1. Ist dem Senat bekannt, dass sich einige Jobcenter in Berlin aus Kostengründen weigern, Arbeitssuchenden Alphabetisierungs- und Grundbildungsmaßnahmen zu genehmigen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Langenbrinck! Ich beantworte Ihre erste Frage wie folgt: Der Senat – sowohl meine Verwaltung als auch die Bildungsverwaltung – ist seit Längerem mit diesem Thema sehr intensiv befasst. Gerade in der Arbeitsverwaltung hat das Thema eine sehr hohe Priorität, weil das Ausmaß des Analphabetismus in Deutschland inzwischen bekannt ist und das in engem Zusammenhang mit der Arbeitsmarktintegration gesehen wird.
Nun haben wir die Situation, dass die Bundesagentur für Arbeit der Ansicht ist – das ist die Auslegung des Grundgesetzes –, dass Alphabetisierungsmaßnahmen unter die Grundbildung fallen und die Grundbildung nicht Aufgabe der Bundesagentur ist. Aufgrund dieser grundlegenden Rechtsauffassung bzw. -auslegung wird hier ganz klar verneint, dass Alphabetisierungskurse in die Finanzierung der BA fallen. Vielmehr sei sie klar Sache der Länder. Alphabetisierungs- und Grundbildungsmaßnahmen fallen damit nicht in die Zuständigkeit der BA. Das ist die klare Auffassung, die in mehreren Beratungen und Veranstaltungen zum Ausdruck gebracht wurde. Die BA ist der Meinung, dass Maßnahmen der beruflichen Bildung allerdings flankierend mit Grundbildungsmaßnahmen bestückt werden können, maximal zu 20 Prozent.
Die Berliner Jobcenter haben in der Vergangenheit im Einzelfall trotzdem Alphabetisierungs- und Grundbildungsmaßnahmen nach § 16f SGB II – das ist die sog.
freie Förderung – bewilligt, wenn die Alphabetisierung eine untergeordnete Rolle gespielt hat und die Arbeitsmarktdienstleitung im Vordergrund stand. Es waren also keine reinen Alphabetisierungskurse, sondern eher Maßnahmen der beruflichen Bildung mit der Komponente Alphabetisierung. Diese Konditionierung war die Praxis.
Zu Ihrer zweiten Frage: Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen und die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft haben im Rahmen ihrer Länderzuständigkeiten für die nationale Strategie für Alphabetisierung und Grundbildung Gespräche mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg sowie einzelnen Jobcentern geführt, um die unbürokratische Finanzierung von Maßnahmen über den vorhin genannten § 16f SGB II weiterhin zu ermöglichen. Darüber hinaus gab es zahlreiche Initiativen von beiden Verwaltungen – auch auf Bundesebene –, dies zu sichern.
Im Forum der Geschäftsführer der Berliner Jobcenter am 18. Juni 2013 wurde das Thema „funktionaler Analphabetismus“ sehr intensiv behandelt. In diesem Rahmen wurden die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg und die Jobcenter darum gebeten zu prüfen, inwieweit die nach SGB II und SGB III zur Verfügung stehenden Mittel zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt auch für die Finanzierung von Alphabetisierungskursen verwendet werden können – vorausgesetzt, dies diene unmittelbar der vorbereitenden Integration in den Arbeitsmarkt.
Es ist naheliegend, dass Menschen, die lesen und schreiben können, einfacher eine Beschäftigung finden als diejenigen, die es nicht können. Es ist eindeutig und nachvollziehbar, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang gibt. Deshalb ist die Position des Senats an dieser Stelle sehr eindeutig. Es müsste im eigenen Interesse der Arbeitsagentur und der Jobcenter liegen, diese Basiskompetenz im Rahmen der Förderung zu vermitteln und damit die Erfolgsaussichten auch aller anderen Maßnahmen, die eingesetzt werden, zu erhöhen. Grundsätzlich sieht die Bundesagentur für Arbeit die Finanzierung und Durchführung von Alphabetisierungs- und Grundbildungsmaßnahmen als einen Teil der Vermittlung von Allgemeinbildung und damit nicht in der eigenen Zuständigkeit. Nach Auffassung der BA sollen nach § 16f SGB II lediglich Kurse gefördert werden, bei denen der Anteil der Vermittlung von Lese- und Schreibkompetenzen bei nicht mehr als 20 Prozent liegt. Danach sei der Einsatz der Instrumente der freien Förderung von reinen Alphabetisierungskursen nicht möglich.
