Hierzu liegt ein Ersetzungsantrag der Fraktion der CDU vor, Drucksache 16/2930-1, sowie als Tischvorlage ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/2930-2.
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Frau Breitenbach hat wieder das Wort. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor über zwei Jahren hat das Bundesverfassungsgericht die Konstruktion der ARGEn als Mischverwaltung für verfassungswidrig erklärt. Dann dauerte es noch mal über ein Jahr, bis sich die Arbeits- und Sozialminister und die Ministerpräsidenten der Länder auf einen Kompromiss zur Neuordnung geeinigt hatten. Dieser sah vor, dass es weiterhin Leistungen aus einer Hand geben sollte und dafür eine entsprechende Grundgesetzänderung. Doch dann kam die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ins Spiel.
Sie verweigerte diesem Kompromiss die Zustimmung und getraute sich damals nicht mehr, mit uns diese Frage zu diskutieren.
Bis zum heutigen Tag gibt es keine praktikable Lösung. Allerdings muss in elf Monaten und drei Tagen die Neuordnung der Jobcenter abgeschlossen sein.
Arbeitsministerin von der Leyen hat sich nun explizit für die getrennte Aufgabenwahrnehmung ausgesprochen. Sie hat einen Referentenentwurf vorgelegt. Dieser macht deutlich: Die getrennte Aufgabenwahrnehmung ist eine ganz schlechte Lösung.
Die Zusammenarbeit der Bundesagentur für Arbeit mit den Kommunen erfolgt auf freiwilliger Basis auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages – oder sie erfolgt eben auch nicht. Alles, was da geplant ist, hat mit bürgerfreundlicher Verwaltung nichts zu tun. So gibt es eine Informationspflicht zwischen Bundesagentur und Kommune, aber kein einheitliches IT-Programm. Praktisch heißt das, dass die kommunale Mitarbeiterin Frau X die Kosten der Unterkunft berechnet, mit einem Programm, das sie noch nicht hat, es muss erst noch angeschafft werden. Die Ergebnisse ihrer Berechnung teilt sie dann Frau Y von der Bundesagentur für Arbeit mit, die sie dann in das Programm einspeist.
Die getrennte Aufgabenwahrnehmung wird auf jeden Fall zu erheblichen Mehrkosten und zu Mehrarbeit führen. Die Erwerbslosen müssen sich künftig mit zwei Ämtern auseinandersetzen und im Konfliktfall möglicherweise zwei Klagen einreichen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter sollen ein Gesetz umsetzen – was schon schwierig genug ist –, und gleichzeitig sollen sie die Verwaltung auseinanderpflücken, die man vor fünf Jahren zusammengeführt hat. Für viele von ihnen steht die berufliche Zukunft in den Sternen.
Da kommt dann, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Ihr Ersetzungsantrag etwas hilflos daher! Sie wissen genau, dass es seit Monaten Gespräche mit der Regionaldirektion über die ausstehende Neuorganisation gibt. Darüber wurde auch im Fachausschuss berichtet. Sie sind zu spät, denn alles, was Sie fordern, passiert schon. Nur die Entscheidung der Bundesebene für das Modell, die steht noch aus.
Und Sie, meine Damen und Herren von der FDP, kommen jetzt mit einer Tischvorlage und sagen, Sie möchten gern die Option. Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass selbst Ihre eigene Bundesregierung sich von einer Ausweitung des Optionsmodells verabschiedet hat? Das begrüßen wir auf das Schärfste, denn wir wollen das Optionsmodell nicht. Wir halten das Optionsmodell für keine gute Lösung. Wir wollen keinen bundesweiten Flickenteppich, wir wollen Jobcenter, die vernünftig arbeiten. Deshalb brauchen wir die Grundgesetzänderung.
Wir möchten mit unserer Entschließung erreichen, dass das Abgeordnetenhaus die gemeinsame Bundesratsinitiative der Länder Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg unterstützt. Dieser Kompromiss ist verfassungskonform. Nur so können die Betroffenen Leistungen aus einer Hand beziehen. Deshalb bitten wir Sie um Ihre Zustimmung.
[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Gregor Hoffmann (CDU)]
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Breitenbach! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Kroll das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hinsichtlich der Neuordnung der Jobcenter sind die Weichen zur Umsetzung des Modells „Hilfen unter einem Dach“ für langzeitarbeitslose Menschen jetzt vom Bund gestellt worden. Darum, Frau Breitenbach, hat es wenig Sinn, gestrigen Vorstellungen nachzutrauern und auf Regelungen zu pochen, die keine Aussicht auf Erfolg haben werden.
Das Eckpunktepapier liegt seit Dezember, der Gesetzentwurf zur Neuordnung liegt jetzt vor. Diverse Projektgruppen arbeiten bereits jetzt an den Umsetzungsvorstellungen. Aus diesem Prozess sollte sich das Land Berlin nicht ausklinken, gerade weil es umfangreiche Probleme vor Ort zu lösen gilt. Über einige dieser Probleme hätte man übrigens auch bei einer anderen Lösung reden müssen. Deshalb sollten der Senat und die Koalition sowie die Grünen ihre Blockadehaltung beenden
und aufhören, Arbeitslose und Mitarbeiter in den Jobcentern durch unnötige Panikmache zu verunsichern.
Denn eins steht fest: Für die Qualität der künftigen Angebote ist letztlich der Senat mit verantwortlich. Und zu dieser Verantwortung muss er stehen.
Begonnen werden sollte damit, dass gemeinsam mit der Arbeitsagentur und den Bezirken abgeklärt werden muss, wie die innere Organisation gestaltet werden kann, ohne dass es zu einem Leistungsabfall in der Betreuung oder zu unzumutbaren Wegen für die Klienten kommt.
Viele zu regelnde Probleme sind schon seit langem hinreichend bekannt, als da sind: die Mitarbeiterzuordnung, die Liegenschaften, das Softwareproblem, die Bescheiderteilung und, und, und. Ebenso geht es um die Einrichtung
von zwei Widerspruchsstellen und die Einrichtung einer zentralen Beratungszone im Eingangsbereich, um die Verteilung der Kunden in Richtung KdU – Kosten der Unterkunft – beziehungsweise Grundsicherung zu steuern.
Seit einigen Wochen gibt es Gesprächsangebote der Arbeitsagentur. Dazu hatten wir auch Frau Haupt-Koopmann in der Ausschusssitzung. Doch der Senat hat immer noch nicht geäußert, wie er zu Lösungen kommen will. Die Schlechteste davon ist die Verweigerung. Die CDU fordert deshalb den Senat auf, die anstehende Umorganisation der Jobcenter auf Landesebene umgehend und gründlich mit allen Partnern gemeinsam vorzubereiten. Dazu sind unverzüglich Gespräche mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit aufzunehmen sowie eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des Senats, der Bezirke und der Regionaldirektion einzurichten, damit grundsätzliche Fragen der inneren Organisation der Hilfen unter einem Dach, Fragen der Datenübermittlung sowie vor allem die dringend anstehenden Personalfragen einvernehmlich geklärt werden können.
Uns muss es doch ein Anliegen sein, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht länger beunruhigt werden. Sie brauchen Sicherheit, um gute Arbeit für ihre Klienten zu leisten. Den Kunden ist es letztendlich doch egal, wie die Agentur die Arbeit organisiert, Hauptsache, es kommt am Ende für sie das Gleiche dabei heraus, und sie haben möglichst keine unbequemen Wege zu bewältigen. Aber auch die Bezirke müssen wissen, woran sie in der Frage letztendlich sind. Sie haben nicht unbedingt Interesse an Personalübernahme, wenn Finanzmittel fehlen. Deshalb müssen hier schnelle und für alle gerechte Entscheidungen getroffen werden. Da muss der Senat jetzt einfach aus seiner Wartehaltung heraus.
Des Weiteren stehen die Raumfragen an. So hat z. B. Neukölln keine räumlichen Probleme nach seinem Umzug und wird entsprechende Raumaufteilungen vornehmen können. Andere Bezirke wie Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg, Mitte, Kreuzberg haben jedoch Probleme, die unverzüglich angegangen werden müssen. Die Entscheidungen sind gefallen. Deshalb wäre es aus den genannten Gründen vernünftig, die vorliegenden Anträge zurückzuziehen und sich unserem Ersetzungsantrag anzuschließen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kroll! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Grosse das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach Monaten des Stillstands, Ministerinnenwechsel, liegt uns nun fünf vor zwölf ein Eckpunktepapier zur Reform der Jobcenter vor. Die Pläne der Bundesarbeitsministerin von der Leyen sehen keine gemeinsame Betreuung und Förderung mehr vor. Davon sind nicht nur 300 000 Arbeitslose in der Stadt, sondern auch zig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen. Der vorgelegte Gesetzentwurf ist die Aufspaltung der Jobcenter und wird vom Städte- und Gemeindebund sowie von den Oppositionsparteien abgelehnt. Die Landkreise warnen davor, die Kommunen an die enge Leine der Bundesagentur zu legen. Selbst der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff plädiert für eine Grundgesetzänderung. Also keine Einigkeit in der CDU!
Nein, heute nicht! – Diese Bundesregierung steht vor einer weiteren Fehlentscheidung. Diese Bundesregierung betreibt Klientelpolitik, und die Langzeitarbeitslosen gehören nicht dazu. Wen wundert es auch? CDU und FDP betreiben derzeit gezielte Klientelpolitik und spalten somit die demokratische Gesellschaft.
Mit ihren systematisch geschürten Vorurteilen gegen Bezieherinnen und Bezieher von Hartz IV soll versucht werden, gerade Menschen, die auf staatliche Hilfen angewiesen sind, bewusst zu diffamieren und somit Menschen auszugrenzen. Das ist die Politik von CDU und FDP.
Jüngste Äußerungen von Ministerpräsident Roland Koch – der ist heute schon des Öfteren zitiert worden, man kann es nicht oft genug sagen – belegen, wie diese Strategie politisch angelegt ist: Diese Menschen werden als Schmarotzer und Faulenzer bezeichnet, um die finanzielle Umverteilung der schwarz-gelben Bundesregierung politisch zu legitimieren.
Wenn Löhne sinken, wenn es schwieriger wird, eine auskömmliche Arbeit zu finden, dann entdecken Meinungsmacher die Schwachen, um draufzuhauen. Anstatt Mindestlöhne einzuführen, werden die Sanktionen für HartzIV-Empfängerinnen und -Empfänger verstärkt.
Wer großzügig Steuergeschenke an die Reichen macht, muss bei anderen logischerweise kürzen, in diesem Fall bei den Arbeitslosen. Dies ist in dieser Debatte mehr als offensichtlich. Steuergeschenke für die Hotellerie sind
angesagt, denn von dort bekommt man auch Spenden – nicht wahr, meine Herren der FDP? –, von den Arbeitslosen nicht. Das ist die Politik dieser Bundesregierung. Mit der gemeinsamen Entschließung der Koalition, aber auch der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützen wir die gemeinsame Bundesratsinitiative des Landes Berlin mit Bremen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg, das von den Ministerpräsidenten von CDU und SPD erarbeitete Kompromissmodell zur Änderung des Grundgesetzes zur Beschlussfassung in Bundesrat und Bundestag zu bringen, damit die Weiterarbeit in den Jobcentern ermöglicht werden kann.