Protocol of the Session on June 25, 2009

hilfe, das wollten Sie ja damit verklausuliert sagen –, muss das Land Berlin vor Ort seine Hausaufgaben machen. Dazu sind Sie offensichtlich nicht in der Lage, und solange das nicht der Fall ist, können Sie auch nicht nach dem Bund rufen.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege Meyer! Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Zackenfels?

Weil es Herr Zackenfels ist!

Herr Zackenfels – bitte!

Herr Kollege Meyer! Würden Sie die Zeit noch kurz nutzen, und in Eckpunkten darstellen, wie der Plan der FDP aussieht, um 60 Milliarden Euro Schulden in den kommenden Jahren abzubauen? – Ich bin gespannt auf Ihre Darstellung!

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Steuersenkung!]

Dazu muss ich sagen, dass die Redezeit des Kollegen Meyer abgelaufen war. Wenn Sie diese Antwort aber wünschen, dann verbringen wir noch längere Zeit damit. – Herr Meyer, Sie haben das Wort!

Herr Momper! Ich kann Sie beruhigen, wir werden im Herbst – im Rahmen der Debatte über den Doppelhaushalt – genug Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren. Dann werden wir auch die mittelfristige Finanzplanung, die Sie vorlegen, beraten, und dann werden wir Ihnen mit liberalen Vorschlägen einen Gegenentwurf präsentieren.

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Meyer! – Nun erhält Kollege Esser zu einer Kurzintervention das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Meyer! An einem Punkt muss man doch mal ehrlich sein: Herr Zackenfels hat mit dem Satz „Wir schaffen das nicht allein!“ doch völlig recht, und zwar nicht nur für Berlin, sondern für alle Bundesländer. Über die Ausgabenseite

allein wird das nicht zu machen sein, ich muss auch auf der Einnahmeseite etwas verbessern.

Nun gibt es zwei Parteien, die in den Wahlkampf gehen und Steuersenkungen versprechen – dazu habe ich beim letzten Mal schon gesagt, dass uns das Volk vor einer solchen Regierung bewahren möge!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Bei der CDU bekommen wir mit, dass denen auch dämmert, dass das so nicht geht. Und heute sickert nun durch: Mehrwertsteuer erhöhen und Hartz-IV-Wohngeld kürzen, das sei das Mittel der Wahl, um dieser katastrophalen Haushaltssituation im Bund und in den Ländern Herr zu werden. Dazu müssten Sie sich dann auch verhalten, denn – und hier hat das Wort mal seine Berechtigung –: Das ist Klassenkampf von oben! Die Folgen der Krise werden über Mehrwertsteuererhöhung und über die Kürzung von Hartz-IV bezahlt! Ich neige nicht zu Drückebergerei in der Frage: Belastungen auch für breite Bevölkerungsschichten, Ausgabenkürzungen in Berlin. Vorher aber muss meiner Ansicht nach klar sein, dass auch Vermögen, Erbschaften, Unternehmensgewinne, Spitzeneinkommen, Ehegattensplitting, Pendlerpauschale und andere ungerechte Subventionen auf den Prüfstand kommen, und auch eine Reform der Grundsteuer und der Gewerbesteuer. Den Weg muss man dann auch mitgehen, wenn am Ende ein sozial ausbalanciertes Sanierungskonzept stehen soll und die gesamte Republik 2020 das Ziel der Schuldenbremse – also annährend ausgeglichene Haushalte – erreichen soll. Wer da lügt, der begeht gegenüber den Leuten Wahlbetrug und macht anschließend Dinge, bei denen ausschließlich die unten zahlen, die auf den Staat angewiesen sind, während die anderen, die unter anderem auch die Mitverursacher dieser Finanzkrise sind, gar nicht zahlen. Hierzu möchte ich von der FDP eine realistische Antwort erhalten, jenseits von Parteiprogrammen, wozu ich ja auch die Traute habe.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Herr Meyer! Möchten Sie replizieren?

[Zuruf von Stefan Zackenfels (SPD)]

Eigentlich müsste der Redner sprechen, zu dem sich gemeldet wurde, aber wenn Kollege Meyer Ihnen, Herr Zackenfels, das abtritt, dann bitte schön, ausnahmsweise!

Herr Meyer möchte nur das letzte Wort haben.

[Joachim Esser (Grüne): Sozial-liberale Koalition!]

Herr Meyer! Es kann – und das hat Herr Esser noch mal ausdrücklich herausgearbeitet – schlechterdings nicht sein, dass Sie ernsthaft die Arbeit der letzten Jahre hier,

Christoph Meyer

die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, die Bemühungen – und ich wiederhole das in jeder Plenarsitzung, in der Sie das infrage stellen – und die Kämpfe, die wir hier hatten, um diesen Haushalt entsprechend auf Linie zu bringen, und bei denen Sie nicht an unserer Seite waren, dass Sie sich allen Ernstes hinstellen und uns vorwerfen, wir hätten unsere Hausaufgaben nicht gemacht. Das passt einfach nicht. Und das wissen Sie auch.

