Protocol of the Session on January 30, 2014

(Joachim Krüger)

empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.5:

Priorität der Piratenfraktion

Tagesordnungspunkt 15

Kitaausbau nur mit Qualität! (VI) Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern auf akademischem Niveau ausbauen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 9. Januar 2014 Drucksache 17/1392

zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0847

Auch hier wieder fünf Minuten Redezeit pro Fraktion. Es beginnt die Fraktion der Piraten. Die Kollegin Graf hat das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Damen und Herren! Liebe Gäste! Wir reden hier heute über die Akademisierung des Erzieherberufs. Worum geht es dabei? – Zum einen soll der Erzieher nun als Studienberuf auch etabliert werden, das heißt, die Universitäten und die Hochschulen sollen die Rahmenbedingungen dafür bekommen, dass der Erzieher nun auch studiert werden kann, wie es auch schon in verschiedenen Hochschulen der Fall ist. Zum anderen sollen auch für die bisher gelernten Erzieher Möglichkeiten geschaffen werden, wie sie nun dieses Studium ergreifen können, und dafür entsprechende Stipendien gestellt werden.

Was ist der Hintergrund? Warum brauchen wir das? – Wir haben in Berlin einen Kitaplatzmangel, das hören wir immer wieder. Man muss dazusagen: Wir haben hier auch eine recht luxuriöse Situation, denn unser Kitaplatzmangel ist das, was sich andere Bundesländer nur wünschen. Das muss man dabei auch mal sagen. Das größere Problem, das wir aber haben, ist, dass wir die Platzkapazitäten, die wir räumlich schaffen können, nicht mit entsprechenden Erziehern decken können. Denn unsere Erzieher sind der viel größere Mangel als die Kitaplätze selbst. Wie können wir das lösen? – Unter anderem, indem wir den Erzieher auch als Studiengangsberuf erschließen und damit Menschen, die ein Studium ergreifen wollen, eben auch tiefer in die Materie einsteigen wollen, diese Möglichkeit geben, das nun auch in der Frühpädagogik zu machen und damit ihre Stelle in einer Kita zu finden. Das Interessante dabei ist, dass wir uns hierbei einfach nur an europäisches Niveau anschließen würden, denn Deutschland ist eines der wenigen Länder, die bisher den Erzieher maßgeblich nur als Ausbildungsberuf haben. Das Studium ist eigentlich viel stärker verbreitet.

Was ist der weitere Punkt, der hier zu beachten ist? Wir haben für die Erzieher inzwischen auch ein viel höheres Anforderungsniveau als das, was vor mehreren Jahren gang und gäbe war. Wir haben in Berlin das Berliner Bildungsprogramm. Das bedeutet, wir möchten die Kinder fördern, nicht nur in ihrem normalen Werdegang, sondern ihre Kompetenzen wirklich erkennen und ausbauen und ihre Probleme auch erkennen und auf diese eingehen. Wie machen wir das? – Zum einen durch gezielte Sprachförderung und durch die Förderung der Ichkompetenzen und ganz viele andere Sachen, die ich Ihnen schon tausendmal erzählt habe, was ich nicht noch mal machen muss.

Das bedeutet: Wir haben also ein sehr großes pädagogisches Maß, das eingehalten werden muss. Das nähert sich an das an, was ein Grundschullehrer zu leisten hat, und unsere Grundschullehrer haben auch studiert und haben dort das alles gelernt, was sie für ihren Werdegang brauchen. Warum also nicht für die Erzieher? Warum haben wir hier diese Ausnahmeregelung gemacht?

Ein weiterer Aspekt, den wir auch noch haben, ist, dass wir den Erzieherberuf attraktiver gestalten müssen. Dazu möchte ich auf unseren anderen Antrag zur Verbesserung der Attraktivität des Erzieherberufs verweisen, der im Übrigen auch die Akademisierung der Erzieher unter anderem mit vorsieht. Eine Akademisierung hat aber noch eine weitere Konsequenz, denn das bedeutet ausdrücklich auch, dass die Erzieher besser bezahlt werden müssen, was bei ihrer Arbeit, die sie aktuell leisten, sowieso schon längst überfällig ist. Ich bitte darum, dass hier dieser Antrag angenommen wird, denn es tut wirklich nicht weh, sich dem europäischen Standard anzupassen. Berlin hätte dadurch die Möglichkeit, bundesweit auch wieder eine Vorreiterrolle einzunehmen und für die Erzieher den entsprechenden Weg zu fertigen, damit sie das akademische Niveau anstreben, erreichen und auch darin arbeiten können.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Katrin Möller (LINKE)]

Danke, Frau Kollegin Graf! – Für die Fraktion der SPD hat Herr Kollege Oberg das Wort. – Bitte schön!

Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Sie einladen, in mir den Kollegen Eggert zu sehen, den ich zu vertreten die Ehre habe.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Empfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie ist folgerichtig. In der entsprechenden Sitzung des Ausschusses ist bereits durch die Sena

(Vizepräsident Andreas Gram)

torin Scheeres eindrucksvoll und überzeugend dargelegt worden, dass der Antrag im Ergebnis überflüssig ist.

Darum möchte ich hier nur kurz auf die wesentlichen Punkte eingehen, die gegen diesen Antrag sprechen. Die Forderung nach einer universitären Ausbildung bzw. Weiterqualifizierung verkennt, dass dies unweigerlich zu einem Rückgang der Ausbildungsnachfrage im Erzieherberuf führen würde, da die Voraussetzung für ein Universitätsstudium nun einmal die Hochschulreife ist.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Die Nachfrage nach Erzieherinnen und Erziehern ist aber nach wie vor hoch. Offen ist auch, ob diese Absolventinnen und Absolventen anschließend überhaupt in der Kinderbetreuung tätig werden würden. Die bisherigen Ausbildungsmöglichkeiten an Fachschulen und Fachhochschulen sind aktuell vollkommen ausreichend, sowohl in fachlicher Hinsicht als auch, was die Zahl der Ausbildungs- und Studienplätze betrifft. Die Ausbildung an einer Fachhochschule hat zudem den unschätzbaren Vorteil, dass nicht lediglich abstrakt, reflexiv und theorieorientiert die Erziehung und Bildung von Kindern erfasst wird, sondern der konkrete Anwendungsbezug im Mittelpunkt steht, die Ausbildung also praxisorientiert ist.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Genau das ist es doch, was wir brauchen und auch Eltern verlangen, nämlich Personal, das nicht nur über ein hohes theoretisches Wissen, sondern auch über wertvolle und durch nichts zu ersetzende Praxiserfahrung verfügt, Personal also, dem Eltern ihre Kinder gerne anvertrauen und das dann auch tun.

Ganz abgesehen davon lässt der Antrag natürlich außer Acht, und daran merkt man, dass es ein Antrag der Opposition ist, dass die Frage der Finanzierbarkeit wieder einmal völlig ignoriert wird, denn weder stehen für zusätzliche Studienangebote noch für Stipendienprogramme finanzielle Mittel zur Verfügung. Richtig ist jedoch, und ich unterstelle einmal wohlwollend, dass das ein Motiv der Antragsteller gewesen ist, dass natürlich über Wege nachgedacht werden muss, den Erzieherinnen- und Erzieherberuf attraktiver zu gestalten, um mehr Menschen für diesen schönen Beruf zu begeistern, um den hohen Bedarf noch besser abdecken zu können. Hier hat die Senatsverwaltung bereits hervorragende Arbeit geleistet und geeignete Maßnahmen ergriffen. Über diese Maßnahmen wird uns die Senatorin auf einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses berichten. Der Antrag – lassen Sie mich zusammenfassen – ist darum schlicht nicht notwendig, auch wenn er sicherlich gut gemeint ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Danke, lieber Kollege Oberg! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin Burkert-Eulitz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Graf! So ganz haben Sie den Antrag zumindest nicht gelesen. Vielleicht haben Sie ja Ihren Änderungsantrag rezipiert. Frau Möller kann Ihnen nachher noch mal etwas dazu sagen, dass es eigentlich nicht darum ging, alle Erzieherinnen und Erzieher universitär auszubilden, sondern den Zugang zur Universität zu erleichtern.

[Susanne Graf (PIRATEN): Das habe ich auch nicht gesagt!]

Grundsätzlich ist es richtig und wichtig, Berufstätigen den Zugang zur universitären Qualifikation zu verbessern. In den letzten Jahren haben sich die Zugangshürden verringert, und es gibt bereits berufsbegleitende Studienmöglichkeiten an den Berliner Hochschulen. Herausragend im Bereich akademischer Bildung ist die Kleinkindpädagogik an der Freien Universität, die es seit 25 Jahren dort gibt und internationales Renommee hat, die AliceSalomon-Hochschule mit ihren Ausbildungsgängen und die anderen Hochschulen. Der eigentliche Diskurs muss sich aber darauf beziehen, welche Berufsaussichten die so qualifizierten Menschen haben. Langfristig werden Sie bei den derzeitigen Verdienstmöglichkeiten in den Berliner Kitas nicht bleiben. Unter welchen, vor allem auch finanziellen Bedingungen, sollen in Zukunft Menschen in unseren Kitas arbeiten, und aus welchen Berufsgruppen sollen die Kitateams nach welchen fachlichen Standards arbeiten? Diese Debatte haben wir in ihrer ganzen Bandbreite noch nicht geführt, und darin besteht eigentlich die Herausforderung der Entwicklung der Kita als wichtigste Institution frühkindlicher Bildung und Erziehung.

Liebe Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Graf?

