Protocol of the Session on April 26, 2012

Uns geht es darum – das haben wir im Antrag auch deutlich gemacht –, eine Strategie zu erarbeiten, die auch vernünftig und fundiert begründet sein soll. Es wird nicht damit gehen, dass Sie vielleicht einmal die eine oder andere Frage stellen, sondern geht nur damit, dass man sich sehr intensiv – das ist in diesem Fall auch Aufgabe exekutiven Handelns – mit der jeweiligen Situation des Wohnungsunternehmens dahin gehend auseinandersetzt, wie der Bestand, die Finanzierungsstruktur, die Planung aussieht und was möglich ist. Das ist Gegenstand dieses Antrags und auch Gegenstand des Konzepts, mit dem wir für Berlin eine vernünftige Ausrichtung der Wohnungsgesellschaften im Parlament auf dieser Grundlage entscheiden und beschließen wollen. Das ist zukunftsrichtig. Das bringt uns auch mietenpolitisch auf den richtigen Weg.

Ich erinnere an die bereits angerissenen und definierten Themen. Das sind die entscheidenden Rahmensetzungen, die auch Eingang in den Antrag gefunden haben. Erstens haben wir deutlich gesagt, dass den städtischen Gesellschaften eine besondere Rolle bei der Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit Wohnraum zufällt. Deshalb haben wir auch die Konsequenzen im Koalitionsvertragen gezogen, den Bestand auf über 300 000 Wohnungen anzuheben. Das ist die erste wichtige und klare Aussage an dieser Stelle. Wie das im Detail umgesetzt wird, ist Gegenstand eines Konzeptes.

Der zweite wichtige Punkt muss ebenfalls eingebettet werden. Wir wollen den Spagat aus Modernisierung, Sanierung, Bestandhalten und günstigen Mieten in Einklang bringen. Das geht nur mit fundierter Analyse und dann auch mit der entsprechenden politischen Zielsetzung, die vielleicht auch Geld kostet. Das können wir aber erst sagen, wenn wir die Themen klar definiert haben. Wir müssen festlegen, was wir an Wohnungswachstum brauchen, und die Ausgangssituation der Gesellschaft festhalten. Dazu gehört am Ende auch, wie die Ertragskraft verwendet wird. Diese Themen sollen ganz im Sinne unseres Zieles, auf 300 000 Wohneinheiten im öffentlichen Bestand zu kommen, besprochen und abgearbeitet werden.

Das ist der nächste Punkt, den ich auch noch einmal deutlich machen möchte. Frau Spranger hat dies bereits unterstrichen. Wir wollen keine Wohnungsbaugesellschaften veräußern. Ich erinnere an die gerade dazu geführte Diskussion. Wir wollen den Bestand vielmehr weiter aufbauen. Wir werden ihn nicht nur aufbauen, indem vielleicht etwas dazugekauft wird, was teilweise schon geschieht, sondern sind konkret an der Förderung der städtischen Gesellschaft und deren Verwendung aus Erträgen beteiligt, um neue Wohnungen zu errichten oder den Spagat aus Sanierung und Modernisierung zu bewerkstelligen. Das sind wichtige Weichensetzungen und wichtige Parameter, die wir schon gestellt und gesetzt haben, teilweise im Antrag, teilweise im Koalitionsvertrag. Die Punkte

wollen wir in einem vernünftigen Konzept zusammenziehen. Ich bin nicht bange, dass wir zum Ende der Legislaturperiode zum einen 300 000 Wohnungen im öffentlichen Bestand haben werden, sondern auch unsere Herausforderungen, Wohnen in Berlin bezahlbar und finanzierbar zu halten, umsetzen werden. Ich bin zuversichtlich, dass wir das mit diesem Konzept schaffen. In diesem Sinne wünsche ich uns gute Beratung im Ausschuss.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Brauner! – Das Wort für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Lompscher. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal finde ich es bemerkenswert, dass heute neben uns Linken und den Grünen auch die Koalition einen wohnungspolitischen Antrag zu ihrer eigenen Priorität erhoben hat. Das spricht zumindest für das Anerkenntnis, dass das Thema Wohnen und Mieten in der Stadt brisant ist.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Über die Kosten der Unterkunft und die unzureichende Wohnaufwandsverordnung des Senat haben wir gerade in der Aktuellen Stunde debattiert. Gut ist auch, dass die Koalition in ihrem Antrag die zentrale Bedeutung der städtischen Wohnungsunternehmen für die Entwicklung der Mieten in den Mittelpunkt stellt. Aber – es tut mir leid, Frau Spranger – das war es auch schon beim allerbesten Willen mit der positiven Reaktion.

Der Antrag ist dürftig. Die Aussagen sind, diplomatisch gesprochen, interpretationsfähig. Vielleicht gelingt es Ihnen und den Vertretern des Senats, in den weiteren parlamentarischen Beratungen die blumigen, um nicht zu sagen schwammigen Formulierungen zu erläutern. Vielleicht gelingt es Ihnen sogar, meinen Eindruck und Verdacht zu zerstreuen, dass sich hinter diesem Antrag kein ernsthaftes politisches Anliegen verbirgt, außer dass es der Koalition offenbar peinlich ist, dass sie bisher in dieser Legislaturperiode keinen eigenen wohnungspolitischen Beitrag geliefert hat.

[Beifall bei der LINKEN]

Es ist Ihnen offenbar nicht angenehm, sich ausschließlich mit den vielen Anträgen der Linken und der anderen Oppositionsfraktionen zum Thema Wohnen zu befassen.

Vielleicht können Sie uns auch erklären, warum die Aussagen Ihres Antrages, so unklar und unverständlich sie auch seien, meilenweit hinter den Festlegungen im Koalitionsvertrag zurückbleiben. Dort haben Sie zum Beispiel vereinbart, dass die Gesellschaften Mieterhöhungen nicht

undifferenziert und nur in Höhe von 15 Prozent innerhalb von vier Jahren vornehmen sollen. Eine entsprechende Gesellschafteranweisung steht aber immer noch aus.

Ich könnte weitere Punkte nennen, die im Koalitionsvertrag gar nicht so schlecht klingen, aber bisher gar nicht in Angriff genommen worden sind. Vielleicht können Sie darstellen, warum Sie zwar die Erhöhung der Anzahl städtischer Wohnungen zum Ziel erklären – dieses Ziel teilt die Linke-Fraktion ausdrücklich –, aber die Zielzahl von mindestens 30 000 nicht nennen, und was Sie unter einer Strategie verstehen, mit der – Zitat –

die Unternehmen auch weiterhin in der Lage sind, die Wohnqualität durch Modernisierung und Sanierung auf einem hohen Niveau zu etablieren.

Das ist wirklich ein wunderbares Wortgeklingel.

[Beifall bei der LINKEN]

Was für ein Konzept für den Umgang mit Mietspiegel, Mieten und sich den daraus ergebenden Potenzialen schwebt Ihnen denn vor? Mieterhöhungspotenziale oder Mietminderungspotenziale? Es ist doch nicht Ihr Ernst, dass Sie hier eine Forderung ohne inhaltliche Zielrichtung formulieren und „dabei“ – wobei eigentlich? – soll auch noch „der betriebswirtschaftliche Handlungsspielraum berücksichtigt“ werden. Das ist zweifellos immer richtig und im Übrigen eine rechtliche Pflicht der Vorstände und Aufsichtsräte. Es tut mir leid: Ich kann Ihren verschlungenen Gedankengängen nicht folgen.

Mit Ihrem letzten Punkt schlagen Sie einen Bogen zur Erstellung des Mietspiegels. Die dort berücksichtigten Wohnungen werden bekanntlich in einer Stichprobe von rund 12 000 ermittelt. Es wird interessant sein, im Ausschuss zu erfahren, wie Sie das anerkannte und in diesem Punkt unumstrittene wissenschaftliche Verfahren zu ändern gedenken, um städtische Wohnungen stärker zu berücksichtigen. Es beträfe bei jetziger Rechtlage übrigens nur solche, deren Miete sich in den letzten vier Jahren verändert, also erhöht, hat und würde die beabsichtigte mietdämpfende Wirkung wieder abschwächen.

Nun, sei es drum. Im Ausschuss werden wir Gelegenheit haben, Ihren Antrag vertieft zu beratend und hoffentlich – ich hoffe wirklich, dass es geht – zu verbessern und zu konkretisieren. Lassen Sie uns die Chance nutzen, dass dieses Haus in seiner großen Mehrheit die wohnungspolitische Funktion der städtischen Wohnungsunternehmen anerkennt, dass es sich darin einig ist, dass die Wohnungsunternehmen zentrale Partner in der sozialen Stadtentwicklung sind und dass sie das nur sein können, wenn sie auf einem stabilen wirtschaftlichen Fundament stehen. Wohnen ist Leben, und zukunftsfähiges und bezahlbares Wohnen ist eine zentrale Aufgabe der Daseinsvorsorge. Politik – also wir – und öffentliche Unternehmen stehen dafür in besonderer Verantwortung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Lompscher! – Für die Fraktion der Piraten hat jetzt der Kollege Höfinghoff das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Der Antrag macht eines deutlich, und das kann ich als Antwort auf den Kollegen Otto zurückgeben: Es ist sicherlich gut, dass es die Wohnungsbaugesellschaften gibt. Wohin sonst mit dem ausgedienten Personal der SPD?

[Heiterkeit von Andreas Otto (GRÜNE)]

Das ist auch das Einzige, was man am Konzept der Senatspolitik zu den Wohnungsbaugesellschaften erkennen kann. Einerseits sollen die Wohnungsbaugesellschaften ihren Bestand erhöhen, sie sollen modernisieren, sie sollen sanieren und mietpreisdämpfend wirken. Anderseits soll das Ganze den Haushalt nichts kosten. Das ist paradox und grotesk und – wie George Orwell sagen würde – wissen, dass etwas falsch ist, und gleichzeitig glauben, dass es richtig ist.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Von den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften konnte man in den letzten Jahren immer hören, dass sie wirtschaftlich arbeiten müssten und deshalb nicht auf Mieterhöhungen verzichten könnten. Es nützt aber nichts, wenn es heißt, die Mieterhöhungen würden differenziert und sozialverträglich gestaltet sein. Mieterhöhung bleibt Mieterhöhung!

[Beifall bei den PIRATEN]

Im mietenpolitischen Dossier, an das sich Herr Gothe noch erinnern kann, das den Koalitionsparteien im Herbst 2011 von verschiedenen Mieterinitiativen überreicht wurde, ist festgehalten, dass auch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften die rechtlich zulässigen Mieterhöhungsmöglichkeiten bei Bestandsmieten und Aufschlägen bei Neuvermietungen maximal ausnutzen. Die Wohnungsbaugesellschaften spielen schon längst eine Rolle bei der Segregation, also bei der Verdrängung von ärmeren Haushalten aus den Innenstadtbereichen.

Einer der Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land sagte bei einer Veranstaltung der RosaLuxemburg-Stiftung – ich zitiere –:

Anstatt auf eine sozial orientierte Wohnraumversorgung zu orientieren, setzt die Politik die Wohnungsbauunternehmen nach wie vor massiv unter

Druck. So fordert der Senat von uns immer noch Personalabbau.

Dies hat sich anscheinend bis heute nicht geändert. Der Senat erwartet Rendite, CDU und SPD schweigen, lamentieren, machen Versprechungen und bringen schließlich armselige Propagandaanträge ins Plenum ein.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Wie sollen die Wohnungsbaugesellschaften ihren Bestand erhöhen? Durch Zukauf oder durch Neubau? Haben sie überhaupt genügend Mittel für einen Zukauf? Wenn sie neu bauen, kommen sie, wie wir das zum Beispiel im Beteiligungsausschuss gehört haben, danach zu einem Mietpreis unter 9 Euro? Das werden sie nicht. Außerdem ist die Frage, ob die Wohnungsbaugesellschaften überhaupt genügend Grundstücke haben, um in relevanter Größenordnung zu bauen.

Während die Koalition solche Schaufensteranträge einbringt, konterkariert der Finanzsenator die angeblich neue Liegenschaftspolitik und verscherbelt weiter Grundstücke aus dem Liegenschaftsfonds, und zwar zum Höchstpreis.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Der Stadtentwicklungssenator, der angeblich Grundstücke für günstigen Wohnungsbau bereitstellen wollte, steht daneben und hält Maulaffen feil.

[Sven Heinemann (SPD): Waren Sie vor drei Stunden nicht anwesend? Haben Sie nicht zugehört, was der Senat gesagt hat?]

Damit verstößt die Koalition genauso wie bei der Ablehnung aller Open-Data-Anträge der Piraten wieder einmal gegen den eigenen Koalitionsvertrag. Das ist rotschwarze Heuchelei in Hochform und zeigt wieder einmal: SPD und CDU sind Mieter und Mieterinnen vollkommen egal.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Der Senat hat keinen Plan zu den Wohnungsbaugesellschaften, zu den Mietsteigerungen im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau, zu den Großraumsiedlungen, zu Zwangsumzügen durch Hartz IV, zum Liegenschaftsfonds. Die SPD ist seit 1991 an der Regierung beteiligt. Sie hat das katastrophale und korrupte System des sozialen Wohnungsbaus mit aufgebaut. Ihre Finanzsenatorin Fugmann-Heesing hat die Wohnungsbaugesellschaften ruiniert. Ihr Finanzsenator Sarrazin hat sie privatisiert. Jetzt auf einmal fällt der SPD ein, dass es in Berlin ein Mietenproblem gibt. Armseliger geht es doch wohl nicht mehr!

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Frau Spranger! Was auch immer die Grünen in all den Wahlperioden, die sie hier sitzen, gefordert haben: Sie

haben es umgesetzt. Sie haben verkauft. Ihre Fraktion war jedes Mal daran beteiligt. – Danke!

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Danke, Kollege Höfinghoff! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss empfohlen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 4.3: