Protocol of the Session on March 8, 2012

Bahn demnächst noch alles abklemmen wird, oder kann sich der Senat vielleicht auch Sanktionen vorstellen, wenn man mit der Deutschen Bahn verhandelt, wie man das auch wieder durchsetzen kann, damit nicht weite Teile von Berlin immer mehr vom Fernverkehr abgeschnitten werden?

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Buchholz! Das ist so eine Sache mit Sanktionen, weil Sanktionen gegen die Deutsche Bahn AG in der Regel auch die Fahrgäste treffen. Insofern will das immer eine wohl abgewogene Frage sein. Wir haben es hier mit einem Grundsatzproblem der Bahnreform und des Eisenbahnneuordnungsgesetzes zu tun, nach dem der Fernverkehr wirtschaftlich, eigenwirtschaftlich sein soll, aber eben auch vollständig im Ermessen der Deutschen Bahn steht und dort sozusagen keine politische Einflussnahme vorgesehen ist. Insofern wäre eine entsprechende gesetzgeberische Initiative auf Bundesebene notwendig, um hier tatsächlich eine Eingriffsmöglichkeit zu schaffen.

Das Land Berlin hat im Rahmen auch der Diskussion über S-Bahnkrise u. Ä. Initiativen im Bundesrat gestartet, um mehr Einfluss auf die Bahnpolitik nehmen zu können. Das betrifft auch die Frage Netzinfrastrukturnutzung und -zurverfügungstellung. Man müsste sehen, ob man in diesem Rahmen dann auch tatsächlich solche Dinge noch mal konkret anspricht. Im Moment sind diese Initiativen allerdings zurückgestellt, weil der Bund selbst an einem Reformkonzept arbeitet und sich der Bundesrat so lange nicht damit befassen wird.

Vielen Dank! – Dann der Kollege Gelbhaar!

Danke! – Herr Gaebler! Ich habe eine Frage, und zwar: Vor einigen Monaten geisterte die – ich sage mal – Meldung durch die Zeitungen, dass am Fernbahnhof Zoo demnächst wieder ICEs halten sollen und dass der Senat auf die Bahn zugegangen wäre und da bald Erfolgsmeldungen konkretisiert werden könnten. In Anbetracht dieser jetzigen Aussage wollte ich mal nachfragen, wie denn da der Stand ist.

Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Gelbhaar! Wie ich bereits geschildert habe, befinden wir uns gerade noch in einem Diskussionsprozess über den Fernverkehrsfahrplan 2013, wohlgemerkt 2013. Es gibt da sehr unterschiedliche Zwischenstände und Zwischenmeldungen, die dann vielleicht auch manchmal zu Zeitungsmeldungen führen, die noch keinen abschließenden Stand darstellen. Insofern kann man in beide Richtungen sagen: Es ist noch im Fluss, es steht noch nicht fest, ob es mehr oder weniger Halte auf der Stadtbahn und mehr oder weniger Züge dort geben wird. Es gibt objektiv ein Problem mit der Zugbelegung und auch die Frage, wie man eine Taktung des Regionalverkehrs mit den Ansprüchen des Fernverkehrs verbinden kann. Das muss abgewogen werden, und das werden wir in den nächsten Wochen und Monaten tun. Ich hoffe und wünsche, dass wir dann auch sowohl die Halte am Ostbahnhof als auch zusätzliche Halte am Bahnhof Zoologischer Garten realisieren können. Aber wie gesagt – es wäre zu früh und auch vermessen, jetzt dazu Versprechen zu machen.

Vielen Dank!

Dann kommen wir zur Anfrage Nr. 7 des Kollegen Tim Christopher Zeelen von der CDU-Fraktion über

Ausschöpfung der Mittel aus dem Bädersanierungsprogramm

Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Inwieweit werden die Mittel für das Bädersanierungsprogramm vollständig verausgabt, und welche Bäder werden noch saniert bzw. wann fertiggestellt?

2. Wie schätzt der Senat den weiteren Sanierungsbedarf der Bäder ein?

Vielen Dank! – Es antwortet Herr Senator Henkel. – Bitte schön!

Herr Abgeordneter Zeelen! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bädersanierungsprogramm umfasst Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen an 45 Standorten. Bis zum Jahresende 2011 wurde der größte Teil der Maßnahmen abgeschlossen. Es verbleiben im Wesent

(Bürgermeister Frank Henkel)

lichen die bevorstehenden Großprojekte Kombibad Gropiusstadt – geplante Fertigstellung hier ist im vierten Quartal 2012 –, das Kombibad Spandau-Süd – geplante Fertigstellung im zweiten Quartal 2013 – und die Schwimmhalle Finkensteinallee; geplante Fertigstellung ebenfalls im zweiten Quartal 2013.

Zum Jahresende 2011 wurden mithin 67,1 Prozent der Mittel des Bädersanierungsprogramms, also rund 34 Millionen Euro von 50 Millionen Euro Gesamtvolumen verwendet. Hinzu kommen Mittel aus den ergänzenden Förderprogrammen Umweltentlastungsprogramm UEP II, dem Investitionspakt 2008 und dem Konjunkturpaket II von rund 21,5 Millionen Euro, von denen bisher rund 11,8 Millionen Euro ausgezahlt wurden. Die noch nicht ausgezahlten Mittel sind vollständig durch die noch laufenden Projekte gebunden.

Ein ausführlicher Bericht zum Status des Bädersanierungsprogramm wird dem Abgeordnetenhaus als Jahresbericht 2011 in Kürze zugeleitet werden. Ich glaube, das war auch schon die Zusage gegenüber dem Sportausschuss.

Zur Frage 2, wie der Senat den weiteren Sanierungsbedarf der Bäder einschätze: Nach Beendigung des Bädersanierungsprogramms wird der Instandsetzungsstau nicht vollständig abgebaut sein. Die verbleibenden Vorhaben nach Abschluss können jedenfalls nicht innerhalb des Programms finanziert werden. Sie müssen nach vorheriger aktueller Bewertung und Priorisierung im Rahmen der Wirtschaftspläne der BBB nach und nach umgesetzt werden. Nach Beendigung des Bädersanierungsprogramms verbleibt nach den Berechnungen der Bäderbetriebe selbst ein Instandsetzungsstau in Höhe von etwa 85 Millionen Euro.

Vielen Dank! – Kollege Zeelen, haben Sie eine Nachfrage? – Keine. – Andere Nachfragen gibt es auch nicht.

Dann rufe ich die Anfrage des Kollegen Martin Beck von den Grünen über

Keine Zwangsumzüge mehr?

auf. – Bitte schön, Herr Kollege Beck!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Was unternimmt der Senat, damit bis zur Neuregelung der AV Wohnen keine Mahnbriefe mehr an Arbeitslosengeld-II-Empfänger/-innen versandt werden, falls ihre Wohnmieten die vorgegebenen Mietobergrenzen überschritten haben?

2. Wie bewertet der Senat ein sofortiges Moratorium für Zwangsumzüge und Zwangsräumungen, und was wird er tun, damit es zu keinen weiteren verpflichtenden Wohnungswechseln von Arbeitslosengeld II beziehenden Familien mehr kommt?

Vielen Dank! – Es antwortet Herr Senator Czaja.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Beck! Im Namen des Senats beantworte ich Ihre Mündliche Anfrage wie folgt – zur ersten und zur zweiten Frage würde ich das gern zusammen machen: Unabhängig von der Neuregelung der Ausführungsvorschrift Wohnen bzw. der Rechtsverordnung, die wir dazu erlassen wollen, ist das Land Berlin als kommunaler Träger bundesgesetzlich gemäß § 22, Abs. 1 SGB II verpflichtet, nur angemessene Mieten im Rahmen des Arbeitslosengelds II zu übernehmen. Unangemessene Mieten dürfen danach maximal sechs Monate akzeptiert werden. Dies ist der Zeitraum, den der Bundesgesetzgeber den Betroffenen einräumt, ihre Mietbelastung zu senken. Wir werden diese bundesgesetzliche Regelung einhalten. Sie wird ja auch überprüft, weil der Bund bekanntermaßen an den Kosten für Unterkunft und Heizung zu rund einem Drittel beteiligt.

Die Senkung der Mietbelastung kann von den Betroffenen auf unterschiedliche Art und Weise realisiert werden, zum Beispiel durch Untervermietung oder Verhandlung mit den Vermietern, um gegebenenfalls befristete Mietnachlässe oder Zuzahlungen aus nicht anrechenbaren Einkommen zu erreichen. Letzte Konsequenz – aber das ist, wie Sie wissen, äußerst selten der Fall – ist der Umzug. Die Jobcenter haben weder die Intention noch die Instrumente, Umzüge oder gar Räumungen zwangsweise herbeizuführen, wie das Ihre Frage unterstellt. Deswegen ist auch ein Moratorium nicht erforderlich.

Vielen Dank! – Haben Sie eine Nachfrage, Kollege Beck? – Bitte schön!

Ich habe der Antwort entnommen, dass Sie eigentlich nichts in der Richtung unternehmen, die meine Frage intendiert hatte. Herr Senator! Teilen Sie denn mit mir die Auffassung, dass die Klageflut am Berliner Sozialgericht sowohl für Klagende als auch für das Personal unerträglich ist? Was tut denn der Senat aktuell zur Verbesserung der Rechtssicherheit der ALG-II-Bescheide, um die Anzahl der Klagen vor dem Berliner Sozialgericht wegen der Kosten zur Unterkunft zu verringern? Was tun Sie für

das Personal, damit dort wirklich qualifiziertes Personal tätig ist? Die werden dort ja schlecht geschult, das wissen wir seit langer Zeit. Haben Sie Aktivitäten unternommen, um das Personal besser zu schulen oder um gegebenenfalls auch qualifiziertes Personal von außen zur Verfügung zu stellen?

Bitte schön, Herr Senator!

Sie haben, glaube ich, sechs oder sieben Nachfragen gestellt. Aber ich will gern versuchen, darauf einzugehen, Herr Abgeordneter Beck. Zunächst sagen Sie, dass die meiste Anzahl der Klagen vor dem Sozialgericht gegen Hartz-IV-Bescheide etwas mit den Kosten der Unterkunft zu tun habe. Das stimmt nicht, wie Sie wissen. Das können Sie nachlesen. Nur 20 Prozent aller Klagen zum Thema Hartz IV haben etwas mit den Kosten der Unterkunft zu tun, obwohl sie über 50 Prozent der Leistungen, die ein Hartz-IV-Empfänger in der Summe bekommt – also Hartz IV plus die Kosten der Unterkunft – darstellen. Obwohl es also ein überproportional hoher Anteil ist, ist der Klageanteil zu den Kosten der Unterkunft unterproportional.

Sie sagen zweitens, das habe damit etwas zu tun – und das intendiert ja Ihre Frage auch –, dass das wegen der nicht vorhandenen Rechtsverordnung bzw. Ausführungsvorschrift der Fall ist. Auch das ist nicht der Fall. Der Klageanteil zu den Kosten der Unterkunft war vor dem Bundessozialgerichtsurteil genauso hoch, wie das derzeit der Fall ist.

Das Dritte: Die Schulung der Mitarbeiter obliegt nicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, sondern hat etwas mit den Mitarbeitern in den Jobcentern zu tun. Da gab es gute Modellprojekte, beispielsweise in Mitte. Ich weiß, dass sich die Kollegin Kolat mit dieser Frage beschäftigt, denn das Hauptproblem bei der Klageflut an den Sozialgerichten ist, dass die Bescheide nicht vernünftig erklärt werden können. Sonst würden ja nicht 80 Prozent der Fälle außergerichtlich geklärt werden können, und zwar erst dann, wenn es zu einem Gerichtstermin kommt. Das hat damit zu tun, dass die Jobcenter beim Sozialgericht keine Gebühren bezahlen müssen. Auch darüber muss man sich Gedanken machen.

Aber das wird der Justizsenator mit der Arbeitssenatorin tun. Ich weiß, dass sie darüber sprechen. Aber das hat nichts mit den Kosten der Unterkunft oder der fehlenden Rechtsverordnung zu tun, an der wir im Übrigen intensiv arbeiten. Die Zeitschiene dazu kennen auch Sie, Herr Kollege Beck.

Vielen Dank! – Dann haben wir noch eine Nachfrage der Kollegin Schmidberger von den Grünen.

Sehr geehrter Herr Senator Czaja! Sie wissen auch, dass es um die 100 000 Haushalte von ALG-II-Empfängern in Berlin gibt, die zu hohe Wohnkosten haben. Ich würde gerne einmal von Ihnen wissen: Wohin sollen die eigentlich ziehen? Auch laut der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gibt es für diese Menschen ja keinen Platz.

Ihrer Antwort war auch zu entnehmen, dass Sie nicht bereit sind, die Ängste und Sorgen der Leute wahrzunehmen und ein Moratorium auszusprechen. Deswegen müssten Sie sich eigentlich Gedanken darüber gemacht haben, wo diese Menschen dann hinsollen.

Bitte schön, Herr Senator!

Frau Kollegin! Natürlich machen wir uns Sorgen, und deswegen arbeiten wir auch an der Rechtsverordnung. Aber wenn Sie von Hunderttausenden von Umzügen sprechen, haben Sie nicht recht. Wir haben 330 000 Bedarfsgemeinschaften in Berlin. Das Controlling in den Jobcentern hat festgestellt, dass ungefähr 60 000 eine höhere Miete haben, als es die Ausführungsvorschrift Wohnen zulässt. Von den 60 000 hat man in fast 40 000 Fällen die höhere Miete akzeptiert, weil die Einzelvorgaben so sind, dass man sagt, das ist einerseits ein anerkannter Härtefall oder ein anerkannter Ausschlusstatbestand, oder es wird auf den Umzug verzichtet, weil Unwirtschaftlichkeit gegeben ist und so weiter. In 38 000 Fällen findet gar keine Kostenfestsetzung statt.

Bei dem Rest findet Kostenfestsetzung statt, und da werden zusätzliche Einkommen herangezogen. Da ist Untervermietung möglich. Da wird darüber gesprochen, ob weitere Personen in die Bedarfsgemeinschaft kommen usw. Bei 330 000 Bedarfsgemeinschaften, von denen bei 60 000 die Miete zu hoch ist, gab es im letzten Jahr 1 300 Umzüge. Unabhängig davon, dass dies nicht in unserer Amtszeit lag: Davon zu sprechen, dass wir in Berlin Massenumzüge haben, dass die Mehrheit der Menschen ihre Wohnung verlassen muss, weil es keine Rechtsverordnung gibt, ist Verunsicherung derer, die die Kosten der Unterkunft erstattet bekommen. Dessen müssen Sie sich bewusst sein, wenn Sie solche Sätze hier im Parlament gebrauchen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Karlheinz Nolte (SPD)]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fragestunde ist damit beendet. Die heute nicht beantworteten Mündlichen Anfragen werden gemäß § 51 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung mit einer Beantwortungsfrist von einer Woche schriftlich beantwortet.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2: