Das ist aber im Falle von Schulverweigerung etwas vollkommen anderes, und da musste die Ausländerbehörde eine feine Trennung vornehmen. Das tut sie, und das ist auch der richtige Ansatz. Vielen Dank, meine Damen und Herren, die Diskussion wird uns weiter begleiten!
Danke schön, Herr Kollege Dr. Felgentreu! – Für die CDU hat nunmehr der Kollege Wansner das Wort. – Bitte schön, Herr Wansner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Mutlu! Sie haben in einem recht: Herr Felgentreu hat im Ausschuss nicht genau zugehört. Es war so, dass das alles schon ein wenig weiter ist als das, was Sie, Herr Felgentreu, hier formuliert haben. Deshalb ist der Antrag der Grünen, wie ich glaube, ein eindeutiger Schaufensterantrag.
Wer sich mit § 35 des Aufenthaltsgesetzes auch nur im Ansatz ausreichend beschäftigt, muss feststellen, dass hier alle Möglichkeiten zur Entscheidungsfindung der Ausländerbehörde gegeben sind. So ist dieser Sachverhalt, Herr Mutlu, auch am 22. Juni 2009 im Innenausschuss diskutiert und vom Staatssekretär, Herrn Freise, ausnahmsweise auch einmal deutlich dargestellt worden, dass diese problematischen Vorfälle, die Sie, Frau Kollegin, in Ihrem Antrag darstellen, in der Realität nicht im Ansatz vorkommen.
Dieses Gesetz ist bereits damals von der rot-grünen Bundesregierung mit Verbesserungen von der Union erlassen worden. Herr Staatssekretär Freise hat dann – nachzulesen im Inhaltsprotokoll vom 22. Juni 2009 – ausgeführt – ich zitiere:
Kommt die Erteilung der Niederlassungserlaubnis nach Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung nicht in Betracht, so hindert das selbstverständlich nicht, zu einem späteren Zeitpunkt bei erneuter Antragstellung eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn sich der Sachverhalt zugunsten der Betroffenen geändert hat.
Herr Wolf von der Linksfraktion war denn auch sofort mit den Ausführungen des Staatssekretärs zufrieden. Ich zitiere auch seine Ausführungen nach dem Protokoll: Die neue Formulierung des Anwendungshinweises sei akzeptabel. Er bitte daher die Grünen, ihren Antrag zurückzuziehen, anderenfalls werde die Linksfraktion dagegen stimmen. Das bedeutet doch hier schon eindeutig, dass der Senat, Frau Kollegin Bayram, § 35 Aufenthaltsgesetz praktisch außer Kraft gesetzt hat.
Das heißt, dass es so, wie es vom Bundesgesetzgeber formuliert wurde, in dieser Stadt gar nicht mehr angewandt wurde. Wenn es anders wäre, hätte ich mich bei diesem Innensenator doch auch gewundert. Herr Körting steht doch, dass wissen wir, unter Erfolgsdrang seiner linksradikalen Freunde.
So muss er insgesamt im Abgeordnetenhaus und in dieser Stadt so verfahren. Deshalb machen wir uns, Frau Bayram, keine Sorgen um § 35. Er wird nicht angewandt,
Danke schön, Herr Kollege Wansner! – Für die Linksfraktion hat nunmehr der Kollege Udo Wolf das Wort. – Bitte schön, Herr Wolf!
Danke schön, Herr Präsident! – Es entwickelt sich hier zu einem echten Expertengespräch, die ganze Maßnahme!
Herr Wansner! § 35 Aufenthaltsgesetz muss selbstverständlich auch im Land Berlin angewandt werden, weil Bundesrecht Landesrecht bricht, zu meinem Leidwesen, Herr Wansner!
[Kurt Wansner (CDU): Aber doch nicht bei diesem Innensenator! Der hat sich noch nie an Bundesrecht gehalten!]
In der Tat finde ich, dass § 35 Aufenthaltsgesetz viel zu restriktiv mit der Möglichkeit der Niederlassungserlaubnis umgeht. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass wir eine bundesgesetzliche Regelung bekommen hätten, wo die Hürden für die Niederlassungserlaubnis tatsächlich abgesenkt werden. Da dem nicht so ist, haben wir es mit Anwendungshinweisen zu tun.
