Zum Verfahren: Wir selbst haben uns noch nicht entschieden, wie wir eine Enquete bewerten und uns zum Antrag von Rot-Rot stellen.
Ja, ich komme zum Ende. – Der Koalitionsantrag ist unter dem Aspekt interessant, dass fast alle Politikfelder angesprochen sind. Ich habe den Eindruck, Rot-Rot ist nicht mit der Koalitionsvereinbarung zufrieden, Rot-Rot ist nicht mit der Regierungserklärung zufrieden, sondern möchte im Jahr 2008 eine neue Regierungserklärung, die endlich zur Kenntnis nimmt, wie sich die Bevölkerung in Berlin entwickelt. Vielleicht müssen wir dies unterstützen und Rot-Rot hier endlich antreiben.
[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Unruhe bei der SPD und der Linkspartei]
Vielen Dank, Frau Eichstädt-Bohlig! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Weingartner. – Bitte schön, Herr Kollege!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute diskutieren wir zwei zeitlich versetzt gestellte Anträge zu demografischen Entwicklungsperspektiven unserer Stadt. Der zeitlich letztere ist aus unserer Sicht schon beinahe die Antwort auf handwerkliche Fehler des ersten Antrages, den die liberale Fraktion auch in dieser Form nicht mittragen wird. Er schießt schlicht über das Ziel hinaus.
Abgesehen vom statisch vorgegebenen Prognosehorizont dieses Antrages von immerhin 33 Jahren ist auch das vorgeschlagene Gremium für diesen Themenbereich aus unserer Sicht nicht das richtige Instrument. Möglicherweise käme ein Prognoseergebnis über 33 Jahre dem Griff zur großen Glaskugel hellseherisch ziemlich nahe. Einmal verkehrte Entscheidungen auf Grundlagen von unrichtigen Prognoseermittlungen getroffen, führen sie im Ergebnis zu mehr Schaden, als dass sie hilfreich oder zielführend wären.
So tagte die Enquetekommission des Bundestages immerhin von 1992 bis zum Jahre 2003 für einen Zeitraum von 47 Jahren. Das waren allein 20 % des Prognosezeitraumes. Diese Zahl ist recht bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist allerdings, dass dann im Ergebnis die Politik die Empfehlung der Kommission nicht wirklich übernommen hat.
Aktuelles Beispiel für unsere Stadt ist die Entscheidung unseres Bürgermeisters Wowereit zum Flughafen Tempelhof.
Der Beschluss wurde seinerzeit unter völlig anderen Fluggastzahlen gefasst, die fehlerhaften Prognosen in die
Zukunft fortgeschrieben und wird heute als Vehikel für einen Egotrip des Senates hochgehalten. So wird das nichts! So kommen wir nicht ans Ziel!
Die Demografie selbst ist in der Tat ein wichtiges Thema. Das ist von allen Fraktionen des Hauses richtig erkannt worden und hat als zentraler Punkt für die Zukunftsplanung auch unserer Stadt einen breiten Raum zu beanspruchen. Deshalb: Keine Enquetekommission! Keine starren Prognosehorizonte, sondern für jeden Aspekt des Aufgabenbereiches flexible Prognosezeiträume, die den jeweiligen Thematiken entsprechen und angepasst sind!
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, besonders die Kolleginnen und Kollegen der SPD und der Linkspartei! Ich möchte Ihnen für den Teil der Begründung Ihres Antrages ein ausdrückliches Lob aussprechen, in dem wörtlich formuliert ist:
In der Tat ist es so, dass seit Jahren vom kräftigen Schrumpfen Berlins, wie in dem Antrag der CDU geschrieben, keine Rede sein kann. Es gab zwischen August 2005 und August 2006 in Berlin einen Geburtenanstieg von 1,2 %, neben dem sogenannten Wanderungsgewinn zwischen Berlin und Brandenburg und den Zuzügen aus weiteren Bereichen der Bundesrepublik Deutschland und dem Ausland. In keinem der vergangenen Jahre seit 1998 war der Bevölkerungsstand in Berlin auf so hohem Niveau wie im letzten Jahr.
Ein großer Teil der würdigenswerten Aspekte dieser Thematik ist in dem neueren Antrag zusammengetragen. Endlich wird einmal davon abgelassen, ständig Pessimismus zu verbreiten, vom bevölkerungspolitischen Niedergang auszugehen und diesen dann zu beklagen, ohne aber zielorientierte Lösungsansätze einzustellen, sondern den Anschein zu erwecken, sich mit den Gegebenheiten einfach nur arrangieren zu müssen. Lassen Sie uns die Zukunft realistisch positiv bewerten! Richten wir unser Handeln danach aus! Nehmen wir die Zukunft durch richtige Prognosen für realistische Zeiträume und richtige Zielsetzungen mehr noch als derzeit in die Hand!
Aber auch im zeitlich letzteren Antrag ist so manche Fußangel eingebaut, über die es noch zu diskutieren gilt: Fördern oder Schwerpunkte setzen? Ja, aber wie und in welchem Feld mit welchen Schwerpunkten? Mit welchen Zielsetzungen soll was womit für unsere Stadt erreicht werden? – Das ist auch in diesem Antrag nicht klar herausgearbeitet.
Zum Schluss die Divergenz aus beiden Anträgen: Enquetekommission versus Auftrag an den Senat. Aus den Medien war zu entnehmen, dass viele Berlinerinnen und Ber
liner den Eindruck gewonnen haben, unser derzeitiger Senat nimmt noch immer Anlauf, um mit der Arbeit zu beginnen. Vielleicht hat er auch Schwierigkeiten, welche zu finden. Helfen wir doch diesen Kolleginnen und Kollegen, diesem Eindruck entgegenwirken zu können!
Damit beende ich an dieser Stelle zwangsweise meinen Vortrag. Nur ein Schlusssatz: Geben wir diesen Arbeitsauftrag nach Beratung im Ausschuss mit präzisen Zielvorgaben dem Senat! Sehen wir uns dann sein Konzept an! Auch daran, meine Damen und Herren von der Regierung, werden die Bürger Sie am Ende messen können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Der Ältestenrat empfiehlt zu beiden Anträgen die Überweisung federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr und mitberatend an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Das ist der ehemalige Tagesordnungspunkt 27. – Zur Beratung steht den Fraktionen nach der Geschäftsordnung eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der CDU. – Bitte, Herr Braun!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor zwanzig Jahren hielt der damalige amerikanische Präsident Ronald Reagan seine legendäre Rede am Brandenburger Tor. Er rief:
Viele, insbesondere führende westdeutsche Sozialdemokraten, hielten ihn für naiv. Zur Erinnerung: Gleichzeitig verhandelten Sozialdemokraten der Bundesrepublik und die SED-Bonzen ein gemeinsames deutschlandpolitisches Papier mit dem Ziel, die DDR-Staatsbürgerschaft anzuerkennen. Gut zwei Jahre später wurde Ronald Reagans Vision Wirklichkeit.
Nachdem Hunderttausende Menschen in vielen Städten der damaligen DDR auf den Montagsdemonstrationen skandierten: „Wir sind das Volk! Wir sind ein Volk!“, wurde auch für die sogenannten Realpolitiker Westdeutschlands deutlich, wie morsch der SED-Unterdrückungsapparat tatsächlich war. Die Öffnung der Mauer, ahnungslos dahingeschwatzt vom SED-Propagandisten Günter Schabowski,
war dann nur noch der letzte Akt im Trauerspiel der DDR-Führungsriege. Die Stimmung kurze Zeit später: bloß weg mit der Mauer! – Sie werden sich erinnern, dass jeder Teilabriss feierlich begangen wurde.
Jetzt, fast 18 Jahre später, fragen viele Menschen nach der Mauer, wo sie stand, warum sie so lange stand und – vor allem – wie sie die DDR-Kader an der Macht hielt. Seit wenigen Jahren gibt es nicht nur in Berlin, sondern in der gesamten Republik eine Diskussion, wie die Berliner Mauer im Stadtbild und im Bewusstsein wieder deutlich und sichtbar gemacht werden kann.
Der Senat hat unter der Ägide des inzwischen geschassten Kultursenators Flierl ein Konzept vorgelegt,