Protocol of the Session on June 14, 2012

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal kurz zu etwas Grundsätzlichem kommen. Ich freue mich sehr, dass wir nach zehn Jahren endlich wieder über einen einheitlichen Haushalt für Gesundheit und Soziales reden. Wir wissen, dass Gesundheits- und Sozialpolitik zusammengehören. Ein ungeplantes Nebeneinander ersetzen wir durch ein organisiertes Miteinander. Viele Schnittstellen werden verbessert. Eine sektorübergreifende Versorgung wird wieder in Angriff genommen. Gott sei Dank ist die Linkspartei nicht mehr in der Regierung! Gott sei Dank stehen nicht mehr Ideologien im Mittelpunkt, sondern endlich wieder diejenigen, um die es geht! Im Mittelpunkt stehen wieder die Patienten, die Leistungserbringer und die Sozialpartner, und genau dafür steht diese Koalition.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von den GRÜNEN]

Ja, reden Sie ruhig über den Hauptmann von Kreuzberg. Da kennen Sie sich anscheinend besser aus als mit der Berliner Gesundheitspolitik.

[Beifall bei der CDU – Uwe Doering (LINKE): Werden Sie doch mal inhaltlich! Das waren bisher nur Seifenblasen! – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Auch Herr Dr. Albers!

Lassen Sie mich kurz zu fünf Punkten kommen:

Erstens – das Integrierte Gesundheitsprogramm: Allen Unterstellungen zum Trotz – man konnte ja nicht laut genug rufen, was die Linkspartei sonst immer gern macht –: Das Integrierte Gesundheitsprogramm bleibt in seiner Grundform erhalten.

[Uwe Doering (LINKE): Aha!]

Wir fördern weiter über 100 Projekte mit ca. 11,3 Millionen Euro pro Jahr. – Ja, dass Sie von der Linkspartei immer etwas hinterher sind, ist klar. Deshalb haben Sie es wahrscheinlich noch nicht mitbekommen.

Aber gleichzeitig gilt: Wir müssen mit dem Geld der Bürger sinnvoll und vernünftig umgehen.

[Uwe Doering (LINKE): Ach, was! Das ist ja was ganz Neues!]

Deshalb werden wir auch in Zukunft die Zielstellung klarer definieren, nachvollziehbarere Kriterien entwickeln und uns die vorliegenden Evaluationen, die Sie jahrelang liegengelassen haben, anschauen und sie umsetzen.

Zweitens – das Versorgungsstrukturgesetz –: Die gute Qualität des deutschen Gesundheitssystems bemerken die Bürger nicht zuletzt an dem kurzen Weg zu ihrem Arzt.

[Uwe Doering (LINKE): Ha! Dann kommen Sie mal nach Köpenick!]

Das ist leider genau in Berlin auch nicht der Fall, und die Linkspartei hat hieran in den letzten zehn Jahren auch nichts geändert. Wir wollen die Möglichkeiten des Versorgungsstrukturgesetzes hierfür entschieden nutzen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Welche denn?]

Dafür haben wir eine zusätzliche Stelle, um die Koordination hierfür zu stärken.

[Uwe Doering (LINKE): Eine Stelle!]

Die Senatsverwaltung hat vorbildlich in dieser Hinsicht ihre inhaltlichen Eckpunkte bereits auf der letzten Ausschusssitzung – und somit ein halbes Jahr bevor wir das Gesetz verabschieden – zur Diskussion gestellt. Das ist wirklich vorbildlich, wie auch die Opposition hieran beteiligt wird.

[Heiko Thomas (GRÜNE): Ein halbes Jahr!]

Lassen Sie mich noch kurz zur Krankenhausfinanzierung kommen! Herr Isenberg hat es schon zu Recht gesagt: Wir halten an den 95 Millionen Euro fest. Wir stärken die Pauschalförderung. Das ist ein guter Weg. Wir müssen aber auch bei allem, was wir gut machen, kritisch sagen, dass auf Dauer diese Summe, die sehr hoch ist, wohl kaum ausreichen wird, um den Investitionsstau in den

Berliner Krankenhäusern aufzulösen. Deshalb bin ich dafür – und wir müssen uns alle dafür einsetzen –, dass die Summen, die jetzt für den Schuldendienst des Darlehensprogramms eingesetzt werden, nach dessen Tilgung auch weiterhin für die Berliner Krankenhäuser eingesetzt werden.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wo haben Sie denn das abgeschrieben?]

