Protocol of the Session on March 21, 2013

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Bis 2003 hatten die Krankenkassen hier wenigstens einen Ermessensspielraum. Den hat ihnen Rot-Grün genommen. Damals konnten sie im Einzelfall die Erstattung der Kosten bis zu einem Lebensalter von 45 Jahren genehmigen. Auch das ist der Reform zum Opfer gefallen. Die Konsequenz war jedem klar, das ist hier schon gesagt worden: Die Zahl der Behandlungsfälle ist rapide gesunken. Für bestimmte Klientele wurde eine Kinderwunschbehandlung schlichtweg unerschwinglich.

Der Bundesrat hat diese soziale Schieflage dankenswerterweise erkannt und daraus einen Handlungsbedarf abgeleitet. Die Bundesregierung lehnt nun diesen Gesetzesantrag des Bundesrats mit dem Hinweis ab, den Kassen stünde es frei, zusätzliche Leistungen auch im Bereich der künstlichen Befruchtung anzubieten, hilft also der Versichertengemeinschaft das Problem über und wälzt ansonsten in bewährter Manier den eigenen Handlungsbedarf auf die Länder ab. Diese seien gehalten, bessere Voraussetzungen für die künstliche Befruchtung zu etablieren. – Das alles nachzulesen in der Bundestagsdrucksache 17/9344 vom 18. April 2012. – Genau diese Strategie der Bundesregierung bedienen Sie mit Ihrem Antrag. Das ist natürlich wieder so ein Prüfauftrag, das hatten wir heute schon. Diese Ihre Legislaturperiode wird uns allen, die das Vergnügen hatten, dabeizusein, als die Zeit der großen Prüfungen im Gedächtnis bleiben.

Aber schon der Prüfauftrag geht in die falsche Richtung. Die baden-württembergische Landesregierung zum Beispiel lehnt ein solches Vorgehen ab:

Das Förderprogramm der Bundesregierung verfolgt allerdings einen Ansatz, der sowohl aus grundsätzlichen als auch formalen Gründen abzulehnen ist. Eine … Länderbeteiligung zur Verringerung des Elternanteils ist weder systemgerecht noch erforderlich,

heißt es in einer entsprechenden Stellungnahme, Drucksache 15/2448 –

denn es handelt sich letztlich um einen Ersatz von Mitteln, die durch die gesetzliche Kürzung der Kassenzuschüsse durch den Bund 2004 weggefallen sind.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Sie übernehmen zwar für Ihren Antrag die Begründung des Bundesrats, aber anstatt

wie dieser die Bundesregierung in die Verantwortung zu nehmen, befürworten Sie eine länderbezogene Einzellösung. Diese aber würde im Ergebnis nicht nur – das wurde schon angedeutet – zu einem unübersichtlichen Fleckenteppich von Landesregelungen führen, sondern deren Umsetzung wäre durch die vorgesehene Mischfinanzierung von Kassen, Bund, Ländern und Familien auch mit einem erheblichen finanziellen, bürokratischen und administrativen Zusatzaufwand verbunden, der angesichts des Umfangs der Leistung völlig unverhältnismäßig wäre.

Also: Kinderwunsch fördern ja, aber durch die Rücknahme der Kürzungen im Sozialgesetzbuch V, zumindest aber durch die Unterstützung des Bundesratsantrags unterläuft Ihr Koalitionsantrag das abgestimmte Vorgehen der Länder im Bundesrat und ist schlicht kontraproduktiv. Wir werden ihm nicht zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Danke, Herr Kollege Albers! – Für die Piraten hat jetzt der Kollege Kowalewski das Wort. – Bitte sehr!

Geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über einen koalitionstypischen Gummiantrag, der mitten in eine interessante politische Gemengelage trifft und einige interessante Fragen aufwirft. Zunächst, lieber Herr Kollege Ludewig: Ihre Schizophrenie, mit der Sie zwischen ungewollt kinderlosen Hetenpärchen und den homosexuellen Paaren, die teils genauso ungewollt kinderlos sind, unterscheiden, spricht Bände. Lassen Sie sich bitte mal erklären – zum Beispiel im Regenbogen-Familienzentrum, das wir jetzt glücklicherweise in Berlin haben –, dass es zum Beispiel auch homosexuelle Frauen gibt, die durch künstliche Befruchtung durchaus Kinder bekommen können.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Und zu Ihrem Spruch „Familie ist dort, wo Kinder sind“, Herr Isenberg: Warum werden denn eigentlich HeteroEhepaare mit oder ohne Kinder per Ehegattensplitting staatlich subventioniert, alle anderen Konstellationen, in denen Kinder aufwachsen, jedoch nicht?

