Protocol of the Session on November 10, 2011

Mündliche Anfragen

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage erhält Frau Abgeordnete Ülker Radziwill von der SPD-Fraktion mit einer Frage zu dem Thema

Seniorenwahlen in Berlin

Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie verlaufen die in dieser Woche stattfindenden Wahlen zu den bezirklichen Seniorenvertretungen?

2. Verfügt der Senat über Erkenntnisse zur Wahlbeteiligung, und was hat der Senat im Vorfeld der Wahl unternommen, um für eine rege Beteiligung zu werben?

Vielen Dank! – Es antwortet für den Senat Frau Senatorin Bluhm. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Radziwill! Gestatten Sie mir, dass ich Ihre erste Frage und den ersten Teil der zweiten Frage gemeinsam beantworte.

Seit Montag werden in den Berliner Bezirken in öffentlichen Versammlungen die Kandidatinnen und Kandidaten für die Seniorenvertretung aus einer Berufungsvorschlagsliste gewählt. Über die Wahlbeteiligung lässt sich natürlich erst nach Abschluss der Wahlveranstaltungen in dieser Woche eine endgültige Aussage treffen. Erst dann sind die letzten Wahlversammlungen beendet und die Auszählung kann stattfinden.

Als erster Eindruck wurde uns aber von verschiedenen Seiten vermittelt, dass es an den ersten Wahltagen eine Zunahme der Beteiligung gegeben hat. Ich begrüße die Fragestellung in der Woche der stattfindenden Wahl, weil dies die Möglichkeit eröffnet, auf die stattfindenden Wahlen aufmerksam zu machen.

Der zweite Teil der zweiten Frage richtet sich eher in die Vergangenheit: Was wir dafür getan haben, um die Beteiligung und das Interesse an den stattfindenden Wahlen zu erhöhen. Das kann ich sehr viel ausführlicher beantworten, weil es – wie gesagt – ein angeschlossener Vorgang ist. Wir haben im Zusammenhang mit der Neuberufung der bezirklichen Seniorenvertretungen einen zielgruppenorientierten, werbewirksamen und aus mehreren Einzelelementen bestehenden öffentlichen Auftritt versucht. Unter dem Slogan „Erfahrung in Berlin – Generation Plus bestimmt mit“ ging es uns und allen Beteiligten darum, Berlinerinnen und Berliner, die das sechzigste Lebensjahr erreicht oder überschritten haben, zu motivieren, entweder selbst für die bezirklichen Seniorenvertretungen zu kandidieren und/oder Einfluss auf die Zusammensetzung der bezirklichen Seniorenvertretungen zu nehmen. Wir haben uns dabei von einer professionellen Werbeagentur unterstützen lassen.

Die wesentlichen Elemente, die realisiert worden sind, will ich nennen. Es gab zunächst eine Broschüre mit dem aktuell gültigen Text des Berliner Mitwirkungsgesetzes und einer erläuternden Grafik zum Wahlprozess für die bezirklichen Seniorenvertretungen. 1 000 Exemplare dieser Broschüre sind bereits am 27. August, zum Auftakt

der Berliner Seniorenwoche, auf dem Breitscheidplatz verteilt worden. Sie ist immer sehr gut besucht, sodass das schon mal der Auftakt der öffentlichen Kampagne gewesen ist. Weitere 7 000 Broschüren gingen an die Bezirke und an Interessenvertretungen der Berliner Seniorenpolitik.

Darüber hinaus gab und gibt es 3 000 Flyer mit Angaben zu den öffentlichen Wahlversammlungen. Diese wurden in der Berliner Öffentlichkeit verteilt, ebenfalls beginnend mit dem Auftakt der Berliner Seniorenwoche. Darüber hinaus wurden sie an hoch frequentierten Orten in der Stadt verteilt.

