Protocol of the Session on March 8, 2012

Vielen herzlichen Dank für Ihre Frage, mit der Sie mir die Gelegenheit geben, Ihnen an dieser Stelle die wichtigsten frauenpolitischen Initiativen und Arbeitsergebnisse der ersten 100 Tage meiner Amtszeit vorstellen zu können.

Als Erstes möchte ich Ihnen hier die Initiative mit der IHK zur Förderung von Frauen in Führungspositionen in der privaten Wirtschaft nennen. Sie haben das sicher in den die Medien mitbekommen. Gestern habe ich mit dem Präsidenten der IHK Dr. Schweitzer die Vereinbarung „Frauen an die Spitze“ unterzeichnet. Wir bezwecken hier, viele Berliner Unternehmen dafür zu gewinnen, sich zukünftig gemeinsam für mehr Frauen in Führungspositionen und mit Führungsaufgaben stark zu machen. Ziel der Vereinbarung ist es, die Karrierechancen von Frauen im Berufsleben zu verbessern. Die mitmachenden Unternehmen sollen sich dann verpflichten, eine Unternehmenskultur der Gleichberechtigung zu pflegen und weibliche Beschäftigte gezielt über ihre Karrierechancen zu informieren. Dabei sollen die Unternehmen darin unterstützt werden. Ich denke, das wird dann auch mein Part sein, unternehmens- und bedarfsgerechte Instrumente zur Frauenförderung zu entwickeln. Ich bin mir sicher, dass wir viele aufgeschlossene Berliner Unternehmen gewinnen werden, die hier mitmachen.

Als Zweites möchte ich hier gerne die Teilnahme an der Bundesinitiative „Mehr Frauen in Führungspositionen, regionale Bündnisse für Chancengleichheit“ erwähnen. Hier habe ich mich in den ersten 100 Tagen sehr dafür eingesetzt, dass wir uns hier als Stadt bewerben. Das haben wir auf den Weg gebracht. Leider, das ist der aktuelle Stand, habe ich erfahren, dass Berlin nicht unter die zehn ausgewählten Regionen gekommen ist.

Darüber hinaus möchte ich hier einen Werbespot „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit!“ erwähnen. Ich habe diesen Werbespot am 22. Februar in Berlin auf einer Pressekonferenz in der Urania vorgestellt und uraufgeführt. Er bildet den bundesweiten Auftakt der Medienkampagne zum Equal Pay Day 2012. Der Spot wird auf der Videoplattform „Youtube“ gezeigt, sowie im „Berliner Fenster“ und im Warte-TV der Berliner Bürgerämter. Wir haben diese Produktion in Zusammenarbeit mit den bezirklichen Frauenbeauftragten erstellt. Wir wollen dafür sensibilisieren, dass wir nicht nur bundesweit, sondern auch in Berlin ein Entlohnungsdefizit haben, und das als ungerecht empfinden.

Als weiteren Punkt möchte ich den aktualisierten GenderDatenreport erwähnen, der seit heute im Netz nachzulesen ist. Frau Abgeordnete! Sie können gern hineinsehen. Es ist der dritte Bericht in Folge. Er ermöglicht einen Überblick über grundlegende Daten darüber, wie es um die Frauen in Berlin steht. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Bildung, Erwerb, Demografie und Lebensformen.

Im Februar hat der Senat den aktuellen Bericht zur Umstellung des Landesgleichstellungsberichts in den Jahren 2008 bis 2010 verabschiedet. Mit dem Landesgleichstellungsgesetz hat sich der Senat verpflichtet, den im Landesdienst beschäftigten Frauen und Männern gleiche Berufschancen sowie Teilhabe an Beratungen und Entscheidungen in Gremien des Landes zu sichern. Die Ergebnisse sind Ihnen sicher bekannt. Es gibt in der öffentlichen Verwaltung Fortschritte. Die Zahlen rund um Aufsichtsratsmitgliedschaften, aber auch was die Entwicklung des Frauenanteils bei den Abteilungs- und Referatsleitungen angeht, zeigen Fortschritte. Aber es gibt auch Handlungsbedarf. Dieses habe ich auch so der Öffentlichkeit mitgeteilt.

