Protocol of the Session on October 15, 2009

Jetzt wollen Sie mit Krokodilstränen in den Augen technokratisch darüber reden, welche Schlüsse aus diesem Urteil zu ziehen sind. Ich habe Herrn Gaebler sehr genau zugehört, als er ausgeführt hat, man müsse jetzt die Frage klären, was mit dem Haushaltsbezug sei. – Nein, das muss man nicht mehr klären, das ist klar, dazu hat das Verfassungsgericht eindeutig Stellung genommen: Nur der Eingriff in das Haushaltsgesetz selbst ist ausgeschlossen, alles andere ist möglich. Das, bitte schön, haben Sie zu respektieren.

[Beifall bei den Grünen und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Ich sage Ihnen auch, welche Schlussfolgerungen Sie aus dem Urteil zu ziehen haben: Sagen Sie der Bevölkerung, was in den Wasserverträgen steht – die müssen nämlich die Wassergebühren zahlen, die darauf zurückgehen. – Frau Junge Reyer! Legen Sie endlich den S-Bahn-Vertrag ungeschwärzt auf den Tisch! Wir haben ein Schreiben geschickt und Sie unter Fristsetzung aufgefordert, dies zu tun. Die Frist ist abgelaufen. Deshalb sagen ich Ihnen: Entweder der Vertrag kommt, oder die Klage kommt. Das garantiere ich Ihnen.

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Legen Sie ein Gesetz vor, in dem die Bedingungen geregelt sind, wie im Kernbereich öffentlicher Daseinsvorsorge, die auch privatrechtlich ausgestaltet sein können, Transparenz hergestellt wird. Das sind die Schlussfolgerungen, die man aus diesen beiden Urteilen ziehen muss. Es muss endlich gehandelt werden. Gehen Sie das Problem der Qualität in den Kitas an. Wir haben einen Gesetzentwurf dazu auf den Tisch gelegt. Sie müssen nur Handeln – statt nur technokratisch zu diskutieren, statt immer nur anzukündigen. Wir können es uns in Berlin nicht leisten, die Zeit mit einer Regierung zu vertrödeln, die sich auf das Fabulieren beschränkt und nichts umsetzt. Dafür ist die Lage in der Stadt zu ernst.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Sie, meine roten Damen und Herren, haben den Bezug zu der Stadt verloren. Auch diese Lehre müssen wir aus den Urteilen ziehen. Handeln und nicht mehr ankündigen, das muss jetzt geschehen. Deshalb wollen wir über die Volksbegehren zum Wasser und zur Kita reden, deshalb haben wir unseren Antrag zur Aktuellen Stunde so formuliert. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Uwe Lehmann-Brauns (CDU)]

Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Für die FDPFraktion spricht nunmehr der Kollege Czaja. – Bitte schön, Herr Czaja!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stimme Ihnen zu, dass wir heute eine Runde drehen, bin aber gleichzeitig sehr froh, dass wir die Runde drehen können, um die Aktualität herausarbeiten zu können.

Nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts ist es notwendig, in diesem Haus nicht nur über die von Ihnen bereits erwähnten Rechtsfragen und juristischen Spitzfindigkeiten zu sprechen, sondern die zentrale Frage nach der Zukunft der Kleinsten zu stellen, die nach der Qualitätsverbesserung in den Kitas im Sinne eines klaren Bürgerwillens.

[Beifall bei der FDP]

Wir wollen Sie gemeinsam antreiben, die rot-rote Koalition in die Verantwortung nehmen und deutlich machen, dass es enormen Handlungsbedarf gibt. Wir wollen heute darüber reden, welchen Stellenwert die Interessen der Eltern bei Rot-Rot überhaupt haben, wenn es der Senat auf der einen Seite begrüßen würde, wenn in den Haushaltsberatungen mehr Geld für Personal gefunden würde, er auf der anderen Seite aber nicht danach sucht und deshalb kein Lösungsangebot unterbreitet. Wir müssen uns dieses wichtigen Themas annehmen, damit die Bürgerinnen und Bürger nicht weiterhin an der Nase herumgeführt und von den Linken für dumm verkauft werden im Sinne von Erklärungen des Inhalts: Die Linke kritisiert Rot-Rot. – Dies ist keine Lösung. Auch die Kritik der Linken hilft nicht weiter, um die Probleme in den Kitas zu lösen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Das Gegenteil ist der Fall. Der Lösungsansatz heißt aus Ihrer Sicht womöglich Neuverschuldung. Wer jedoch den Haushalt neu belastet, erhebt indirekt Kitabeiträge, weil genau dieselbe Generation diese Schulden zurückzahlen darf.