Weiter geht es mit der Kampagne. Es wurden 1 240 Plakate erstellt. Jeder Bezirk erhielt 70 Plakate mit den entsprechenden bezirksspezifischen Angaben zu Orten und Zeiten der bezirklichen Wahlversammlungen. Weitere 400 Plakate waren neutral mit den Angaben der zentralen Behördeneinwahl 115 sowie der Angabe der WebAdresse „Senioren wirken mit“ versehen. 320 Plakate waren zwei Wochen vor den Wahlen an ausgewählten BVG-Haltestellen ausgehängt worden.

Ein besonderes Element der Kampagne war die Werbung im „Berliner Fenster“. Ein 30-sekündiger Spot wurde in der Woche vor den Wahlen, also in der Woche vom 31. Oktober bis zum 6. November dieses Jahres, in der UBahn gesendet.

In der „Berliner Woche“ vom 2. November 2011 war in allen 33 Lokalausgaben eine Anzeige geschaltet, die jeweils die bezirksindividuellen Angaben zu den Wahlorten und -zeiten enthielt. Die Anzeige war durch einen redaktionellen Beitrag über die Arbeit der Seniorenvertretungen in den jeweiligen Bezirken ergänzt.

Von der Senatsverwaltung für Soziales wurde für die Seniorenwahlen die Internetseite „Senioren wirken mit“ eingerichtet und beworben. In Absprache mit den Bezirken wurde als zentrale Rufnummer die Behördeneinwahl 115 verwendet. Von dort erfolgte bei Bedarf eine konkrete Weiterleitung an die Ansprechpartner in den Bezirken.

Selbstverständlich haben wir – mit Pressemitteilung vom 26. September dieses Jahres – auch die Presse über die Öffentlichkeitskampagne und alle relevanten Details zur Wahl zur den Seniorenvertretungen informiert.

Vielen Dank! – Gibt es Zusatzfragen? – Bitte schön, Frau Kollegin Radziwill!

Vielen Dank für diese Darstellung, Frau Bluhm! Können Sie mir noch angeben, wie hoch die Kosten der von Ihnen dargestellten Werbemaßnahmen waren?

Frau Abgeordnete! Wir haben gemeinsam darum gestritten, dass wir mehr Mittel für die Öffentlichkeitskampagne erwirken, auch durch Einsparungen in anderen Bereichen beziehungsweise eine Bereitschaft zu einer zusätzlichen Finanzierung, weil die Bezirke uns dargestellt haben, dass sie ohne finanzielle Mittel nicht öffentlichkeitswirksam auftreten können. In meiner Erinnerung ist es so, dass allein die Werbekampagne 45 000 Euro gekostet hat. Diese Mittel wurden auch restlos verausgabt.

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen habe ich nicht.

Dann rufe ich die Nr. 2 der Mündlichen Anfragen auf. Sie wird vom Kollegen Peter Trapp von der CDU-Fraktion zu dem Thema

Erweitertes Führungszeugnis in der Kinder- und Jugendarbeit

gestellt. – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Für welchen Personenkreis in der Kinder- und Jugendarbeit – Betreuer, Vorstände, Gründer von Vereinen – hält der Senat es für erforderlich, ein erweitertes Führungszeugnis zu verlangen?

2. Teilt der Senat die Auffassung, dass der Gebührenaufwand bei der Beantragung eines erweiterten Führungszeugnisses im Falle von ehrenamtlich Tätigen vom jeweiligen Träger der Kinder- und Jugendarbeit übernommen werden sollte?

Danke schön! – Für den Senat – Herr Prof. Zöllner! Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Frage 1: Um den Auftrag des Staates im Sinne eines umfassenden Kinder- und Jungendschutzes gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber mit dem seit Mai 2010 in Kraft gesetzten § 30a Bundeszentralregistergesetz die Grundlage für

dieses sogenannte erweiterte Führungszeugnis geschaffen. Wer in Einrichtungen und Diensten der sozialen Arbeit, die mit jungen Menschen arbeiten, angestellt wird, muss ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis anfordern und vorlegen. Ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a Abs. 1 Nr. 2 dieses Registergesetzes ist aber allen Personen zu erteilen, die beruflich, ehrenamtlich oder in sonstiger Weise kinder- und jugendnah tätig sind oder tätig werden sollen. Neben dem Fachpersonal der Kinder- und Jugendhilfe ist es daher auch erforderlich, dass andere Beschäftigte, die in der Kinder- und Jugendhilfe regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen und dabei auch selbstständig, das heißt außerhalb einer ständigen Anleitung und Aufsicht, arbeiten, vor Aufnahme der Beschäftigung ein aktuelles Führungszeugnis vorlegen. Dieser Regelung liegt die Intention zugrunde, im Sinne eines wirksamen Kinder- und Jugendschutzes über die Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen einschlägig Vorbestrafte und damit dann sicher ungeeignete Personen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe von der Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen auszuschließen.

Auch das geplante Bundeskinderjugendschutzgesetz sieht in § 72a vor, dass von allen in der Kinder- und Jugendhilfe ehrenamtlich tätigen Personen zukünftig ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen ist, wenn die Kontakte von einer gewissen Intensität, Art und Dauer sind. Das sind solche Kontakte, die grundsätzlich geeignet sind, ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Kindern und Jugendlichen aufzubauen.

Das Land Berlin hat mit dem Jugend-Rundschreiben Nr. 2/2010 bereits entsprechende Vorgaben für die Einforderung von erweiterten Führungszeugnissen gemacht und nimmt somit zu diesem Thema eine Vorreiterstellung ein. Das heißt, die kurze Antwort auf Ihre erste Frage ist ein klares Ja. Wir sind uns, glaube ich, einig, dass nicht die Ehrenamtlichkeit oder die Hauptamtlichkeit darüber entscheidet, sondern die Gefahr der Gefährdung von Kindern.

Diese Vorlagepflicht betrifft dabei auch Honorarkräfte, Zivildienstleistende, Freiwilligendienstleistende, MAEKräfte, und andere vergleichbar tätige Personen, die regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen. Auch der Landesjugendring Berlin und die Sportjugend Berlin haben mit dem Senat entsprechende Vereinbarungen geschlossen. Danach muss bisher für alle hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Jugendarbeit vor Aufnahme der Tätigkeit ein solches erweitertes Führungszeugnis eingeholt werden. Diese Regelung soll auch für ehrenamtlich Tätige im Rahmen der Zuwendungsbescheide angewendet werden. Zudem hat die Sportministerkonferenz am 3. April 2011 sich für ein differenziertes Verfahren bei der Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen zur Prävention aus

(Senator Dr. Jürgen Zöllner)

gesprochen. Damit soll die Vorlagepflicht auch im Sportbereich von der Art, Intensität und Dauer des Umgangs mit Kindern und Jugendlichen abhängig gemacht werden.

Um auf Ihre Vorfrage zur Vorlagepflicht für Vorstände und Gründer von Vereinen zurückzukommen: In diesen Fällen ist nur dann ein erweiterstes Führungszeugnis zu verlangen, wenn diese Personen direkt mit Kindern und Jugendlichen arbeiten.

