Protocol of the Session on March 21, 2013

Wir unterstützen die Anliegen des vorliegenden Antrages. Seit Jahrzehnten gibt es Beschwerden über diese Behörde. Je nach politischer Senatskonstellation, abhängig davon, wer Innensenator und Staatssekretär war, oder wenn extern Druck ausgeübt wurde, beispielweise durch den Integrationsbeirat des Berliner Senats, gab es zeitweilige Verbesserungen, die aber nicht nachhaltig waren. Noch immer beschweren sich Migrantinnen und Migranten darüber, dass sie geduzt werden. Neuankömmlinge, beispielweise zugezogene Ehepartner, berichten, dass sie danach gefragt werden, warum sie zugezogen sind und nicht der Ehepartner in das Herkunftsland zurückgekehrt ist. Ich kenne die Reaktionen: Erst wird geleugnet, dann werden nachweisliche Fälle als Einzelfälle abgetan, und es bleibt alles beim Alten. Es muss sich hier grundsätzlich und strukturell etwas ändern. Deshalb ist der Antrag sehr zu begrüßen.

Eine Ausländerbehörde ist kein Bollwerk gegen Einwanderung. Eine Ausländerbehörde ist wie jede Behörde dazu da, Gesetze umzusetzen. Durch ihre Verlagerung von der Innenverwaltung zur Senatsverwaltung für Integration und den Zusatz „Einwanderungsbehörde“ wäre zumindest strukturell klargestellt, dass es sich auch hier um eine Servicebehörde handelt und nicht um eine Heimatschutzbehörde. Einwanderung ist kein Problem der inneren Sicherheit, sondern eine Herausforderung für die Integrations- und Partizipationspolitik. Deshalb ist die dafür zuständige Behörde, auch was die Kompetenzen angeht, besser in der Senatsverwaltung für Integration aufgehoben.

Die Beschwerden sind seit dem Amtsbeginn des Senators Henkel gestiegen. Das ist für mich kein Wunder, denn in Beantwortung der Wahlprüfsteine des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg – TBB –, veröffentlicht am 25. August 2011, hat die CDU zu der Forderung, die Ausländerbehörde der Integrationsverwaltung zu unterstellen, wie folgt Stellung genommen:

Die Ausländerbehörde muss den Vollzug des Ausländerrechts garantieren und ist keine Sozialberatungsstelle.

Also: Ausländerbehörde als Einwanderungsschutzbehörde – so weit die CDU.

Und die SPD? Sie hatte wie folgt geantwortet:

Unser Ziel ist es, die Ausländerbehörde weiter als Servicebehörde zu profilieren. Bereits heute diskutiert die Behörde ihr Handeln mit Vertreterinnen und Vertretern von Migrantenorganisationen. Diese Bereitschaft zum Dialog mit Interessenvertretungen von Flüchtlingen und Migranten wollen wir verstärken und so nachhaltig zur Verbesserung des integrationspolitischen Klimas beitragen.“

Und weiter:

Wir verstehen die Ausländerbehörde als lernende Organisation, die die Sichtweise der Migrantinnen und Migranten in ihre Entwicklung einbezieht.

Ich frage mal so ganz nebenbei: Wie viele solcher Kooperationstreffen mit Migrantenorganisationen hat es seit Amtsantritt des SPD-CDU-Senats gegeben? Welche Resultate können sie vorweisen?

Was auch dringend notwendig ist, ist eine unabhängige Beschwerdestelle, die den Eingaben der Migrantinnen und Migranten nachgeht und auch Akteneinsicht erhält. Eine drittelparitätische Besetzung mit Vertreterinnen und Vertretern von der Verwaltung, den Migrantenorganisationen und den Wohlfahrtsverbänden wäre denkbar. Wir dürfen aber eins nicht vergessen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ausländerbehörde sind natürlich von den Rechtsvorschriften beeinflusst, die sie umzusetzen haben. Wer ein Gesetzeswerk umsetzen soll, das auf Abwehr, Restriktionen und Sanktionen beruht, das eines weltoffenen Einwanderungslands unwürdig ist, der wird auch in seinem Verhalten von diesen Vorschriften geprägt sein.

Nur zur Erinnerung – § 1 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes lautet:

Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland.

Also doch Heimatschutzbehörde! Solange wir eine solch restriktive Gesetzgebung haben, wird sich auch der Charakter der Ausländerbehörden nicht grundlegend ändern. Trotzdem kann Berlin einiges tun, um die Zustände in der Ausländerbehörde zu verbessern. Der vorliegende Antrag ist dafür ein guter Baustein.

Liebe Grüne, Sie alle wissen genau so gut wie oder besser als ich, dass die Ausländerbehörde massiver Kritik von diversen Organisationen ausgesetzt ist. Die Kritik betrifft unter anderem die Bereiche Wartezeiten, Behandlung von Kunden und Sprachkenntnisse sowie interkulturelle Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und die Praxis bei Ermessensentscheidungen. Es liegt nahe, dass wir eine radikale Reform brauchen, die auf einen institutionellen Neuanfang setzt. Seit Monaten beschäftigen wir uns mit dieser Behörde im Ausschuss und über Anfragen.

