Protocol of the Session on February 17, 2011

Herr Esser! Sie haben hier einige Fragen gestellt, auf die ich hier gerne eingehen möchte. Sie haben angefangen mit der Frage nach den Wohnungen, wie wir es denn machen wollen. Ja, es ist sehr kompliziert und sehr komplex, weil es in diesen Fonds Minoritätenrechte gibt, und die Herauslösung ist nicht einfach, weil wir nicht die hundertprozentige Handlungsfähigkeit über diese Fonds haben. Das ist das, was Sie angesprochen haben. Aber sich hinzustellen und zu sagen, es gibt gar keine Lösung, gar nichts ist möglich,

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

natürlich gibt es Möglichkeiten. Was hätte denn der Investor gemacht, frage ich Sie.

[Zurufe von Joachim Esser (Grüne) und Mario Czaja (CDU)]

Der Investor hat eine Menge Geld in die Hand genommen, richtig! Sie haben die Antwort schon selber geliefert. Herzlichen Dank, Herr Esser!

[Zurufe von den Grünen]

Also die restlichen sozusagen Minoritäten auch dort rauszukaufen! Wir haben für die Fondsrückkäufe 1,8 Milliarden Euro aus der Rücklage bezahlt. Das heißt, wir müssten dann von den restlichen Mitteln auch etwas Geld in die Hand nehmen und auch die restlichen Anteile zurückkaufen, um dann hundertprozentige Handlungsfähigkeit in diesem Fonds auch zu haben. Das ist die Antwort auf Ihre Frage, was die Wohnungen angeht.

[Zurufe von den Grünen]

Zweite Antwort: Sie haben das wahrscheinlich auch schon mitbekommen, aber Sie tun hier so, als ob Sie davon nichts mitbekommen haben. Der Herr Finanzsenator hat alle Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaften eingeladen.

[Zurufe von den Grünen – Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

Es geht darum, sich diese Berliner Wohnungsbestände anzuschauen: Sind sie für unsere städtischen Wohnungsbaugesellschaften von Interesse, sowohl strategisch als auch wirtschaftlich? Diese Prüfung findet statt, Herr Esser, nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

[Matthias Brauner (CDU): Hätten Sie seit zehn Jahren machen können!]

Natürlich werden wir uns dann auch mit den Ergebnissen hier auseinandersetzen, ob eine Übertragung in welcher Form auch möglich ist. So weit zu den Wohnungen!

Die BIH, Herr Esser, Sie haben ja wirklich Sachkenntnisse, aber eines blenden Sie immer aus, ich weiß nicht warum, aber das blenden Sie aus: Einige von diesen Fonds sind notleidend, das wissen wir. Der Herr Finanzsenator sagt immer, die können ihre Kredite nicht abzahlen, wir müssen was reingeben. Aber neben diesen notleidenden Fonds haben wir auch noch andere Fonds, die nicht notleidend sind. Da muss man gucken: Gibt es Ausschüttungspotenzial? – Und was Sie immer ausblenden, ist, sich die BIH als Gruppe anzuschauen, unabhängig von den Fonds. Wie viel an stillen Reserven gibt es da? Ich kann Ihnen nur empfehlen, öffnen Sie den Geschäftsbericht von 2009 – 2010er-Zahlen müssen wir uns auch angucken –, aber da gibt es Liquidität. Das wird nicht reichen, alles in Zukunft abzudecken. Deswegen verstehe ich auch den Herrn Senator, aber so zu tun, als ob in der BIH gar keine stillen Reserven gibt, ist einfach ein Ausblenden der Realität.

Zum Abschluss: Sie sind mir leider die Antwort schuldig geblieben, Herr Esser, Sie können Fragen stellen, das ist

auch Ihr gutes Recht, aber Sie sind auch in der Pflicht, nachdem Sie all die Antworten vom Herrn Senator haben, sind Sie auch in der Antwortpflicht, wie wichtig für Sie eigentlich die Transparenz und die Wohnungen und Mieterinnen und Mieter, um die es geht, sind. Dazu haben Sie nämlich gar nichts gesagt.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Herr Esser, zur Beantwortung, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Frau Kolat! Fangen wir mal mit der Liquidität an! Alle Fonds waren am Anfang natürlich mit einer Liquiditätsreserve ausgestattet.

[Dilek Kolat (SPD): BIH, nicht Fonds!]

Alle Fonds waren mit einer Liquiditätsreserve ausgestattet. An die kommen Sie auch nicht einfach ran. Und die können Sie auch nicht in eine BIH-Liquiditätsreserve umdefinieren.

[Dilek Kolat (SPD): Warum kommen wir da nicht ran?]

Weil die auch ein Teil der prospektierten Zusage ist und genauso in den Fonds garantiert ist! In den Fonds ist garantiert, dass nach der prospektierten Einnahme- und Vermögenssituation verfahren wird. Das ist das Wesen dieser Risikoabschirmung. Sie können dann vielleicht irgendeinen Beschluss fassen, Sie nehmen was aus der Liquidität raus. Da die z. T. aber dazu da ist, die Kredite der Fonds zu bedienen, müssen Sie dann aus dem Landeshaushalt das gleiche Geld praktisch wieder zuführen, um die Kredite zu bedienen. Sie schieben praktisch liquide Mittel hin und her, aber Sie haben unterm Strich natürlich keinen einzigen Euro mehr oder weniger, egal wie Sie das buchen.

[Zuruf von Dr. Andreas Köhler (SPD)]

Insofern gucken Sie da meiner Ansicht nach ein bisschen oberflächlich hin. Dann könnte noch sein, dass durch die Gelder, die in die BIH geschoben worden sind, die BIH, sagen wir mal, in diesem oder im nächsten Jahr in der Lage ist, sich z. T. aus eigenen Mitteln daran zu beteiligen,

[Zuruf von Dilek Kolat (SPD)]

dieses Milliardenproblem der Risikoabschirmungskosten zu bezahlen. Das mag sein. Das wird aber den Haushalt um eine enorme dreistellige Millionensumme überhaupt nicht herumbringen, für die Sie keine einzige Idee haben, wo man die denn einsparen soll. Sie werden sich dann von der Regierung verabschieden und uns das überlassen, das an der Schule oder sonstwo abzuziehen, um sich dann hinzustellen und zu sagen, wir seien ein asozialer Verein.

[Zurufe von der SPD – Gelächter bei der SPD]

Das ist die Art, wie Sie sich das vorstellen. Das haben Sie sich nicht im Geringsten zu Ende überlegt. Besonders hübsch finde ich natürlich die Nummer: Ja, ich, Dilek Kolat, kaufe die restlichen Anteilseigner raus. – Nach den bisherigen Quoten müssen Sie gut 200 Millionen auf den Tisch legen. Haben Sie die Zeichner mal gefragt, ob sie 400 Millionen wollen? Würde ich mal annehmen, ist das Mindeste.

[Zuruf von Dilek Kolat (SPD)]

Vielleicht sind es auch 500 Millionen. Die würden Sie alle bezahlen? Ich sage Ihnen mal, dazu sagen das Risikoabschirmungsgesetz und die Landeshaushaltsordnung: Njet. Solche Sachen machen wir nicht. Und das finde ich auch moralisch völlig korrekt. Wenn Sie glauben, das so werden machen zu können, ist Ihre ideologische Drehleiter im eigenen Kopf schon so weit gegangen, dass Sie sich jeder Erpressung von diesen Leuten beugen,

[Zurufe von der SPD]

bloß damit sie angeblich nachher einen Weg hätten, an eine Wohnung zu kommen, die Sie dann nicht mehr bezahlen können, –

Herr Esser! Die drei Minuten sind um.

weil Sie ein völlig unmoralisches Angebot von Erpressern angenommen haben. Dann tun Sie mir echt leid. Dann haben Sie jede moralische Qualität verloren, mit uns hier über die Art und Weise, wie man dieses Bankendesaster bewältigt, noch zu diskutieren.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Kollege Esser! – Das Wort für die Linksfraktion hat die Abgeordnete Matuschek.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wirklich skandalös fand ich tatsächlich, Herr Brauner, Ihren Beitrag. Sich hier hinzustellen und zu schwadronieren, dass Rot-Rot eine Milliarde mehr oder weniger nicht wert sei,

[Christoph Meyer (FDP): Eine Milliarde sind Sie nicht wert!]

und damit völlig zu ignorieren, dass wir die vielen Milliarden Kapitalvernichtung in der Bankgesellschaft alle zu tragen haben! Das Land Berlin trägt diese Kapitalvernichtung, die Ihr Landowsky, das CDU-System Diepgen zu verantworten hat. Und Sie tun hier im Stil jungfräulicher Unbeflecktheit, als hätten Sie damit nichts zu tun. Das fand ich skandalös!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Sie haben bis heute nicht begriffen, dass der ganze Berliner Bankenskandal – und er ist eben noch nicht beendet – in erster Linie von Ihrer Partei zu verantworten ist.

[Mario Czaja (CDU): Na klar! Ausschließlich!]

Die SPD war auch beteiligt – aber dazu komme ich noch. Es war ein Diepgen-Senat, der die Gründung der Bankgesellschaft vorantrieb. Es war ein Klaus-Rüdiger Landowsky, der in unverantwortlicher Verquickung von politischem Mandat und seiner Tätigkeit in der Bankgesellschaft private Risiken aus Bankgeschäften und öffentliche Sicherungsmechanismen aus dem Landeshaushalt verknüpfte. Auch wenn dies alles juristisch nicht strafbewehrt war, die politische Schuld, Herr Brauner, bleibt bei der CDU und bleibt bei ihr haften.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Im Übrigen hat Ihre Fraktion – das haben Sie heute hier gezeigt – selbst überhaupt keinen Plan, wie mit den Hinterlassenschaften umzugehen ist. Und Sie vermeiden im Übrigen auch jedes Wort, ob Sie den Verkauf der BIH noch für richtig halten – darüber gab es schon mal Konsens – oder nicht und was dann, und wenn verkauft werden soll, zu welchen Bedingungen. Darüber schweigen Sie.

Am 8. Februar hat der Senat den Verkauf der BIH vorläufig abgesagt, und das, obwohl alle vom Abgeordnetenhaus formulierten Bedingungen durch den Vertrag erfüllt worden wären, nämlich dass der Investor tatsächlich das Land von den Risiken freistellt, dass die Möglichkeit bestanden hätte, Wohnungsbestände in Berlin den landeseigenen Wohnungsgesellschaften anzubieten. Außerdem hätte der Investor – das ist ganz wichtig – 500 Millionen Euro Eigenkapital eingebracht, was dringend nötig ist, um die Differenz zwischen den Wertbestandteilen der Fondsinhalte und den darauf lastenden Kreditbelastungen zu minimieren. Damit hätte das Kapitel Bankgesellschaft tatsächlich beendet werden können.

[Christoph Meyer (FDP): Vorläufig!]

Es war ein guter Vertrag. Er war besser als alles, was wir bisher in dieser Beziehung bereits auf dem Tisch hatten. Aber – und das ist heute schon mehrfach gesagt worden – letztendlich geht es um eine politische Entscheidung, ob man diesen Vertrag realisiert. Die politische Entscheidung hat der Senat getroffen, und wir teilen diese Entscheidung. Wenn die Transparenz über alle Vertragsbestandteile, über die gesamte Eigentümerstruktur und Risikokette nicht hätte dargestellt werden können, wie es die Berlinerinnen und Berliner von uns zu Recht erwarten, wenn diese Transparenz und Offenheit mit dem öffentlichen Akteur Land Berlin durch den privaten Investor nicht bis ins Letzte zu vereinbaren gewesen ist, dann kann die politische Entscheidung nur heißen, diesen Vertrag nicht zu vollziehen. Das ist die politische Entscheidung, die am Ende steht, und sie war richtig.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Jetzt Herrn Nußbaum vorzuwerfen, dass er gar nicht die ganzen Millionen hätte anfassen dürfen, um einen solchen Vertrag vorzubereiten, ist nun wirklich obskur.