Protocol of the Session on March 20, 2014

Ihre angegebene Redezeit ist schon abgelaufen.

Ansonsten diskutieren wir das noch einmal im Ausschuss. – Danke schön!

Danke schön! Sie können gleich hier bleiben, weil Sie ohne gleich wieder an der Reihe sind. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Innenausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 19 C:

Keine faulen Scheinlösungen – Gespräche mit den Refugees am Oranienplatz wieder aufnehmen!

Dringlicher Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/1539

Wird der Dringlichkeit widersprochen? Das ist nicht der Fall. Es beginnen die Piraten. Der Kollege Reinhardt, im Dauereinsatz, hat wieder das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sie kennen es schon. Herr Reinhardt hält wieder eine Rede. Lieber Herr Senator Henkel! Ihre Kollegin Kolat, die uns eben noch beehrt hat, ist gerade wieder nicht im Raum, was ein bisschen schade ist, weil ich sie sonst vielleicht noch bisschen gelobt hätte. Ich finde es wirklich gut – das will ich am Anfang noch einmal sagen, Herr Frank Henkel, der sich gerade so angeregt mit seinem Kollegen Herrn Heilmann unterhält –, dass der Senat im Januar nicht geräumt hat. Ich finde gut, dass Sie gesagt haben, mit den Betroffenen reden und eine gemeinsame Lösung erreichen zu wollen, die eine Alternative zu der Räumung darstellt. Ich denke,

dass wir uns alle einig sind, dass es an dieser Stelle das Beste wäre.

[Beifall bei den PIRATEN]

Das Problem ist, dass diese Menschen, die hier seit 2012 noch stärker im Blick der bundesdeutschen Öffentlichkeit in Berlin für ihre Rechte und gegen die unmenschliche Asylpolitik in Deutschland und Europa protestieren, von Anfang an klar gemacht haben, dass es ihnen nicht nur um sie selbst geht. Sie haben klar gemacht, dass sie ganz normal wie politische Menschen behandelt werden wollen, die ein bestimmtes Ziel haben und die protestieren. Was in den letzten Monaten passiert ist, waren leider immer wieder nur Gespräche, in denen es darum ging, wie man sie persönlich befriedigen kann und ihnen persönlich zu einem Vorteil verhelfen kann.

Im konkreten Fall ging es offensichtlich sehr stark um das Aufenthaltsrecht. Leider ist es so, dass am Dienstag etwas präsentiert wurde. Erst hieß es, es sei ein Verhandlungsergebnis, und dann hieß es plötzlich, es sei nur noch ein Angebot des Senats. Da fragt man sich am Ende, wie sehr da tatsächlich auf Augenhöhe verhandelt oder zumindest gesprochen wurde. Letztendlich sah es so aus, als ob es am Ende mehrere Monate Gespräche gegeben hat. Der Senat entscheidet: Das machen wir, mehr nicht.

Darf ich einen Moment unterbrechen? – Es ist ausgesprochen laut auf der linken Seite. Bitte unterlassen Sie die Gespräche, oder gehen Sie raus! – So, Herr Kollege Reinhardt, Sie können weitersprechen!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Am Dienstag haben wir den Sachstand präsentiert bekommen. Jetzt ist aber alles noch extrem unklar. Es ist völlig unklar, was konkrete Zusagen des Senats, was Absichtserklärungen sind. Wann kann was bei der Ausländerbehörde beantragt werden? Letztendlich scheint es sich abzuzeichnen, dass eine Mehrheit der Betroffenen diesem Angebot so nicht zustimmen kann, gerade eben, weil die Mehrheit der Flüchtlinge von dem, was da präsentiert wurde, gar nicht aufenthaltsrechtlich profitieren wird. Letztendlich ist es so, dass nur die Flüchtlinge, die in Deutschland noch keinen Asylantrag gestellt haben, z. B. weil sie über Italien, über Lampedusa, nach Deutschland gekommen sind, hier die Möglichkeit hätten, einen Antrag zu stellen. Sie könnten in der Form profitieren, dass sie den Antrag stellen dürfen, aber letztlich wissen sie immer noch nicht, was daraus resultiert.

Es ist extrem nachvollziehbar, dass gestern sowohl der Flüchtlingsrat als auch die Kirchen nach dem Runden Tisch gesagt haben, dass die Gespräche weitergehen müssen – was Sie heute schon angekündigt haben, zumindest Ihre Staatssekretärin; ich gehe davon aus, dass

das auch dem Sachstand entspricht. Die Gespräche müssen weitergehen. Wichtig sind dabei drei Punkte:

Zum einen muss eine Lösung gefunden werden, die der gesamten Gruppe gerecht wird. Wenn man einen Punkt erreicht hat, wo man sagt, wir haben nur ein Angebot an eine bestimmte Gruppe, dann muss man weiterverhandeln und die anderen Gruppen stärker in den Blick nehmen.

