Protocol of the Session on March 25, 2010

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Bis wann plant der Senat, eine Neuregelung bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten der landeseigenen Unternehmen vorzunehmen?

2. Welche Ziele sollen mit der Neuregelung der Besetzung von Aufsichtratsposten bei landeseigenen Unternehmen erreicht werden?

Der Finanzsenator Herr Dr. Nußbaum hat das Wort zur Beantwortung. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Meyer! Ich gehe davon aus, dass Sie an einer ernsthaften Antwort interessiert sind, denn wir wollen uns nicht auf das Niveau der FDP begeben, die seit Jahren beispielsweise die grundlegende Vereinfachung des Steuerrechts nur ankündigt, aber die Umsetzung schuldig bleibt.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion) – Christoph Meyer (FDP): Kommt noch!]

Deshalb lassen Sie uns seriös über das Thema reden, wie wir die Steuerung der landeseigenen Unternehmen verbessern können.

Zu Ihrer ersten Frage: Die Aufsichtsräte sind grundsätzlich fachlich kompetent besetzt und leisten eine gute Ar

beit. Aber auch Gutes kann man immer noch verbessern. Soweit dazu Regeländerungen notwendig werden, beispielsweise im Unimed-Gesetz oder im Berliner BetriebeGesetz, werden sie von meiner Verwaltung vorbereitet. Zu gegebener Zeit werde ich dem Senat und dem Abgeordnetenhaus dann berichten.

Zur zweiten Frage: Unser Ziel ist es, die Steuerung der landeseigenen Unternehmen kontinuierlich zu verbessern. Dazu brauchen wir klarere Zieldefinitionen, in denen das Spannungsverhältnis zwischen fachlichen, politischen und wirtschaftlichen Fragestellungen ausgeglichen sein wird. Das ist Aufgabe des Senats als Eigentümer. Darüber haben wir dem Abgeordnetenhaus die politische Rechenschaft abzulegen.

Die Aufsichtsräte spielen in der Unternehmenssteuerung eine andere Rolle. Aufsichtsratsmitglieder brauchen eine sachliche und professionelle Distanz zu den ihnen anvertrauten Unternehmen. Für diese Aufgabe müsse sie hohe persönliche und fachliche Qualifikationen mitbringen, was auch mit den gestiegenen gesetzlichen Anforderungen im Hinblick auf die fachliche Kompetenz und die Haftungsverantwortung beispielsweise durch das neue Bilanzrecht – das sogenannte BilMoG – zu tun hat.

Aufsichtsratsvergütungen müssen meines Erachtens diesen gestiegenen Anforderungen angepasst werden, und Professionalisierung heißt auch, dass die Aufsichtsräte mehr Zeit für das Unternehmen aufwenden müssen. Als Beteiligungssenator bin ich selbst – wie Sie wissen – Mitglied und auch Vorsitzender in mehreren Aufsichtsräten. Ich mache das gerne, aber das Zeitbudget eines Senators beträgt 24 Stunden pro Tag. Deshalb müssen wir nach politischen Kriterien entscheiden, was wir tun. Das heißt, wir können in Aufsichtsräten sitzen, können auch dort gegebenenfalls den Vorsitz führen, müssen das aber nicht tun. – Vielen Dank!

Danke schön! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Meyer. – Bitte!

Danke! – Herr Senator Nußbaum! Wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstanden habe, planen Sie keine konkreten Änderungen in den Beteiligungsrichtlinien, anders als Sie das in der letzten Woche in der Medienöffentlichkeit angekündigt haben. Ich würde von Ihnen gern noch wissen: Sie haben in einem sehr interessanten Interview im „Tagesspiegel“ in der letzten Woche darauf hingewiesen, dass Sie offensichtlich beabsichtigten, die Berliner Landesbeteiligungen in den Wettbewerb zu führen. Gilt das auch für die BVG, BSR und andere Anstalten öffentlichen Rechts, oder wollen Sie hier eine Einschränkung machen?

Herr Senator Dr. Nußbaum, bitte!

Ich gehe davon aus, dass Sie den Artikel genau gelesen haben. Da ist das Wort „Wettbewerb“ im Zusammenhang damit gefallen, was wir den Aufsichtsräten abverlangen können und wie wir die Steuerung von Unternehmen machen. Wenn Unternehmen im Wettbewerb stehen, dann ist die klare Aussage, dass wir sie von der Professionalität der Aufsichtsräte her so ausgestalten müssen – darum ging es in diesem Interview im Wesentlichen –, dass sie diesen Aufgaben nachkommen können, das heißt, eine Professionalisierung der Aufsichtsräte.

Sie wissen, die Anforderungen an Aufsichtsräte, nicht nur, was die fachliche Kompetenz anbelangt, sondern auch, was die Haftungsverantwortung anbelangt, sind in den letzten Jahren deutlich verschärft worden. Das hat etwas mit der Finanz- und Wirtschaftskrise, mit dem Versagen von Steuerungselementen in eben diese Krise, insbesondere im Bankenbereich zu tun. Das wird zunehmend weiterentwickelt.

Wir haben Unternehmen, die enger an der Daseinsvorsorge sind, aber welche, die stärker im Wettbewerb stehen, zum Beispiel Vivantes. Da müssen wir uns fragen, wie wir als Eigentümer in der kommunalen Steuerung – wir wollen zum Beispiel bei Vivantes nicht von der kommunalen Trägerschaftsteuerung abrücken – diese Unternehmen so steuern, dass sie mit privaten Klinikkonzernen, die zunehmend in den Markt drängen, auch standhalten können. Dabei ist ein Thema die Frage des Aufsichtsrates, über die wir die Steuerung einer GmbH durchführen. In dem Zusammenhang steht das Thema Professionalisierung und Verbesserung der Steuerung von öffentlichen Unternehmen.

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Graf von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Herr Graf!

Danke schön, Herr Präsident! – Herr Finanzsenator Dr. Nußbaum! Sie haben in dem „Tagesspiegel“-Interview auch eine Reform der Qualifizierung der Aufsichtsräte in den landeseigenen Unternehmen angemahnt. Ist das so zu verstehen, dass Sie Zweifel an der Qualifikation der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder haben, oder anders gefragt: Was hat denn der Senat bislang getan, um die Aufsichtsratsmitglieder auf die Wahrnehmung ihrer Aufgaben, die mit inzwischen stärkeren Haftungsansprüchen einhergehen, vorzubereiten?

Herr Senator Dr. Nußbaum, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich richtig gezählt habe, waren das zwei Fragen. – Die Aufsichtsräte werden entsprechend fortgebildet. Wir bieten Fortbildungen an, die die Aufsichtsräte mit den neuen Gesetzesregelungen vertraut und bekannt machen. Darüber hinaus hatte ich Ihnen bei der ersten Antwort zu Ihrer Frage schon gesagt, dass wir der Auffassung sind, dass die Aufsichtsräte fachlich kompetent besetzt sind, aber dass man Gutes auch immer verbessern kann. Das ist ein permanenter Prozess, weil Aufsichtsräte auch ausscheiden, Amtszeiten von Aufsichtsräten auslaufen, manche legen auch aus Alters- oder anderen Gründen ihr Amt nieder. Dann müssen Sie nicht die Frage stellen, Herr Graf, ob das einzelne Aufsichtsratsmitglied individuell erstklassig qualifiziert ist, sondern die Gesetze schreiben vor, dass der Aufsichtsrat in einer solchen Zusammensetzung zu sein hat, dass er als Ganzes eine ordentliche Kontrolle dieses Unternehmens gewährleisten kann.

Deswegen ist sicherzustellen, dass – wie gesagt – ein Aufsichtsratsmitglied durchaus unterschiedliche Kompetenzen, Schwerpunktsetzungen und Erfahrungshintergründe mitbringen kann, aber in seiner Gesamtzusammensetzung muss ein Aufsichtsrat – und darauf kommt es an – seiner Kontrollfunktion nachkommen können.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Nun hat Kollegin Ellen Haußdörfer von der SPD-Fraktion das Wort zu ihrer Mündlichen Anfrage über

Kürzungen im Bundeshaushalt im Bereich „Soziale Stadt“

Herzlichen Dank! – Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat die von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossene Kürzung um 20 Millionen Euro im Bereich „Soziale Stadt“?