Insofern wundere ich mich sehr über diesen Antrag von Ihnen, der unausgegoren wirkt und lediglich Symptome behandeln will. Ich meine: Umbenennung? So wie das Arbeitsamt in Arbeitsagentur umbenannt wurde? Hat ja super geklappt. Hätten Sie sich an den Forderungen der AG Migration der SPD orientiert, hätten Sie schon einige sinnvolle Ansätze gefunden, die das ganze inhaltlich unterfüttern. Ein Beispiel wäre die Forderung nach der Einrichtung einer zentralen Beschwerdestelle.

Nun weiß ich nicht, wie man mit dem Antrag weiter umgehen soll. Sollen wir den mit Änderungsanträgen noch umbauen zu etwas, was wirklich einen Unterschied machen würde, oder bringen wir dazu einen Gegenantrag ein? Mal schauen. Jedenfalls haben Sie sich und uns mit diesem Vorpreschen keinen Gefallen getan. Dass Sie das auch selbst gemerkt haben, dokumentieren Sie ja damit, dass Sie die Rede nur zu Protokoll zu geben.

Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 24 war Priorität der Fraktion Die Linke unter der lfd. Nr. 4.1. Der Tagesordnungspunkt 25 war Priorität der Piratenfraktion unter der lfd. Nr. 4.2. Die Tagesordnungspunkte 26 bis 29 stehen auf der Konsensliste.

Ich rufe jetzt auf

lfd. Nr. 30:

Fahrpreiserhöhungen für BVG und S-Bahn ablehnen – Nachhaltiges Entschuldungs- und Finanzierungskonzept für BVG vereinbaren

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0886

Die antragstellende Fraktion möchte den Antrag heute vertagen. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Also kommen wir jetzt zur

lfd. Nr. 31:

Luftverkehrsgesetz verbessern: Stärkerer Lärmschutz für die Bevölkerung

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0887

Hier ist eine Beratung gewünscht. Die Redezeit beträgt bis zu fünf Minuten, Sie kennen das! Es beginnt der Kollege Moritz für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön, Kollege Moritz! Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erfahrung mit der Festsetzung der Flugrouten am Flughafen BER haben uns deutliche Defizite beim Verfahren der Erarbeitung der Flugrouten selbst und bei der Transparenz und der Einbeziehung der Öffentlichkeit im Besonderen aufgezeigt. Allerdings wird über die Festsetzung der Flugverfahren nicht nur in Berlin-Brandenburg heftig gestritten, sondern an allen großen deutschen Flughafenstandorten. Darüber hinaus ist der Schutz der Bevölkerung vor den gesundheitlichen Risiken durch Fluglärm und im Besonderen der Schutz der Nachtruhe ein bundesweit stark diskutiertes Thema. Aus diesem Grund haben die Länder Rheinland-Pfalz, Hessen und Brandenburg in unterschiedlichen Initiativen Vorschläge zur Novellierung des Luftverkehrsgesetzes in den Bundesrat eingebracht.

In unserem Antrag haben wir die wesentlichen Punkte der Bundesratsinitiative von Rheinland-Pfalz aufgenommen und wollen damit den Senat auffordern, diese Initiative im Bundesrat zu unterstützen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Im Kern geht es bei der Bundesratsinitiative aus Rheinland-Pfalz, der sich auch Baden-Württemberg angeschlossen hat, um eine Änderung des Luftverkehrsgesetzes, damit bei der Festlegung der Flugverfahren dem Lärmschutz eine höhere Priorität gegenüber den wirtschaftlichen Interessen eingeräumt wird.

Zweiter wesentlicher Inhalt der Initiative ist eine Änderung des § 32 Luftverkehrsgesetz, damit für die erstmalige Festlegung und bei wesentlichen Änderungen von Flugrouten ein transparentes Verfahren eingeführt wird, bei dem die Bürgerinnen und Bürger erstmals Einwendungs- und Klagemöglichkeiten erhalten.

Schließlich soll zukünftig bei der Festlegung der Flugrouten als Rechtsverordnung durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung auch das Einvernehmen statt bisher nur das bloße Benehmen des Umweltbundesamts erforderlich sein.

Die Gesetzesinitiativen von Hessen und Brandenburg sind leider nicht ausreichend. Den Initiativen fehlt z. B. die Aufwertung der Flugroutenfestlegung als Fachplanung oder eben die Stärkung der Rolle des Umweltbundesamts. Im hessischen Entwurf wird nicht der von der Rechtsprechung als Schutzgut definierte Begriff „Schutz der Nachruhe“ verwendet. So begrüßenswert die Zustimmung des Brandenburger Landtags zum Volksbegehren für ein Nachflugverbot von 22 bis 6 Uhr ist, so kommt diese Haltung leider in der Initiative von Brandenburg nicht zum Ausdruck, denn dort soll im Gegensatz zu beiden anderen Initiativen weiterhin nur auf den Schutz vor unzumutbaren Fluglärm hingewirkt werden. Der Begriff „Nachtruhe“ wird hier zwar verwendet, al

lerdings soll das Nähere durch eine nicht weiter bestimmte Rechtsverordnung des Bundes geregelt werden. Im schlechtesten Fall könnte dabei sogar eine Verschlechterung des Lärmschutzes herauskommen.

Alle drei Initiativen sind in den Verkehrsausschuss des Bundesrats überwiesen worden. Dieser tagt das nächste Mal am 17. April, also vor unserer nächsten Plenarsitzung. Deshalb fordern wir auch heute eine Sofortabstimmung.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Meine Damen und Herren! Unterstützen Sie unseren Antrag und damit die gute Initiative aus Rheinland-Pfalz und letztlich die Verbesserung des Gesundheitsschutzes der Flughafenanlieger insgesamt! – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Danke, Kollege Moritz! – Für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt dem Kollegen Buchholz das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen! Meine Herren! Lieber Kollege Moritz! Zu recht fortgeschrittener Stunde sollten und können wir uns, glaube ich, bei dem Thema etwas kürzer fassen. Eigentlich, habe ich gehört, war verabredet, dass wir alle nur jeweils eine Minute sprechen. Das hat offensichtlich nicht funktioniert, ist bei Ihnen nicht angekommen.

[Zuruf von den GRÜNEN]

Sie haben den Antrag noch einmal vorgetragen. Ich will in kurzer Version noch einmal kurz erklären, warum Sie zwar schöne Ansätze aufgeschrieben haben, aber wir heute dem nicht zustimmen können, sondern um Überweisung an den Fachausschuss bitten. Ich will es Ihnen gerne erklären. Sie haben völlig zu Recht dargestellt, es gibt drei verschiedene Anträge von drei verschiedenen Bundesländern zum Thema Lärmschutz. Da sind die Parteifarben ganz interessant. Das Bundesland Rheinland-Pfalz: SPD-Grüne, Bundesland Hessen: CDU-FDP, Bundesland Brandenburg: SPD-Linke. Daran kann man schon sehen, dass es offensichtlich ein parteiübergreifendes Thema und Problem ist, was uns aber nicht dazu verleiten sollte, Kollege Moritz, einfach das Kind mit dem Bade auszuschütten und uns, bevor es im Bundesrat weitere interne Abstimmungen in einem Bundesratsgremium gibt, z. B. in den Fachausschüssen

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

festzulegen, wir folgen ganz klar nur einem einzigen Antrag von einem Bundesland. Das müssten Sie eigentlich wissen, da Sie in anderen Bundesländern regieren.

Das ist taktisch sehr unklug. Das sollten wir deshalb an der Stelle nicht machen.

[Uwe Doering (LINKE): Dann sagt mal, was ihr wollt! Was will die SPD in Berlin?]

Ich komme jetzt zu Inhalten, Kollege, ganz kurz. – Erst mal das zum Verfahren, warum wir auch nicht der Meinung sind, dass die Sofortabstimmung notwendig ist. Es wird schlichtweg bis dahin keine Abstimmung im Bundesrat zu dem Thema gegeben haben. Das prophezeie ich Ihnen. Wir können das ja bei der nächsten Plenarsitzung zusammen überprüfen. Deswegen besteht keine Eilbedürftigkeit. Deswegen sind bei uns auch keine vorschnellen Festlegungen notwendig. Was wir, glaube ich, gemeinsam wollen, sind frühzeitige transparente Verfahren bei der Festlegung von Flugrouten, völlig richtig. Da haben wir auch in Berlin alle miteinander – Berlin und Brandenburg – lernen müssen, dass es nicht optimal gelaufen ist, völlig richtig, weil wir wollen, dass die Bevölkerung frühzeitig klaren Wein bekommt, welche Flugrouten tatsächlich zu erwarten sind.

Aber – jetzt komme ich zu den Inhalten – Sie sagen auch, Sie wollen das im Rahmen von Planfeststellungsverfahren ganz verbindlich vorschreiben. Ob das wirklich eine gute Lösung ist, wage ich sehr zu bezweifeln. Mit allem, was dazugehört, bauen Sie eine Menge Popanz auf, dann ist es extrem festgeschrieben, wo man vielleicht später einmal sagt, man hat neue Start- und Landetechniken, man hat neues Fluggerät, wo man das vielleicht auch einmal ändern möchte. Das kriegen Sie dann nicht mehr so ohne Weiteres hin. Das ist also schwierig. Das ist also eine Gratwanderung, die man nicht unbedingt zu Ihren Gunsten abwägen kann. Es geht hier explizit nicht darum, Nachtflugverbot ja oder nein, weil das im Augenblick ein großes Thema ist. Es geht ausschließlich um Verfahren zur Festlegung von An- und Abflugrouten. Ich glaube, das ist ein gutes Thema, um es im Ausschuss für Verkehr bzw. im Umweltausschuss intensiv zu beraten. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!