Ich habe den Antrag vorab an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung hierzu feststellen. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Priorität der Linken beschäftigt sich heute mit einem Klimaschutzthema. Es geht um Umwelt- und Ressourcenschutz, aber eben auch um das Klima beim Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern durch Entscheidungen der Verwaltung und ihrer politisch Verantwortlichen in unserer Stadt. Wir beraten heute einen Sachverhalt, der viele Menschen in der Stadt seit Wochen beschäftigt und von dem wir als Parlamentarier – fraktionsübergreifend, muss ich feststellen – überwiegend auch erst durch die geschaffenen Fakten und eine Vielzahl von Bürgeranrufen und Briefen erfahren haben.
Worum geht es? – Bei einer Nacht- und Nebelaktion – ich zeige mal so ein Bildchen hier, das Sie ja sicherlich auch kennen – sind ab Ende November Altglassammeltonnen des Entsorgers Berlin Recycling GmbH von privaten Müllstandplätzen in dicht besiedelten Gebieten der drei Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick verschwunden und so beginnend das sogenannte Holsystem ausgehöhlt.
Spärliche Information über das Warum und die daraus folgenden Konsequenzen erreichten die doppelt betroffenen Wohnungsunternehmen und die Bewohner kurz vor der Aktion oder auch gar nicht. Selbst die Verwaltungen in den Bezirken, die für Altglasdepotcontainer im öffentlichen Straßenland als Teil des sogenannten Bringsystems Standortkontrollen durchzuführen haben und weitere Standorte genehmigen sollen, waren nicht informiert.
Die BSR als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Land Berlin sah sich erst am 23. Dezember vergangenen Jahres in der Pflicht, eine Presseerklärung über diese Vorkommnisse und die Verantwortlichkeiten herauszugeben.
War das ein Hals-über-Kopf-Agieren? Vertragswechsel, Gefahr in Verzug, obwohl nicht erst seit April 2012 massive Beschwerden der Glasindustrie zu mangelnder Qualität und Menge des Berliner Altglases vorliegen und eine Abstimmungsvereinbarung entsprechend den Vorgaben der Verpackungsverordnung schon im April 2012 zwischen dem Dualen System Deutschland – Grüner Punkt und der Senatsverwaltung unterschrieben wurde, in der schon die Erarbeitung von kurzfristigen Maßnahmen festgelegt wurde. Warum das späte Agieren zu einem Zeitpunkt, wo schon fast alles gelaufen war? Diese Frage kann nur die Senatsverwaltung beantworten.
Ich werde jetzt keine Ausführungen zu grundsätzlichen Anliegen der Abfallpolitik, von Vermeidung, von Abfallverwertung bis hin zur nachhaltigen Verwertung von Abfällen und Wertstoffen halten. Auch die Rolle und der Einsatz von Nebenentgelten, Beratungspflichten, das Modell „Trenntstadt Berlin“ usw. können wir an anderer Stelle vertiefen. Klarstellen möchte ich aber für die Linksfraktion, dass wir die Bürgerinnen und Bürger als Konsumenten und Abfallerzeuger und die Wohnungsunternehmen mit den sich aus Gesetzen und Verordnungen ergebenden Pflichten nicht zum Spielball der starken wirtschaftlichen Interessen der Abfallwirtschaft werden lassen.
Bürger zahlen schon doppelt oder dreifach. Sie zahlen beim Einkauf durch den Grünen Punkt, bei der Restmüllgebühr und für die Glasindustrie auch noch die Befreiung von der Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz mit jeder Kilowattstunde Strom. Wohnungsunternehmen zahlen und zahlten bei der Errichtung von ausreichend Sammelplätzen.
Wir wollen sozialökologische Lösungen, die zur Vereinfachung der Getrenntsammlung beitragen und sich gleichzeitig an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientieren, um einen Akzeptanzverlust zu vermeiden. Eine kleine Arbeitsgruppe beim Senat ohne breite Beteiligung – auch die Bezirke waren nicht eingeladen – ist nicht zeitgemäß!
Die Kombination von Hol- und Bringsystem in Berlin hat nicht nur Tradition, sie steht für die Altglaserfassung im gültigen Abfallwirtschaftsplan, stärkt die Mitmachbereitschaft und trägt auch der hohen Bevölkerungsdichte Rechnung. Wir haben gestern etwas von Potsdam gehört, und ich sage Ihnen: Würden wir das auf die Bevölkerungsdichte umrechnen, müssten wir Abstände von Containern von 225 Metern haben, also viel dichter als das, was uns die Senatsverwaltung hier vorschlägt.
Ja! – Ich habe mich darüber gefreut, dass wir gestern im Ausschuss diese Anhörung hatten, und ich bin nach den Redebeiträgen der anderen Mitglieder des Ausschusses, also auch von der Koalition, davon überzeugt, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen werden und eine Beschlussfassung hinbekommen, die letztendlich nicht nur das Holsystem, sondern auch das Bringsystem verbessern
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion! Dieses Mal sind wir nicht weit auseinander. Sie können also ganz beruhigt in diese Diskussionsrunde gehen.
Liebe Kollegin Platta! Sie haben das Problem völlig zu Recht beschrieben. Stellen Sie sich einfach mal vor, Sie wohnen im Bezirk Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick,
viele tun das ja auch in der Praxis – und laufen morgens zu Ihrem Müllsammelplatz vor dem Haus, wollen die alten Glasflaschen einwerfen. Was ist? – Die Glasflaschen sind alle weg. Und zwar ohne Ankündigung, ohne Vorlauf, und stattdessen: Unverständliche Hinweise – wenn Sie Glück haben – von Ihrem Entsorger oder der Hausverwaltung, dass Sie jetzt irgendwo zu einem Glascontainer laufen sollten.
Ich bin Betroffene und hatte das Erlebnis. Das wollte ich Ihnen sagen. Und nicht die Flaschen waren weg, sondern die Container. Damit Sie eine Vorstellung haben, wie das wirklich gelaufen ist.
Liebe Kollegin Hiller! – Ich bedanke mich für diesen Korrekturhinweis. Selbstverständlich sind die Glascontainer abgezogen worden und nicht die Glasflaschen. Flaschen bewegen sich ja auch im öffentlichen Raum, aber das ist ein anderes Thema. Das will ich hier nicht ausführen.
Also: Wir reden über das Altglas und dessen Sammlung in der Stadt, und es ist – jetzt zum ernsten Teil – eine Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger in diesen drei Bezirken, nicht nur, wenn man älter ist und schon ein Problem hat, den Müll mehr als zwei Meter zu tragen. Nein, es ist auch eine Zumutung für Mieterinnen und Mieter, die in zwanzig Jahren ganz bewusst ein System nicht nur erlebt haben, sondern es auch gelebt haben, gelernt haben, Müll zu trennen – das ist gut für die Umwelt, das ist es wirklich – und dazu beitragen, Umweltschutz in der Stadt zu verbessern. Und was erleben sie? – Dass diese Altglastonnen einfach abgezogen wurden. Ich muss sagen, da geht es nicht nur um den Komfortverlust für die Bürgerinnen und Bürger, es geht eben auch darum, dass hier bewährte Sammelstrukturen, eine bewährte getrennte Wertstoffsammlung in der Stadt einfach eiskalt aufgegeben wurde, und das völlig überstürzt, völlig kopflos.
Ich kann eines schon mal vorwegschicken: Die SPDFraktion lehnt es nicht nur ab, wir treten ganz klar dafür ein: Diese Altglassammlung bei den Haus- und Hoftonnen, vor den Häusern, muss wieder eingeführt werden. Wir wollen das bewährte System in ganz Berlin zurückhaben.
Denn man muss eines sehen: Das Duale System Deutschland hat hier als private Gesellschaft den Hut auf dafür, wie die Altglassammlung in der Stadt organisiert wird. Und wir müssen sehen, dass die Mieterinnen und Mieter hier doppelt bezahlen. Die Altglassammlung ist schon einmal bezahlt worden, an der Ladentheke, mit dem Grünen Punkt auf den Produkten. Dadurch, dass die Leute die Glasflasche – Sie haben das Bild hochgehalten, liebe Kollegin – da hinstellen, wo bisher der Glascontainer
war, entsteht natürlich Vermüllung. Wenn in die anderen Tonnen das Glas hineinkommt, produziert das mehr Aufwand, mehr Kosten für die Mieterinnen und Mieter, die nachher über die Betriebskosten umgelegt werden. Da werden die Mieterinnen und Mieter ein weiteres Mal bezahlen. Das lassen wir uns nicht bieten – sage ich ganz eindeutig!
Verehrter Herr Kollege Buchholz! Angesichts Ihrer demonstrativen Entschlossenheit, die Sie hier zur Schau stellen, möchte ich Ihnen die Frage stellen – da man keine Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen sollte –, ob Sie bereit sind, diesem Antrag zuzustimmen. Dann können wir vielleicht gleich den Senat beauftragen.
Ich weiß nicht warum, aber die Frage hatte ich erwartet. Ganz kurz: Wenn Sie Ihren eigenen Antrag lesen – und ich glaube, selbst Frau Platta wird den Satz unterschreiben: Er greift leider etwas zu kurz!