Zweiter Punkt: Herr Senator Henkel muss sich stärker an diesem Prozess beteiligen. Es kann nicht sein, dass er am Ende kommt und sagt: Ich guck‘ mal drüber und finde das dann so oder so. – Er muss von Anfang an in diesen Prozess eingebunden sein und sich von sich aus stärker committen, damit auch von dieser Seite hinterher kein Störfeuer kommt.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Der dritte Punkt ist: Dieser Prozess muss auch bestätigt werden. Es muss für diese illegalisierten Flüchtlinge eine dauerhafte Möglichkeit geben, dass sie in dieser Stadt repräsentiert werden, dass sie angehört werden, dass man mit ihnen auf Augenhöhe in einen Dialog tritt. Dazu stelle ich mir z. B. eine dauerhafte Vertretung vor. Sie haben jetzt die ersten Erfahrungen gemacht. Ich würde mir vorstellen, dass das auf eine besser legitimierte und dauerhafte Ebene gehoben wird, sodass wir mit diesen Menschen in einen ständigen Prozess eintreten können, sodass sie stärker für ihre eigenen Rechte eintreten können, und zwar auf Dauer und nicht nur für eine ganz kurze Periode. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Vielen Dank, Herr Kollege Reinhardt! – Für die Fraktion der SPD sehe ich schon den Kollegen Lehmann zum Podium schreiten. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Wir sind uns vielleicht darüber einig, dass die Bedingungen für Schutz suchende Flüchtlinge in Europa und in Deutschland verbessert werden müssen. Menschen kommen nicht deshalb her, weil das Wetter hier so schön ist, nein, keiner und keine verlässt das Heimatland unter normalen Umständen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Die Menschen verlassen ihre Länder aus Not, wegen Verfolgung und wegen Unterdrückung. Deshalb steht für uns bei der Hilfe und Unterstützung der humanitäre Gedanke an vorderster Stelle. Es ist ein großer Erfolg, dass

die Gespräche am Oranienplatz am 18. März dieses Jahres zu einem positiven Ergebnis geführt haben. Das lassen wir uns nicht kleinreden.

[Beifall bei der SPD – Hey! von den PIRATEN]

Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle der Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, Dilek Kolat. Ebenfalls danke ich denjenigen, die sich positiv in die Gespräche mit eingebracht haben.

[Zuruf von den PIRATEN: Danke, Fabio!]

Natürlich ist es auch richtig, dass man nach diesem Erfolg schauen muss, wie es weitergeht. Deshalb wollen wir in den zuständigen Ausschüssen, sowohl im Ausschuss für Arbeit, Integration und Frauen als auch im Innenausschuss, in aller Ruhe und mit Augenmaß darüber beraten. Einem Schnellschuss der Piraten zu einer beabsichtigten politischen Profilierung ihrerseits bei diesem sensiblen Thema werden wir hier und heute nicht zustimmen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege Lehmann! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Bayram das Wort. – Bitte sehr, Frau Kollegin!

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Flüchtlinge haben Rechte, darüber haben wir hier schon oft gesprochen, und wir haben gefordert, dass der Senat Verantwortung übernimmt, Verantwortung für Menschen, die auf einem öffentlichen Platz mitten in einem Wohngebiet wohnen, wirklich wohnen, und zwar unter Umständen – den Eindruck haben wir, glaube ich, alle, und ich kann das aus vielen persönlichen Gesprächen auch berichten –, unter denen sie nicht leben wollen. Sie wollen genauso selbstverständlich wie wir alle eine Wohnung, in der sie Schutz nicht nur der Privatsphäre haben, sondern auch vor – wir wissen es nicht, aber womöglich – Nazis, die Zelte anzünden. Das war das, was wir hier häufig diskutiert haben, einmal sogar in Anwesenheit der Menschen auf der Tribüne. Und wir haben alle zusammen gefordert: Es muss Verantwortung übernommen werden.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Die Verantwortung zu übernehmen, hat erst der Bezirk angefangen, der frühere Bezirksbürgermeister, dann in der Nachfolge die neue Bezirksbürgermeisterin. Sie haben sich eingesetzt, so gut sie konnten. Sie sind an Grenzen gekommen, das kann man offen und deutlich sagen.

(Fabio Reinhardt)

Dann haben wir gefordert, dass die Landes- und die Bundesebene sich auch einbringen müssen, weil es ohne nicht geht.

