Protocol of the Session on September 13, 2012

nicht niedriger als heute, eher höher und ohne die Abführung an den Landeshaushalt, Herr Dr. Lederer.

Problematischer ist – das hat sich allgemein herumgesprochen – der mit dem Einstieg der privaten Partner verbundene Finanzgeschäft zu werten. Politisch wird dieses Finanzgeschäft von dem einen oder anderen Beobachter als Kreditaufnahme des Landes gewertet, denn der

Erlös von ungefähr 1,7 Milliarden Euro ist in den laufenden Haushalt 1999 geflossen. Die Rückzahlung dieses Kredits erfolgt eben über die Wassergebühren. Die aktuellen Wassertarife enthalten also hohe Kapitalkosten aus einer Hochzinsphase. – Zusätzlich ist die Erlösverteilung zwischen den Privaten und dem Land durch das Landesverfassungsgericht kurz nach Abschluss des Vertrags teilweise kassiert worden. Die Folgen dieser unglücklichen Regelung beschäftigen uns bis heute.

Zusammengefasst: Diesen Konsortialvertrag würde heute in dieser Form jedenfalls niemand mehr abschließen. Ich glaube, darüber sind wir uns einig. Wie gesagt: Licht und Schatten.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Wie bei der CDU!]

Besonders negativ zu werten ist, dass es auf der juristischen Seite beinahe im Wochenrhythmus – und das belastet das Unternehmen, die Geschäftsleitung und die Mitarbeiter des Unternehmens sehr – zu weiteren Verfügungen, Einsprüchen, Klagen, Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz usw. kommt, an denen die Wasserbetriebe selbst beteiligt sind, das Land Berlin, die privaten Eigner, das Bundeskartellamt und inzwischen auch die Europäische Kommission und eine unübersehbare Anzahl von Gerichten und Anwälten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

[Heiterkeit]

Von dem Kollegen Olalowo!

Ja, gerne!

Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Dr. Garmer! Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie behaupten, das es sich bei dem Geschäft, das 1999 abgeschlossen worden ist, um ein Kreditgeschäft und um keinen Verkauf eines Teils der Berliner Wasserbetriebe gehandelt hat? Wenn ja, was sagt dazu der Finanzsenator?

Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass dieses Geschäft von dem einen oder anderen Beobachter so gewertet wird, als handelte es sich quasi um ein Kreditgeschäft. Es war natürlich ein Verkauf, rechtlich gesehen.

Zum vorliegenden Antrag der Grünen ist nun zu sagen, dass die vorgeschlagenen Regelungen das Potenzial bergen, die angedeuteten juristischen Probleme eher noch zu verstärken, wenn wir sie in den Vertrag mit einbauen, was auch rechtlich und praktisch gar nicht mehr möglich ist. Sie würden aber bestimmt kein Teil der Lösung werden. Wenn nun, aus welchem Grund auch immer, der Konsortialvertrag von 1999 nichtig werden würde, was ich nicht hoffe und wovon ich auch nicht ausgehe, dann würde vermutlich auch schon nach der jetzt geltenden Rechtslage eben die Geschäftsgrundlage für einen Rückkaufvertrag entfallen. Wir sollten aber nicht zusätzliche Regelungen schaffen, die uns dann noch zusätzliche Probleme bringen.

Was nun den Rückkaufpreis angeht, darauf ist schon hingewiesen worden, so sind die laufenden juristischen Auseinandersetzungen – das Kartellverfahren und auch das Schiedsverfahren – von beiden Verhandlungspartnern in die jeweiligen Kaufpreisvorstellungen schon einberechnet worden. Das heißt, die zukünftigen Ereignisse sind gewissermaßen in den ausgehandelten Preis eingepreist. Daher ist auch dieser Teil des vorliegenden Antrags überflüssig. – Aus den genannten Gründen kann die CDU-Fraktion den vorliegenden Antrag der GrünenFraktion nicht unterstützen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Dr. Garmer! – Zu einer Kurzintervention hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Lederer das Wort. – Bitte sehr!