Kommen Sie in der Realität an und akzeptieren Sie, dass die Familien in der Stadt nicht nach Ihren Vorstellungen glücklich und denkfaul leben, sondern dass sie glücklich und bürgerlich engagiert leben! Hören Sie auf, uns in den Ausschüssen an der Nase herumzuführen! Geben Sie Antworten darauf, weshalb das 2006 beschlossene Bildungsprogramm für die Berliner Kitas ohne Personal nur noch den Wert von lediglich 120 Seiten bedrucktem Papier hat! Erklären Sie den Eltern, weshalb Sie freiwillig auf 38 Millionen Euro jährlich verzichten und diese nicht in die Bildungsqualität investieren, sondern stattdessen Ihrem Traum einer Kita Rote-Sonne-vorwärts hinterherjagen!

[Lars Oberg (SPD): Was?]

Wer das eigene versprochene Stufenprogramm wegen ideologischer Wahlversprechen schuldig bleibt, sollte sich heute in der Aktuellen Stunde erst recht durch die Opposition die kostenlose Nachhilfestunde geben lassen und lernen, wie frühkindliche Bildung tatsächlich realisiert und umgesetzt werden kann.

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Umso erfreulicher ist es deshalb aus unsere Sicht, welches Verständnis Bildungssenator Zöllner am 23. September 2009 in der „Morgenpost“ zum Ausdruck gebracht hat, das aber leider bis heute folgenlos geblieben ist. Dies vielleicht deshalb, weil Sie akzeptieren mussten, dass das emotionale Zentrum dieser Koalition irgendwo zwischen Herrn Wowereit und Herrn Lederer stattfindet. Seien Sie also wieder Senator! Seien Sie der Senator, der in Rheinland-Pfalz Profil gewonnen hat, seien Sie nicht Trittbrett für Wowereits bundespolitische Interessen, bei denen Berlin nur noch einen geringen Stellenwert einnimmt! Seien Sie ein Senator, der sich nicht in die außerparlamentarische Bewegung drängt und an die Spitze von

Volksbegehren stellt! Seien Sie Senator in diesem Senat, treiben Sie Ihre Kollegen dazu an, die Qualität in den Berliner Kitas wieder zu verbessern!

[Beifall bei der FDP]

Weil es um unsere Stadt, unsere Kitas, die Eltern und die Anliegen der Kleinsten geht, sind wir der Auffassung, dass es heute richtig ist, nicht die juristischen Spitzfindigkeiten in den Vordergrund zu stellen, sondern die Herausforderung, die solch ein Urteil mit sich bringt, auch tatsächlich zu diskutieren. Einen aktuellen Anlass haben wir allemal, mit dem Urteil müsste er Sie eingeholt haben. Reden Sie mit uns darüber, wie wir nach dem Urteil Qualitätsverbesserungen in den Kitas realisieren können und dabei den Bürgerwillen nicht ignorieren!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Czaja! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse über das Thema der heutigen Aktuellen Stunde abstimmen, zuerst über das Thema der Koalitionsfraktionen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die beiden Koalitionsfraktionen. Die Gegenprobe! – Das sind CDU und FDP. Die Grünen enthalten sich. Dann ist das so beschlossen. Die anderen Themen haben damit ihre Erledigung gefunden.

Ich weise Sie auf die Konsensliste und das Verzeichnis der Dringlichkeiten hin. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Wenn das im Einzelfall nicht der Fall sein sollte, bitte ich um entsprechende Mitteilung.

Senatsmitglieder sind wie folgt entschuldigt: Senatorin Lompscher ist abwesend ab ca. 16.30 Uhr, um der Verbraucherschutzministerkonferenz 2009 in Berlin vorzusitzen. Der Regierende Bürgermeister wird ab ca. 17.00 Uhr abwesend sein, um dem World Health Summit zum Auftakt der Feierlichkeiten anlässlich des dreihundertjährigen Jubiläums der Charité beizuwohnen. Frau Senatorin Lompscher hat mitgeteilt, dass sie bereits eine Stunde früher als im Ältestenrat mitgeteilt die Sitzung verlassen muss, um die Teilnehmer der Länderkonferenz als Vorsitzende in Berlin zu begrüßen. Im Ältestenrat, Herr Regierender Bürgermeister, ist darum gebeten worden, dass Sie, wenn es geht, nach dem Termin in der Charité zu uns in die Plenarsitzung zurückkehren – wenn es zeitlich Sinn macht.