Die Landesebene, das muss ich auch feststellen, hat sich dann eingebracht. Gestern, am Runden Tisch bei der Diakonie und der Caritas, haben uns die Integrationsbeauftragte und auch Herr Staatssekretär Krömer darüber informiert, dass es ein Gespräch mit den Flüchtlingen gab, bei dem der Senat auch durch die Innenverwaltung beteiligt war. Das hat dazu geführt, dass sie sich im Rahmen des geltenden Rechts, auch in Interpretation des rechtlichen Spielraums, den eine Landesverwaltung bei der Umsetzung von Bundesgesetzen hat, auf ein Angebot geeinigt haben. Das wurde von vielen Menschen auf dem Platz begrüßt, aber von vielen eben auch nicht. Ich will für mich nicht in Anspruch nehmen, die prozentuale Beteiligung zu kennen oder womöglich wiederzugeben. Fakt bleibt – aber das hat auch niemand geleugnet –, dass es eine legale, das heißt, auf den Gesetzen basierende, und von der Innenverwaltung zusagefähige Antwort für alle geben kann. Und die Flüchtlinge – mit denen habe ich gesprochen – sagen: Wenn mein Bruder, der sich diese Hütte auf dem Platz gebaut hat, keine Perspektive bekommt und womöglich abgeschoben wird – wie soll ich diesem Bruder auch noch seine Hütte einreißen? – Das sind die Fragen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Sie gehören zur Realität.

Dann gab es gestern eine schwierige Verständigung, von der auf der Pressekonferenz alle Zeuge werden konnten – wie denn die Abstimmung innerhalb der Gruppe der Flüchtlinge, der Delegation, stattgefunden hat. Auch da muss man sagen, suboptimal, das hätte man besser machen können! Aber wir haben klar gehört: Die Verhandlungen, die Gespräche gehen weiter. Ich kann mir heute nicht verkneifen, die Medien zu fragen: Die Flüchtlinge haben ein Angebot erhalten. Sie haben weder eine neue Unterkunft noch einen Aufenthalt erhalten. Wer dieses Papier sieht, eine DIN-A4-Seite, der stellt fest: Die schützt einen weder vor Regen noch vor Witterung noch vor Anfeindungen. Wie sollen die Menschen jetzt schon Hütten abbauen, wenn sie gar nicht wissen, wie es weitergeht? Ich denke, wir sollten uns alle die Zeit nehmen, in Ruhe die Verhandlungen so weit abzuwarten und eher auch im Sinne der Flüchtlinge sagen: Die Menschen brauchen Perspektiven und Lösungen. Hier sollte kein Raum sein für politisches Hickhack und gegenseitige Vorwürfe. Die hatten wir anderthalb Jahre. Jetzt sind wir alle als Politikerinnen und Politiker gefordert, an der Lösung mitzuwirken. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Ich danke auch, Frau Kollegin Bayram! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Kollege Wansner das Wort.

[Oh! bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Meine Herrschaften! Jetzt hat der Kollege Wansner das Wort, und ich bitte um Ruhe! – Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Lieber Herr Reinhardt! Ihr Redebeitrag, den Sie hier abgeliefert haben, war schon bezeichnend dafür, wie Sie denken. Lassen Sie doch die Menschen auf dem Oranienplatz, lassen Sie doch die Flüchtlinge entscheiden, was sie aus diesen Verhandlungen mit der Senatorin machen! Tun Sie hier doch nicht so, als ob Sie das Recht hätten, für diese Flüchtlinge zu entscheiden!

[Beifall bei der CDU]

Das müssen doch die Menschen vor Ort selbst tun. Sie schreiben in Ihrem Antrag – ich zitiere –:

Die Gespräche unter Beteiligung der Senatsinnenverwaltung mit den Flüchtlingen auf dem Oranienplatz sind wieder aufzunehmen, bis für alle am Oranienplatz vertretenen Flüchtlingsgruppen eine Lösung gefunden ist. Bevor die Flüchtlinge über ein Angebot abstimmen, müssen alle offenen Fragen – Gültigkeitsdauer der Duldung, Aussicht auf Umverteilung nach Berlin, Zugang zu Existenzsicherungen, genaue zeitliche Abläufe der Einigung – geklärt werden.

Wer so etwas formuliert, will von Anfang an keine Einigung auf dem Oranienplatz. Der will kein friedliches Miteinander der Menschen in dieser Stadt, der will die Menschen bevormunden, die dort seit anderthalb Jahren leben. Das ist menschenunwürdig.

Möglicherweise haben Sie, Herr Reinhardt, nie gesehen oder nie zur Kenntnis genommen, wie die Menschen in diesen Zelten leben, wie sie in Hütten leben, die jeden Augenblick einstürzen können. Ist Ihnen eigentlich schon einmal klar gewesen, wenn es regnet, wenn es stürmt, welche Gefahrenpotenziale dort vor Ort sind?