir heute einbringen, die Arbeit der Anstaltsbeiräte und der Vollzugsbeiräte würdigen und stärken.
Man muss sich das einmal vor Augen führen: Da treffen sich monatlich 20 bis 30 Personen im Berliner Vollzugsbeirat – da sind Pfarrer dabei, Rechtsanwälte, Ärzte, Sozialarbeiter und dabei ist auch die ganz besonders zu erwähnende Frau Nonnemann, die sich für die migrantischen Gefangenen einsetzt. Das machen die alle ehrenamtlich, und das machen die in ihrer Freizeit, und dann beschäftigen sie sich auch noch mit Belangen des Gefängnisses. Das, denke ich, sollten wir würdigen in einer Zeit, wo es immer schwerer ist, ehrenamtliche Arbeit zu initiieren und zu unterstützen, wo es immer schwerer ist, für die Belange von Gefangenen in der Öffentlichkeit zu werben. Deswegen finden wir die Initiative, die die Linken hier gestartet haben, überhaupt mal darüber nachzudenken, wie man diesen Bereich entsprechend stärken und würdigen kann, richtig.
Wir haben es im Ausschuss relativ breit diskutiert, allerdings ohne jede Beteiligung der Koalitionsfraktionen. Wir haben da eine Anhörung gemacht, ich muss das in Erinnerung rufen. Die Senatsverwaltung hatte sich relativ positiv zur Arbeit des Vollzugsbeirates geäußert, der auch
anwesend war, aber die Koalitionsfraktionen haben geschwiegen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sinn einer Anhörung ist es, dass wir darüber ins Gespräch mit den Anzuhörenden kommen, aber nicht, dass Sie schweigen. Vielleicht für die Zukunft, ich glaube, es wäre für die Arbeit im Parlament besser, wenn wir wieder dahin zurückkommen, dass Sie sich auch an den Aussprachen beteiligen und nicht mit der großkoalitionären Selbstherrlichkeit den Initiativen der Opposition hier begegnen.
In Nordrhein-Westfalen hat nach dem schrecklichen Foltermord von Siegburg 2006 eine Debatte begonnen, wie man die Probleme des Strafvollzuges genauer in den Blick nehmen kann. Die haben sich für einen Strafvollzugsbeauftragten entschieden. Wir sind der Meinung, das benötigen wir für Berlin nicht. Wir haben mit dem Vollzugsbeirat und den Anstaltsbeiräten sehr gute Institutionen in den Anstalten. Die gilt es aber tatsächlich zu stärken.
Da sind wir sehr gespannt, ob denn der Senat seine durchaus positive Stellungnahme in den schon lange erwarteten Entwurf – Herr Senator, wir warten jetzt schon Monate, wenn nicht Jahre auf Ihren Entwurf zum Strafvollzugsgesetz – einfließen lässt, dass endlich der Vollzugsbeirat eine gesetzliche Absicherung beispielsweise kriegt, denn das funktioniert bisher relativ gut, aber man muss auch für stürmische Zeiten Vorsorge treffen. Herr Heischel hatte das im Ausschuss auch geltend gemacht, dass sie sich das wünschen würden, dass wir das ins Gesetz reinschreiben. – Jetzt geht der Senator sich offenbar um die GASAG kümmern, um nicht mehr beim Vollzugsbeirat zuzuhören, das ist sehr bedauerlich. – Wir wollen das also in die Gesetze reinschreiben, und wir wollen auch die Kompetenzen dieser Gremien dort festschreiben, und wir wollen sie auch ausweiten. Bisher steht das nur in Ausführungsvorschriften.
Dazu gehören dann auch Auskunftsrechte gegenüber der Anstaltsleitung, Betretensrechte, dass die sich auch alle Bereiche der Anstalt angucken können, also auch den sogenannten Bunker, den gesonderten gesicherten Haftraum in Augenschein nehmen können, auch wenn er belegt ist, um da auf eventuelle Missstände rechtzeitig aufmerksam zu machen.
Wir wollen auch ihre Unabhängigkeit stärken. Zurzeit tagen die Anstaltsbeiräte im Vorzimmer der Anstaltsleitungen. Das finden wir nicht gerade besonders günstig, was die Frage der Unabhängigkeit angeht, sondern wir würden uns wünschen: Wir haben in den Anstalten ein bisschen Raum, die Belegungssituation ist nicht so, dass die Gefangenen auf dem Gang schlafen müssen wie vor ein paar Jahren, es gibt also Möglichkeiten, da vernünftige Räume auch zur Verfügung zu stellen, vielleicht auch getrennt vom Verwaltungstrakt der Anstaltsleitung, damit auch nach außen hin verkörpert werden kann, es handelt sich hier um eine Institution, die nicht in die Gefäng
nishierarchie eingebunden ist, auch völlig klar für die Gefangenen, völlig klar für die Mitarbeiter, für die sind die auch da, und dass sie sich dann eben an die wenden und nicht denken, der Anstaltsleiter sitzt symbolisch immer mit am Tisch.
Das sind unsere Anstöße. Das sind unsere Forderungen, die wir mit unserem Antrag geltend machen. Wie gesagt, in der Anhörung gab es eine große Einigkeit bei den Anzuhörenden, die Koalitionsfraktionen haben bisher geschwiegen, ich bin gespannt, ob sie heute was dazu zu sagen haben. Wir wollen diese Institution anerkennen, wir wollen sie stärken, deshalb stimmen Sie im Ausschuss unserem Antrag zu! – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank! – Werter Kollege Behrendt! Ich habe Anhörungen in Ausschüssen bislang so verstanden, dass man den Anzuhörenden zuhört und nicht, dass das Parlament sich selbst zuhört. Wenn die Opposition das so versteht, dass man sich selbst zuhört und selber reden muss, dann, finde ich, ist das eine originelle Interpretation. Und wenn Sie sich an die Anhörung erinnern, dann war die Anhörung – glaube ich – so, dass insbesondere Herr Dr. Heischel die gute Zusammenarbeit auch mit der Senatsverwaltung und das gut funktionierende System gelobt hat.
Lieber Kollege Lux, ich habe vorne gesessen. Wenn Sie sich das Protokoll angucken, dann werden Sie genau zu dem Ergebnis kommen. – Aber jedenfalls sich ernsthaft hierhin zu stellen und zu sagen, bei einer Anhörung müssten die Parlamentarier reden, das wäre Sinn und Inhalt einer Anhörung, das kann wohl nicht ernst gemeint sein.
Frau Kollegin! Wenn Sie mal ins Protokoll der Anhörung gucken, werden Sie feststellen, dass die Sitzungsleitung der Kollege Lux übernommen hatte. Von daher ist es hochinteressant, dass Sie uns von dieser Anhörung berichten, aber Sie waren ja gar nicht anwesend.