Protocol of the Session on June 14, 2012

Vielen Dank, Herr Präsident! – Berlin, Stadt der Zukunft.

[Martin Delius (PIRATEN): Stadt im Osten!]

Stadt im Osten. Wirtschaftsmetropole, Forschungszentrum, Kongressstadt,

[Zuruf von der SPD: Schwätzer!]

Touristenmagnet. Okay, Touristenströme in der Tat. Trotz fortgesetzter Konzeptlosigkeit des Senats auch hier, ich erinnere ans Disneyland am Checkpoint Charlie oder Querelen um das Tacheles. 22 Millionen Gäste wollen schließlich unterhalten werden. Da ist es besser, der Senat mischt sich nicht ein. Auch Adlershof hat sich nach knapp 20 Jahren zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. 14 000 Arbeitsplätze, und weil es so gut läuft, machen wir das in Tegel gleich noch mal. Urbane Forschung, Technologie, Nachhaltigkeit, egal was, Hauptsache es klingt gut. Zwischen Elektromobilität, Silicon Alley und Cluster bleibt immer noch genug Raum für Phrasendrescherei.

Man schaue einmal in die lose Ideensammlung zur Nachnutzung Tegel. Da ist so ziemlich jedes Buzzword dabei.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Tegel ist ohnehin ein gutes Stichwort. Die Nachnutzung ist bereits hinreichend diskutiert worden, also praktisch gar nicht, aber wir brauchen uns wie in den letzten 18 Jahren kaum Gedanken darum zu machen, ob wir Tegel nun zum Naturschutzgebiet oder zur Forschungskolchose machen, denn so wie es aussieht, wird es noch ein wenig dauern, bis dort endgültig das Licht ausgeht. An der Erfolgsgeschichte BER wird Berlin noch eine Weile weiter schreiben und zu knappsen haben. Schließlich müssen die Mieterinnen und Mieter der Ladenlokale auf der Baustelle, die mal ein Flughafen werden soll, auf Krediten sitzen bleiben, die sie nicht einmal tilgen können, da die erwarteten Geschäftseröffnungen auf unbestimmte Zeit ausbleiben. Wowereit schiebt alles auf die Unternehmen, die schieben alles auf den Senat, nur die Ladenmieter stehen dumm da. Was „unbürokratische Hilfe“ für die Betroffenen ist, die immer wieder gern beschworen wird, können die ausbleibenden Zahlungseingänge eben jener in den meisten Fällen traurig belegen.

Dass ausgerechnet heute ein Artikel im „Tagesspiegel“ erscheint, in dem Mitarbeiter und Beauftragte der Flughafengesellschaft jetzt schon davor warnen, dass der 17. März 2013 wohl wieder nicht einzuhalten sei, weil nicht klar ist, ob diese Entrauchungsanlage jemals funktioniert, überrascht auch nur wenig. Aber gegen den Imageschaden – die Koalition wird das jetzt wahrscheinlich wieder als Häme abtun – hilft nur eines: Na, was ist es? – Marketing! Die ganze Welt ist Berlin, wenn sie nicht lacht. Und auch für das Tourismusmarketing werden großzügig 6 Millionen Euro jährlich eingestellt. Die Frage, inwieweit das bei Rekordübernachtungszahlen nötig ist, kann die Koalition auch nicht beantworten.

Bleiben wir ein wenig bei den Großprojekten der Marke Epic Fail, um die uns die Welt beneidet: ICC, Denkmal des alten Westens, Leuchtturmprojekt der Berliner CDU, Koloss am Bein Berlins.

[Zurufe von der SPD – Klatschen bei der SPD]

Die Offenlegung der Gutachten hält der Senat weiterhin nicht für nötig, weshalb weiterhin Zahlen herumgeistern – wenn Sie lauter schreien, wird es auch nicht wahrer –, die 182 Millionen Euro, die im Haushalt eingestellt sind, bei Weitem übertreffen. Aber der Nachtragshaushalt kommt ja ohnehin. Der wird wahrscheinlich eh einige Milliarden größer als dieser. Darum darf das Spiel um Sanierung, Abriss, Verrottenlassen und Asbest auch noch ein Weilchen weitergehen. So wird das mit der Kongressstadt nichts. Aber Hoffnung macht dafür die Messegesellschaft, die gewinnbringend arbeitet und dafür quasi als Belohnung noch einmal knapp 12 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt erhält, pro Jahr und bis 2016. Habemus Grundlagenvereinbarung!

[Beifall von Martin Delius (PIRATEN) – Zurufe von der SPD]

Und so geht ein Haushalt ins Land. Der Nachtragshaushalt steht vor der Tür. Was wir heute beschließen, hat keinen Bestand. – Ich danke!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Wer nun dem Einzelplan 13 – Wirtschaft, Technologie und Forschung – unter Berücksichtigung der Empfehlung des Hauptausschusses gemäß Drucksache 17/0400 und dem Auflagenbeschluss des Hauptausschusses Nr. 68 vorbehaltlich der am Ende der Sitzung abzustimmenden Änderungsanträge der Fraktionen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Die drei Oppositionsfraktionen. Enthaltungen? – Keine! Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1 b:

Finanzpolitische Aussprache zu den Einzelplänen 15 und 28 – Finanzen/Zentrale Personalangelegenheiten –

lfd. Nr. 1 l:

Einzelplan 29 – Allgemeine Finanzangelegenheiten –

Es beginnt für die SPD-Fraktion der Kollege Nolte.

Herr Präsident! Ich weiß gar nicht, ob der Finanzsenator mitbekommen hat, dass sein Haushalt schon dran ist. Mich stört es nicht. Das, was ich sage, kennt er. Insgesamt ist das, was wir jetzt sagen können, auch nicht mehr so fürchterlich neu. Wir haben heute Vormittag mit den Fraktionsvorsitzenden und dem Regierenden Bürgermeister angefangen, und wir beenden die Haushaltsreden jetzt

mit den Haushaltspolitikern und dem Finanzsenator. Insofern will ich für meine Fraktion die Punkte benennen, die für uns über den Tag hinaus wichtig sind, die schon jetzt in den Haushalt eingehen, aber die uns auch in den kommenden Jahren bis 2016 wichtig sind.

Das ist erstens die Begrenzung der jährlichen Ausgabensteigerung auf 0,3 Prozent. Da sind wir auf einem guten Weg. Wir haben in diesen Haushaltsjahren den Anfang gemacht, aber das wollen wir auch in den kommenden Jahren beibehalten, die Begrenzung der Ausgabensteigerung auf jährlich 0,3 Prozent.

Zweitens die Belebung der Berliner und der regionalen Wirtschaft und des dazu gehörenden Arbeitsmarktes – auch dies ist eine Aufgabe, die wir jetzt beginnen, aber die dann auch in den kommenden Jahren fortgesetzt wird.

[Zuruf von Michael Schäfer (GRÜNE)]

Drittens natürlich die Stärkung der Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen sowie der Forschungslandschaft Berlins insgesamt. – Herr Schneider kann heute nicht zum Haushalt reden. Da erwarten Sie eine bestimmte Stimmgewalt, die er im Moment nicht hat. Deshalb werden Frau West und ich ihn heute vertreten.

Noch einmal zu dem Ersten, zur Begrenzung der Ausgabensteigerung: Diese hat das Ziel, dass Berlin die ab 2020 geltende grundgesetzliche Schuldenbremse einhält und schon ab 2016 keine neuen Kredite mehr aufnimmt. Nach 1 100 Millionen Euro im Jahr 2011 werden im Jahr 2012 900 Millionen Euro und im Jahr 2013 noch knapp 500 Millionen Euro neue Kredite aufgenommen. In den kommenden zwei Jahren wird uns die Erreichung dieses Ziels durch höhere Eigeneinnahmen aus Steuern und durch höhere Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich und die Bundesergänzungszuweisungen erleichtert.

[Zuruf von den PIRATEN]

Wir werden natürlich alles tun, damit die eigenen Einnahmen weiter gesteigert werden. Wir müssen allerdings auch darauf vorbereitet sein, wenn das nicht so kommen sollte, bei den Ausgaben entsprechende Reduzierungen vorzunehmen.

Die höheren Einnahmen benötigen wir natürlich auch, um die nicht von uns zu steuernden Mehrausgaben abzufedern. Hier sind z. B. die Personalkosten, aber auch die Ausgaben für Hilfen in sozialen Notlagen oder die Energiekosten zu nennen. Ein Risiko, das wir im Auge behalten müssen, aber in den kommenden zwei Jahren für überschaubar halten, sind die Zinsaufwendungen. Sie liegen weiterhin jährlich bei 2,2 Milliarden Euro. Dabei gehen wir davon aus, dass die Zinsen für Deutschland und die Bundesländer nicht exorbitant steigen, sondern sich auf dem aktuellen niedrigen Niveau halten.

Die Einhaltung der Ausgabenlinie erfordert auch zukünftig einen sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln, und

zwar in allen Einzelplänen. Bei diesem Haushalt war es, glaube ich, nicht so, dass die Fachausschüsse es als ihre vorrangige Aufgabe gesehen haben, Einsparungen zu erbringen. Wir Haushaltspolitiker hatten doch stärker den Eindruck, dass die Fachpolitiker der Meinung waren: Da kommt mehr Geld in die Kasse, und das wollen wir für Mehrausgaben, die für die Stadt auch wichtig sind, und die heute auch den ganzen Tag über eine Rolle gespielt haben, ausgeben. – Ich denke, in den kommenden Jahren sind auch die Fachausschüsse in der Verantwortung, möglicherweise noch etwas mehr als bei diesem Haushalt.