Zu Ihrer Frage 2: Ich beantworte sehr gern, was ich in den nächsten 100 Tagen vorhabe – Ich hoffe, das wird jetzt keine Regelmäßigkeit, alle 100 Tage einen Rückblick und Ausschau zu halten,

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Doch!]

obwohl das für mich eine gute Gelegenheit ist, hier über meine Arbeit regelmäßig zu sprechen. – Als Erstes weise ich auf das hin, was wir gestern gemeinsam mit der IHK als Initiative gestartet haben. Wir wollen in den nächsten Tagen und Wochen dafür werben, dass sich Unternehmen dieser Initiative anschließen und mitmachen, dass sich nicht nur private Unternehmen der Initiative „Frauen an die Spitze“ anschließen, sondern auch die Landesbeteiligungen. Hierfür gibt es bereits erste Gesprächsansätze.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erarbeitung der Fortschreibung des gleichstellungspolitischen Rahmenplans. Gleichstellungspolitik kann nur als Querschnittsaufgabe gelingen. Deshalb werden die Fortschreibung und ein neuer Masterplan in Abstimmung mit den anderen Ressorts und den Bezirken erarbeitet. Thematisch wird sich dieser an den Handlungsfeldern der EU-Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010 bis 2015 orientieren. Worum geht es? – Gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit, gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit, Gleichstellung in Entscheidungsprozessen, Schutz der Würde und Unversehrtheit – der Gewalt aufgrund des Geschlechts ein Ende setzen, und darüber hinaus wird die Fortschreibung die politischen Schwerpunkte der Regierung aufgreifen. Im Vordergrund wird das Thema Bildung in all seinen Facetten stehen. GenderMainstreaming und Gender-Budgeting werden ebenfalls im Rahmen der Fortschreibung fachlich weiterentwickelt.

(Senatorin Dilek Kolat)

Ein weiterer Punkt ist das Thema Girls’ Day. Ich gehe davon aus, dass er auch in diesem Jahr mit großer Resonanz, breiter Unterstützung und Teilnahme von Schulen und Unternehmen realisiert wird. Im Juni werden wir den Berliner Unternehmerinnentag durchführen und die Gelegenheit nutzen, um den diesjährigen Unternehmerinnenpreis zu verleihen. – Das sind nur einige Punkte, aber das müsste erst einmal als Antwort reichen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Eine Nachfrage der Kollegin Kofbinger!

Danke, Frau Senatorin für die ausführliche Beantwortung meiner Fragen! Aber die Höflichkeit gebietet es, dass ich zunächst einmal Ihre Frage an mich beantworte: Ja, ich werde nicht alle 100 Tage nachfragen, aber ich werde es regelmäßig tun, vermutlich auch im Rahmen der Aktuellen Viertelstunde im Ausschuss. Ich bin sehr interessiert an Ihrer Arbeit – das sollte Sie eigentlich freuen.

Ich war auch nicht sehr erfreut, heute viele Schlagwörter zu hören, die ich in den letzten fünf Jahren gehört habe. Ich habe streng genommen nach Ihren Initiativen gefragt. Da ist eine dabei, nämlich die gestrige mit der IHK. Ich habe es mir sehr genau durchgelesen. Deshalb noch eine Frage dazu: Es hörte sich für mich ein wenig nach der Flexiquote von Frau Schröder an nach dem Motto „Wir versuchen jetzt alle zusammen, die Berliner Wirtschaft, die Betriebe, die Firmen für mehr Frauenförderung zu interessieren“. Können Sie mir etwas Konkreteres dazu sagen außer der Aussage, dass Sie es mit aller Macht versuchen werden, denn die Versuche habe ich die letzten fünf Jahren sehr intensiv als Fachabgeordnete begleitet; gibt es einen Punkt, den Sie mir nennen können, den Sie für besonders erfolgversprechend in Ihrer Initiative halten?

Vielen Dank für die Nachfrage! – Bitte schön, Frau Senatorin!

Frau Abgeordnete Kofbringer!

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Kofbinger! Oder sagen Sie einfach Anja! Weitere Zurufe: Kofbinger!]

Kofbinger. – Frau Abgeordnete!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ich kann Ihre Ungeduld total nachvollziehen, aber ich habe die Initiative erst gestern unterzeichnet. Ich freue mich über Ihr Interesse und bin mir sicher, dass wir noch sehr viel Gelegenheit haben werden, hier gemeinsam über die Fortschritte zu sprechen. Wir haben gestern in unserer Vereinbarung dokumentiert, dass wir in einem Jahr eine Evaluation machen wollen. Das ist bereits mit installiert. Ich freue mich sehr, dass wir das Thema Frauen in Führungspositionen nicht nur auf der Bundesebene im Zusammenhang mit der Frage debattieren, ob wir eine Quote brauchen oder nicht, sondern es war mein Anliegen, dass wir es auch ganz konkret in Berlin angehen: Wie sieht es eigentlich in Berliner Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen und Chancengleichheit bei der beruflichen Weiterentwicklung aus? Deshalb ist mir solch eine konkrete Initiative in Berlin sehr wichtig. Ich freue mich, dass die IHK diese Idee sofort mitgetragen hat und wir gestern einen Start hingelegt haben. Jetzt geht es darum, viele Unternehmen zu gewinnen, die mitmachen. – Frau Abgeordnete, helfen Sie uns einfach dabei!

Vielen Dank! – Als Nächste Frau Kollegin Bangert von den Grünen.

Frau Senatorin Kolat! Es ist ja schön, dass Sie jetzt in der freien Wirtschaft die Frauen in Führungspositionen befördern. Meine Frage geht aber an den Senat, denn heute stand im „Tagesspiegel“, dass Ihnen die geschlechterparitätische Besetzung der Aufsichtsräte in den Unternehmen mit Landesbeteiligung durcheinanderkommt, die Quote hat sich drastisch gesenkt, weil es der rot-schwarze Senat nicht vermocht hat, mehr Frauen in Senatorinnen- bzw. Staatssekretärinnenpositionen zu bringen. Was gedenken Sie zu tun, damit Sie die nach dem Landesgleichstellungsgesetz gebotene geschlechterparitätische Besetzung der Aufsichtsräte einhalten?

[Beifall von Martina Michels (LINKE)]

Frau Senatorin!

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Wir haben in der letzten Legislaturperiode tatsächlich einen Riesenerfolg bei der Besetzung der Aufsichtsräte gehabt, 42 Prozent Frauen. Der Senat wird sehr darauf achten, dass wir hier keinen Rückschritt haben werden.

[Martina Michels (LINKE): Er ist aber schon da!]

(Senatorin Dilek Kolat)

Das ist ein großes Thema im Senat, wenn es um Benennungen geht. Einige Benennungen sind an Funktionen gebunden. Diese Funktionen sind an Geschlechter gebunden. Aber wir haben uns im Senat zum Ziel gesetzt, dass wir dann, wenn die Parität zu kippen droht, über die Benennung von weiteren Funktionen den Ausgleich herstellen. Was in dem System nicht geht, ist, dass wir mit einem Schlag sozusagen die Parität herstellen. Wir können nur mit Nachbenennungen die Parität wieder herstellen. Das haben wir im Blick, das gibt uns das LGG vor. Auch politisch wollen wir die Parität in diesem Bereich auf jeden Fall voranbringen. Da können Sie sich sicher sein, dass es ein wichtiges Thema für den gesamten Senat ist.

Vielen Dank!

Wir kommen dann zu Frage 4 des Kollegen Hakan Taş zum Thema

Wowereits Bekenntnis zu einer humanitären Asylpolitik und Flughafenknast am BER – wie geht das zusammen?

Herr Kollege, bitte schön!

Ich frage den Senat:

1. Wie steht der Regierende Bürgermeister zu dem Beschluss des Brandenburger Landtags vom 23. Februar 2012, welcher die Landesregierung auffordert, sich für einen Verzicht auf den Bau eines Flüchtlingsgewahrsams am Flughafen BER und für eine Abschaffung des Flughafenasylverfahrens einzusetzen, und wird der Berliner Senat ebenfalls in dieser Hinsicht aktiv werden?

2. Steht der Regierende Bürgermeister nach wie vor zu seiner Unterschrift unter die gemeinsame Erklärung der Bürgermeister und Stadträte europäischer Städte zur gemeinsamen Asylpolitik in der Europäischen Union, und wenn ja, wie ist die darin genannte Forderung, die Asyl- und Einwanderungspolitik müsse einen Beitrag leisten, soziale Ausgrenzung zu bekämpfen und Integration zu fördern, mit dem Flughafenasylverfahren vereinbar?