Zu Ihrer Frage 2: Erweiterte Führungszeugnisse werden in Berlin von den jeweiligen Personen bei den Bürgerämtern beantragt. Die Gebühren in Höhe von 13 Euro werden den Antragstellern grundsätzlich in Rechnung gestellt. Für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendhilfe hat meine Verwaltung im bereits vorher zitierten Jugend-Rundschreiben 2/2010 den Bürgerämtern empfohlen, aufgrund von § 12 Justizverwaltungskostenordnung aus Billigkeitsgründen regelmäßig von der Erhebung der Kosten abzusehen. Zusätzlich legt das Rundschreiben fest, dass für die Gebührenfreiheit eine Bescheinigung des Trägers vorzulegen ist, aus der hervorgeht, dass das Führungszeugnis zum Nachweis der Unbedenklichkeit bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen dient. Leider erfährt diese Regelung eine Einschränkung durch das Bundesamt für Justiz. Nach dem aktuellen Merkblatt zur Befreiung von Gebühr für das Führungszeugnis vom 1. Juni 2011 kann nur ausnahmsweise wegen der Mittellosigkeit oder sonst aus Billigkeitsgründen von der Erhebung der Kosten abgesehen werden. Das Bundesamt hat ausdrücklich – übrigens in Abweichung von seiner bisherigen erweiterten Ermessens- und Entscheidungsmöglichkeit – festgelegt, dass nunmehr für die ehrenamtliche Tätigkeit, soweit eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird, eine Gebührenbefreiung nicht mehr in Betracht kommt.

Diese Vorgabe des Bundesamtes erscheint mir angesichts der durchschnittlichen Höhe der für die ehrenamtlich Tätigen geleisteten Aufwandsentschädigungen absolut nicht angemessen zu sein. Es muss vermieden werden, dass durch die geforderte Gebührenerhebung das für die Gesellschaft so wichtige ehrenamtliche Engagement nachlässt. In diesem Sinne hat auch die Sportministerkonferenz, die ich vorhin schon zitiert habe, im November dieses Jahres in einem Beschluss die Bundesministerin gebeten, auf das Bundesamt für Justiz in der Weise hinzuwirken, dass die Ausstellung von erweiterten Führungszeugnissen für alle in Sportvereinen neben- und ehrenamtlich Tätigen unentgeltlich erfolgt. Auch ich werde mich entsprechend für die in der Jugendarbeit in der Parallelität der Ereignisse tätigen Ehrenamtlichen an die Bundesministerin für Justiz wenden, sodass ich hoffe, dass die Situation der Kostenerstattung nicht auftritt.

Vielen Dank! – Es gibt keine Nachfrage des Kollegen Trapp. Aber der Kollege Lux hatte sich gemeldet. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Herr Senator Zöllner! Ich frage Sie: Was gedenkt der Senat zu tun, wenn – entweder durch ein erweitertes Führungszeugnis, das Sie jetzt erweitert vorlegen wollen, oder wie im Fall der Parkeisenbahn auch durch polizeiliche Hinweise – bekannt wird, dass ein Mitarbeiter wegen sexuellen Missbrauchs vorbelastet ist, aber der Träger gleichwohl seinen Mitarbeiter weiter beschäftigt?

Bitte schön, Herr Senator!

Ich gehe davon aus, dass die Vorlage des Führungszeugnisses nur dann Sinn macht – und dann muss es auch so umgesetzt werden –, wenn dann eine Beschäftigung eben nicht in Frage kommt.

Vielen Dank! – Als nächste Frau Kollegin Dr. Hiller!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage schließt sich an das Bekenntnis des Senators an, dass er für eine Kostenfreiheit für Vereine bei der Erstellung des erweiterten Führungszeugnisses plädiert. Deshalb frage ich: Welche Möglichkeiten sehen Sie für das Land Berlin, hier eine eigenständige Lösung zu finden, um nicht diesen langen bürokratischen Weg durch die Instanzen im Bund gehen zu müssen?

Herr Senator Zöllner, bitte schön!

Dass ich gesagt habe, dass ich diesen Weg gehe, und offensichtlich auch die Sportministerkonferenz diesen Weg eingeschlagen hat, ist der Beleg dafür, dass sowohl diese Konferenz als auch ich persönlich meinen, dass es nicht nötig ist, dass dies ein langer, beschwerlicher Weg durch die Instanzen ist. Der zuständigen Ministerin einen Brief und den Hinweis zu geben, dass dieses wohl einer auch von ihr akzeptierten Intention nicht entspricht, wenn so verfahren wird, sollte, wenn die Möglichkeit besteht,

(Senator Dr. Jürgen Zöllner)