Protocol of the Session on March 22, 2012

Vielen Dank, Herr Kollege Kreins! – Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Harald Wolf das Wort. – Bitte, Herr Kollege Wolf!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kreins und Herr Oberg! Wenn Sie Fluglärm mit Busverkehr vergleichen, empfehle ich Ihnen eine hervorragende Broschüre der Ihnen bekannten Friedrich-Ebert-Stiftung über Verkehrslärm, in der unter anderem auch sehr deutlich dargestellt wird, weshalb die gesundheitlichen Auswirkungen von Fluglärm andere sind als die Auswirkungen von normalem Straßenlärm in der Stadt. Das empfehle ich Ihnen. WISO, herausgegeben von der FriedrichEbert-Stiftung, dient wahrscheinlich der Fortbildung, und Sie werden auch nicht sagen können, dass das von der falschen politischen Richtung kommt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Der Flughafen BER ist für Berlin das wichtigste Infrastrukturprojekt. Sie alle wissen, dass ich mich immer für den Erfolg dieses Projektes eingesetzt habe und einsetze. Für eine Stadt, die eine unterdurchschnittliche Wirtschaftskraft hat – die einzige Hauptstadt in Europa, die ein Bruttoinlandsprodukt hat, das unter dem nationalen Durchschnitt liegt –, ist dieser wirtschaftliche Impuls von zentraler Bedeutung.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Aber wenn man will, dass BER erfolgreich ist, muss man auch für die Akzeptanz von BER kämpfen. Das, was ich seit etwas über einem Jahr erlebe, beunruhigt mich. Seit der Diskussion über die Flugrouten mussten nämlich Menschen, die bisher davon ausgegangen sind, dass sie von den Flugrouten und vom Fluglärm überhaupt nicht betroffen sind, auf einmal über Nacht feststellen, dass sie über 100 Flüge über ihr Wohngebiet haben. Das hat ihr Vertrauen erschüttert, und das hat zu den ganzen Diskussionen geführt, die wir seit über einem Jahr zu den Flugrouten haben.

Dann haben wir den schleppenden Fortgang des Lärmschutzprogramms. Herr Kreins hat das schon angesprochen. Wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass das absolut unbefriedigend ist und dass hier Beschleunigungsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Dazu gehört aber auch festzustellen, dass es absolut kontraproduktiv ist, wenn der Schutzstandard, wie er im Planfeststellungsbeschluss festgelegt ist, nämlich mit 55 Dezibel, vonseiten der Flughafengesellschaft infrage gestellt wird. Das führt dazu, dass Menschen ihre Vereinbarung nicht unterschreiben, weil sie nicht auf ihre Rechte verzichten wollen. Sie verlangen, dass dieser Schutzstandard eingehalten wird. Deshalb sagen wir, es kann nicht sein, dass zu diesem Zeitpunkt an diesem Schutzstandard gerüttelt wird. Es muss klar und eindeutig sei, dass dieser Schutzstandard aufrechterhalten wird.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Und wenn die 140 Millionen Euro nicht ausreichen, um die notwendigen Maßnahmen zu finanzieren, dann muss man sich überlegen, wie das Budget erweitert werden kann. Sehen Sie sich die gegenwärtige Diskussion in Hessen, in Frankfurt, an! Dort gab es eine Lärmschutzallianz, wo vonseiten des Landes noch einmal 100 Millionen Euro für Lärmschutzmaßnahmen draufgelegt worden sind, wo gleichzeitig über die Hessische Förderbank Kredite in Höhe von 150 Millionen Euro für Lärmschutzmaßnahmen zur Verfügung gestellt worden sind, um die Akzeptanz herzustellen. Nun sage ich nicht, dass man das braucht, ich sage nur: Wenn es notwendig ist, um die Akzeptanz und den Lärmschutz herzustellen, dann muss diese Ausgabe auch getätigt werden, weil es auch wirtschaftlich sinnvoll ist, den Lärmschutz und auch die Akzeptanz herzustellen. – Das sage ich an dieser Stelle ganz klar.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sage mir keiner, dass das unmöglich ist! Ich habe mich noch mal sachkundig gemacht. In München ist dieser Schutz mit 55 Dezibel Standard. Es ist nicht zutreffend, wenn vonseiten der Flughafengesellschaft gesagt wird, kein Flughafen habe das. In München ist es so.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Und es steht eindeutig im Planfeststellungsbeschluss. Deshalb muss es auch eingehalten werden.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Jetzt zum Thema Nachtflug! Das ist ein Abwägung zwischen der Wirtschaftlichkeit und der Leistungsfähigkeit des Flughafens. Ich habe in der Ausschussberatung die Frage gestellt – und wir haben diese Frage auch schon im Wahlkampf gestellt: Wenn es so ist, wie Herr Schwarz erklärt hat, dass von 22 Uhr bis 23 Uhr 80 Prozent der Nachtflüge abgewickelt werden können und dass gegenwärtig in der Zeit von 23 Uhr bis 23.30 Uhr und von 5.30 Uhr bis 6 Uhr fünf bis sechs planmäßige Flüge abgewickelt werden – warum ist dann nicht zumindest der Schutzstandard, den Tegel gegenwärtig hat, möglich, nämlich ein Nachtflugverbot von 23 Uhr bis 6 Uhr? Das wäre eine deutliche Verbesserung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das den Erfolg des Flughafens behindern würde. London Heathrow, ein wirklich internationales Drehkreuz, hat ein Nachtflugverbot von 23.30 Uhr bis 6 Uhr. Wir müssen an dieser Stelle noch mal kämpfen, um Akzeptanz für einen effektiven Lärmschutz, sowohl für einen aktiven als auch einen passiven Lärmschutz, zu erreichen. Das sollten wir im Ausschuss noch mal diskutieren.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Wolf! – Für die Fraktion der CDU hat nun der Kollege Friederici das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr ehemaliger Wirtschaftssenator Wolf! Da muss ich gleich korrigieren.