Vielen Dank! – Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Beschluss des Brandenburgischen Landtags wird von mir durchaus positiv betrachtet, weil er zweierlei berücksichtigt: einerseits die bestehende

Gesetzeslage und andererseits eine politische Debatte, die zu einer Veränderung des § 18a des Asylverfahrensgesetzes beitragen soll. Und das ist wohl unterschieden, denn neben der generellen Aufforderung an die Landesregierung, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, ist in Punkt 3 des Beschlusses die Realität mit abgebildet, die lautet, bei der Errichtung, der Einrichtung und dem Betrieb der Unterkunft alle Möglichkeiten zu nutzen, die Unterbringungssituation für die dort Untergebrachten so gut wie möglich gestalten. Das heißt, dass der Brandenburgische Landtag davon ausgeht, dass aufgrund der bestehenden Gesetzeslage diese Unterkunft dort errichtet wird.

Der Berliner Senat ist in keiner Phase des Verfahrens daran beteiligt. Es handelt sich hier um eine bundesgesetzliche Regelung, und auf Anforderung ist die Flughafengesellschaft verpflichtet, diese Unterkunftsmöglichkeit zu ermöglichen, und das zuständige Land Brandenburg muss die Kosten dafür übernehmen. Insofern ist die Position Berlins überhaupt nicht maßgeblich.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Wie ist das an anderen Flughäfen?]

Bei anderen Flughäfen ist die Situation ähnlich. Herr Lux! Am Flughafen Schönefeld gibt es zurzeit schon eine Einrichtung. In Tegel hat es keine gegeben, aber in Schönefeld war sie. Es gibt sie nicht an allen, aber an mehreren Flughäfen in Deutschland. Und wie gesagt, der Flughafenbetreiber ist nicht in der Lage, sich zu verweigern und zu sagen: Diese Einrichtung wollen wir nicht haben.

Insofern glaube ich, dass es gut ist, dass wir die Fragen eines humanen Asylverfahrens weiter miteinander diskutieren, dass auch Initiativen ergriffen werden, auf der Bundesebene andere gesetzliche Regelungen zu schaffen. Aber bis das umgesetzt ist, muss selbstverständlich aufgrund der jetzigen Gesetzeslage gehandelt werden. Und so wird sich der Senat auch verhalten. Wie gesagt, er hat keine direkte Kompetenz. Falls dazu aufgrund der Initiative von Brandenburg oder anderen Ländern eine Debatte im Bundesrat geführt wird, werden wir im Rahmen der Koalitionsvereinbarung unser Abstimmungsverhalten festlegen.

Zu Ihrer Frage 2: Die in der gemeinsamen Erklärung der Bürgermeister und Stadträte europäischer Städte enthaltenen Erwägungen für eine starke Rolle der Städte in einer gemeinsamen Asylpolitik der Europäischen Union aus dem Jahr 2003 sind nach wie vor aktuell. Auch ich fühle mich nach wie vor den dort enthaltenen Prinzipien verpflichtet. Das Flughafenasylverfahren wird in dieser Erklärung nicht thematisiert, aber selbstverständlich können Sie aus dem Geist dieser Erklärung heraus auch dieses Thema dort subsumieren. Und dann müssen die richtigen Schlüsse getroffen werden.

Vielen Dank! – Eine Nachfrage des Kollegen Taş – bitte schön!

Sehr geehrter Herr Wowereit! Können Sie sich denn vorstellen, eine diesbezügliche Bundesratsinitiative tatsächlich von Berlin aus zu unterstützen?

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Und wenn nicht, warum nicht?]

Herr Abgeordneter! Herr Präsident! Ich kann mir das vorstellen. Ich habe aber darauf verwiesen: Wir sind nicht in einer Alleinregierung, sondern haben einen Koalitionspartner.

[Uwe Doering (LINKE): Der macht doch sicher mit!]

Der hat in diesen Fragen durchaus nicht unwesentlich von denen der Sozialdemokratie abweichende Meinungen. Wir haben versucht, diese Themen in der Koalitionsvereinbarung zu regeln. Dieser Punkt ist dort nicht aufgenommen. Insofern wird es dann ein Thema, wenn der Bundesrat sich damit beschäftigt.