Protocol of the Session on January 16, 2014

Ich weiß nicht warum, aber die Frage hatte ich erwartet. Ganz kurz: Wenn Sie Ihren eigenen Antrag lesen – und ich glaube, selbst Frau Platta wird den Satz unterschreiben: Er greift leider etwas zu kurz!

[Lachen bei der LINKEN]

Das, was Sie in der BVV Lichtenberg als relativ schnellen Beschluss völlig richtig durchgebracht haben, reicht für eine Parlamentsdebatte und vor allem für einen berlinweiten Antrag schlichtweg nicht aus. Glauben Sie mir: Wir sind in der Sache wirklich sehr nah beieinander.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sagen Sie mal Genaues! Wir kämen Ihnen da entgegen!]

Und ich hoffe auch, dass alle Fraktionen sich entsprechend äußern werden.

Lassen Sie mich ganz kurz ausführen, warum wir sagen, wir wollen das System zurückhaben. Das Duale System wagt es tatsächlich, so etwas zu definieren, wie Schutzzonen um Altglasiglus. Das muss man sich mal überlegen. Sammelcontainer müssen davor geschützt werden,

dass die Leute eben nicht direkt vor ihrer Haustür das Altglas einwerfen, sondern zum nächsten Altglasiglu tapern müssen – 300 Meter. Wir haben aber auch aus der Praxis erfahren, auch die Kollegin Haußdörfer müsste einen Kilometer laufen. Das ist nicht nur mit einem kleinen Kind eine Zumutung. Es ist vor allem auch eines, was das Duale System völlig missachtet – es will hier in Berlin einen Flickenteppich: Die Hausbewohner der Hausnummer 35 müssen irgendwo zum Altglasiglu hinlaufen, Nummer 36,37 hat wieder eine Tonne vor der Tür. Wer soll das irgendjemanden erklären. Es ist nicht erklärbar.

Und wir haben vor allem eines in der dreistündigen Anhörung, die übrigens die Koalitionsfraktionen SPD und CDU beantragt hatten, von dem Gutachter Oetjen-Dehne gestern gelernt, dass die Glasqualität, die jetzt als großes Argument gebracht wird – dass die Sammelqualität so schlecht sei: Das entsteht gar nicht dadurch, dass man ein Hol- oder Bringsystem hat. Nein, es geht danach, ob die Glastonne vor meiner Haustür verschließbar ist oder nicht. Wie groß ist die Öffnung? Wie viele Umladevorgänge passieren mit dem Glas? Wenn es nachher fein pulverisiert ist, kann ich damit nichts mehr vernünftig anfangen.

Wir sagen ganz klar, auch die Bezirke haben recht. Auch mehr als ein Bezirk hat bisher von diesen neuen Iglustandorten keinen ausgewiesen. Und das ist nachvollziehbar, denn Straßenland ist nicht beliebig vermehrbar. Da hat sich das Duale System auch mächtig in den Finger geschnitten.

Wir als SPD-Fraktion sagen drei klare Kriterien: Wir wollen das bisherige Holsystem mit den Haus- und Hoftonnen erhalten. Wir wollen es optimieren, denn das ist notwendig. Erstens: Die Tonnen vor Ort verschließbar machen, kleine Glasöffnungen, damit kein Unrat reinkommt. Zweitens: Diese Tonnen sind auch regelmäßig zu leeren, denn wenn die Glastonne fürs Grüne voll ist, passiert es auch, dass Leute etwas in die für Weißglas dazuschmeißen. Wenn die regelmäßig geleert werden, passiert das nicht. Der nächste Punkt: Reduzierung des Scherbenbruchs, d. h. beim Einladen und Umladen, beim Einsammeln dieser Altglastonnen muss damit natürlich relativ schonend umgegangen werden. Das geht auch. Man darf nämlich dann nur einladen und nicht verpressen. Auch das ist möglich und keine Hexerei. Schließlich brauchen wir eine neue und bessere Öffentlichkeitskampagne hier in der Stadt. Sie sehen, gestern aus der Anhörung war das Ergebnis ganz eindeutig.

Sie müssten bitte zum Schluss kommen!

(Daniel Buchholz)

Ja, letzter Satz! – Es gibt keine Entschuldigung dafür, was das Duale System hier zunächst diesen drei Ostbezirken und demnächst übrigens auch drei Westberliner Bezirken und der ganzen Stadt überhelfen will. Das ist eine Bedrohung für die Stadt. Das ist schlecht für das Klima.

Sie müssen bitte zum Schluss kommen, wirklich!

Es ist schlecht für die Mieterinnen und Mieter. – Ich sehe da noch eine Frage. – Gut, dann nicht mehr. Deswegen sagen wir: Wir werden das in der Form nicht zulassen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Es hat jetzt das Wort für eine Kurzintervention die Frau Abgeordnete Platta.

Noch mal zur Geschichte des Antrags: Zu dem Zeitpunkt, als wir den Antrag formuliert und gestellt haben, wussten wir bereits aus drei Bezirken, dass es diese Probleme gibt, aber uns war auch schon bekannt, dass nachfolgende Überlegungen zu anderen Bezirken am Laufen waren. Unser Antrag ist also in der Hinsicht schon korrekt gefasst, denn alle anderen Informationen kamen erst kurz vor Weihnachten, und unser Antrag datiert vom 11. Dezember 2013. Es trifft zu, dass wir inzwischen einen besseren Kenntnisstand haben, und ich meine, dass wir uns unbedingt um die Qualität der Depotstandorte kümmern müssen.

Wir haben jetzt schon von sehr guten Erfahrungen der Genossenschaft Neues Berlin mit ihrem Unterflursystem gehört. Ich denke, dass es im öffentlichen Raum sehr wohl möglich sein wird, mit diesem System zu arbeiten – und nicht mit diesen oberirdischen Standorten, die wir dann möglicherweise alle 500 Meter haben sollen. Über dieses Thema müssen wir dann noch mal reden. Hier erwarte ich auch die Zuarbeit der Koalition, sodass wir nicht nur über das Holsystem, sondern auch über das Bringsystem reden und gemeinsam mit den Bezirken einen Maßstab für dieses System setzen.

[Beifall bei der LINKEN]

Möchten Sie replizieren? – Bitte, Herr Buchholz!

Verehrte Kollegin Platta! Wir sind uns also schon mal in dem Punkt einig, dass Sie zu Ihrem Antrag heute – mit dem Datum, das wir heute darauf schreiben wollten – selbst sagen: Den müssen wir überarbeiten. – Darin sind wir uns schon mal einig. Eben kam ja aus der Linksfraktion: Warum können wir den nicht sofort beschließen? – Sie haben eben selbst gesagt, dass er im Lichte dessen, was wir gestern bei der Anhörung gelernt haben, zu überarbeiten ist.

Zweiter Punkt: Sie haben völlig recht, dass das, was wir gestern vorgestellt bekommen haben – dieses System, das die Wohnungsbaugenossenschaft Neues Berlin gebaut hat –, eine tolle Sache ist. Ich will mal übersetzen, was Unterflursystem heißt. Das heißt auf gut Deutsch: Der Müllsammelplatz vor dem Haus wird einfach unter die Erde verlagert.

[Alexander Morlang (PIRATEN): Fracking!]

Nein! Es ist wirklich so. Man hat oben nur noch kleine Einfüllstutzen. Die sind klein und dezent, und man kann sie schön gestalten, während der große Abfallbehälter unter der Erde ist und mit einem großen Gerät – –

[Alexander Morlang (PIRATEN): Wie in Amsterdam!]

Das gibt es in vielen anderen Städten und Ländern auch. In Spanien können Sie auf die Inseln fliegen, und dort können Sie das auch alles bewundern. Das machen die hier in der Stadt, und das ist sehr lobenswert. Sie haben völlig recht: Das wird glücklicherweise auch respektiert.

Das wäre eine Alternative für alle, aber dann müssten wir auch mit allen Hauseigentümern reden, wo sie den Platz für einen solchen Standort haben. Und Sie haben auch gehört, dass dazu erhebliche Investitionen notwendig sind. Das muss dann natürlich mit bedacht werden. Wir sind zu diesen Gesprächen bereit. Wir haben bisher von Ihnen noch kein Gesprächsangebot dazu bekommen. Dafür ist aber auch eine Ausschussberatung da. Wir haben gestern erst die dreistündige Anhörung gehabt, und Sie haben selbst gesagt, dass Sie dort auch eine Menge gelernt haben.

Ich kann nur wiederholen: Für uns, für die SPD-Fraktion – und ich kann da, glaube ich, auch für die CDU-Fraktion mit sprechen –, ist das einfach nicht hinnehmbar – so, wie es hier gelaufen ist. Sie haben recht, dass das, was die Abstimmung und die Abstimmungsvereinbarung angeht, offensichtlich suboptimal gelaufen ist. Man muss aber auch eines sehen: Man kann sich lange daran arbeiten, zu behaupten, die Verwaltung hätte dort irgendetwas versemmelt. Wären Sie die Staatssekretärin, Frau Platta, hätten Sie auch vor dem Problem gestanden, dass Ihnen das Duale System die Pistole auf die Brust setzt und sagt: Wissen Sie, liebe Frau Staatssekretärin Platta, wir wollen

am liebsten diese ganze Haus- und Hofsammlung komplett einstellen!

Da wird zwar mit Qualität argumentiert, aber es geht dem Dualen System in erster Linie um eine Kostensenkung. Das haben wir auch gestern gelernt. Und dann versuchen Sie einmal, all das abzuwehren. Wenn Sie sagen: Wir machen das, okay, aber dann wenigstens nur für drei Bezirke im ersten Schritt – da, wo schon die meisten Iglus sind –, dann ist das immerhin teilabgewehrt. Und Sie deklarieren es auch als Pilotprojekt und als nichts Endgültiges. Das ist schon ein erheblicher Fortschritt, wenn der andere Ihnen sagt – und das ist das Problem –: Leute, wir verklagen euch morgen! – Dann ist das nicht so ganz einfach im Ablauf. Ich vermute, dass Frau Gebel auch gleich auf diesen Ablauf eingehen wird.

Ich glaube, wenn man sich die Protokolle anschaut und sieht, was wir fachlich dort gestern gelernt haben, was den Arbeitskreis Qualitätsverbesserung bei der Glassammlung, bei der Verwertung, bei der Verwertung angeht, dann haben wir dort genug Punkte. Die sollten wir auch in den Antrag hineinschreiben. Dann wird ein richtiger Schuh daraus, und dann können wir den Antrag auch gern gemeinsam hier beschließen. – Vielen Dank!

[Beifall von Sven Kohlmeier (SPD) und Dr. Clara West (SPD) – Michael Schäfer (GRÜNE): Zwei klatschen für Buchholz! „Klatschen“ großgeschrieben – das für das Protokoll!]

Vielen Dank, Herr Buchholz! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort die Frau Abgeordnete Gebel. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Buchholz! Wir nehmen Sie sehr gern beim Wort, gemeinsam nach Alternativen zu suchen und gemeinsam das Hinterhofsystem im Osten der Stadt wieder einzuführen.

[Beifall bei der SPD]

Denn Sie haben es eben selbst gesagt: Lauter Flaschen, so weit das Auge reicht!

[Zuruf von der LINKEN: Na, na!]

Dieser Anblick bot sich den Menschen in den drei Bezirken Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und TreptowKöpenick, als sie an Weihnachten und Silvester versuchten, ihr Altglas zu den Containern im Hinterhof zu bringen. Denn zwischen den Jahren wurden im Osten der Stadt über 7 500 Hinterhoftonnen abgezogen, und die Leute wollten weiter trennen, standen dann im Hinterhof und wussten nicht, wohin mit ihrem Glas. Es ist ein

Schildbürgerstreich, möchte man meinen, ein seit über 20 Jahren etabliertes System genau dann abzuschaffen, wenn die Glasmenge am höchsten ist, und dann noch nicht einmal über Gründe und Alternativen zu informieren. Da ist das Chaos vorprogrammiert. So ein Chaos konterkariert den Anspruch Berlins, Trennstadt zu sein. Das kann doch wirklich nicht sein.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD) und Sven Kohlmeier (SPD)]

Nach diesem Chaos um die Jahreswende stehen wir jetzt erst mal vor einem Scherbenhaufen, und niemand will es gewesen sein. Wir hören jetzt in einer Rederunde – Herr Buchholz hat dazu gesprochen, auch Frau Platta, und wir werden das gleich noch vom Kollegen Freymark und von den Piraten hören –, dass das Berliner Modell – also die Hinterhoftonne – der richtige Weg für Berlin ist. Da frage ich mich: Warum wurden die abgezogenen Tonnen noch nicht wieder aufgestellt?

[Regina Kittler (LINKE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Kittler?

Vielleicht nachher! – Warum wurden denn in MarzahnHellersdorf, in Lichtenberg und in Treptow-Köpenick die abgezogenen Tonnen nicht wieder aufgestellt? Gibt es ein Tonnenabzugsmoratorium für die anderen Bezirke? Als nächstes schwebt nämlich über den Hinterhoftonnen von Spandau, Steglitz-Zehlendorf und CharlottenburgWilmersdorf dieses Damoklesschwert. Herr Müller! Herr Gaebler! Jetzt haben Sie die Chance, sich zu bekennen. Bekennen Sie sich zum Berliner Modell, und lassen Sie dem jetzt Taten folgen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Ja, wir haben in Berlin ein Problem mit der Menge und der Qualität des Glases. Beides sollte in der Arbeitsgruppe Glas des Senats seit fast zwei Jahren besprochen werden. Das Ergebnis war dann aber, ohne Vorankündigung in tausenden Häusern die Weißglas- und Buntglastonnen abzuräumen – teilweise sogar ohne Ersatz durch Iglus im öffentlichen Straßenland. Und jetzt wundert man sich senatsseitig, dass es einen Aufschrei bei den Berlinerinnen und Berlinern gibt. Was jetzt mit den Glastonnen passiert ist, ist ein Paradebeispiel dafür, wie man Akzeptanz und Vertrauen bei den Menschen verspielt. Dabei ist gerade das die Basis, um mehr und besser zu sammeln.

(Daniel Buchholz)

Gestern im Ausschuss stand das Thema auf der Tagesordnung, und die Glasindustrie hat uns gesagt, dass sie jede weitere Tonne Glas braucht. Mit dem aktuellen Systemwechsel gehen unnötigerweise Rohstoffe verloren. Das kann man jetzt schon beobachten. Frau Platta hat es gezeigt. Die Leute stellen die Flaschen dorthin, wo früher die Tonne war. Die Flaschen landen in der Wertstoffsammlung und erschweren die Trennung, oder sie landen im Restmüll, und die Betriebskosten steigen. Wenn weniger Glas gesammelt wird, ist das schlecht für die Umwelt und schlecht für des Bürgers Geldbeutel. Da waren wir doch schon mal einen Schritt weiter.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]