2. Mit welchen finanziellen und sozialen Auswirkungen muss das Land Berlin im Bereich Quartiersmanagement und Städtebauförderung rechnen?

Es antwortet Frau Staatssekretärin Dunger-Löper. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Abgeordnete Haußdörfer! Ihre Mündliche Anfrage beantworte ich wie folgt: Der Deutsche Bundestag hat in

seiner 32. Sitzung am 19. März den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf des Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 angenommen. Die Zustimmung des Bundesrates steht allerdings noch aus. Für die Programme der Städtebauförderung sind Bundesfinanzhilfen an die Länder in Höhe von 591 Millionen Euro vorgesehen. Davon entfallen auf das Programm „Soziale Stadt“ 105 Millionen Euro. Dieser Betrag entspricht in der Höhe dem Ansatz des Jahres 2009. Allerdings sah der erste Entwurf des Haushaltsgesetzes hier 125 Millionen Euro vor, und zwar aufgrund der sehr großen Relevanz, die dieses Programm für alle Städte und benachteiligten Gebieten in den letzten Jahren bekommen hat. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurde stattdessen das Programm „Aktive Stadt und Ortsteilzentren“ um 20 Millionen von 75 Millionen auf 95 Millionen Euro erhöht.

Neben dieser Veränderung der ursprünglichen Planung im Rahmen der Haushaltsberatungen, die wir bedauern, tritt nunmehr allerdings eine weitere gravierende Verschlechterung im vorliegenden Entwurf des Haushaltsgesetzes ein. In § 6 des Haushaltsgesetzes heißt es nämlich: Die ausgebrachten Verpflichtungsermächtigungen dürfen nur bis zu einer Höhe von maximal 90 Prozent in Anspruch genommen werden. – Das bedeutet, dass den Ländern für die Städtebauförderung ca. 60 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen werden. Damit entfallen auf das Programm „Soziale Stadt“ mit ca. 95 Millionen Euro dann noch einmal 10 Millionen Euro weniger. Das bedeutet, dass hier ein Einschnitt programmiert ist. Damit streicht die Bundesregierung gegenüber ihrem ersten Entwurf nicht nur 20 Millionen, sondern 30 Millionen Euro, und sie veranlasst durch diese Kürzung des Programms „Soziale Stadt“ sozusagen einen deutlichen Schlag in das Gesicht derer, die mit diesem Programm in vielen Gebieten der Bundesrepublik, die davon betroffen sind, Wesentliches geleistet haben.

Die Bundesregierung verabschiedet sich damit im Weiteren auch von einem Punkt ihres Koalitionsvertrages. Ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren. In Punkt 4.4.2 des Koalitionsvertrages heißt es unter der Überschrift „Städtebauförderung“:

Die Städtebauförderung leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur lebenswerten Gestaltung von Städten und Gemeinden. Wir werden die Städtebauförderung als gemeinschaftliche Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen auf bisherigem Niveau, aber flexibler fortführen.

Wir können erkennen, dass die Flexibilität hier allerdings nur nach unten geht.

Mit der Kürzung verdeutlicht die Bundesregierung die Geringschätzung eines Erfolgsprogramms der Städtebauförderung, das in den letzten Jahren auch in Berlin in erheblichem Maße zur Stärkung des Zusammenhalts in den Problemkiezen beigetragen hat. Wir wollen dieses deutlich zurückweisen, zumal mit dieser Kürzung ins

gesamt auch eine weitere Verschlechterung der Finanzlage der Kommunen verbunden ist.

Zur Frage 2: Die finanziellen Auswirkungen für das Programm „Soziale Stadt“ in Berlin im Jahr 2010 stellen sich so dar, dass es statt 19 Millionen nur rund 14 Millionen Euro zur Verfügung hat, also 5 Millionen Euro Programmmittel – allerdings über mehrere Jahre – weniger als geplant. Um das Programm stabil durchführen zu können, wird Berlin durch Umschichtung von Mitteln aus anderen Programmen der Städtebauförderung den Verlust beim Programm „Soziale Stadt“ reduzieren, wenn die entsprechende Beschlussfassung auch tatsächlich vorliegt. Berlin wird versuchen, den Verlust auszugleichen, was allerdings in den anderen Programmen auch eine Einengung der Möglichkeiten mit sich bringt.

Vor dem Hintergrund der vom Bund pauschal vorgenommenen Kürzung der Städtebauförderung schon im Jahr 2010 erhält Berlin nur noch 30 Millionen Euro statt bislang 33 Millionen Euro. Dieses Signal der Bundesregierung an die Kommunen und insbesondere auch an die sozial benachteiligten Stadtgebiete ist angesichts weiterer Steuergeschenke an eine bestimmte Klientel, die hier avisiert worden sind, sicherlich als mehr als bedenklich zu bewerten.

Das Programm „Soziale Stadt“ hat in Berlin im Rahmen der Stadtentwicklung eine zentrale Bedeutung, denn die Bewahrung und Wiederherstellung des sozialen Zusammenhangs ist eine vorrangige Zielsetzung der Berliner Stadtentwicklungspolitik. In Berlin gibt es derzeit 34 Gebiete der „Sozialen Stadt“. Wir werden die Mittel der Städtebauförderung – aller Programme gemeinsam – schwerpunktmäßig und gebündelt in Räumen mit sozialen Problemen einsetzen und hier im Besonderen in den „Aktionsräumen plus“, die der Senat am letzten Dienstag beschlossen hat.

Frau Haußdörfer hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Danke, Frau Staatssekretärin! – Sie bestätigen das, was wir befürchtet haben. In diesem Licht frage ich: Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass weder Vertreter von CDU noch FDP – trotz Lippenbekenntnissen – sich diese produktive Arbeit der „Sozialen Stadt“ ansehen, wie es z. B. beim Quartiersrätekongress am vergangenen Samstag möglich war, wo über 200 Teilnehmer aus den Kiezen gezeigt haben, was die „Soziale Stadt“ vor Ort leistet?

Frau Staatssekretärin Dunger-Löper – bitte!

Frau Haußdörfer! Vor den Bundestagswahlen war eigentlich unisono aus allen Parteien bundesweit zu hören, dass das Programm „Soziale Stadt“ außerordentlich wertvoll für die benachteiligten Stadtgebiete ist. Da hat es auch bis dato sozusagen keine Aufsplittung gegeben. Das hat sich offenbar inzwischen geändert. Insofern hätten wir es natürlich ganz besonders begrüßt, wenn sich die Vertreter aller Parteien beim Quartiersrätekongress über die dort geleistete Arbeit und das bürgerschaftliche Engagement, was hier zum Ausdruck gekommen ist, informiert hätten. Aber wir arbeiten auf diesem Gebiet weiter, und die nächste Einladung wird auch wieder allen Parteien zugehen.

Nun hat der Abgeordnete Schruoffeneger das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte, Herr Schruoffeneger!

Frau Staatssekretärin! Es ist ein bisschen unübersichtlich in diesem Geflecht der verschiedenen Programme – „Aktionsräume plus“, Quartiersmanagement, „Soziale Stadt“. Sie haben als Senat gestern die Aufstockung für „Aktionsräume plus“ um 20 Millionen Euro verkündet. Können Sie meine Befürchtung ausräumen, dass es sich dabei keineswegs um eine Aufstockung handelt, sondern dass sie lediglich vorhandene Mittel aus den ähnlich gelagerten Programmen umverteilt und umgeschichtet haben, indem Sie uns sagen, aus welchen Haushaltsansätzen Sie diese 20 Millionen Euro genommen haben?

Frau Staatssekretärin Dunger-Löper – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Schruoffeneger! – Das Land hatte in diesem Jahr eine Erhöhung dieser Ansätze vorgesehen, und insofern waren diese 20 Millionen Euro schon zusätzliche Mittel. Wir werden nach Inkrafttreten des Bundeshaushaltsgesetzes sehen, wie wir auch eine entsprechende Kontinuität in diesen Vorstellungen entwickeln können.

Nun hat Kollege Braun von der CDU-Fraktion das Wort zu seiner Mündlichen Anfrage über

Immer wieder Kunsthalle – was plant der Senat von Berlin?