Das ist umso ärgerlicher, weil wir jetzt und nicht erst im Jahr 2012/2013 – welche Koalition auch immer dann hier in der Regierung ist – die ersten Schritte gehen müssen, um die Schuldenbremse, die ab dem Jahr 2020 greift, auch im Land Berlin umsetzen oder einhalten zu können. Ich habe erwartet, dass Sie, Herr Nußbaum, oder die Vertreter der Regierungskoalition uns sagen, wie Sie denn zu
der Schuldenbremse stehen. Wird es aus diesem Haus von einzelnen Abgeordneten Klagen geben, oder wird die „Thärichen-Variante“ – man ignoriert die Schuldenbremse und das Grundgesetz einfach und wartet mal ab, was denn der Bund irgendwann in ferner Zukunft tun wird – vollzogen werden? Hier wäre die Gelegenheit gewesen – und das ist keine Frage eines Brainstormings, wie es Frau Matuschek gesagt hat, sondern eine Frage des offenen Austauschs und Dialogs miteinander –, für Klarheit zu sorgen, worauf wir uns alle als Haushaltspolitiker einrichten können.
Sie haben diese Gelegenheit leider verstreichen lassen. In der Tat – wir haben es als FDP-Fraktion so auch schon in der Öffentlichkeit kommuniziert – sind wir der Auffassung, dass wir bereits in dem Doppelhaushalt 2010/2011 zu Ausgabenreduzierungen kommen müssen. Wir sind der Auffassung, dass es unverantwortlich ist, wenn wir im Land Berlin auf der einen Seite auch im Jahr 2010/2011 insgesamt ungefähr 6 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen, aber erst ab dem Jahr 2012 bereit sind, über Ausgabenreduzierungen nachzudenken. Unser Ziel als FDP-Fraktion in den Haushaltsberatungen ist es, mindestens den Betrag an Ausgaben einzusparen, den das Land Berlin in den Jahren 2010 und 2011 an Zinssteigerungen, an Mehrzinsausgaben aufwenden muss. Das sind im Jahr 2010 80 Millionen Euro, und es werden im Jahr 2011 noch mal ungefähr 240 Millionen Euro sein. Das ist ein ambitioniertes Ziel. Wir behaupten nicht, dass man der Krise hinterhersparen kann – das behauptet niemand in diesem Haus –, sondern wir sind der Auffassung, dass wir uns konzentrieren, zusammenreißen und – zumindest für die nächsten Generationen – bereits jetzt einen Sparbeitrag leisten müssen. Das werden wir in den Haushaltsberatungen auch unterlegen. Wir werden es Ihnen zu der 2. Lesung des Doppelhaushalts im Hauptausschuss vorlegen.
Da ich das Gefühl habe, dass die Aufmerksamkeit hier im Plenum, was die Haushaltsberatungen angeht, mittlerweile bei null ist, auch schon bei meinen Vorrednern bei null war – außer vielleicht einige wenige Haushälter, die sich aber sowieso in den nächsten zwei Monaten intensiver mit der Materie beschäftigen werden –, werde ich es hierbei bewenden lassen. Sie werden von uns in den Ausschusssitzungen konkrete Titelreduzierungsanträge in den Doppelhaushaltsberatungen vorgelegt bekommen.
Wir sind dann gespannt, und da werden wir Sie – auch zum Beispiel Sie, Herr Esser – in den nächsten Monaten stellen. Sie haben hier zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Haushalt auch nur über die Ausgabenseite mit konsolidiert werden kann. Ich würde mir wünschen, dass die Grüne-Fraktion in den Doppelhaushaltsberatungen konkrete Anträge stellt, um das zu unterlegen. Es ist das eine, Ausgabenreduzierungen konkret einzufordern. Wir haben in den letzten Jahren gelernt, dass Rot-Rot dazu nicht in der Lage ist. Auch heute haben wir nur wieder gehört,
dass in der letzten Legislaturperiode einige Anstrengungen unternommen wurden, um Ausgaben zu reduzieren. Das haben wir auch immer anerkannt, gerade zu Beginn der letzten Legislaturperiode. Aber in dieser Legislaturperiode ist nichts mehr geschehen, deswegen können wir nicht mehr auf die SPD und die Linke setzen. Aber ich denke, gerade Sie, Herr Esser, die Grünen, die das in den letzten Jahren immer wieder eingefordert haben, sind in der Pflicht, das irgendwann einmal mit konkreten Ausgabenreduzierungen zu unterlegen. Da werden wir Sie beim Wort nehmen und auch messen, Herr Esser.
