Protocol of the Session on March 22, 2012

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Transparenz ist gut, und Transparenz ist wichtig. Deswegen sind CDU und SPD grundsätzlich auch für die Offenlegung der Verträge zum Spreepark. Im Plenum und im Hauptausschuss ist hierzu bereits ausführlich beraten worden, deswegen heute eine Kurzfassung. Transparenz endet aber immer dort, wo sie Menschen schadet. In Anbetracht der begründeten Frage, inwieweit die Offenlegung der Verträge etwa Rechte Dritter berührt, kann die Offenlegung jedoch daher nicht im blinden Transparenzaktionismus geschehen.

[Zuruf von den PIRATEN]

Das Abgeordnetenhaus ist in besonderem Maß an die Gesetze gebunden. Die Landeshaushaltsordnung schreibt fest, dass Vermögensgeschäfte grundsätzlich der Vertraulichkeit unterliegen. Bei Grundstücksgeschäften sind zudem regelmäßig auch Rechte Dritter betroffen, teilweise auch Dritter, die selbst nicht Vertragspartner sind. Im Fall des Spreeparks sind dies konkret die Gläubigerbanken. Möchte Berlin nun nicht sehenden Auges Schadenersatzforderungen wegen Verletzung der vertraglich vereinbarten Vertraulichkeit riskieren, bedarf es, wie gesagt, hier vorab einer Prüfung und Rücksprache mit genau diesen Dritten.

Ich freue mich daher, dass sich die Piraten zwischenzeitlich diesen Argumenten anschließen konnten. Das sollte ein gutes Beispiel für den Rest der Opposition sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Martin Delius (PIRATEN)]

Vielen Dank! – Und für Die Linke Frau Matuschek!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag war eindeutig Offenlegung des Vertrags. Nach den vollmundigen Ankündigungen insbesondere der SPD, dass man es jetzt mit der Transparenz ernst meine, wäre eigentlich gar nichts dagegen einzuwenden. Das wollen Sie aber offensichtlich nicht so wahrhaben. Stattdessen haben Sie also den ursprünglichen Antrag auf Offenlegung in einen Prüfauftrag umgewandelt, ob offengelegt werden könnte. Also Sie sagen im Klartext, Sie wollen nicht offenlegen. Aber wenn Sie denn offenlegen würden, sagen Sie gleichzeitig in Ihrem Antrag, wozu denn offenlegen, nicht etwa, worüber wir das letzte Mal sprachen, um darüber zu reden, wie es eigentlich zu einem solchen skandalösen Vertrag gekommen ist, welche Fallstricke darin enthalten sind, wie man aus diesen Fallstricken aussteigen könnte, nein, Sie wollen prüfen lassen, welche Nutzungsmöglichkeiten auf dem Spreeparkgelände bestehen. Das ist aber im Flächennutzungsvertrag und im Erbpachtvertrag festgeschrieben. Also legen Sie ihn doch offen!

Jetzt kommen wir mal zu dem Erbpachtvertrag. Er ist am 3. Mai 1996 abgeschlossen worden. Als Beispiel für all die Freunde von Erbpachtmodellen sei da mal in den Mechanismus hineingeschaut. Der damalige Grundstückwert betrug ca. 8 Millionen DM. Im Erbpachtvertrag war geregelt worden, dass dieser Erbpachtvertrag mit der pauschalen Zustimmung des Landes Berlin bis zu einer Höhe von 20 Millionen DM beliehen, also belastet werden kann. Die jährliche Grundsteuer, die auf diesem Gelände lastet, wäre – jetzt mal in Euro – 61 000 Euro. Das hieße, seit 2001 – wenn ich mal annehme, dass vorher Grundsteuer bezahlt worden ist, was ich nicht glaube – wären das schon mal 700 000 Euro Verlust für das Land.