[Beifall bei den GRÜNEN]

Aber zurück zum Antrag! Eigentlich geht es hier um die Frage, warum sich die gesetzlichen Krankenkassen seit der Gesundheitsreform von 2004, also Ihrer Gesundheitsreform, liebe SPD, vor der Kostenübernahme für medizinisch notwendige Eingriffe drücken. Es geht nicht darum, falsche Regelungen nach und nach ein kleines Stückchen abzumildern, sondern es muss, wie immer in der Medizin, an der Ursache gearbeitet werden. Jeder Mensch hat das Recht auf die nötige medizinische Behandlung und die

Kostenübernahme dafür. Dass unerwünschte Kinderlosigkeit ein Grund für eine nötige medizinische Behandlung darstellt, steht wohl außer Frage, gerade weil damit in vielen Fällen eine psychische Belastung verbunden ist.

Der bundesweite Geburtenrückgang um 10 000 Kinder aus künstlicher Befruchtung jährlich, also die faktische Halbierung, zeigt deutlich, dass die Regelung aus der Zeit vor 2004 wieder gebraucht wird. Warum zahlt die Krankenkasse nicht 100 Prozent der Kosten für künstliche Befruchtung wie noch vor neun Jahren? Privat Versicherte bekommen ihr Recht noch heute. Ist das diese ZweiKlassen-Medizin, die es angeblich überhaupt nicht gibt? Können wir es uns als Land leisten, den Menschen, die gerne Kinder bekommen und aufziehen würden, im Stich zu lassen, während wir andererseits darüber jammern, dass wir so wenig Geburten haben und in Europa unter diesem Aspekt die rote Laterne tragen? Ist es nicht geboten, betroffenen Eltern mit etwas Geld unter die Arme zu greifen, in deren Interesse und im Interesse der Gesellschaft?

Die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Saarland, Sachsen und Thüringen haben bereits vor etwas über einem Jahr die Bundesratsinitiative eingebracht, dass der Bund weitere 25 Prozent der Kosten übernimmt. Von der Bundesregierung, an der die CDU nicht ganz unbeteiligt ist, wurde sie am 18. April 2012 in einer Stellungnahme abgelehnt und gammelt seitdem der Diskontinuität entgegen.

Und jetzt stellt die CDU zusammen mit der SPD hier im Abgeordnetenhaus diesen Antrag. Das Paradoxon dabei sollten Sie selbst erkennen. Wahrscheinlich ist „Wahlkampfgeplänkel“ wirklich das Wort des Tages.

Fakt ist, dass der Bund 7 Millionen Euro für die Beteiligung an den Kosten für IVF und ICSI bereitgestellt hat, allerdings nur, wenn das Land seinen Eigenanteil übernimmt. Das ist die Anforderung Ihrer eigenen Familienministerin, Herr Ludewig! Lieber Herr Isenberg! Das kann man nachlesen, und zwar ganz ohne Prüfauftrag. Das heißt, 12,5 Prozent der Behandlungskosten gehen an Berlin. Das sind etwa 450 Euro pro Behandlung. Das ist ungefähr so viel, wie die Beflaggung und das Ausschmücken des Brandenburger Tors für das hübsche Erinnerungsfoto bei jedem Staatsbesuch kostet.

Ihnen geht es in Ihren Antrag eigentlich gar nicht um die Kinderlosen, sondern um Ihren Haushalt, den Sie nicht geregelt bekommen. Nennen Sie das Kind doch beim Namen! Stellen Sie doch einen Antrag, dass die Gelder im Landeshaushalt bereitgestellt werden, um den Kinderlosen zu helfen, zumindest mit etwas Unterstützung! Die 25 Prozent Eigenbeteiligung müssen die Eltern ja dann trotzdem weiterhin bezahlen.