Ansonsten freue ich mich auf die Haushaltsberatungen. Ich denke zwar nicht, dass es eine kurzweilige Zeit wird, aber es ist ein notwendiges Unterfangen, und ich bin gespannt, was aus den einzelnen Fraktionen an Änderungsanträgen kommt. Ich habe den Eindruck – anders als Frau Matuschek –, dass sich momentan nur die Oppositionsfraktionen bemühen, Änderungsanträge zu stellen und Berichtsaufträge zu geben. Vonseiten der Regierungskoalition scheint hier eher Desinteresse zu bestehen und das Prinzip „Abnicken des Senatsentwurfs“ auf der Tagesordnung zu stehen.
Das ist bedauerlich, aber das zeigt nun mal sehr deutlich, dass Sie nicht bereit sind, sich mit diesen Zahlen näher zu beschäftigen.
Danke schön, Herr Kollege Meyer! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr der Kollege Schruoffeneger das Wort. – Bitte schön, Herr Schruoffeneger!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem sich mein Kollege Esser eher dem Grundsätzlichen zugewandt hat, möchte ich noch einige Anmerkungen zum konkreten Berliner Haushalt machen. Das hat dieser Haushalt verdient.
Ein neuer Senator ist angetreten. Er hat viel angekündigt, und man konnte hoffen, dass nach drei verlorenen Jahren im Sinne der Haushaltskonsolidierung nun die Realität endlich wieder anerkannt wird und notwendige Strukturentscheidungen vorbereitet werden. Und dann kam die Senatsentscheidung: erst einmal aufblähen, und dann ab 2012 wieder sparen. 0,3 Prozent Haushaltssteigerung jährlich ab 2012, jetzt erst mal 3 Prozent oben drauf.
Was die SPD unter Strukturentscheidung versteht, konnten wir im Beitrag von Herrn Zackenfels hören. Er hat uns seine Ideen zu diesem Haushalt gesagt: die LeichtathletikWM der Frauen. Da sage ich nur: ärmliche Vorschläge, keine Idee, augenscheinlich nichts drauf. Seit den Maß
nahmen in der Vergangenheit, die er erwähnt hat – das ist fünf Jahre her –, worauf er stolz war, ist nichts passiert.
Rund 200 bis 250 Millionen Euro sollen jährlich in den Jahren 2012 bis 2013 eingespart werden. Jetzt gibt es erst einmal über alle anderen Steigerungen hinaus 170 Millionen Euro pauschale Mehrausgaben bei der Finanzverwaltung. Die Wahlgeschenke werden vorbereitet. Die Personalkosten steigen im Jahr 2010 um über 200 Millionen Euro an. Ab 2012 soll es dann keine Aufwüchse beim Personal mehr geben. Herr Zackenfels hat uns schon angekündigt: Er geht davon aus, dass natürlich demnächst auch wieder Tariferhöhungen kommen müssen. Das bringen Sie mal in Übereinstimmung, die Zahlen und die Ankündigung von eben! Das wird nicht passen.
Jetzt den Schluck aus der Pulle, und die nächste Regierung soll den Beschäftigten dann klar machen, dass nichts mehr geht! Die Sachkosten steigen seit Jahren jedes Jahr um 3 Prozent. Ab 2012 soll es dann den Stillstand geben. Jetzt laufen lassen, die neue Regierung soll dann strukturelle Einschnitte machen. Jetzt noch schnell einige Wahlversprechen realisieren wie die Kostenfreiheit der Kitas, und die nächste Regierung darf das dann zurücknehmen, um die dringend notwendige qualitative Verbesserung der Kita-Erziehung zu ermöglichen, die Sie jetzt verweigern. 94 Millionen Euro mehr für die Kitas – Herr Senator, Sie haben das stolz verkündet – decken lediglich den Bedarf für die zusätzlichen Kinder, die wir haben, aber es gibt keinen Cent für wirkliche Qualitätsverbesserungen in der Kita, und das ist ja wohl das Mindeste, das wir erwarten können.
Und dann wird es ganz absurd – wenn wir bei den Investitionen ankommen. Erst die Ankündigung von Ihnen, den Investitionsrahmen ab 2012 noch einmal zu reduzieren, und dann einen Haushalt beschließen, der diverse Maßnahmen mit Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten Jahre anschiebt. Die nächste Regierung kann dann gar nichts mehr machen, auf Jahre wird es keine neuen Maßnahmen für Schulen, Hochschulen und Gemeinbedarf geben.
Sowohl Sie als auch Frau Matuschek haben gesagt, Sie seien sich nicht sicher, dass diese Investitionsplanung so laufen könne. Wie bitte? Wir sollen Verträge frei geben, wir sollen Geld binden, ohne dass wir wissen, ob wir die Folgekosten in den nächsten Jahren finanzieren können? – Das kann nicht Ihr Ernst sein.
Ich sehe nicht, dass wir heute ohne irgendeine Konzeption 250 Millionen Euro Baumaßnahmen auf dem Tempelhofer Feld anschieben können, ohne zu wissen, was da eigentlich passiert. Ich sehe, dass die Bevölkerung den Platz nutzen will, aber ich sehe nicht die schreiende Bevölkerung, die sagt, vorher bitte eine viertel bis halbe Milliar
de Euro dort verbauen. Die langfristigen Bindungen – mein Kollege Esser hat es gesagt – in diesem Haushalt sind 5 Milliarden Euro Verpflichtungsermächtigungen – die Nachfolger sollen dann damit klarkommen. Herr Senator! Ihre Analyse nach der Senatssitzung war falsch. Sie sagten, einige meiner Kollegen – Ihrer Kollegen Senatoren – sind nicht in der Berliner Realität angekommen. Nein, es ist viel schlimmer, mit diesem Haushalt hat sich der Senat komplett aus der Realität ausgeklinkt und die politische Verantwortung für Berlin abgegeben.
Die Vorabüberweisung hinsichtlich des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanentwurfs an den Hauptausschuss und die Fachausschüsse haben Sie bereits bestätigt. Zur Vorlage – zur Kenntnisnahme – „Bericht des Senats von Berlin zur Finanzplanung“ wird die Überweisung an den Hauptausschuss vorgeschlagen. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.
Unter dem Tagesordnungspunkt 42 rufe ich die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf. Wir kommen damit zur
Für die Beratungen steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu acht Minuten zur Verfügung. Für Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Ratzmann das Wort. – Bitte schön, Herr Ratzmann!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben gerade in der gesamten Bundesrepublik – wie ich finde, zu Recht – eine Debatte darüber, was Manager von großen Unternehmen verdienen, was ihnen zusteht, was die einzelnen Bestandteile ihrer Vergütung sind und ob sie sie zu Recht oder zu Unrecht erhalten. Wir haben eine breite Debatte darüber gehabt, ob falsch gesetzte Anreize bei den Vergütungen von Leitungspersonal in den großen Körperschaften nicht mit dazu geführt haben, die Finanzkrise zu verursachen. Auf der Bundesebene gibt es Bestrebungen, Gesetzgebungen einzuführen, die genau diese Fragen regeln und die den unmoralischen Abfindungen und dem Auspressen von Unternehmen einen Riegel vorschieben sollen.
Ich glaube, dass das eine richtige Debatte ist, und ich finde, dass wir diese Debatte auch hier im Land Berlin führen müssen. Es geht nicht darum – das will ich gleich
vorweg sagen –, dass das Gehalt derjenigen, die Leitungsfunktionen in den Berliner Unternehmen, in den Unternehmen innehaben, an denen das Land Berlin beteiligt ist, zu hoch ist. Wer aber kontrollieren will, ob die einzelnen Vergütungsbestandteile die richtigen Anreize setzen, wer kontrollieren will, ob die Aufsichtsräte ihre Funktionen im Hinblick auf diese Vergütungen richtig wahrnehmen können, wer kontrollieren will, ob die Zielvereinbarungen, die mit diesen Unternehmen getroffen worden sind, sich tatsächlich auch widerspiegeln in den Anreizsystemen der Vergütungen, der muss wissen, wie die einzelnen Vergütungen des Leitungspersonals zusammengesetzt sind. Da reicht es nicht aus, in den Beteiligungsberichten Pauschalsummen zu nennen – das versetzt uns nicht in die Lage, diese Kontrollfunktion wirksam ausüben zu können.
Weil wir diese Kontrollfunktionen ausüben müssen, weil wir als Parlament verantwortlich zeichnen für die Steuergelder und die öffentlichen Gelder, die auch in diese Unternehmen fließen, weil wir diejenigen sind, die die Leistungen und die Qualität kontrollieren müssen – wir haben es doch gerade in der Debatte um die S-Bahn gesehen, wie ein Unternehmen gemanagt wird, wer darauf achtet, dass in Unternehmen der Daseinsvorsorge die Qualität und die Leistung erbracht wird –, weil wir diese Aufgabe verantwortungsvoll wahrnehmen wollen, haben wir den Hinweis im Rechnungshofbericht 2008 ernst genommen, der moniert, dass es genau diese Aufsplittung in den Managergehältern im Land Berlin nicht gibt, dass das gerade nicht dargestellt wird. Deshalb legen wir Ihnen unseren Antrag vor, mit dem wir vorschlagen, dass genau diese einzelnen Bestandteile im Beteiligungsausschuss vorgelegt werden, denn nur wer das alles weiß, kann auch vernünftig arbeiten und seine parlamentarischen Aufgaben wahrnehmen.
Im Land Berlin haben wir 2005 ein Gesetz verabschiedet, das Gesetz zur Herstellung von Transparenz bei den Vorstandsvergütungen der Berliner Anstalten und den Geschäftsführervergütungen bei Beteiligungen Berlins an privaten Unternehmen. Man könnte meinen, dass damit alles geregelt sei, dass der Senat und das Beteiligungsmanagement im Lande Berlin schon die nötigen Grundlagen haben, um genau das umzusetzen. Pustekuchen! Wer meint, dass eine linke Regierung – die im Bund nicht müde wird, genau das immer zu predigen – einem Regierenden Bürgermeister gegenüber, der in der SPD-Zentrale in Kommissionen mitarbeitet, die den Auftrag erhalten, diese Transparenz in öffentlichen Unternehmen und großen Körperschaften herzustellen, dies selbstverständlich umsetzt, der sieht sich leider getäuscht. Es bedarf eines Monitums in einem Bericht des Rechnungshofs, es bedarf eines Antrages aus der Opposition, um genau dieses Ansinnen umsetzen zu können.
Ich rate Ihnen dringend, wenn Sie es wirklich ernst meinen und Sie wirklich an Transparenz und Leistungsorientierung in den Berliner Unternehmen interessiert sind:
Beraten Sie unseren Antrag wohlwollend, stimmen Sie ihm zu! Das ist die einzige Chance, die wir haben, aus den Fehlern, die in der Vergangenheit gemacht wurden, zu lernen und das Desaster, das sich hauptsächlich in der Privatwirtschaft abgespielt hat, nicht über die öffentlichen Unternehmen hereinbrechen zu lassen. Ich glaube, wir sind gut beraten, diesen Weg zu gehen, und jetzt darf der Kollege Liebich noch eine Zwischenfrage stellen.
Das ist sehr nett, Herr Ratzmann! Mich interessiert, ob Sie diesen Vorschlag auch Ihren Hamburger Kollegen unterbreitet haben, die es ja versäumt haben, das Parlament darüber zu informieren, dass Herr Nonnenmacher 2,9 Millionen Euro Sonderabfindung erhalten hat.