[Unruhe]

Entschuldigung, Herr Friederici! Es ist hier ein hoher Lärmpegel im Raum.

[Torsten Schneider (SPD): 85 Dezibel!]

Ein bisschen runter!

Wenn Sie von einem Nachtflugverbot in London Heathrow reden – das ist ein beschränktes Nachtflugverbot. Da finden natürlich Flüge statt, bei Weitem mehr als in Berlin. Das sollten wir korrekterweise erwähnen.

In gut 70 Tagen eröffnet der neue Großflughafen für Berlin und Brandenburg, und die Union knüpft sehr hohe Erwartungen an diesen neuen Flughafen. Wir brauchen diesen Flughafen für die wirtschaftliche Entwicklung der Bundeshauptstadt und des Landes Brandenburg, für die so dringend benötigten Arbeitsplätze und die Wirtschafts- und kommende Steuerkraft,

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Zum Thema!]

und weil Tegel einfach zu klein ist und Schönefeld – alt – nicht mehr leistungsfähig genug sein kann. Wird Tegel geschlossen, dürfen 100 000 Menschen im nahen und mittleren Umfeld darauf hoffen, dass der 1974 entstandene Verkehr und Verkehrslärm für sie enden wird – wobei ich immer wieder den Eindruck gewinnen konnte, dass die direkten Anwohner Tegels wenig Probleme mit den Auswirkungen des Fluggeschehens haben und viele Menschen rund um Tegel sehr traurig sind, dass ihr Flughafen schließt.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): So ein Unsinn!]

Demgegenüber sehen einige Menschen im Süden und Südosten Berlins, aber auch im nahen Umland den neuen Flughafen vor allem bezüglich der etwaigen Geräuschentwicklung mit großer Sorge. Die Berliner CDU-Fraktion nimmt diese Sorgen sehr ernst, auch die Sorgen bei der Abarbeitung der berechtigten Lärmschutzmaßnahmen. Dieses hat die Berliner CDU-Fraktion im Verkehrsausschuss klar zum Ausdruck gebracht, Ich möchte aber auch gleichzeitig den Dank der Unionsfraktion zum Ausdruck bringen, dass Herr Prof. Schwarz von der Flughafengesellschaft, Bezirksbürgermeister Igel und die zwei Vertreter der Bürgerinitiativen letzte Woche hier im Hause Rede und Antwort standen.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Wir wissen, der Flughafen hat eine neue Beratungseinheit für Betroffene eingerichtet. Das ist der richtige Weg und nicht der von der Linken geforderte Ombudsmann als neue Verwaltungsebene. Schnelle Entscheidungen sind gefordert und keine neuen Verwaltungsstrukturen. Wir werden diesen Antrag daher ablehnen müssen.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Natürlich! – Uwe Doering (LINKE): Alles andere hätte uns auch gewundert!]

Wir haben frühzeitig, schon vor anderthalb Jahren, mit dem Bundesverkehrsminister und den Bürgerinitiativen Gespräche geführt und die Beteiligten an einen Tisch bringen können. So ist es gelungen, auf sachliche Art und Weise miteinander zu reden, Missverständnisse auszuräumen und zu sachorientierten Lösungen zu kommen. Wir verstehen, dass wenige Wochen vor Beginn des neuen Flughafens Unruhe in einigen Ortsteilen Berlins besteht, weil man nicht weiß, was auf einen zukommt.

[Uwe Doering (LINKE): Wir wissen schon, was auf uns zukommt!]

Auch verstehen wir sehr gut, dass man dort am liebsten so wenig Flugverkehr wie möglich in der Nacht haben möchte.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie haben doch selbst die Plakate aufgehängt: Keine Flugrouten über Berlin!]

Für die Berliner CDU-Fraktion ist jedoch das vor Monaten ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Nachtflugverbot vom Flughafen BER am 3. Juni 2012 bindend, in dem es heißt, dass das Nachtflugverbot fünf Stunden, in der Zeit von 0 Uhr bis 5 Uhr, gilt

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

und in den Zeiten von 22 Uhr bis 24 Uhr und von 5 Uhr bis 6 Uhr eine vertretbare Flugreduzierung stattfindet. – Herr Dr. Albers! Sie und Ihre Vorgängerpartei sind für das nächtliche Fliegen in Schönefeld verantwortlich. Sie haben diesen Flughafen eröffnet, und Sie sind für diesen Nachtflugverkehr verantwortlich!

[Beifall bei der CDU – Lachen bei der LINKEN]

Es ist gut, dass Sie heute wieder mal daran erinnert werden!

[Zurufe von der LINKEN]

Wir wissen, dass das ein wohl ausgewogener Kompromiss des Gerichts ist, der den berechtigten Interessen des neuen Flughafens, der Gesellschaften und der Wirtschaft zum einen und der Anwohner zum anderen Rechnung trägt. Es sei hinzugefügt, dass die heute geltenden Nachtflüge von Schönefeld – alt – beim neuen Flughafen BER nicht mehr möglich sind. Somit tritt am 3. Juni schon eine wesentliche Entlastung für die Anwohner ein. Dieses ist bei nüchterner Betrachtung schon ein wesentlicher Erfolg der Bürgerinitiativen, jedoch auf der anderen Seite ein wesentlicher Hemmschuh bei der wirtschaftlichen Entwicklung. Gerade hier wäre auch wieder die Schaffung neuer Arbeitsplätze sehr wichtig gewesen.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Hinzu kommt, dass künftig in den drei Stunden der flugreduzierten Zeiten lediglich 40 Flugbewegungen stattfinden werden, nämlich vor allem von 22 Uhr bis 23 Uhr, und in den restlichen zwei Stunden wahrscheinlich nur acht Flüge, sodass nicht der starke Lärm entsteht, den die Initiatoren des Volksbegehrens befürchtet haben.

[Zurufe von Benedikt Lux (GRÜNE) und Dr. Wolfgang Albers (LINKE]

Deswegen ist auch der Grünen-Antrag eigentlich obsolet, sodass wir ihn auch ablehnen müssen. Berlin und Brandenburg erhalten in 70 Tagen den modernsten Flughafen Europas. Berlin und Brandenburg bekommen in 70 Tagen die Chance auf neue Arbeitsplätze, eine neue leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur und die einmalige Chance, dass unsere Region endlich aufsteigt und die Internationalität Berlins weiter ausgebaut wird. Deswegen freuen wir

uns als Berliner CDU-Fraktion auch auf den 3. Juni und die Eröffnung des neuen Flughafens BER Willy Brandt.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Uwe Doering (LINKE): Aber an Ihre Wahlplakate können Sie sich noch erinnern!]

Vielen Dank, Herr Kollege Friederici! – Für die Piraten hat jetzt der Kollege Prieß das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe – Zuschauer sind keine mehr da, kann ich mir also schenken.