Aber wir fragen uns auch, wie der Senat welche Mittel einzusetzen gedenkt, und freuen uns insofern auf die spannende Beratung im Ausschuss. Vielleicht können wir aus Ihrem Antrag noch einen zielführenden Antrag machen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Danke, Herr Kollege Kowalewski! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 22 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter der lfd. Nr. 4.5.

Jetzt komme ich zur

lfd. Nr. 23:

Willkommenskultur umsetzen: Ausländerbehörde wird Einwanderungsbehörde

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0876

Es ist mir angekündigt worden – Frau Kollegin Bayram bestätigt es –, dass die Reden zu Protokoll gegeben werden. Dazu haben Sie jetzt die Gelegenheit. Auf, auf zum Pult!

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Diese Tatsache sollten wir über zehn Jahre nach den Vorschlägen der Zuwanderungskommission und des dadurch eingeleiteten Mentalitätswechsels nicht nur erkennen, vielmehr sollten wir dies auch sichtbar machen. Daher schlagen wir mit unserem Antrag vor, die Ausländerbehörde als Einwanderungsbehörde zu bezeichnen und sie der Senatsverwaltung zu unterstellen, die das Thema Integration und Partizipation zu verantworten hat. Migrantinnen und Migranten dürfen nicht mehr als Gefahr für die Mehrheitsgesellschaft betrachtet und zum Sündenbock gemacht werden. Es muss Schluss sein mit Ausgrenzung und Kriminalisierung von Migrantinnen und Migranten.

Die Ausländerbehörde wird von einer Senatsverwaltung geführt, die sich vor einiger Zeit mit einer Pressemitteilung über die Abschiebung von Sinti und Roma nach ExJugoslawien gerühmt hat. Dadurch haben sich der Innensenator und sein Staatssekretär integrationspolitisch für den würdigen Umgang mit Migrantinnen und Migranten, insbesondere Flüchtlingen, disqualifiziert. Seit die Innenverwaltung einem CDU-Innensenator und dessen Staatssekretär untersteht, haben die Beschwerden von Migrantinnen und Migranten zugenommen. Dies bereitet uns ernsthafte Sorgen.

Berlin ist eine Stadt der Vielfalt. Dies muss sich in einer Kultur des Umgangs mit den Menschen insbesondere in der Ausländerbehörde widerspiegeln. Leider sind wir davon weit entfernt. Statt die bundesgesetzlichen Freiräume im Sinne eines integrationsorientierten Vollzugs zu nutzen, werden alle Wege gesucht, um die Menschen auszugrenzen und schnell außer Landes zu bringen. Das widerspricht dem Menschen- und Gesellschaftsbild von Bündnis 90/Die Grünen. Wir stehen für einen offenen und wertschätzenden Umgang mit allen Menschen, frei von rassistischen Ressentiments und Ausgrenzung.

Der Migrationsrat Berlin-Brandenburg hat in mehreren Stellungnahmen auf die Missstände in der Ausländerbehörde hingewiesen und konkrete Veränderungsvorschläge gemacht. Diese werden durch den Innensenator Henkel konsequent ignoriert. Er beteuert immer wieder sein Interesse an der Verbesserung der Situation für die Menschen in Berlin. Konkrete Verbesserungen lassen aber leider auf sich warten. Nach über einem Jahr einer rot-schwarzen Landesregierung in Berlin steht fest: Frank Henkel will und kann keine Integrationspolitik. Daher muss auch die Konsequenz daraus folgen: Wir können ihm nicht die Verantwortung für die Menschen in der Stadt ohne deutschen Pass überlassen. Auch in seiner heutigen Rede hat er bewiesen, dass er keine Sensibilität für das Problem des strukturellen und institutionellen Rassismus hat. Reflexartig wird alles negiert und abgewehrt, was die interkulturelle Kompetenz einfordert oder bestehende Missstände formuliert. Der alte innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Henkel, ist auch als Innensenator ein Lawand-Order-Mann ohne Instinkt für alles, was seinem konservativen Weltbild nicht entspricht.

Die Senatsverwaltung für Integration mit der Integrationsbeauftragten hat innerhalb des Senats die Zuständigkeit für Partizipation. Wir wollen, dass die Menschen in vollem Umfang an unserer Gesellschaft und unserer Stadt partizipieren können. Sie sind ganz selbstverständlicher Teil ihrer Nachbarschaft, ihres Kiezes und des Berliner Lebens. Dabei sollte es keine Rolle spielen, ob sie einen deutschen Pass haben oder nicht. Diese Menschen wollen nicht in eine Behörde gehen müssen, wo sie ausgegrenzt, schlecht behandelt oder gar rassistisch beschimpft werden. Sie wollen in keine Behörde gehen müssen, in der ihnen vermittelt wird, nicht dazuzugehören, und wo sie unter den Generalverdacht gestellt werden, dass ihre Unterlagen unecht oder ihre Anliegen unaufrichtig seien. Wir brauchen einen Mentalitätswechsels der Ausländerbehörde hin zu einer Behörde, die Migrantinnen und Migranten willkommen heißt.

Heute früh haben wir am Internationalen Tag gegen Rassismus vor der Berliner Ausländerbehörde mit der Lesung von antirassistischen Texten und Musik auf die Missstände aufmerksam gemacht und mit vielen Menschen vor Ort geredet. Eine Frau erzählte, dass selbst eine Familie, die genug von Deutschland habe und das Land verlassen

wolle, aufgrund des Verhaltens der Behörde seit Wochen daran gehindert werde. Sie selbst sei jedes mal wütend, wenn sie zur Ausländerbehörde gehen müsse, weil sie sich frage, wie lange sie sich noch so behandeln lassen müsse. „Muss ich dieses Land verlassen, damit ich wieder von Behörden wie ein normaler Mensch behandelt werde“, fragte sie. Nein, sage ich dazu. Ich will dass die Behörden sich ändern, damit die Menschen sich dort gut aufgehoben fühlen, und nicht, dass sie Berlin verlassen, weil unsere Behörden die interkulturelle Öffnung nicht hinkriegen.

Auch wenn die Ausländerbehörde der Senatsverwaltung für Integration untersteht und die Bezeichnung „Einwanderungsbehörde“ trägt, wird sie nicht über Nacht und automatisch bessere Arbeit leisten. Doch es ist ein Schritt in die richtige Richtung, und damit sollten wir jetzt anfangen. denn wir sind es unserer Verantwortung für alle Berlinerinnen und Berliner schuldig.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen legt uns heute in der ersten Lesung den Antrag mit dem Titel: „Willkommenskultur umsetzen: Ausländerbehörde wird Einwanderungsbehörde“ vor. Ein interessanter Antrag, könnte man meinen, wenn nicht der erste Teil der Forderung, nämlich den Senat aufzufordern, die Zuständigkeit für die Abteilung Ausländerangelegenheiten der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen zu übertragen, etliche Monate zu spät kommen würde. Der Ressortzuschnitt wird am Anfang von der Regierungskoalition festgelegt. Eine Änderung ist in der Regel im Laufe der Legislaturperiode nicht üblich und ein Wechsel daher unwahrscheinlich. Ihr Antrag ist – was diesen ersten Teil betrifft – ein wirklich schöner Schaufensterantrag. Viel Schaum, wenig Inhalt, kann man auch sagen, zumal keine drängenden Gründe vorliegen, das so zu ändern. Die Begründung des Antrages gibt auch keine fundierten Hinweise her. Wenn dafür besondere Gründe vorliegen sollten, so muss es der Antragssteller uns darlegen. Ich bin wirklich neugierig auf die Beratung im Ausschuss. Meinen Sie es ernst, oder ist es nur ein Schaufensterantrag?

Kommen wir zum zweiten Teil des Antrags: Der Antragssteller fordert den Senat auf, die Bezeichnung „Ausländerbehörde“ um den Zusatz „Einwanderungsbehörde“ zu ergänzen. Auf den ersten Blick könnte man denken, warum nicht? Aber lassen Sie uns doch erst mal über die Kriterien sprechen! Was genau soll eine Einwanderungsbehörde erfüllen, nicht nur im Namen diesen Titel haben, also am Eingangstor, sondern auch für die Betroffenen anbieten? Kann es diese Ausländerbehörde überhaupt? Ist hier vielleicht was anderes gemeint, und es soll in Salamitaktik eingefordert werden? Erst den Titel ändern, dann meckern, dass ja dieser Titel den Ansprüchen und Erwartungen nicht gerecht wird, dann Forderungen stellen und meckern, dass diese nicht umgesetzt werden – so werden

wir den Problemen der Betroffenen mit der Ausländerbehörde und den Verbesserungen der Leistungen und Arbeitsbedingungen der Mitarbeitern nicht gerecht.

Also sagen Sie erst mal, was Sie genau wollen. Die Ausschussberatung wird hoffentlich mehr Erkenntnisgewinn für uns bringen als die erste Beratung heute hier im Plenum, zumal wir diese Reden zu Protokoll geben und uns nicht wirklich in einer Debatte zum Thema austauschen können. Die Ausschussberatung bleibt aus meiner Sicht spannend. Die geforderte Zeitspanne ist außerdem unrealistisch. Aber da ich davon ausgehe, dass keine wirklich fundierteren und neuen Argumente folgen werden, werden wir wohl die Änderung ablehnen. Daher ist eine Änderung des Datums wohl uninteressant. Aber trotzdem: Nutzen Sie die Gelegenheit der Beratung im Ausschuss!

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen, Ihr Antrag ist ein weiteres Beispiel, wie Sie dieses Haus mit Unfug beschäftigen.

Erstens: Die Bezeichnung „Ausländerbehörde“ soll mit der Bezeichnung „Einwanderungsbehörde“ ergänzt werden. Dadurch erreichen Sie gar nichts. Auch die Vereinigten Staaten von Amerika bezeichnen ihre zuständigen Stellen als „Immigration Office“, was sie nicht davon abhält, ihre Einwanderungspolitik an den Interessen ihres Landes auszurichten und ihr Land nicht wahllos für jedermann zu öffnen. Daher wäre eine entsprechende Änderung des Namens schlicht bedeutungslos.

Zweitens: Die Ausländerbehörde hat eine Vielzahl von Aufgaben, die insbesondere im Aufenthaltsgesetz geregelt sind. Dazu gehören die Beschaffung von Identitätspapieren für ausweislose Ausländer und die damit zusammenhängenden Identitätsfeststellungen. Dazu gehören aber auch die aufenthalts- und passrechtlichen Maßnahmen und Entscheidungen. Diese stehen im Zusammenhang mit der Zurückführung von Ausländern ohne Aufenthaltsrecht. Dafür sind die Polizeibehörden zuständig. Diese befinden sich im Verantwortungsbereich der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Um die Zusammenarbeit nicht zu erschweren und den Verwaltungsaufwand nicht zu erhöhen, ist und bleibt es sinnvoll, Ausländerbehörde und Polizeibehörde im gemeinsamen Verantwortungsbereich der Senatsverwaltung für Inneres und Sport zu belassen.

Drittens: Ihre gebetsmühlenhaft immer wieder erhobenen Vorwürfe an die Ausländerbehörde, sie sei nicht ausreichend interkulturell geöffnet und pflege keine Willkommenskultur, gehen über die Tatsachen weit hinaus. Ich empfehle Ihnen, sich einmal aus den Parallelwelten ihrer parteiinternen Politzirkel herauszubewegen und einen Tag bei der Ausländerbehörde zu hospitieren. Dann werden Sie eindrücklich feststellen, was die Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter dort alltäglich leisten und mit wie viel Geduld und Verständnis sie jedem Einzelfall gerecht zu werden versuchen.

Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie sollten überlegen, ob Sie Ihre Schaufensteranträge nicht in Ihren internen Politzirkeln belassen und uns damit verschonen.

Wir unterstützen die Anliegen des vorliegenden Antrages. Seit Jahrzehnten gibt es Beschwerden über diese Behörde. Je nach politischer Senatskonstellation, abhängig davon, wer Innensenator und Staatssekretär war, oder wenn extern Druck ausgeübt wurde, beispielweise durch den Integrationsbeirat des Berliner Senats, gab es zeitweilige Verbesserungen, die aber nicht nachhaltig waren. Noch immer beschweren sich Migrantinnen und Migranten darüber, dass sie geduzt werden. Neuankömmlinge, beispielweise zugezogene Ehepartner, berichten, dass sie danach gefragt werden, warum sie zugezogen sind und nicht der Ehepartner in das Herkunftsland zurückgekehrt ist. Ich kenne die Reaktionen: Erst wird geleugnet, dann werden nachweisliche Fälle als Einzelfälle abgetan, und es bleibt alles beim Alten. Es muss sich hier grundsätzlich und strukturell etwas ändern. Deshalb ist der Antrag sehr zu begrüßen.