Zugleich aber muss gelten, dass eben nicht nur eine Erhöhung der Investitionen zwingend ist. Es muss auch gelten, dass die Koordination und eine bessere Aufgabenverteilung zwischen den Häusern, insbesondere zwischen Vivantes und Charité, der Schlüssel zum Erfolg sind.

Wir werden aber auch die Prävention stärken in dieser Stadt. Der Stadtplan der Gesundheitsförderung ist hier ein erster Schritt, 66 000 Euro sind dafür im Haushalt vorgesehen. Dieses IT-Projekt wird ergänzt um das Aktionsprogramm Gesundheit. Auch hier werden wir durch Vernetzung, durch eine bessere Koordination neue Schwerpunkte setzen und die Prävention nach vorne bringen.

Fünftens und letztens: Gesundheitspolitik – das haben Sie nicht verstanden – ist eben auch Wirtschaftspolitik und ist zentral für Wirtschaft und Beschäftigung in dieser Stadt. Genau deshalb unterstützen wir mit Nachdruck die Idee einer gläsernen Manufaktur von Senator Czaja, die übrigens ihr Vorbild in Dresden hat, lieber Herr Thomas; dort steht die gläserne Manufaktur, nicht in Wolfsburg. Dort werden Produkt- und Prozessinnovationen einem breiten Fachpublikum und einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Hier geben wir dann am Ende die Chance, in einen wirklichen Diskurs zu kommen und zu zeigen, wie stark wir in diesem Gesundheitsbereich, in der Gesundheitswirtschaft sind. Und das ist der Unterschied zwischen uns: Wir reden nicht nur über Vernetzung, wir gehen sie auch ganz konkret in Schritten an.

Sie haben sich häufig in unserem Ausschuss beschwert, dass es Ihnen zu schnell geht. Gewöhnen Sie sich lieber an das Tempo, denn diese Koalition, CDU und SPD, steht dafür, dass es schnell geht.

[Lachen bei den Grünen]

Ja, Herr Lux, es geht ausnahmsweise nicht um Drogenpolitik; da kennen Sie sich ja besser aus! – Aber wir gehen die Probleme schnell und entschieden an. Und dafür steht dies Koalition. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke spricht Dr. Albers. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Herr Ludewig! Warum klingt Soziales immer bei Ihnen wie Almosen? Arbeit und Soziales gehören genauso zusammen. Es gab gute Gründe, dass es eine solche Konstellation über viele Jahre gegeben hat, so wie es gute Gründe gibt, dass es jetzt eine andere gibt. Wesentliche neue und vor allem eigene Schwerpunktsetzungen oder Weichenstellungen sind in diesem Haushalt weit und breit nicht erkennbar. Vermeintlich neue politische Festlegungen wie z. B. das Aktionsprogramm Gesundheit bleiben unscharf und sind im Haushalt nicht unterlegt. Und im Sozialbereich hat die jetzt von der CDU geführte Sozialverwaltung mit der neuen Rechtsverordnung zu den Kosten der Unterkunft, die jetzt Wohnaufwendungenverordnung heißt, nun wirklich gleich den Bock abgeschossen. Mit der sozialen Wirklichkeit in dieser Stadt hat Ihre Verordnung aber auch gar nichts zu tun.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Seit 2009 ringen wir mit der SPD um die auch vom Landessozialgericht angemahnte Erhöhung der Kostensätze. Die SPD wollte diese dringend notwendige Erhöhung nicht mittragen. Hier hätte die CDU die Chance gehabt, eigenes Profil zu zeigen und ihr soziales Engagement deutlich zu machen. Sie hätten nur stur unserer Linie folgen müssen, und Sie vergeigen es auch hier und geben kampflos auf. Dilettantismus, aber dann in seiner vollendetsten Form! Schon Ihre Berechnungsgrundlage ist falsch, weil Sie nur die Wohnungen in einfacher Wohnlage zur Berechnung herangezogen haben, wohl wissend, dass es in diesem Segment nicht ausreichend Wohnungen gibt. Ihre Berechnung der Betriebs- und Heizkosten ist ein einziges Verwirrspiel. Die Betroffenen werden Ihren Abenteuerurlaub in Regierungsverantwortung mit noch längeren Wartezeiten bezahlen müssen. Wie weltfremd kommt Ihre neue Loge von Dienstwagennutzern eigentlich daher? – Sie treiben die Entmischung unserer Wohnquartiere weiter voran und schüren Ängste bei den Menschen, nun auch noch ihren angestammten Kiez zu verlieren.