[Beifall von Raed Saleh (SPD)]

Das Zweite ist: Natürlich werden bei weiteren Steuersenkungen – und nicht nur wir nicht, sondern der Rest der Republik auch nicht, die Kommunen nicht, die anderen Städte nicht – die Körperschaften es nicht schaffen, ihre Haushalte in kommenden Jahren oder Jahrzehnten auszugleichen. Wenn Sie sich hier noch mal hinstellen und sagen, wir hätten unsere Hausaufgaben nicht gemacht und uns nicht bemüht, und wir würden das sozusagen alleine schaffen können, würden wir uns bemühen, dann reden Sie wider die Vernunft, und das wissen Sie auch, egal was Sie jetzt als letztes Wort sagen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Das war eine weitere Kurzintervention, und aus sozusagen Praktikabilitätsgründen hat der Kollege Meyer nun die Gelegenheit, darauf zu antworten, streng genommen zweimal drei Minuten, weil es zwei waren. – Bitte schön, Herr Meyer!

Ich weiß nicht, ob ich zweimal drei Minuten brauche. – Herr Zackenfels! Ich drehe es mal um. Was hat die rotrote Koalition in dieser Stadt ab dem Herbst 2005 haushaltskonsolidierungstechnisch geleistet?

[Zuruf von rechts: Nichts!]

Nichts! Gar nichts!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Sie hatten nur das Glück, dass ein, zwei Wochen nach der gescheiterten Klage in Karlsruhe, wo Ihnen das höchste deutsche Gericht attestiert hat, dass Sie in der Tat nicht alle Einnahmesteigerungsmöglichkeiten und Ausgabereduzierungsmöglichkeiten im Land Berlin in den letzten Jahren ausgeschöpft haben, dass zwei, drei Wochen danach durch die unverhofften, bestimmt nicht durch diesen rot-roten Senat zu verantwortenden Steuermehreinnahmen Ihre Probleme überdeckt wurden.

[Zuruf von Carl Wechselberg (Linksfraktion)]

Das war die Situation ab dem Jahr 2005. Und ab dem Jahr 2005 haben sich Herr Sarrazin und diese rot-rote Koalition damit gefeiert, anderthalb Milliarden Euro unverhoffte Steuermehreinnahmen pro Jahr zu bekommen. Und jetzt stellen Sie fest – das war ja auch unser Kritikpunkt bei den letzten mittelfristigen Finanzplanungen, die Sie vorgelegt haben –, dass dieser Weg in der Form – noch die

letzte mittelfristige Finanzplanung von Herrn Sarrazin ging von 500 Millionen Euro Steuermehreinnahmen pro Jahr aus, bis ins Jahr 2012/2013 – falsch war, dass es eine trügerische Hoffnung war, auf der Sie sich ausgeruht haben, und zwar zulasten des Landes Berlin, zulasten der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

So, Herr Esser!

[Joachim Esser (Grüne): So weit stimme ich zu! Und jetzt?]

Das beruhigt. – In Bezug auf die Steuerdebatte, zum einen, was jetzt hier durchsickert, was die CDU macht oder nicht machen will, da kann ich nur sagen, da müssen Sie die CDU fragen. Die CDU hat vor der letzten Bundestagswahl auch das eine oder andere ausgeschlossen und danach in der Tat Steuererhöhungen ganz einfach mit der SPD zusammen beschlossen. Und noch mal: Wenn wir über die Haushaltslage des Bundes reden, müssen wir doch erst mal feststellen, dass die große Koalition in den letzten Jahren eine Masse an Steuererhöhungen durchgeführt und durchgesetzt hat, die dazu geführt hat, dass die öffentlichen Haushalte im Bund über Milliardenmehreinnahmen verfügen.

[Zurufe von der CDU und der FDP]

Und trotzdem hat es die große Koalition im Bund nicht geschafft, die Haushalte im Bund nachhaltig zu konsolidieren. Das heißt, der ständige Ruf nach Steuererhöhungen, nach Steuermehreinnahmen durch Steuererhöhungen ist eine Sackgasse. Was die FDP fordert und nach der Bundestagswahl in einer schwarz-gelben Koalition auch umsetzen wird, ist, dass sich der Staat zunächst zurücknehmen muss, und dann wissen wir, wie wir die öffentlichen Haushalte auskömmlich finanzieren können.

[Zuruf: Wo ist denn da der Zusammenhang?]

Aber wir können nicht immer den einfachen Weg gehen, den die Grünen nämlich auch gehen wollen, dass wir einfach mehr Steuern über Steuererhöhungen einnehmen wollen und auf der Ausgabenseite nicht bereit sind gegenzusteuern. Was Sie, Herr Esser, in Berlin in den letzten Jahren durchaus mit der FDP an Ihrer Seite in allen Haushaltsberatungen immer eingefordert haben, das erwarten wir ebenfalls auf Bundesebene und auch von den Grünen auf Bundesebene. Da sind Sie bisher leider eine Antwort schuldig geblieben.

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Meyer! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Zuerst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der Grünen – Drucksache 16/2451-1 – abstimmen. Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen und die FDP. Gegenprobe! – Das sind die anderen drei Fraktionen.

Stefan Zackenfels

Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. Enthaltungen sehe ich nicht.