Da, liebe Kollegin Bayram, haben wir uns, als wir noch zusammen in einer Koalition waren – es ist ja noch nicht so lange her –, gemeinsam darum bemüht – ich glaube, damals hat Frau Öney noch für die Grünen den Antrag zu den Anwendungshinweisen geschrieben –,
Das haben wir geschafft, und wir haben es so geschafft, dass die Restriktion mit den Schulzeugnissen herausgenommen wird und nur noch im Zweifelsfall in Anwendung gebracht wird.
Das ist ein schöner Erfolg unserer gemeinsamen Bemühungen, hier zu einer vernünftigen, auch liberalen Aufenthaltspolitik in dieser Stadt zu kommen.
Weil das Problem jetzt wieder aufgetaucht ist, dass möglicherweise in der Ausländerbehörde das eine oder andere Mal doch noch zu restriktiv nachgefragt oder nachgeforscht wird, hat der Staatssekretär auch immer wieder gesagt: Wenn Sie Einzelfälle haben, bringen Sie sie, wir können sie noch mit der Ausländerbehörde nachträglich klären, ob dort nicht im Zweifelsfall zu restriktiv gehandelt wird. Die Sache ist erledigt, was die Möglichkeiten auf der Ebene – – Hier blinkt es, es möchte jemand eine Zwischenfrage stellen?
Herr Wolf! Ich war jetzt wirklich versucht zu sagen: Glauben Sie wie Ihr Bruder auch, dass nur, weil einige sagen, das LGG werde angewandt, es deswegen auch angewandt wird? Und glauben Sie Staatssekretär Freise das, nur weil er sagt, das haben wir geändert? Soll ich dafür meine ganze juristische Ausbildung über Bord werfen? Es ist eben nicht in dem Sinn geändert. Da hilft es auch nichts.
Meine Frage ist: Machen Sie sich damit zum Vorkämpfer für die Migrantinnen und Migranten? Wie schnell lassen Sie sich hier einlullen?
Sehr geehrte Frau Bayram! Was die Sache mit dem Glauben in der Politik ist, damit habe ich es nicht so dolle, mit dem Glauben.
Es ist tatsächlich die Aufgabe der Legislative, Kontrolle auszuüben. Das wollen wir auch gerne weiterhin tun. Wenn die Aussage des Staatssekretärs so getroffen wurde, wie sie übrigens zum Teil sogar richtig von Herrn Wansner zitiert wurde,
dann werden wir immer wieder dort, wo Einzelfälle auftauchen, wo entgegen dieser Aussagen gehandelt wurde, kontrollieren und versuchen nachzujustieren. Das haben wir übrigens auch in der Vergangenheit getan.
Ich – im Übrigen – mache es mir nicht so einfach, wie Sie es sich gemacht haben, nämlich in der Situation, wo wir gerade bei dieser schwierigen Materie immer wieder sehr schwierige Auseinandersetzungen auch in der Koalition zu führen hatten, einfach in die Opposition zu wechseln und dann nur noch Anklage zu üben. Ich versuche, in der Sache weiter etwas zu verändern, das ist vielleicht auch eine vernünftige Lösung. – Danke schön!
Danke schön, Herr Kollege! – Jetzt hat der Kollege Jotzo für die FDP das Wort. – Bitte schön, Herr Jotzo, ergreifen Sie es!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wolf! Ich habe ja mit Freude Ihr Plädoyer für eine liberale Aufenthaltspolitik in Berlin zur Kenntnis genommen. Darauf werde ich an gegebener Stelle gerne zurückkommen.
[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Drohen Sie nicht! – Uwe Doering (Linksfraktion): Wollen Sie heute wirklich liberal werden?]
Zurück zur Sache! – Frau Bayram! Sie haben darüber spekuliert, warum die SPD bei Migrantinnen und Migranten verliert. Sie meinen, dass es möglicherweise daran liegt, dass die SPD nicht in der Lage ist, Migrantinnen und Migranten Brücken zu bauen. Ich bin der Meinung, die SPD verliert bei Migrantinnen und Migranten vor allem deshalb, weil sie nicht in der Lage ist, Migrantinnen und Migranten in unserer Stadt Chancen zu eröffnen. Das Problem ist, dass die SPD – und Frau Bayram, da muss ich Sie und die Linksfraktion auch einschließen – Migrationspolitik in unserer Stadt ausschließlich als Sozial- und Ausländerpolitik zu begreifen scheint.