Dann hat das Land Berlin wegen der schlechten ökonomischen Situation des Erbpachtnehmers die Kosten für Schneebeseitigung, Müllentsorgung, Straßenreinigung und Wachschutz seit Jahren zu tragen. Außerdem gibt es noch den Verlust der Erbpachteinnahmen seit vielen Jahren, also den rückständigen Erbbauzins. Alles in allem hat das Land Berlin inzwischen Verluste aus diesem Erbpachtvertrag von geschätzt mal 6 bis 8 Millionen Euro zu tragen, einfach mal so. Dazu kommt, falls man diesen Erbpachtvertrag auflösen wollte, eben die Schuldbelastung bei der Deutschen Bank und anderen Gläubigern in einer Höhe von geschätzt 12 Millionen Euro. Das sind die Ergebnisse von schlechten Erbpachtverträgen.

Wenn man nun aber wie die SPD tönt, wir wollen nicht mehr verkaufen, wir wollen jetzt Erbpachtverträge mit einer Nutzungsdauer von 60 Jahren und mehr machen, dann sollte man sich vorher überlegen – und am Beispiel des Erbpachtvertrags Spreepark kann man es gut nachvollziehen –, wie man denn Erbpachtverträge abschließt, die nicht zulasten des Landes Berlin gehen. Das wollen Sie aber nicht, indem Sie den Erbpachtvertrag nicht of

fenlegen wollen. Sie wollen diese Debatte über schlechte Erbpachtverträge nicht.

[Dr. Michael Arndt (SPD): Wo waren Sie eigentlich die letzten zehn Jahre?]

Sie machen 2012 da weiter, wo Sie als große Koalition 2001 aufgehört haben, Sie machen weiter mit Korruptionsanfälligkeit und Ausplünderung von öffentlichen Kassen auch über Erbpachtverträge.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Andreas Baum (PIRATEN)]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zum Antrag Drucksache 17/0141 empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen Grüne, Linke und Piraten – die Annahme in neuer Fassung und mit neuer Überschrift. Wer dem Antrag in der neuen Fassung im Wortlaut der Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die drei Oppositionsfraktionen. Ersteres war die Mehrheit.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 14:

Aufgabe gemäß § 7 Abs. 2 Sportförderungsgesetz von öffentlichen Sportflächen, Hartriegelstr. 77 im Bezirk Treptow-Köpenick, Ortsteil Adlershof, zwecks Überführung des ehemaligen Schulstandortes in Erbbaurecht an einen privaten Schulträger

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sport vom 10. Februar 2012 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 7. März 2012 Drucksache 17/0213

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache17/0026

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zur Vorlage Drucksache 17/0026 empfehlen der Fachausschuss – einstimmig mit allen Fraktionen – und der Hauptausschuss – einstimmig bei Enthaltung einer Stimme der Piraten – die Annahme. Wer der Vorlage zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind so weit alle Fraktionen, auch der fraktionslose Kollege. Gegenstimmen? – Keine! Enthaltungen? – Eine Enthaltung bei den Piraten!

Ich rufe auf

(Präsident Ralf Wieland)

lfd. Nr. 15:

a) Kein Flughafenknast auf dem Großflughafen BER „Willy Brandt“

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 5. März 2012 Drucksache 17/0220

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0102

b) Kein Flughafenknast – nirgendwo!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 5. März 2012 Drucksache 17/0221

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0101

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Kollegin Bayram! Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Wir hatten im Innenausschuss zu diesem Thema eine sehr heftige Debatte, die leider – jedenfalls von den Koalitionsfraktionen – auch weniger argumentativ als vielmehr persönlich geführt wurde. Deswegen habe ich mir überlegt, wen ich heute noch zur Hilfe nehmen kann, um Sie vielleicht von dem Weg zu überzeugen, den ich für den richtigen halte. Da ist mir ein Zitat von Harold Nicolson begegnet, zitiert von Wolfgang Koeppen. Da heißt es:

Gott allein weiß, wie kompliziert die Politik ist und dass Hirne und Herzen der Menschen oft nur wie hilflose Hänflinge in der Schlinge flattern. Doch wenn wir uns über ein großes Unrecht nicht genügend empören können, werden wir niemals rechtschaffene Taten vollbringen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Dieser Flughafenknast für Asylbewerberinnen und -bewerber auf dem BBI, der Willy-Brandt-Flughafen heißen soll, ist und bleibt ein Fehler und gehört verhindert.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Es gibt aktuell eine Stellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins zu § 18a, der auch in unseren Anträgen aufgeführt wird und den wir ebenfalls abschaffen wollen. Dahinter steht aber auch die Motivation, die derzeitige Bundesregierung davon abzuhalten, auf europäischer Ebene breitere Akzeptanz für das Flughafenverfahren zu organisieren. Wir dürfen das der Bundesregierung nicht durchgehen lassen, und wir dürfen dem als Berlinerinnen und Berliner nicht noch Vorschub leisten, indem wir in Schönefeld einen Asylknast zulassen!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Ich will Ihnen kurz aus der Stellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins zitieren – nicht nur, weil ich selbst Mitglied bin, sondern weil sie viel Gutes und Richtiges gesagt haben:

Extrem kurze Rechtsbehelfs- und Begründungsfristen erschweren die Wahrnehmung des Rechtsschutzes. Ermittlungen und Nachfragen sind dann häufig nicht möglich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht in fehlendem effektivem Rechtsschutz eine Verletzung des Rechts auf wirksame Beschwerde gemäß Artikel 13.

Es gibt verschiedene weitere Stellen, an denen der Anwaltsverein ganz deutlich sagt, dass diese an die Substanz gehenden Defizite weder im rechtsstaatlichen Verfahren hinnehmbar sind noch den europäischen Verpflichtungen aus den Richtlinien zum internationalen Schutz gerecht werden können.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen! Ich gebe Ihnen heute – insbesondere mit dem Antrag zu 15 a – die Gelegenheit, dem Abschiebeknast auf dem Flughafen BBI ein Nein entgegenzuschleudern und sich dafür einzusetzen, dass der gar nicht erst in Betrieb geht. Noch haben wir die Chance! Erst im Juni soll er in Betrieb gehen. Bitte gehen Sie in sich und entscheiden Sie mit Ihrem persönlichen Namen gleich in der Abstimmung, was Sie vor den Bürgerinnen und Bürgern in Berlin, vor Ihren Wählerinnen und Wählern, verantworten wollen! Ich bitte Sie, sich diesem großen Unrecht, das dieser Flughafenknast und dieses Flughafenasylverfahren in sich birgt, entgegenzustellen, indem Sie unserem Antrag zustimmen und diesem Flughafenasylverfahren eine Absage erteilen! – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Als Nächstes der Kollege Zimmermann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal eins klarstellen, nämlich dass dieses sogenannte Flughafenverfahren, das 1993 im Bund eingeführt wurde, 1996 vom Bundesverfassungsgericht überprüft wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Verfahren als verfassungsgemäß eingestuft. Deswegen müssen wir hier davon ausgehen, dass diese Regelung im Asylverfahrensgesetz nicht Unrecht ist, Frau Bayram, sondern verfassungsgemäß und rechtmäßig und gültig.

[Beifall bei der SPD und der CDU – [Canan Bayram (GRÜNE): Kennen Sie die Stellungnahme des Anwaltsvereins?]

Es ist zweitens festzuhalten, dass Berlin hier weder als Gesetzgeber noch als Exekutive aufgerufen ist, § 18a des Asylverfahrensgesetzes durch Einrichtung oder Nichteinrichtung eines Flughafengewahrsams umzusetzen, sondern es ist das Land Brandenburg, das dafür zuständig ist. Es hat nach der Kompetenzverteilung die Aufgabe, das Asylverfahrensgesetz umzusetzen. Es ist also Aufgabe Brandenburgs und nicht Berlins, hier etwas zuzulassen oder nicht zuzulassen, Frau Bayram.

[Canan Bayram (GRÜNE): Aber wir sind doch am Flughafen beteiligt!]

Wir sind am Bau beteiligt. Aber hier geht es um die Ausführung von Bundesgesetzen, um die Ausführung des Asylverfahrensgesetzes. § 18a des Asylverfahrensgesetzes schafft die bundesrechtliche Verpflichtung für die Länder, in denen die Flughäfen liegen, einen solchen Flughafenabschiebungsgewahrsam einzurichten. Sie wissen, dass viele Flughäfen in Deutschland ihn haben.