Ich habe die schlichte Frage, warum Sie nicht das, was Sie heute beantragen, bereits 2005 in das Sparkassengesetz hineingeschrieben haben. Sie hatten damals die Möglichkeit, das Sparkassengesetz zu ändern und das Konto für jedermann rechtssicher hineinzubringen. Warum haben Sie das damals nicht festgeschrieben?
[Beifall bei den Grünen – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Das haben wir Ihnen schon einmal erklärt!]
Das ist genau das, was Kollege Lederer uns gerade erläutert hat. Sie hätten ihm zuhören sollen. Wir waren auch nicht frei darin, was wir in das Sparkassengesetz hineinschreiben, wenn wir dem Erfordernis des diskriminierungsfreien Verkaufs noch nachkommen wollten.
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von den Grünen: Lüge! – Weitere Zurufe von den Grünen]
Der Weg, den uns die EU vorgibt, ist tatsächlich ein schmaler Grat, auf dem wir wandeln müssen, um das rote Sparkassen-„S“ hier in Berlin so weit wie möglich zu erhalten und trotzdem diese Vorgaben zu erfüllen. Ich erinnere daran, dass wir nicht freiwillig, sondern durch Missmanagement in diese Lage gekommen sind. Im Jahr 2001 hätten viele – und zwar gerade im grünen Umfeld – die Bankgesellschaft einschließlich der Sparkasse am liebsten gegen die Wand fahren lassen. Wenn wir das gemacht hätten, brauchten wir jetzt nicht mehr über den Erhalt der Sparkasse zu reden.
Aber diese Koalition hat klaren Kopf behalten und für die Sparkasse eine Existenzmöglichkeit geschaffen. Herr Vetter und sein Team haben hervorragende Arbeit geleistet, und deshalb können wir jetzt überhaupt darüber reden, eine Sparkasse für Berlin zu erhalten.
Dass noch ergänzend Bedingungen festgehalten sind, die der Senat bei seinen Verhandlungen in einem öffentlichrechtlichen Vertrag mit dem potenziellen Erwerber berücksichtigen soll, ist eine Willensbekundung des Abgeordnetenhauses und steht im Einklang mit den Erfordernissen des diskriminierungsfreien Verkaufs.
Aber es wird auch immer wieder sehr genau darauf geachtet, dass wir uns an diese Bedingungen halten. Wir halten uns daran, und wir werden dabei zu einem guten und für Berlin sehr erfreulichen Ergebnis kommen, bei dem wir sogar noch einen guten Teil der Risikoabschirmung aus dem Verkaufserlös tragen können. Das hätten wir vor wenigen Jahren noch nicht erwarten können. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Es stellt sich die Frage, welcher Herr Jahnke hier vor vier Wochen geredet hat. Gibt es zwei Jahnkes – oder wie oder was?
Herr Jahnke! Vor vier Wochen haben Sie hier vor dem Plenum gesagt, es sei von zentraler Bedeutung und völlig richtig, dass das Konto für jedermann und jede Frau – wie von Bündnis 90/Die Grünen gefordert – in dieses Sparkassengesetz gehört und gesetzlich abgesichert werden muss,
[Christian Gaebler (SPD): Nein, das hat er nicht gesagt! – Joachim Esser (Grüne): „Gesetzgebungsverfahren“ hat er gesagt! – Frank Jahnke (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
und heute erzählen Sie uns, das sei gar nicht möglich gewesen und das hätten Sie schon 2005 gewusst. Schlimmer kann es nicht sein. Schneller kann man sich selber nicht zum Idioten machen.
Wenn Sie genau zugehört hätten, hätten Sie mitbekommen, dass ich gesagt habe, Ihr Anliegen, so viel Sparkasse wie möglich für Berlin zu erhalten, sei berechtigt. Ob wir es nun in dieser Form machen oder in der Form, wie Sie es wünschen – mit einem Gesetzgebungsverfahren, wie Sie jetzt wieder zitieren –, ist eine andere Frage. Sehen Sie auch, dass unser Antrag genau diese Punkte beinhaltet, die ich hier vor vier Wochen angeschnitten habe?
Ich sehe, dass Ihr Antrag wirkungslos bleibt, und unser Antrag, es in das Gesetz zu bringen, der einzig mögliche Weg ist, um das Konto für jedermann zu sichern.
Herr Lederer, zu Ihnen komme ich sofort! Sie können sich noch einen Moment gedulden. Wir konnten heute alle dem „Neuen Deutschland“ Ihre Aussage entnehmen, dass linke Politik knallhart sein und sich gleichzeitig an der Realität orientieren solle.
[Beifall bei der Linksfraktion – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Aber ja! – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Das wussten wir schon immer. Aber damit haben Sie es nun überzogen. Es ist vielmehr richtig, was Senator Sarrazin zu Ihrem tollen Antrag, der heute vorliegt, gesagt hat: Dieser Beschluss ist ein Beschluss ohne operative Wirkung. –
[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Was ist der Unterschied zwischen einem Gesetz und einem Vertrag? Sie haben wohl Angst vor Zwischenfragen?]
Wenn Sie das unter linker Politik verstehen, die knallhart ist – ein solcher Antrag, der in der Sache nichts ändern wird, und wo heute definitiv klar ist, dass es kein Konto für jedermann geben wird –, muss ich sagen: Gute Nacht für die Linkspartei – PDS!
Dieser Antrag ist nur gut für den PDS-Parteitag. Er taugt vielleicht noch für die Koalition nach außen hin als Argument, um unseren Antrag zur Änderung des Sparkassengesetzes abzulehnen, aber im Kaufverfahren wird er definitiv keine Wirkung entfalten. Er ist irrelevant und ein Beschluss ohne operative Wirkung. Weil wir dem Antrag in seinen inhaltlichen Punkte zustimmen, aber dieser Antrag wirkungslos ist, werden wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten.
Herr Rechtspolitiker Lederer! Die Diskussion in den Ausschüssen hat eines deutlich gemacht: Offenbar befinden wir uns in einer Situation, wo jeder alles behaupten kann, aber von Rechtssicherheit keine Spur. Es gibt weder etwas Schriftliches darüber, was unter einem diskriminierungsfreien Verkauf genau zu verstehen ist und welche Kriterien dafür erfüllt werden müssen, noch gibt es eine schriftliche Fixierung des sogenannten Kompromisses zwischen der EU-Kommission und der Bundesrepublik Deutschland. Deswegen kann man daraus nur eine klare Konsequenz ziehen: Die einzige Möglichkeit, in diesem rechtsunsicheren Raum noch etwas rechtssicher zu fixieren, ist die Änderung des Sparkassengesetzes des Landes Berlin. Darin haben wir eine eigene Kompetenz. Alles andere ist im Fluss und offen. Deswegen sollten wir diese Änderung vornehmen, wenn uns das wirklich ein Anliegen ist. Wenn Sie das nicht wollen, müssen Sie dem nicht zustimmen, aber erzählen Sie bitte keinen Unsinn! Sagen Sie nicht, dass Sie es irgendwie wollen, während Sie es faktisch nicht tun!
In der Debatte wurden von Ihnen insbesondere noch zwei Argumente gegen unseren Antrag bemüht, die ich im Folgenden würdigen möchte: Erstens sei es zu spät, das Sparkassengesetz zu ändern, und zweitens – insbesondere von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, von Herrn Wolf und Herrn Strauch vorgetragen – sei eine gesetzliche Verankerung des Kontos für jedermann überflüssig, denn es gebe eigentlich gar kein Problem. Herr Jahnke hat noch gesagt, das ginge gar nicht und man dürfe das gar nicht hineinschreiben. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft hat uns hingegen gesagt, es sei möglich, aber gar nicht nötig und überflüssig. So toll argumentieren Sie vor diesem Hause.
Kommen wir zu dem ersten Argument, wonach man das Sparkassengesetz jetzt nicht mehr ändern könne, weil es zu spät sei. Mit Verlaub, meine Herren: Das ist absurd. – Erstens hat das richtige Bieterverfahren noch gar nicht angefangen. Zweitens war es meine Fraktion, die den Antrag direkt nach dem verkündeten Kompromiss eingebracht hat. Drittens waren Sie es, meine Damen und Herren von der Koalition, die nicht wussten, wie Sie mit unserem Antrag umgehen sollten und noch mehrere Wochen gebraucht haben, bis Sie diesen blödsinnigen Antrag zusammen hatten.
Das ist der einzige Grund, warum wir erst heute über diesen Antrag beratschlagen können und die Frist verstrichen ist. Das ist nicht unsere, sondern Ihre Schuld.
Ich komme noch einmal zum entscheidenden Punkt und damit zu dem Konto für jedermann. Das ist unsere sozialpolitische Forderung, dies entsprechen zu verankern. Dazu hat Herr Sarrazin gestern auch wahre Worte gefunden. Er sagte:
Frau Paus, es geht gar nicht um die Sache. Es ist doch völlig klar: Wenn wir es hineinschrieben, wäre es wertvernichtend.
Darum geht es eigentlich. Auch Sie haben Angst davor, dass es womöglich etwas kosten würde. Zu argumentieren, es gäbe kein Problem, ist wirklich nicht richtig.
Die Wahrheit im Land Berlin ist, dass die Zahl der Privatinsolvenzen hoch und in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Die Leute werden dadurch zusätzlich in die soziale Krise hineingeworfen, weil sie den Alltag nicht mehr bewältigen können, wenn sie keinen Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr haben. Sie können die Telekomrechnung nicht überweisen und können die Stromrechnung nicht bezahlen.