Noch einmal zum zweiten Schwerpunkt: Die Belebung der Wirtschaft in Berlin und in der Region und die Förderung des ersten Arbeitsmarkts haben aus finanzpolitischer Sicht natürlich das Ziel, auch die Einnahmesituation des Landes weiter zu verbessern. Aber natürlich haben sie auch das Ziel, den Menschen durch ihr eigenes Erwerbseinkommen eine selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Zu diesem Themenbereich gehört auch, dass es uns als Koalition sehr wichtig ist, dass die Menschen insgesamt von ihrem Arbeitseinkommen leben können. Dazu gehört die Festlegung des Mindestlohns auf 8,50 Euro für öffentliche Aufträge. Dazu gehört der teilweise Ausgleich der Tariferhöhung für Zuwendungsempfänger. Und dazu gehört auch die Erhöhung der Honorarvergütung bei den Musikschullehrern.

Der Senat hat in seinem Haushaltsentwurf bereits die Investitionsmittel durch zweistellige Millionenbeträge erhöht und umfangreiche Mittel für die Modernisierung und Instandsetzung der städtischen Infrastruktur vorgesehen. Die Koalitionsfraktionen haben darüber hinaus hier noch einmal eigene Schwerpunkte gesetzt. Da nenne ich beispielhaft die Erhöhung beim Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm, die Erhöhung bei den Mitteln zur Sanierung von Schwimmbädern. Diese Mittel dienen der Modernisierung der Einrichtungen, kommen aber auch auf direktem Weg der regionalen Wirtschaft und dem regionalen Arbeitsmarkt zugute. Wir hoffen, diese Förderung von Beschäftigung durch öffentliche Mittel auch in den kommenden Jahren vornehmen zu können.

Haushalte sind in Zahlen gegossene Politik. Das ist schon mehrmals erwähnt worden. Zur Einordnung der Einzelentscheidungen der Fachausschüsse und des Hauptausschusses in das Gesamtkonzept der Koalition, nämlich das Konsolidieren und Gestalten, wird nachher meine Kollegin Clara West nach dem Beitrag des Finanzsenators noch einiges sagen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Nolte! – Für die Fraktion der Grünen Frau Remlinger!

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Nolte! Ich stehe total auf Ihre Fliege, aber das mit dem Haushalt sehe ich ein bisschen anders.

[Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN – Heiterkeit bei der SPD – Zurufe von der SPD]

Aber first things first, und ich möchte jetzt noch nachholen, was uns bis jetzt noch nicht gelungen ist, nämlich ich möchte mich im Namen der ganzen Fraktion, eben der Fraktion Grüne, noch mal speziell bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die mit dem Haushalt zu tun hatten, all die, die der Herr Verrycken dankenswerterweise schon vollständiger aufgeführt hat, als ich sie jetzt im Kopf habe, aber ich möchte noch ganz persönlich hinzufügen, dass – und das bitte ich Sie, Herr Feiler, auch an alle auszurichten – wir wissen, wir haben als Grüne nicht die wenigsten Fragen gestellt und nicht am wenigsten Arbeit gemacht.

[Torsten Schneider (SPD): Das ist ja nicht neu!]

Es ist eine sehr schöne Erfahrung gewesen, wie wir zusammengearbeitet haben.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Dann möchte ich meiner Überraschung Ausdruck verleihen, dass nicht nur der Regierende nicht gleich am Anfang spricht, nicht nur der Finanzsenator sich erst mal alles anhören muss, um dann auch noch einen Satz zum Haushalt zu sagen, sondern dass auch der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion nicht zum Haushalt spricht. Werter Herr Schneider! Ich weiß nicht, ob es wirklich an Ihrer Stimmgewalt liegt oder doch an Ihrer Argumentationsgewalt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der SPD]

Ich bin mir auch nicht sicher, ob Sie sich nicht vielleicht doch für den Haushalt schämen oder ob Sie einfach nicht mehr dürfen. Das mit der HfS und den Bezirken und so, das lief ja für Sie alles nicht ganz so gut, nicht wahr?

[Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Quatsch!]

Aber mich hat noch etwas überrascht, und zwar, dass uns Bündnis-Grünen-Haushälterinnen und -Haushältern des Öfteren vorgeworfen wurde – wohlgemerkt von Haushältern und Haushälterinnen, nein, Haushälterinnen haben nur wir, Frau Schmidt und Sie –,