Protocol of the Session on September 13, 2012

Glauben Sie ernsthaft 13 Jahre nach Abschluss der Verträge an eine Nichtigkeit und eine Rückabwicklung? Ihr Ansatz führt dazu, dass es bei einer Teilprivatisierung bleibt und die Preise weiter steigen. Und leider muss ich auch deutlich sagen – obwohl es mir bei Ihnen schwer fällt, verehrte Kollegin –: Typisch für Ihre Fraktion ist, maximale Forderungen zu stellen und am Ende nichts zu erhalten.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das wäre nicht im Sinne der Berlinerinnen und Berliner und wird sicherlich nicht die Position der SPD-Fraktion sein. Wir werden das zu gegebener Zeit, wenn das Geschäft insgesamt zur Beratung ansteht, entsprechend deutlich machen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Frau Abgeordnete Frau Bayram hat das Wort zu einer Kurzintervention.

Herr Kollege Stroedter! Weil Sie mich direkt angesprochen haben: Es wundert mich, dass Sie so tun, als wenn Sie sich in der Materie nicht auskennen. Was will denn der Senat kaufen? – Diesen Anteil von RWE! Und wie will er es refinanzieren? – Mit den Gewinnen, die heute die RWE bekommt und demnächst das Land. Aber wer zahlt denn diese Gewinne? Wer bezahlt denn dafür? –

Das ist doch der Wasserkunde! Der Wasserkunde zahlt diesen Rückkauf durch höhere Wasserpreise. Und was hat er danach? – Er hat doch danach kein Landesunternehmen!

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Danach hat er eine private Beutegemeinschaft mit Veolia. Darum geht es. Er tritt in die Rechte und in die Pflichten ein. In dem Shareholder-Agreement – ich weiß nicht, ob Sie das kennen – sind bestimmte Wohlverhaltensregeln für den Vertragspartner enthalten, die bislang noch nicht einmal dem Abgeordnetenhaus vorgelegt wurden. Darin sind sehr viele Risiken enthalten. Und wenn das Geschäft schiefgeht – das wissen wir aus anderen Bereichen –, wer zahlt es dann? – Natürlich die Berlinerinnen und Berliner! Und das haben sie nicht verdient. Ein solches Geschäft birgt die Gefahr in sich, dass Berliner Vermögen beschädigt wird.

[Daniel Buchholz (SPD): Wo soll das Geld denn herkommen?]

Und dann will ich Ihnen noch sagen, was eigentlich die gesetzliche Grundlage dafür ist, dass diese Verzinsung stattfinden kann. Das ist im Betriebe-Gesetz geregelt. Wenn dieses Betriebe-Gesetz durch eine Normenkontrollklage zu Fall gebracht wird, dann steht Ihr Finanzsenator hier und muss erklären, wie er refinanzieren will, wenn die Gewinnerzielungsmöglichkeit durch das Betriebe-Gesetz wegfällt. Dazu hat er keine Antworten, scheint sich dazu noch keine Gedanken gemacht zu haben. Wenn eine Normenkontrollklage eingereicht wird, ist es möglich, dass der einschlägige Paragraf im Betriebe-Gesetz aufgehoben wird. Dann ist Ende mit Ihrer Vorstellung und Ihrer schönen Rechnung, dass ich aus der einen Tasche nehme und in die andere Tasche zahle, aber unter dem Strich die Berlinerinnen und Berliner die Zeche zahlen müssen! Dafür sind wir Grüne nicht zu haben.

Da kann man sich einmal hinsetzen und einen Weg prüfen, der den Begriff Rekommunalisierung, den Sie in Ihrem Wahlprogramm hatten, wirklich verdient. Jetzt machen Sie die Flucht ins Private wie all die Jahre. Veolia soll es weiterbekommen. – Ich will jetzt gar nicht anfangen, darüber zu reden, was eigentlich passieren würde, wenn Veolia das Spiel nicht mitspielte. Was würde denn eigentlich passieren, wenn Veolia all seine Einlagen aus dem gesamten Unternehmen herausnähme?

Das alles sind Fragen, die noch nicht geklärt sind. Darauf müssen Sie Antworten liefern, bevor wir uns überhaupt damit beschäftigen, dem zuzustimmen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Herr Stroedter! Ich gehe davon aus, dass Sie antworten möchten. Bitte sehr, dann haben Sie jetzt das Wort!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bayram! Ich bin etwas überrascht über Ihre Rede. Der Kollege Esser sitzt da. Fordern Sie, dass wir das Geschäft aus dem Haushalt finanzieren sollen? Sie erzählen uns permanent – heute wieder beim Thema Nachtragshaushalt –, dass wir das alles nicht seriös handhaben. Was machen Sie? – Sie fordern, dass wir das, was hier ausgehandelt worden ist – es haushaltsneutral zu machen –, einfach kippen. Das ist unglaubwürdig und muss, auch von meiner Seite, deutlich zurückgewiesen werden.

[Beifall bei der SPD]

Der zweite Punkt ist: Was wollen Sie denn erreichen? Es besteht ein Vertrag. Wir werden ihn prüfen. Wir werden ihn sorgfältig prüfen. Aber eins ist ganz klar: Wenn diese beiden Klauseln von Ihnen aufgenommen werden, ist das Geschäft geplatzt. RWE wird diesen Vertrag nicht abschließen. Und dann gehen Sie zu den Berlinerinnen und Berlinern und erklären ihnen: Ihr habt zwar einen Volksentscheid mit einem klaren Ergebnis durchgeführt, aber wir Grüne wollen mal wieder 100 Prozent und alles ganz puristisch und alles ganz wunderschön – aber zum Schluss platzt es! – Das ist mangelnde Konsequenz. Wir sind der Meinung, dass man das Geschäft machen muss, wenn der Vertrag geprüft ist.

Und drittens zum Thema Veolia! Auch da ganz klar gesagt: Wir wissen heute noch gar nicht, ob da ein Ankauf möglich ist. Aber wenn er möglich ist, dann nur, weil das Land Berlin durch den Ankauf der RWE-Anteile in die RVB einsteigt. Das ist der Ansatz, die Gelddruckmaschine abzustellen. Das ist auch der Grund, aus dem Veolia versucht hat, rechtlich dagegen vorzugehen. Sie wissen, dass es dann für sie uninteressant wird.

Natürlich wollen wir im Ziel 100 Prozent Land Berlin haben. Aber mit Ihrem Weg und mit der Art und Weise, wie Sie es betreiben wollen, wird gar nichts funktionieren. Deshalb kann ich meine Fraktion nur auffordern, dass wir – wenn wir den Vertrag geprüft haben – auf solche Angebote, wie Sie sie machen, nicht eingehen, denn sie gehen an der Realität vorbei.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Stroedter! – Für die Linksfraktion hat jetzt Herr Dr. Lederer das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass das Landesverfassungsgericht die Klauseln im Berliner Betriebe-Gesetz zur Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals für nichtig erklärt, glaube ich nicht.

[Beifall bei der SPD]

2010 hatte das Landesverfassungsgericht diese Klauseln auf zwei Verfassungsbeschwerden hin überprüft und gesagt, sie gingen klar. Ich glaube nicht, dass es zwei Jahre später eine gänzlich andere Entscheidung treffen wird.

Aber der Antrag weist auf ein richtiges Problem hin. Wir sind jetzt in der Situation: Der Vertrag liegt schon vor. Er ist notariell beurkundet. Er ist dem Abgeordnetenhaus zugegangen. Und die von den Grünen geforderten Klauseln sind nicht drin. Die stehen einfach nicht drin in dem Vertrag. Aber da der Vertrag nun schon abgeschlossen ist, kommen wir sozusagen mit dem Wunsch, solche Klauseln mögen drin sein, zu spät. Wir sind jetzt eigentlich in der Situation, entscheiden zu müssen, stimmen wir dem Vertrag zu oder stimmen wir ihm nicht zu. Da haben – finde ich – die Grünen auf ein völlig richtiges Problem hingewiesen, nämlich dass wir derzeit beim Stand dessen, was wir über dieses Geschäft wissen, überhaupt nicht sagen können, ob das ein guter oder ein schlechter Deal ist, so viel steht fest.

Und dann lese ich tatsächlich auf dem Portal Aktiencheck.de, dass Sebastian Kaufmann, der Analyst bei Cheuvreux meint, der Preis, den der Senat und RWE ausgehandelt haben, sei aus RWE-Aktienbewertungsperspektive extrem attraktiv.

Der Fair-Value dürfte eher bei 500 Millionen Euro liegen.

Das meldet das Portal.

Das Fazit lässt sich übersetzen in die Sprache einfacher Menschen, die alle verstehen: Für RWE ist der Anteilsrückkauf so wie abgeschlossen, offenbar ein extrem guter Deal.

[Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Senator Dr. Ulrich Nußbaum]

Ich bin kein Analyst und verstehe nicht allzu viel von den Methoden der Unternehmensbewertung. Aber natürlich stelle ich mir eine Menge von Fragen hinsichtlich des ausgehandelten Geschäfts. So erscheint mir einleuchtend, dass die Befolgung der Kartellamtsverfügung, die die Margen kalkulatorischer Kapitalverzinsungsprozente deutlich schmälert und damit die Möglichkeiten der Einpreisung von Gewinn deutlich reduziert, Auswirkungen auf den Kaufpreis haben muss. Denn die Attraktivität einer Wertanlage am Finanzmarkt wird natürlich durch die Renditeerwartung und die Risikoquote bestimmt. Bekanntlich hat Harald Wolf das Bundeskartellamt da

mals ins Rennen geschickt und ist von denselben, die ihn heute dafür loben, hier im Parlament arg beschimpft worden, liebe SPD, ganz genau so ist es nämlich, weil eine Kartellamtsverfügung als Bundesrecht nicht die Ausgleichsverpflichtung im Konsortialvertrag, nämlich in § 23 Abs. 7, auslöst.

[Senator Dr. Ulrich Nußbaum: Doch, lieber Herr Lederer!]

Nein, tut sie nicht! Ich habe von Ihnen bisher noch keine seriöse rechtswissenschaftliche Bewertung des Vorgangs vorgelegt bekommen. Sie geben immer nur die Gutachten in Auftrag, die sozusagen das bestätigen, was Sie gerne bestätigt haben wollen. Dann tun Sie doch mal was anderes.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Senator Dr. Ulrich Nußbaum: Sind alle verklagt worden!]

Wie die Kartellamtsverfügung in die Verhandlung und in die Preisbildung eingeflossen ist, wissen wir nicht. Da Herr Nußbaum die Einnahmen aus der überhöhten Monopolrente gern in den Landeshaushalt fließen sehen will, das Land im Rahmen der Raub- und Beutegemeinschaft mitprofitiert, und der Senat die BWB in ihrem Dauerlauf durch die Gerichtsinstanzen noch bestärkt, um die Kartellamtsverfügung aus der Welt zu bekommen, woher sollte ich da die Überzeugung nehmen, Herr Dr. Nußbaum hätte hier hart verhandelt?

Das ist eine der für mich völlig offenen Fragen, die Berücksichtigung diverser anderer Auseinandersetzungspunkte zwischen Land und Privaten gleichermaßen. Es wird gemunkelt, dass das laufende Schiedsverfahren zwischen Land und Privaten zuungunsten Berlins ausgehen werde. Woher wissen wir das, wenn das Schiedsverfahren noch läuft? Fragen über Fragen!

Schließlich hat Veolia eine Call-and-Put-Option angeboten. Sie haben gesagt, Sie wüssten gar nicht, ob Veolia verkaufen will. Ich habe den Senatsbeschluss gelesen, sie scheinen ja zu den gleichen Konditionen wie RWE verkaufen zu wollen. Wenn der Deal wirklich so gut ist, wie Herr Dr. Nußbaum behauptet, warum greifen Sie nicht konsequenterweise sofort zu, lösen die Raub- und Beutegemeinschaft auf und sagen uns und den Berlinerinnen und Berlinern, was eigentlich Ihre Idee, Ihre Strategie für den Umgang mit einem rekommunalisierten Wasserunternehmen BWB sein soll?

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Über all das wird zu reden sein. Derzeit wissen wir nicht genug, um Ihren Deal adäquat bewerten zu können. Wir wollen wissen, ob die Berlinerinnen und Berliner ein zweites Mal für einen schlechten Deal zahlen sollen, damit sich ein Teil der SPD ideologisch selbstbefriedigen kann. Wir wollen die Rekommunalisierung. Wir wollen Preisabsenkungen, öffentliche Kontrolle und Transpa

renz. Warum soll ich ausgerechnet der Koalition, die 1999 den Teilprivatisierungsdeal abgeschlossen hat, jetzt abnehmen, dass sie die Lektion aus dem damaligen Geschäft gelernt hat,

[Beifall von Heidi Kosche (GRÜNE)]

dass sie jetzt genau weiß, wie man es richtig macht, insbesondere dann, wenn sie sich dann auch noch Konstruktionen bedient, die aus meiner Sicht alles andere als durchsichtig sind, die aus meiner Sicht auch verfassungsrechtlich nicht endgültig durchgeprüft sind? Am Ende stellt sich die Frage: Warum nehmen Sie nicht einfach die BWB so, wie sie sind und stellen die öffentliche Kontrolle über das gesamte Unternehmen wieder her? Das ist das, was ich von Ihnen erwarte. Da erwarte ich von Ihnen Vorschläge. Wir werden in den nächsten Plenarsitzungen über diese Fragen weiter reden. Wir werden Sie auch zwingen, dazu Farbe zu bekennen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Dr. Lederer! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Garmer das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Beurteilung der Ereignisse um die Wasserbetriebe ist für diejenigen von Ihnen, die sich nicht regelmäßig damit befassen, vermutlich deshalb so schwierig, weil es bei dem Einstieg der privaten Partner Veolia und RWE vor 13 Jahren Licht und Schatten gab, positive und negative Aspekte.

[Zuruf von den GRÜNEN: Wo waren denn die positiven?]

Positiv ist zu vermerken, dass die Qualität der technischen Ausstattung, die Effizienz der betrieblichen Prozesse seit 1999 durch den Einstieg der Privaten deutlich verbessert worden ist. Die privaten Anteilseigner haben in den vergangen Jahren erhebliches technisches Knowhow und organisatorisches Können in das Unternehmen hineingebracht. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie der Wasserpreis heute wäre, wenn alle diese Dinge nicht stattgefunden hätten,

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Sie haben keine Ahnung!]