Am Ende! – Derzeit kämpfen wir alle darum, für alle Kinder genügend Kitaplätze zur Verfügung zu stellen. Dies setzt qualifizierte und motivierte Erzieherinnen und Erzieher voraus. Wir müssen darüber sprechen, wie dem aktuellen und langfristigen Erzieherinnenmangel zu begegnen ist. Die aktuellen Schlagzeilen lauten, dass in den Kiezen Flächen für den Ausbau der Plätze fehlen und vor allem Erzieherinnen und Erzieher. Die Herausforderung der nächsten Zeit liegt aus meiner Sicht vor allem darin, langfristig qualifiziertes und engagiertes Personal in den Kitas zu halten und auszubauen. Bei dem Diskurs zur Akademisierung der Erzieherinnen- und Erzieheraus

(Lars Oberg)

bildung stehen wir immer noch am Anfang des Diskurses. Es ist eine interessante Herausforderung, diesen weiterzuführen und die Realitätstauglichkeit zu prüfen. – Jetzt können Sie gerne Ihre Nachfrage stellen.

Bitte schön, Frau Kollegin Graf!

Kollegin Burkert-Eulitz! Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich das auch so aussagen wollte. Mir ist klar, dass auch der Erzieherberuf – –

Sie müssen eine Frage stellen, keine Statements!

Haben Sie dazu auch bereits den anderen Antrag gelesen, der ebenfalls dieses dreigliedrige System darstellen soll?

Wir verhandeln hier den Antrag der Linken und nicht den Änderungsantrag der Piratenfraktion. Den hätten Sie auch einbringen können. Der liegt hier nicht vor. Deswegen gehe ich eigentlich davon aus, dass wir hier zu dem Antrag der Linken sprechen. Wir sollten den Diskurs über die Akademisierung weiterführen, aber da wäre dieser Antrag nicht weitgehend genug gewesen. – Danke!

[Christopher Lauer (PIRATEN): Wo ist denn der Änderungsantrag der Grünen? Habt ihr auch noch etwas zu sagen?]

Vielen Dank, Frau Kollegin Burkert-Eulitz! – Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt dem Kollegen Roman Simon das Wort. – Bitte schön! – Herrschaften, jetzt hat der Kollege Simon das Wort.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Hat man uns gehört? Es tut mir sehr leid, Herr Präsident!]

Die Entschuldigung nehme ich an. – Bitte, Herr Simon!

Herzlichen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Über den vorliegenden Antrag der Linksfraktion – Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern auf akademischem Niveau ausbauen – haben wir vor einigen Wochen am 9. Januar 2014 im Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie diskutiert.

Schon bei dieser Gelegenheit habe ich deutlich gemacht, dass die CDU-Fraktion zu dieser Thematik eine andere Meinung als die antragstellende Fraktion hat.

Ich nutze die heutige Rederunde gerne, die Begründung unserer Ansicht noch einmal zu vertiefen. Heute ist es so, dass es unterschiedliche Ausbildungsmöglichkeiten für Erzieherinnen und Erzieher gibt. Es gibt auch das Studium an der Fachhochschule. Frau Burkert-Eulitz hat noch ein weiteres Studium genannt. Schon heute ist es so, dass viele Absolventinnen und Absolventen dieser Studiengänge nicht in den Kindertagesstätten landen, sondern andere Arbeitsplätze suchen und finden. Wir können auch angesichts dieser Arbeitsplatzwahl der ehemaligen Studierenden nicht erkennen, weshalb es für den Kitaausbau – und Ihr Antrag steht ja unter der Überschrift „Kitaausbau nur mit Qualität“ – förderlich sein sollte, wenn, so wie Sie es schreiben, und ich zitiere „schnellstmöglich die Voraussetzungen für eine Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern auf Universitätsniveau“, Zitat Ende, geschaffen werden.

Die antragstellende Fraktion erweckt in der Begründung den Eindruck, dass mit der Einrichtung eines Universitätsstudiums die Qualität der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern in Berlin verbessert werden könnte. Auch das kann man, meine ich, zu Recht infrage stellen, denn der bei weitem größte Teil der zukünftigen Erzieherinnen und Erzieher wird, allein um den dringenden Fachkräftebedarf decken zu können, auch mittel- und langfristig von den Fachschulen ausgebildet werden müssen, und unserer Meinung nach soll das auch so sein.

Weshalb soll das so sein? – Das soll so sein, da die Qualität der Ausbildung an den Fachschulen für Sozialpädagogik hoch war und in den letzten Jahren noch einmal deutlich angehoben wurde. Das kann man schon sehen, wenn man sich die Zulassungsvoraussetzungen der Fachschulen ansieht.

Für die Zulassung zur Fachschule benötigt man entweder das Abitur, die Fachhochschulreife oder den mittleren Schulabschluss und eine abgeschlossene Berufsausbildung. Anders als der von Ihnen gewünschte Studiengang kann diese Ausbildung auch ohne Abitur begonnen werden. Das soll auch so bleiben.