Protocol of the Session on April 22, 2010

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt geht es mit einer Frage des Kollegen Klemm von der Linksfraktion weiter, und zwar zu dem Thema

Berliner Potenziale

Bitte schön, Herr Klemm!

Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat die jüngste McKinsey-Studie über die Wirtschaftsperspektiven Berlins bis zum Jahr 2020, die Berlin erhebliche Potenziale bescheinigt und die Möglichkeit der Entstehung von bis zu 500 000 neuen Arbeitsplätzen sieht?

2. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Wirtschaftspolitik des Landes?

Danke schön, Herr Klemm! – Bitte schön, Herr Senator Wolf!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klemm! Der Senat teilt die Einschätzung der Studie von McKinsey, dass Berlin über erhebliche Wachstumspotenziale verfügt. Der Senat fühlt sich durch die McKinsey-Studie auch in seiner Konzentration der Wirtschaftspolitik auf drei Cluster bestätigt: die Gesundheitswirtschaft, den Bereich Verkehr und die Mobilität und die Informations- und Kommunikationstechnologie und Kreativwirtschaft. McKinsey weist noch darauf hin, dass wir im Tourismus weiterhin erhebliche Wachstumspotenziale haben. Sie wissen, dass der Senat in den letzten Jahren hier schon durch konzertierte Aktionen mit der Tourismuswirtschaft zu einem erheblichen Wachstum beigetragen hat.

Skepsis habe ich angesichts dieser plakativen Zahl von 500 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Wenn Sie sich die im letzten Jahr publizierte Studie des DIW ansehen, in der Berlin mit Großstädten in der Bundesrepublik und dem europäischen Ausland verglichen wurde, die nicht mit derartigen Strukturbrüchen durch die deutsche Teilung und die Teilung der Stadt und den damit verbundenen ökonomischen Folgen konfrontiert waren, dann kommt das DIW auf ein Potenzial von ca. 300 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen, die wir bei einer Normalisierung des Strukturwandels bräuchten. Diese 300 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen sind als Ziel ambitioniert genug. Wenn wir

die schaffen, können wir uns überlegen, wie wir die restlichen 200 000 schaffen können.

Was ich in der McKinsey-Studie auch nicht in vollem Umfang teile, ist die Ansicht, man könne über einzelne „Leuchtturmprojekte“ – den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur, verbesserte Möglichkeiten für klinische Studien u. Ä. – eine Art Big Bang auslösen und damit dieses Potenzial heben. Ich glaube, die Sache ist schwieriger und wir brauchen dafür einen langen Atem.

Richtig sind die angesprochenen Themen in der McKinsey-Studie: Elektromobilität, klinische Studien, Biotechnologie und eine Glasfaserinfrastruktur für die Breitbandversorgung der Wirtschaft und der privaten Haushalte der Zukunft. An allen drei Themen arbeiteten wir schon vor der McKinsey-Studie. Bezüglich der Elektromobilität sind wir gerade gemeinsam mit den Akteuren aus der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik dabei, einen Vorschlag für den Mobilitätsgipfel der Bundeskanzlerin im Mai vorzubereiten, denn wir glauben, dass Berlin sich in mehrfacher Hinsicht als Modellregion – auch über das hinaus, was gegenwärtig schon als Modellprojekte in der Stadt existiert – qualifizieren kann. An dem Thema Glasfaserinfrastruktur arbeiten wir schon seit geraumer Zeit. Wir haben gemeinsam mit den Anbietern, den Netzbetreibern in Berlin eine Konzeption eines Glasfaserbreitbandnetzes entwickelt, das über das gegenwärtige DSL- und VDSL-Netz hinausgeht. Wir brauchen aber auch bestimmte regulatorische Voraussetzungen, die von der Bundesnetzagentur geschaffen werden müssen, damit die entsprechenden Investitionen getätigt werden können. An dem Thema klinische Forschung arbeiten wir ebenfalls schon lange. In Berlin findet dazu viel statt. Es gibt hier aber auch Grenzen, die in der McKinsey-Studie nicht genannt wurden.

Insofern enthält die McKinsey-Studie eine Reihe Hinweise, die der Senat an manchen Stellen aufgreifen wird. An anderen Stellen sind die Einschätzungen der Studie, welche Potenzial kurzfristig zu heben sind, zu euphorisch.

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Klemm. – Bitte!

Herr Senator! Wie wird der Senat die Vorschläge zum Breitbandausbau und zur Förderung digitaler Projekte, die in der Studie gemacht werden, aufgreifen?

Bitte, Herr Senator Wolf!

Herr Klemm! Ich habe ja schon gesagt, der Senat hat unabhängig von der Studie schon mit den Anbietern an diesem Thema gearbeitet. Es gibt eine Studie zum Ausbau der Infrastruktur unter dem Stichwort Fibre to the Home, das heißt, dass Glasfaseranschlüsse nicht nur in den Straßen liegen, sondern bis an die Häuser herangebracht werden. Wir arbeiten weiter an diesem Thema der Überwindung der konkreten Hindernisse, die allerdings in der McKinsey-Studie nicht thematisiert worden sind, nämlich die Tatsache, dass wir unterschiedliche Netzanbieter haben, dass diese unterschiedliche investive Prioritäten haben. Die Telekom hat erst vor Kurzem mit hohem Investitionsaufwand in Berlin das VDSL-Netz ausgebaut. Die Telekom wird auch LTE im Bereich des Mobilfunks, der andere Bandbreiten ermöglicht, in der nächsten Zeit ausbauen und dann das Thema Fibre to the Home angehen. Das wird auch davon abhängen, welche regulatorischen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir hatten bei VDSL auch schon die Diskussion über die Frage, wenn ein Betreiber größere Investitionen tätigt, die er dann refinanziert sehen will, ob dann vom ersten Tag an, an dem diese Investition zur Verfügung steht, Mitbewerber in dieses Netz einspeisen können, ohne sich an der Refinanzierung dieser Investitionskosten beteiligen zu müssen.

Das sind alles Themen, die noch regulatorisch geklärt werden müssen. Insofern ist das kein Thema, das nur allein vom Land Berlin abhängig ist, sondern wo Rahmenbedingungen auch durch die Bundesnetzagentur und durch den Bund geschaffen werden müssen, damit mehr Bewegung in die Angelegenheit kommt. Regulatorisch konzentriert sich im Moment die Bundesnetzagentur vor allen Dingen auf das Thema der Breitbandversorgung in der Fläche, das heißt, die Landstriche, die gegenwärtig noch nicht breitbandig versorgt sind, also noch nicht einmal auf DSL-Niveau. Wir versuchen vonseiten der Städte immer wieder, das Thema Breitbandinfrastruktur, Glasfaserinfrastruktur in Ballungsräumen zu thematisieren. Das ist aber gegenwärtig nicht die Priorität bei der Bundesnetzagentur.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage des Kollegen Buchholz. – Bitte schön!

Herr Senator, eine Nachfrage. Durch die Studie ist auch klargeworden, dass vieles nur durch ein stärkeres Engagement von Firmen und privaten Investoren möglich sein kann. Sehen Sie Möglichkeiten, z. B. über Masterpläne in den benannten Themenbereichen, die private Wirtschaft dafür stärker in die Verantwortung zu nehmen?

Bürgermeister Harald Wolf

Herr Senator Wolf, bitte!

Herr Buchholz! Wir haben ja zu den einzelnen Kompetenzfeldern Masterpläne. Auch die benannten Themen sind alle schon Bestandteil von Masterplänen, also nicht erst seit ein paar Wochen, sondern seit zwei oder drei Jahren. Das heißt, es wird daran schon gearbeitet. Wir sind gegenwärtig dabei – zum Thema Glasfaser habe ich ausführlich ausgeführt – zu sehen, wie wir beim Thema Elektromobilität noch etwas mehr Druck auf den Kessel geben können. Wir sind gegenwärtig in zwei Punkten als Modellregion unterwegs mit Versuchen. Ich habe gestern auf der Hannover-Messe eine Reihe von Gesprächen geführt, auch im Zusammenhang mit dem Thema Batterieforschung, Batterieentwicklung und Brennstoffzelle, auch die Kombination, wie man das für die Elektromobilität sinnvoll weiterentwickeln kann. Ich habe dort mit einer Reihe von Akteuren, mit dem Bundesverband Wasserstoff und Brennstoffzelle, mit einer Reihe von größeren Unternehmen, aber auch Berliner Mittelständlern vereinbart, dass wir über das, was wir gegenwärtig für den Mobilitätsgipfel vorbereiten, noch mal eine Standortkonferenz verschiedener Akteure durchführen, um zu sehen, wie wir diese Aktivitäten noch stärker bündeln können, wie wir das noch besser vernetzen können mit dem, was wir an Forschungskapazitäten in Berlin haben, um damit die Vielzahl von Aktivitäten, die es mittlerweile im Bereich von Elektromobilität in unserer Stadt gibt, sichtbarer zu machen, aber auch noch besser zu koordinieren.

Danke schön, Herr Senator!

Es geht weiter mit der Frage 5 des Kollegen Meyer von der FDP zum Thema

Wie reagieren die Berliner Finanzämter auf die gegenwärtige Wirtschaftlage bei Steuerforderungen gegenüber kleinen und mittelständischen Unternehmen?

Bitte schön, Herr Meyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Inwieweit sind die Berliner Finanzämter vom Finanzsenator angewiesen worden, aufgrund der gegenwärtigen Wirtschaftslage bei offenen Steuerforderungen von kleinen und mittelständischen Unternehmen die vorhandenen Ermessensspielräume auszuschöpfen, um Liquiditätsengpässe nicht zu verstärken, wie es z. B. der damalige Bundesfinanzminister Steinbrück in einem Schreiben an die Länderfinanzminister im Sommer 2009 gefordert hat?

Danke schön! – Der Finanzsenator Dr. Nußbaum – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Meyer! Damit die Frage richtig verstanden wird, erlaube ich mir folgende Präzisierung: Es geht nicht um Steuergeschenke, sondern es geht darum, ob die Finanzämter kleinen und mittleren Unternehmen erlauben, eigentlich fällige Steuerzahlungen erst zu einem späteren Zeitpunkt zu begleichen, wenn sie wegen der Wirtschaftskrise kein Geld haben, um sofort zu bezahlen. Wir haben hier eine eindeutige Rechtslage, und zwar bereits seit dem 22. Dezember 1919. Danach ist eine Stundung möglich, wenn die sofortige Einziehung für den Steuerpflichtigen unbillig wäre. Es geht also in jedem Fall um eine besondere Härte. Diese Vorschriften dienen einerseits dem konkreten Unternehmen, andererseits auch dem Staat und dem Fiskus, der ein Interesse hat, seine Einnahmen laufend zu sichern. In diesem Sinne hat der damalige Finanzminister Steinbrück in seinem Schreiben an alle Länderfinanzsenatoren und -minister vom 25. Mai 2009 darum gebeten, angesichts der prekären wirtschaftlichen Situation die vorhandenen Ermessensspielräume der Finanzämter bei Entscheidungen über steuerliche Billigkeitsmaßnahmen möglichst weitgehend auszuschöpfen. Die Finanzsenatoren und -minister der Länder haben dem Bundesminister gemeinsam geantwortet und auf folgende Punkte hingewiesen: Erstens: Die individuellen Wirkungen der Wirtschaftskrise auf einzelne Steuerpflichtige werden bei der Prüfung von Billigkeitsanträgen aus wirtschaftlichen Gründen unter dem Gesichtspunkt Bedürftigkeit immer auch individuell im Rahmen des geltenden Rechts mitgeprüft. Zweitens: Eine Einzelfallprüfung der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen findet auch bei Anträgen auf Herabsetzung der Vorauszahlung statt. Drittens: Bestehende Ermessens- oder Beurteilungsspielräume zugunsten der Steuerpflichtigen werden bereits in der Vergangenheit von den Finanzämtern so ausgeschöpft, dass es angemessen und billig ist. Sie werden auch in Zukunft ausgeschöpft werden. Ich habe die Berliner Finanzämter in diesem Sinne informiert. – Vielen Dank!

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Meyer. – Bitte schön!

Herr Finanzsenator! Wie erklären Sie sich denn, dass das Land Berlin offensichtlich in Bezug auf genau diese Billigkeitsabwägungen im Vergleich zu allen anderen Bundesländern am wenigsten kulant im Umgang mit einzelnen Anfragen von kleinen und mitteständischen Unternehmen umgeht und hier in der Regel diese Billigkeitsabwägung gerade nicht dazu führt, dass entsprechende

Liquiditätshilfen mittelbarer Art für Unternehmen zur Verfügung gestellt werden?

Herr Senator Dr. Nußbaum – bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrter Abgeordneter! Es geht, wie ich eingangs sagte, nicht um Kulanz; wir sind nicht im Basar, sondern es geht im Einzelfall um eine Billigkeitsabwägung, um eine Härteabwägung. In der Tat haben wir die Berliner Finanzämter angewiesen, im Rahmen der Wirtschaftskrise das Mögliche zu tun, um im Rahmen einer Einzelfallabwägung das mit zu berücksichtigen. Ich kann Ihren Vorwurf nicht nachvollziehen, denn wir haben in Berliner Finanzämtern im letzten Jahr ca. 11 000 Stundungen gehabt und einen Betrag von fast 57 Millionen Euro gestundet. Wir haben eine relativ hohe Zahl von Erlassen ausgesprochen, in einer Größenordnung von ca. 36 Millionen Euro. Wir haben insgesamt 5,3 Millionen Steuerbescheide, die theoretisch einer Billigkeitsentscheidung unterworfen werden könnten. Deswegen kann ich diese konkrete Behauptungen, die Sie aufgestellt haben, so nicht nachvollziehen.

Danke schön!

Es geht weiter mit der Frage 6 der Kollegin Haußdörfer von der SPD-Fraktion zum Thema

Öffnung des Tempelhofer Feldes

Bitte schön, Frau Haußdörfer!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Berlinerinnen und Berliner! Ich frage den Senat:

1. Welche Vorbereitungen hat der Senat für die Öffnung des Tempelhofer Feldes am 8. Mai 2010 für die Öffentlichkeit getroffen?

2. Welche mittelfristigen Planungen für die Nutzung des Tempelhofer Feldes im Anschluss an die allgemeine Öffnung sind vorgesehen, und welche zeitlichen und räumlichen Rahmenbedingungen werden gesetzt?

Danke schön! – Die Stadtentwicklungssenatorin. – Bitte schön, Frau Junge-Reyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Haußdörfer! Am Morgen des 8. Mai wollen wir die Tore des Tempelhofer Feldes öffnen,

[Zuruf von den Grünen: Endlich!]

damit dort der Tempelhofer Park, der große Landschaftspark, von den Berlinerinnen und Berlinern besucht werden kann. Dieser Tag wird sorgfältig vorbereitet. Ich glaube, dass es ein großes Fest zu feiern gibt, mit vielen Gästen. Es startet förmlich um 10 Uhr mit dem IGA-Lauf, einem in vielen Etappen und Kategorien stattfindenden Volkslauf. Und es geht weiter mit vor allen Dingen sportlichen Aktivitäten: die Einweihung eines Fahrradrundparcours oder der Strecke für Skaterinnen und Skater.

Für die Veranstaltungen an diesem Tag hat eine öffentliche Ausschreibung stattgefunden, die in Tageszeitungen veröffentlicht worden ist. Es haben sich viele Vereine, Initiativen, einzelne Akteure beworben. Und es sind ungefähr 100 von ihnen ausgewählt worden, die an diesem Tag ein vielfältiges Programm bieten. Mit diesem vielfältigen Programm hat man sich neben den geschilderten sportlichen Aktivitäten vorgenommen, etwas für Kinder und Jugendliche zu bieten. Bleiben wir bei dem, was mit Spiel, Sport und Spannung zu tun hat, auf der einen Seite. Aber auch das Thema Natur kommt nicht zu kurz. Kinderexkursionen zu den naturbelassenen Gebieten – das soll ausdrücklich betont werden – sind mir wichtig zu nennen. Die Beteiligung der Umweltverbände vom BUND bis zum Nabu wird mit Sicherheit dazu führen, dass die Akzeptanz für das, was dort gewachsen ist und was es dort zu sehen gibt, auch bei Kindern und Jugendlichen wächst.

Wir wollen an diesem Tag nach dem beliebten Berliner Motto „umsonst und draußen“ feiern. Ich glaube, dass die Berlinerinnen und Berliner mit einem Picknickkorb ausgerüstet oder mit einem Korb, den sie sich dort kaufen können, mit dem Fahrrad, aber auch mit vielen anderen Fortbewegungsmitteln das Grün und die bisher ungewohnte Aussicht auf die Stadt und über das Tempelhofer Feld, über den Park genießen werden.

Am nächsten Tag soll ein Drachenfest im Vordergrund stehen. Organisationen, die sich dem Drachsport widmen, haben sich angemeldet. Wir hoffen auf ein bisschen windiges Wetter, dann werden wir sehen, wie Lenkdrachen und Windspiele über dem Tempelhofer Park Platz finden.