Lieber Herr Kollege! Nehmen Sie es mir nicht übel, aber Geschichtsklitterung soll man beizeiten entgegentreten.

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

Und wenn die Mythenbildung einsetzt, dann muss man widersprechen. Und die Mythenbildung setzt in dem Augenblick ein, in dem Sie erzählen, dass die Arbeit der Beschäftigten der Berliner Wasserbetriebe bis 1999 auf einem technisch minderen Standard gewesen wäre, dort in irgendeiner Weise kein Know-how existiert hätte und ähnlicher Unfug. Sie haben von nichts eine Ahnung, ich sage Ihnen das ganz deutlich. Die Berliner Wasserbetriebe waren Ende der Neunzigerjahre als Anstalt öffentlichen Rechts eines der am besten funktionierenden Was

serunternehmen mit hochwertiger Qualität und vernünftigen Preisen. Und es war der Arzt Bertram Wieczorek, ehemaliger Staatssekretär bei Frau Merkel im Bundesumweltministerium, der 1994 dort das Ruder übernahm und bis 1999 den Vorsitz der BWB innehatte und anfing, im Auftrag des Senats von Berlin ein weitverzweigtes Beteiligungsportefeuille unter dem Dach der Anstalt öffentlichen Rechts zu entwickeln. Warum auch nicht? Die Wasserkundinnen und Wasserkunden haften ja dafür. Das ist genau dasselbe Spiel, das Sie in den Neunzigerjahren mit der Berliner Bankgesellschaft und diversen anderen öffentlichen Unternehmen abgezogen haben, die Sie zu Cashmaschinen gemacht, verpfändet, verscherbelt oder gegen die Wand gefahren haben. Das ist CDU-SPDPolitik in Berlin gewesen und nicht die schlechte Arbeit der Beschäftigten in den Berliner Wasserbetrieben.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und mit einem haben Sie ja recht, aber auch nur mit einem: Als die Investoren gekommen sind und gesagt haben: Wenn wir hier einen Preis zahlen, um damit das Haushaltsloch von 1998 zu decken, dann möchten wir natürlich nicht diesen Unfug, diese ganzen Lasten auch noch mit am Hals haben. Deswegen haben sie vom Land Berlin verlangt, dass es seine Zustimmung gibt, sich von diesem Unfug zu trennen, das SVZ Schwarze Pumpe abzuwickeln, die Wassertechnik-Töchter abzuwickeln, sukzessive auch das internationale Geschäft abzuwickeln. Das ist passiert. Und das kann eine intelligente öffentliche Hand im Übrigen genauso. Dazu brauchen wir weder RWE noch Veolia. Da muss man aber schlauer sein als Sie!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und man muss sich den realen Verhältnissen in einem solchen Unternehmen mal stellen. Gerade deswegen, weil solche Leute wie Dr. Garmer hier solche Sachen reden, wie Sie hier reden, misstraue ich dem, was Sie treiben, zutiefst. Und deswegen werde ich sehr genau hingucken, was Sie da treiben. Wenn Leute wie Sie, die diesen Unsinn 1999 mit verantwortet haben, jetzt anfangen ihre Lektion aus so was gelernt zu haben, dann gruselt es mich. Und dann muss man fünf Mal hingucken.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Dr. Lederer! – Herr Dr. Garmer! Ich gehe davon aus, Sie möchten antworten. Bitte sehr!

Lieber Herr Kollege Lederer! In einem Punkt haben Sie ja recht: Es gab die eine oder andere Randaktivität, die nicht zum Kerngeschäft der Berliner Wasserbetriebe

gehörte und die nicht gerade erfolgreich war. Das ist richtig. Aber der Kern Ihrer Argumentation geht ins Leere. Die privaten Partner haben 1999 tatsächlich angefangen, die Effizienz der betrieblichen Prozesse deutlich zu verbessern, und der damit verbundene möglich oder auch notwendig werdende Personalabbau konnte sozialverträglich und geräuschlos stattfinden. Wenn heute die Wasserbetriebe mit deutlich weniger Personal die gleiche Leistung bringen, sauberes, gutes Wasser an die Berlinerinnen und Berliner zu verteilen, dann wird dadurch deutlich, dass die Effizienz der Wasserbetriebe, die Kosten deutlich verbessert werden konnten.

[Beifall bei der CDU – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Und das hätte Berlin nicht gekonnt?]

Vielen Dank, Herr Dr. Garmer! – Für die Piratenfraktion hat der Abgeordnete Claus-Brunner das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Senatorinnen beliebigen Geschlechts und sehr geehrte Kolleginnen beliebigen Geschlechts! Was ich gerade von meinen Vorrednern von der großen Koalition gehört habe,

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): So groß ist sie nicht mehr!]

das zieht mir Socken aus und Sonstiges. Ehrlich gesagt, ich frage mich gerade, was hier wieder abgeht. Um noch mal ein bisschen in der Vergangenheit herumzugehen: 1999 wurde ein Kaufpreis von 1,69 Milliarden Euro erzielt. Das klingt erst mal ganz schick. Dieser hohe Kaufpreis ist dadurch erzielt worden, dass im Konsortialvertrag eine Zusatzklausel eingeführt wurde, die als § 23 Abs. 7 bekannt ist. Diese Zusatzklausel hat dafür gesorgt, dass die damaligen privaten Anteilskäufer 500 Millionen Euro extra bezahlt haben. Und was hat dieser 23.7 für eine Bewandtnis? – Dass im Schnitt pro Jahr 250 Millionen Euro an Gewinn für die privaten Anteilseigner ausgezahlt werden und, falls der Betrieb das nicht selbst erwirtschaften kann, der Senat garantiert, dass das mit Steuergeldern aufgefüllt wird, sodass man diese 250 Millionen zusammen hat. Von 1999 bis heute sind es 13 Jahre, und wer ein bisschen rechnen kann, kommt auf 3,25 Milliarden Euro, die die privaten Anteilseigner aus diesem Betrieb herausgezogen haben.

Warum möchten denn jetzt auf einmal die privaten Anteilseigner, RWE und Veolia, diesen Goldesel loswerden? Ja, warum wohl? Wenn man 13 Jahre lang immer nur Geld rauszieht aus einem Betrieb und immer wieder abbaut, im Prinzip Raubbau betreibt, dann ist so ein Betrieb irgendwann mal mit seiner Infrastruktur so weit heruntergewirtschaftet, dass große Investitionen zur Erhaltung der Infrastruktur notwendig sind. Und ein privates Un

ternehmen kalkuliert ja nicht nur in die Vergangenheit, die kalkulieren auch in die Zukunft. Die wissen ja selber, was auf sie zukommt, und haben sich gesagt: Hm, es ist nicht ganz so gut, was wir da noch bezahlen müssen. Sehen wir mal zu, wie wir es dem Senat wieder unterjubeln können, genannt dann Verkaufsangebot von Veolia, was ja ganz freiwillig von Veolia gemacht wurde. Das haben die ja ganz uneigennützig eingereicht, RWE auch. Das ist auch so ein bisschen Schaukampf; sie verklagen sich gegenseitig.

Ich sage mal so: Der Kaufpreis maximaler Unternehmenswert, vergleichende Wasserpreise und zusätzlich maximalen Schadensersatzanspruch der RWE ausgelaufenen Schiedsverfahren würde 850 Millionen Euro betragen. Das ist aber das beste Szenario. Wir haben dann im Gegenzug das Worst-Case-Szenario: der minimale Unternehmenswert bei sinkenden Abwasser- und Trinkwasserpreisen und zusätzlich noch die Erträge bei der Reduzierung des Abwasserpreises, mit 15 Millionen pro Jahr kalkuliert, dann noch das SVZ Schwarze Pumpe mit reingenommen – dann habe ich nur noch 185 Millionen Euro Unternehmenswert. Das ist eine spannende Bandbreite, damit kann ich ungefähr anderthalbmal Flughafen bezahlen. Das beweist wieder mal, wie gut wir hier kalkulieren.

Wer bezahlt denn den ganzen Quatsch? – Effektiv doch die Berliner, und die Leute, die noch einen Wasseranschluss zu Hause haben, bezahlen es sogar doppelt: mit Frischwasserpreis, Abwasserpreis und Steuern – weil wir das ja irgendwo bezahlen müssen Jetzt wird uns erzählt, mit Steuergeldern und ein schönes Heuschreckenprinzip, ja, hat uns Herr Nußbaum gesagt, diese 680 Millionen Euro Kaufpreis gehen als Heuschreckenmodell wie folgt vor: Die werden als Schulden den Wasserbetrieben auferlegt, und die müssen das mit hohen Wasserpreisen abwirtschaften; Laufzeit um die 20 Jahre mindestens. Der alte Vertrag, der 1999 abgeschlossen wurde, endet offiziell 2028.

Dann wird auch noch gesagt: Wir machen das alles im Plenum, ist alles super. Was wurde gemacht? – Vertragsverhandlungen. Am 20. Juni 2012 hatten RWE und der Senat schon alles in die Tüte gepackt. Am 17. Juli 2012 hat der Senat schon beschlossen, dass er den Vertrag unterzeichnet. Am 18. Juli ist der Vertrag unterzeichnet worden. Wir als Plenum haben noch bis zum 31. Dezember die Chance, da reinzugucken, was da drinsteht.

Jeder sollte sich mal die grünen Nummern 0046 und 0046A genau angucken, was da drinsteht. Dann wird ein bisschen was klar, wobei die 0046A noch nicht alles klarmacht, weil die Hälfte der Fragen sozusagen ein Querverweis ist. Das wären interne Vorgänge der RWE, die mit den Fragen behandelt werden. Was machen wir denn eigentlich? Rechtsnachfolger der RWE – sind wir das oder sind wir das nicht? Wir kaufen also für 680

Millionen Euro den RWE-Anteil und haben in diesem Laden nichts zu sagen. Warum? Einmal 50 Prozent, was wir bisher haben, und dann nehmen wir noch mal 50 Prozent von der RVB. Die RVB hat mit dem Shareholder-Agreement, das man ab heute im Datenraum einsehen kann, immer noch die Veolia eingeklinkt, dass die bestimmen kann, was passiert. Wenn Veolia keinen Bock hat, können die mit 25 Prozent des Kapitals uns, Berlin, blockieren. Die können sagen: Nö, machen wir nicht! Da haben die uns in der Hand. Toller Kauf! Ich hätte das ein bisschen anders gemacht.

[Heiko Melzer (CDU): Wie denn?]

Ich empfehle da mal, § 14 Abs. 2 Grundgesetz anzuschauen.

Das ist jetzt Ihr letzter Satz!

Ich würde Ihnen am liebsten noch ein bisschen mehr sagen. Mir geht das echt auf den Zünder. Wenn wir das in der freien Wirtschaft machen würden, so wie Sie hier arbeiten, dann wären wir morgen beim Jobcenter für so eine Leistung! – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter! – Ansonsten möchte ich darauf hinweisen, dass es zwar relativ spät ist, aber ich denke, dass Sie die Hintergrundgespräche wieder auf ein übliches Normalmaß zurückführen könnten. Es ist gelegentlich sehr laut.

Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags sowie des Änderungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es Widerspruch? – Das höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 16 war Priorität der Fraktion Die Linke unter Nr. 4.1.

Ich rufe auf