Protocol of the Session on February 17, 2011

Jetzt Herrn Nußbaum vorzuwerfen, dass er gar nicht die ganzen Millionen hätte anfassen dürfen, um einen solchen Vertrag vorzubereiten, ist nun wirklich obskur.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein! Keine Zwischenfragen! – Herr Nußbaum hat im Interesse und im Auftrag des Landes und des Abgeordnetenhauses im Besonderen gehandelt. Da war alles mit zu bedenken, alle Vertragsdetails, aber schließlich hat der Senat die letzte Entscheidung zu treffen.

Liebe Freunde von den Grünen! Ihr wärt doch die Ersten gewesen, die bei einer wie auch immer gearteten Vertragsunterzeichnung verlangt hätten, dass alle diese Verträge sofort hätten veröffentlicht werden müssen. Ihr wärt zum Verfassungsgericht oder sonst wohin gerannt oder hättet den nächsten Volksentscheid in Gang gesetzt. Wir hätten diesen Vertrag von Euch um die Ohren gehauen bekommen, wenn wir ihn hätten unterzeichnen wollen und ihn nicht so hätten offenlegen können, wie wir es für nötig erachten.

[Martina Michels (Linksfraktion): So ist es!]

Jetzt tut doch nicht so, als wäre es andersherum!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Natürlich hat die Nichtunterzeichnung einen bitteren Beigeschmack, weil im Übrigen auch im Vorfeld Ängste geschürt, Vermutungen und Halbwahrheiten kolportiert wurden und bei einigen Akteuren entweder die Klarheit über die Zusammenhänge oder der Mut, dieses düstere Kapitel Berliner Politik zu beenden, fehlten. Leider ist es so, dass einfache Unterstellungen komplexe Entscheidungen verhindern. Leider ist es tatsächlich schwer zu verstehen, dass die Wohnungen in diesen Fonds nicht Berlin gehören. – Frau Kolat! Das Einzige, was Berlin in diesem Zusammenhang gehört, sind die Schulden, die auf diesen Wohnungen lasten.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Michael Schäfer (Grüne)]

Deswegen muss ich auch noch mal daran erinnern, was wir hier für eine Geschichte aufzuarbeiten haben. Sie begann 1993 mit der Gründung der Bankgesellschaft. In diesem Zusammenhang will ich vier Namen nennen: Diepgen, Landowsky habe ich schon genannt, aber auch Staffelt und Nagel muss man nennen. In dieser Bankgesellschaft wurden Geschäfte getätigt, die private Banken nie gemacht hätten, weil sie unrentabel und unwirtschaftlich waren und nach wie vor unwirtschaftlich sind – gerade in den Fondsgeschäften. Diese konnten von der Bankgesellschaft nur getätigt werden, weil am Ende der Haftungskette die öffentliche Hand stand. Diese Sorglosfonds

wären privatwirtschaftlich nie und nimmer aufgelegt worden – aber wir haften immer noch dafür!

Das war auch der Grund, weswegen das Abgeordnetenhaus 2002 das Gesetz zur Übernahme der Risiken beschlossen hatte, übrigens nachdem schon 2001 1,7 Milliarden Euro direkte Kapitalzuführung aus dem Landeshaushalt notwendig waren. Bei der damaligen Entscheidung am 9. April 2002 hat Herr Wolf, damals Fraktionsvorsitzender meiner Fraktion, gesagt:

Was wir hier beschließen müssen, ist abartig. Es ist pervers, dass das Land Berlin für derartige Geschäfte in die Haftung treten muss. Aber die Alternative wäre noch um ein Vielfaches schlimmer.

Bei dieser Beratung gab es im Übrigen in diesem Haus einen großen Konsens darüber, dass bei diesen Immobiliendienstleistungsgeschäften der Bankgesellschaft vom Land Berlin die Garantien übernommen werden müssen, dass diese Garantie bis maximal 21,6 Milliarden Euro beträgt, dass die IBB herauszulösen ist und die Bankgesellschaft verkauft werden muss. Übrigens war der Verkauf der Bankgesellschaft letztlich auch eine Auflage der EU-Kommission, wenn ich daran erinnern darf.

Die damalige Alternative hieß: Insolvenz der Bankgesellschaft. Manche haben schon vergessen, was so eine Insolvenz bedeutet, aber die Lehman-Bank hat uns vor Augen geführt, was daraus entstehen kann.

[Christoph Meyer (FDP): Ja, genau! Systemrelevant!]

Ja, natürlich! – Wir haben die Risiken übernommen und damit die Bankgesellschaft erhalten. Das war keine Angstreaktion vor Ungewissheiten und auch keine Auffangentscheidung für die Hinterlassenschaften von Landowsky und Co., sondern die einzig richtige Entscheidung, um das Finanz- und Wirtschaftssystem Berlins und der ganzen Region zu erhalten und enorme Verwerfungen, die Berlin über Jahrzehnte hinweg in seiner wirtschaftlichen Substanz geschädigt hätten, zu verhindern. Dass wir das so gemacht haben, ist ein Verdienst und ein Erfolg der rot-roten Koalition und keines anderen sonst.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

2002 war klar, dass das Land Berlin als Bankeigentümer gescheitert war, weil es eben gerade das Immobiliengeschäft nicht beherrschte.

Es gab noch den Verkauf der Landesbank. Frau Kolat! Auch das kann man als Erfolg werten. Man kann aber auch sagen, dieser Verkauf tut weh und tut nach wie vor weh. Denn das Vermögen ging verloren. Wir haben aus dem Bankverkauf einen Erlös erzielt, den wir einzig und allein in die Schuldenübernahme aus den Hinterlassenschaften der Bankgesellschaft stecken müssen. Das ist kein gutes Geschäft für das Land. Dieser Verkauf tat weh, aber er war richtig. Letztendlich kann man sich damit trösten – und er war insofern erfolgreich –, dass dieses

Sondervermögen bis heute gereicht hat, um diese Risiken abzudecken.

Aber mit dem Abstand von nur wenigen Jahren zu der damaligen Situation sind diese Erkenntnisse offenbar schon verloren gegangen. Manche wähnen sich schon in der Wiederholung alten Größenwahns, Berlin könne doch noch mal so richtig als toller Akteur und Immobilienmogul auftreten.

Frau Matuschek! Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich bezweifele das zutiefst,

[Heiterkeit]

dass wir das könnten – nicht dass meine Redezeit abgelaufen ist, sondern dass Berlin ein echter Immobilienmogul sein könnte. Wir stehen vor großen Entscheidungen. Das ist richtig.

Das Präsidium ist allerdings einstimmig der Meinung, dass sie tatsächlich abgelaufen ist.

[Heiterkeit]

Gut! Ich darf noch den letzten Satz anbringen: Wir müssen die BIH natürlich anders aufstellen als bisher, und wir müssen uns auch über die Schadensbilanz immer wieder vergewissern. Die Schadensbilanz ist eben, dass wir weit über 5 Milliarden Euro Verlust haben, weil wir damit Schulden decken, für die wir haften müssen.

Liebe Frau Matuschek, seien Sie bitte so gut und räumen Sie für kurze Zeit das Podium! Gleich kommt eine Kurzintervention, und dann haben Sie noch einmal die Möglichkeit zu antworten.

[Heiterkeit – Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den Grünen]

Das Wort zu dieser Kurzintervention hat Kollege Brauner. – Bitte!

[Dilek Kolat (SPD): Hat wohl einen neuen Text geschrieben!]

Frau Matuschek! Ich muss es jetzt doch noch einmal tun. Sie alle – auch Frau Kolat – halten die Worte „Transparenz“ und „Glaubwürdigkeit“ hoch. Aber ich glaube, es

gibt da einen ganz entscheidenden Unterschied zwischen Ihnen und uns.

[Gelächter – Martina Michels (Linksfraktion): Genau! Bravo! – Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir haben die Konsequenz daraus gezogen.

[Martina Michels (Linksfraktion): Welche denn?]

Wir haben uns neu aufgestellt. Wir haben das Ganze von außen betrachtet. Wir haben uns verändert.

[Martina Michels (Linksfraktion): Abgewählt wurden Sie! – Christian Gaebler (SPD): Aber nur rein äußerlich!]

Auch inhaltlich, Herr Kollege Gaebler! – Wenn Sie in den Spiegel schauen – insbesondere auch die Kollegen von der SPD-Fraktion –, dann müssten Sie auch mal eindeutig sagen, dass zum Thema „Transparenz und Glaubwürdigkeit“ auch ein Stück weit Demut gehört – zumindest der eine Satz: Auch wir waren mitverantwortlich.

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP – Martina Michels (Linksfraktion): Den möchten wir von Ihnen hören!]

Der hätte Ihnen mal über die Lippen kommen müssen. Das ist Ihnen nicht über die Lippen gekommen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der Linksfraktion]

Und Kollegin Matuschek und ihre Fraktion hätten auch sagen können: Wir waren auch mitverantwortlich –

[Martina Michels (Linksfraktion): Alle anderen!]

als ehemalige PDS, als ehemalige Linke, dass die Stadt so aufgebaut werden musste. Auch dieser Satz ist Ihnen nie über die Lippen gekommen. So viel zum Thema „Transparenz und Glaubwürdigkeit“. Das haben Sie hier nicht bewiesen, obwohl Sie das die ganze Zeit vor sich hertragen. Das ist kein ordentlicher Umgang an der Stelle.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Andreas Köhler (SPD): Das war Karneval! – Christian Gaebler (SPD): Die DDR war schuld am Bankenskandal! – Weitere Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

Frau Matuschek hat das Wort zur Erwiderung. – Bitte!

Herr Brauner! Das war ja nun überhaupt nichts. Mir und meiner Partei vorzuwerfen, wir hätten den Bankenskandal verursacht, da sind Sie wirklich im falschen Film und wahrscheinlich beim Karneval.

[Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den Grünen]