Wir wissen aus leidlicher Erfahrung: Die Haushaltssituation im Land Berlin bleibt schwierig. Sie war es in den vergangenen Jahren, und sie wird es in den nächsten Jahren sein. Das ist nicht der Ausgangspunkt unserer Kritik. Was wir kritisieren, ist, dass Sie sich in der Opposition permanent vollmundig aufgeplustert haben, hier mehr ausgeben wollten, dort mehr gefordert haben und immer daherkamen mit durchdachten, fertigen Konzepten und grundseriösen Finanzierungsvorschlägen aus schier unerschöpflichen Geldquellen, die einzig Sie erschließen könnten. Das steht in diametralem Gegensatz zu dem, was Sie uns hier in der Regierung, jetzt mehr gelandet als angekommen, bieten. Wir werden noch reichlich Gelegenheit haben, Ihre Defizite zu diskutieren.

Herr Ludewig! Ich wusste gar nicht, dass Sie so viel reden können. Eine Zeit lang hatte ich gedacht, Sie hätten ein Schweigegelöbnis abgelegt im Ausschuss.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Beispiel, Zitat aus dem Wahlprogramm der CDU „Das muss sich ändern“, Seite 85, Punkt 66:

Die Berliner CDU hat als einzige Partei ein langfristiges und ausfinanziertes Programm vorgelegt,

ähnelt dem anderen Text vorhin –

das Charité und Vivantes endlich die notwendigen Investitionen, Berufungen sowie Planungssicherheit ermöglicht.

Dieses Programm müssen Sie dann aber offenbar irgendwie verlegt haben, oder Sie wollen sich das auf lange Zeit als Ihr süßes Geheimnis bewahren. Es schlägt sich nirgendwo nieder und ist auch im Haushalt, über den wir heute reden, nirgendwo abgebildet.

Im Koalitionsvertrag schreiben Sie dann gemeinsam mit dem Kollegen Isenberg:

Es müssen Wege gefunden werden, dem bestehenden Investitionsstau zu begegnen und eine adäquate jährliche Investitionsfinanzierung sicherzustellen.

Ja, wo sind denn dann wohl Ihre Lösungsvorschläge aus dem Wahlprogramm geblieben? – Mancher wusste es von Anbeginn: Sie haben keine! – Das Schlimmste, was Ihnen passieren konnte, war, in die Verlegenheit zu geraten, irgendetwas von Ihrem Wahlprogramm umsetzen zu müssen. Und Ihre ganze Regierungskunst erschöpft sich darin, Ihre großspurigen Ankündigungen kleinlaut vergessen zu machen.

Machen wir es an einem konkreten Beispiel, Krankenhausfinanzierung, exemplarisch fest. Im Koalitionsvertrag versprechen Sie, Wege zu finden, den Investitionsstau in Berlin aufzulösen. Und als wir hier im Parlament den Antrag gestellt haben, der die Bundesregierung auffordert, ihre festgelegten zusätzlichen Einsparungen bei den Krankenhäusern für 2012 zurückzunehmen, stellen Sie hier in der Debatte zuerst einmal diesen Investitionsstau überhaupt infrage, stoßen der Berliner Krankenhausgesellschaft vor den Kopf und erklären deren begründete und berechtigte Forderungen zum Wahlkampfmanöver der Linken. Die Ankündigung Ihres Herrn Grafen, auf sachlicher Basis auf Anträge der Opposition einzugehen, war einzig für die Galerie, und schon vor dem Ende des Satzes widerlegt. Der Bundesrat hatte dabei längst eine entsprechende Entschließung gefasst, die wortwörtlich unserem Antrag entsprach. Aber hier fallen Sie über uns her, weil wir Sie auffordern, so zu handeln, wie es Ihre Vertreter im Bundesrat längst getan hatten.

[Beifall bei der LINKEN]

Kollege Ludewig, das Schlafglöckchen, wusste es nicht besser. Aber der emsige Kollege Isenberg, der wusste, dass der Bundesrat einen unserer Initiative entsprechenden Antrag schon am 6. Dezember 2011 beschlossen hatte. Er hat aus Raison geschwiegen. Aber was ist das für ein absurdes Theater, sich wider besseres Wissen der Inkompetenz des Koalitionspartners zu beugen? Krötenschlucken mag ja manchmal notwendig sein. Aber man muss ja nicht gleich ein Rezeptbuch dafür herausgeben, Herr Isenberg, und das auch noch in der 3. Auflage.

Ich schenke mir und Ihnen den Rest zum Nichts für heute. Wir kommen darauf zurück und werden dann, so Sie Ihr Schweigegelöbnis endlich aufgegeben haben, über die konkreten Vorstellungen in den jeweiligen Fachausschüssen ganz intensiv miteinander reden können. – Guten Morgen, Herr Ludewig!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]