Dann kommen wir zur

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Mündliche Anfragen

Ich werde die Fragen 4 und 6 zum Thema Ausbildungsplatzsituation zusammenfassen. Die Frage Nr. 2 des Kollegen Brauner von der CDU-Fraktion ist zurückgezogen

worden. An dieser Stelle wird die Frage Nr. 12 der Abgeordneten Kroll von der CDU-Fraktion vorgezogen.

Es beginnt Frau Radziwill mit einer Frage zu dem Thema

Der Winter steht bevor: Ist die Kältehilfe gut aufgestellt?

Bitte schön, Frau Radziwill!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Frau Bluhm! Ich gratuliere Ihnen zum neuen Amt, wünsche Ihnen ein glückliches Händchen und freue mich, Ihnen die erste Mündliche Anfrage stellen zu können.

Ich frage den Senat:

1. Welche Angebote hält der Senat in der kalten Jahreszeit für wohnungslose Menschen bereit?

2. Betrachtet der Senat das Angebot angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre als ausreichend?

Frau Bluhm, bitte schön! Welch neue Rolle! Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Radziwill! Nach unserem derzeitigen Erkenntnisstand wird sich die Angebotsstruktur, die regionale Verteilung der Angebote über die Stadt, die Vielfalt der Angebote und die Informations- und Vernetzungsmöglichkeit auf dem Vorjahresniveau bewegen, was auch von Experten als insgesamt adäquates und bedarfsgerechtes Angebot betrachtet wurde und wird. In der Zuständigkeit der Bezirke für die Kältehilfe stehen wohnungslosen, auf der Straße lebenden Menschen Notübernachtungen und Tagesaufenthalte zur Verfügung. Diese Angebote starten jedes Jahr zwischen dem 1. November und dem 1. Dezember.

Im letzten Jahr umfasste das Angebot 14 Notübernachtungen mit ca. 250 Plätzen, 11 Nachtcafés mit ca. 490 Plätzen und 70 Übernachtungsmöglichkeiten, 28 Einrichtungen mit Tagesaufenthalten und ca. 13 Suppenküchen. Den Hilfesuchenden stehen ganzjährig und täglich Notübernachtungen in der Franklinstraße in Charlottenburg mit 72 Plätzen sowie Notübernachtungen für Frauen in der Tieckstraße in Berlin-Mitte zur Verfügung. Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales wird wieder über den Ligavertrag Soziales das Kältetelefon schalten sowie die jährliche Angebotsübersicht in Form einer Internetpräsenz für den Winter 2009/2010 veröffentlichen. Das Kältetelefon dient jeden Abend zwischen 19 und 23 Uhr dazu, Nachfragen von auf der Straße lebenden Menschen und die Angebote zu koordinieren. Darüber

hinaus gibt es den Kältebus des Vereins Berliner Stadtmission, der wohnungslosen Menschen die Fahrt zur Notübernachtung und Nachtcafés ermöglicht. Da das aber noch der Stand ist, weil die Vorbereitungen auf Hochtouren laufen: Wenn die betroffenen Abgeordneten noch mehr die Aktualität dieses Jahres und neue Angebote, die eventuell hinzukommen, interessieren, empfehle ich, voraussichtlich am 29. Oktober, die Pressekonferenz der Wohlfahrtsverbände, die sich genau diesem Thema widmet.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Danke schön, Frau Senatorin!

Dann kommt die Frage Nr. 12 der Abgeordneten Kroll zum Thema

100 Jahre Vivantes Klinikum Neukölln – Hubschrauberlandeplatz in Sicht?

Bitte schön, Frau Kroll!

Ich frage den Senat:

1. Ist beabsichtigt, auf dem Gelände des VivantesKlinikums Neukölln den vorhandenen Hubschrauberlandeplatz für Notfalleinsätze und Verlegungstransporte so umzubauen, dass er den luftfahrtrechtlichen Bestimmungen entspricht, damit dieser Standort auch künftig für solche Transporte wieder angeflogen werden kann?

2. Inwieweit unterstützt der Senat das Anliegen des Klinikums, insbesondere vor dem Hintergrund der Nähe und der baldigen Inbetriebnahme des Flughafens BBI in Schönefeld und der erforderlichen Vorsorge bei entsprechenden Notfalleinsätzen?