Einige Jobcenter im Bundesgebiet bedienten sich in der Vergangenheit dieser Finanzierungsart und wurden laut Auskunft der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit dafür vom Bundesrechnungshof hart gerügt. Das ist sicher einer der Auslöser, warum wir aktuell darüber sprechen. Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen beabsichtigt in
Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft sowie interessierten Jobcentern, ergänzende Alphabetisierungskurse im Rahmen des Instruments „Qualifizierung vor Beschäftigung“ anzubieten. Meine Kollegin Scheeres sieht auch im Rahmen von Grundbildungszentren Angebote vor. Nach aktuellen Planungen in meinem Haus können die Maßnahmen voraussichtlich Anfang 2014 beginnen.
Vielen Dank! – Haben Sie eine Nachfrage, Kollege Langenbrinck? – Nein! Dann folgt Frau Bangert von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön!
Frau Senatorin Kolat! Das Land Bremen hat dazu mal wieder einen Schritt vor dem Land Berlin gemacht. Es hat ein Konzept mit den Akteuren entwickelt und bietet geeignete Maßnahmen an. Das Problem ist nicht neu, sondern wir haben es seit Jahren. Sie sehen das Land Berlin aber anscheinend nicht in der Hauptverantwortung, Bildungsdefizite, die durch unser Bildungssystem verursacht wurden, aufzuarbeiten. Warum wurde nicht schön längst gehandelt? Warum gibt es derartige Versäumnisse in diesem Bereich seitens des Senats?
Der Senat hat gehandelt, und zwar nicht nur meine Senatsverwaltung, sondern auch die für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Wir haben Angebote für diese Zielgruppe, und sie werden auch verstärkt. Darüber habe ich berichtet. In der Zuständigkeit von Frau Scheeres werden mit den Grundbildungszentren neue Angebote im Rahmen dessen, was schon läuft, gemacht. Das ist nichts, mit dem Frau Scheeres neu startet. In meinem Haus ist es auch nicht neu, dass es Angebote gibt, aber wir werden diese im Programm „Qualifizierung vor Beschäftigung“ verstärken.
1. Wie wird der Senat auf die Situation an der Spandauer Grundschule am Beerwinkel reagieren, an der 30 Prozent der Lehrer wegen Krankheit ausfallen und weder die Schulleiter- noch die stellvertretende Schulleiterstelle besetzt sind und an der nach einem Notfallstundenplan unterrichtet wird, der um 11.30 Uhr endet?
2. Welche Strategie verfolgt der Senat, um absehbare Vakanzen bspw. wegen Ruhestand oder Beförderung insbesondere in der Leitungsebene von Schulen zu vermeiden bzw. eine ausgewogene Mischung in den Lehrerkollegien, was bspw. Alter und Geschlecht anbetrifft, zu erreichen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Melzer! Die Grundschule im Beerwinkel musste seit Ende Oktober eine Vielzahl von Lehrkräften aufgrund von kurz- und mittelfristigen Erkrankungen ersetzen. Dies geschah vor allem durch Unterrichtsvertretungen und die Anordnung von Mehrarbeit. Da in der Woche um den 11. bis 15. November dieses Jahres elf Lehrerinnen und Lehrer fehlten und somit eine verlässliche Abdeckung alle Unterrichtsstunden nicht mehr gegeben war, wurde der Unterricht in zwei für alle Schülerinnen und Schüler verlässliche Blöcken – täglich in der Zeit von 8.00 bis 11.30 Uhr – durchgeführt.
In Absprache mit den Erzieherinnen und Erziehern sowie den Eltern erfolgte im Anschluss im Rahmen der verlässlichen Halbtagsgrundschule die Betreuung in der ergänzenden Förderung und Betreuung. Diese beinhaltete auch ein Angebot der Betreuung von Hausaufgaben durch Lehrkräfte. Leider war die Gewinnung von geeigneten Lehrkräften über die Vertretungsliste nicht erfolgreich. Allerdings konnte inzwischen eine Neueinstellung realisiert werden.
Seit dem 18. November 2013 wird an der Grundschule am Beerwinkel wieder nach dem Regelstundenplan unterrichtet. Alle eingeleiteten Unterstützungsmaßnahmen werden effektiv umgesetzt. Das Stellenbesetzungsverfahren der Schulleitung bzw. des Schulleiters musste aufgrund einer Erkrankung des Bewerbers verschoben werden und wird zeitnah nachgeholt. Die Schulleiterstelle ist durch eine kommissarisch beauftragte Lehrkraft der benachbarten Schule – der integrierten Sekundarschule
Martin-Buber-Oberschule – besetzt. Die erweiterte Schulleitung engagiert sich sehr und regelt in Zusammenarbeit mit der eben benannten Vertretung sämtliche Aufgaben in der Schule.
Zu Ihrer zweiten Frage: Insbesondere bei Stellen für Schulleiterinnen und Schulleiter sowie stellvertretende Schulleitungen erfolgt die Stellenausschreibung bei planmäßigen Personalaustritten – also wenn es z. B. um den Ruhestand geht – im Regelfall mindestens ein Jahr, bevor die Stelle letztendlich frei wird. Bei nicht planmäßigen Personalaustritten wie z. B. bei Beurlaubungen oder Erkrankungen erfolgt die Stellenausschreibung grundsätzlich mit Bekanntwerden des Personalaustritts bzw. der Veränderung. In diesen Fällen lässt sich gegebenenfalls eine vorübergehende Vakanz der Stelle nicht vermeiden. Für die Dauer der Vakanz wird die Wahrnehmung der Aufgaben und damit die Leitung der Schule durch eine kommissarische Aufgabenübertragung an eine andere, erfahrene Lehrkraft gewährleistet.
Im Rahmen der Organisation eines Schuljahres werden die Personalausgleichsmaßnahmen wie Einstellung und Umsetzung durchgeführt. Bei den Personalausgleichsmaßnahmen werden die Personalentwicklungskonzepte der Schulen und damit die Altersstruktur der Lehrerinnen und Lehrer sowie Entwicklungspotenziale und Neueinstellungen berücksichtigt. Damit verfolgt der Senat das Ziel, eine ausgewogene Zusammensetzung der Kollegien zu erreichen, um den Unterricht an den Schulen in den Unterrichtsfächern fachgerecht absichern zu können.
Vielen Dank, Frau Senatorin Scheeres! Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass 30 Prozent Lehrerausfall nicht tolerabel sind. Wie kann in Zukunft sichergestellt werden – nicht nur an der Schule, sondern grundsätzlich –, über kurzfristige Abordnungen vielleicht so zu verfahren, dass eine solche exorbitante Ausfallsituation nicht mehr entsteht? Können Sie mir sagen, wann an dieser Schule konkret die Schulleiterstelle schlussendlich besetzt ist, sodass nicht mehr der Schulleiter der Nachbaroberschule diese Leitung mit übernehmen muss?
Sehr geehrter Herr Melzer! Ich habe ja gerade dargestellt, dass die betreffenden Lehrkräfte keine dauerkranken
Lehrkräfte sind, sondern sie sind aufgrund von Grippewellen oder anderer Dinge kurzfristig erkrankt bzw. mittelfristig erkrankt. Natürlich ist es eine Extremsituation und eine schwierige Situation für eine Schule, wenn elf Lehrkräfte wegfallen. Aber wie gerade beschrieben, haben die Schule bzw. auch die Schulaufsicht sehr gut reagiert, um Abhilfe zu schaffen.
Ein wichtiger Punkt ist hierbei zu erwähnen: Wir rechnen generell im Land Berlin die dauerkranken Lehrerinnen und Lehrer sozusagen aus den 100 Prozent, die den Schulen zur Verfügung stehen, heraus. Das ist nicht in allen Bundesländern üblich, und das ist ja schon eine Art von Abhilfe in dem Zusammenhang. Zudem haben wir die drei Prozent PKB-Mittel, um spontan Abhilfe zu schaffen.
Es war ein Wunsch der Schulen, dass sie schnell reagieren können. In dem Fall war es eine Schwierigkeit, dann schnell eine entsprechende Fachkraft zu finden. In anderen Schulen ist es aber schon auch möglich, schnell Lehrkräfte einzustellen oder anders Abhilfe zu schaffen. Wie gesagt, dauerkranke Lehrer rechnen wir generell heraus. Wir haben die Vertretungsmittel, und wir haben insgesamt, was unsere Lehrereinstellung angeht, die Möglichkeit, nicht mehr so wie in der Vergangenheit nur zu zwei Terminen im Jahr einzustellen, sondern wir stellen das ganze Jahr ein – auch vorausschauend.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin Scheeres! Konnten denn bereits ausländische Lehrer seit Inkrafttreten der Regelung zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse an Berliner Schulen für diese Schule in Spandau gewonnen werden? Mit wie viel Lehrerinnen und Lehrern rechnen Sie, die aufgrund dieser Regelung für Berlin gewonnen werden können?
Sehr geehrter Herr Lux! Ich habe ja eben beschrieben, dass eine Lehrkraft eingestellt worden ist. Das war der Bedarf der Schule. Ob die Lehrkraft Migrationshintergrund hat oder nicht, ist mir jetzt nicht bekannt. Das müsste ich mir noch mal anschauen.
Aber Sie haben ja ein generell anderes Thema angesprochen, das nicht im Zusammenhang mit der Grundschule