Protocol of the Session on May 28, 2009

Wenn Sie argumentieren, mehr Straßen führten automatisch zu mehr Verkehr, dann sage ich Ihnen: Die Wirtschaft folgt der Infrastruktur. Deswegen ist es eher richtig zu sagen: Wer Straßen baut,

[Volker Ratzmann (Grüne): Der frisst auch kleine Kinder!]

der erntet keinen Verkehr, sondern der zieht Investitionen nach und wird Steuereinnahmen ernten.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Das ist eine vernünftige Wirtschaftspolitik. Der Kollege Ueckert hatte recht: Herr Wolf hätte sich dazu in den letzten zwei Wochen auch einmal äußern können. – Er hat es nicht getan.

Frau Eichstädt-Bohlig! Dass Sie hier jetzt zwischen guten und schlechten Arbeitsplätzen differenzieren, ist vor dem Hintergrund der Hunderttausenden Arbeitslosen in dieser Stadt ein Hohn.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Uns kann es nicht darum gehen, dass Arbeitsplätze gut oder schlecht, zukunftsfähig oder nicht sind, sondern es geht darum, dass wir Arbeitsplätze schaffen.

Franziska Eichstädt-Bohlig

[Michael Schäfer (Grüne): Auf Dauer, Herr Meyer!]

Wenn wir ein Investitionsvolumen von 400 Millionen Euro haben, dann schafft das Arbeitsplätze. Das sollten Sie in ihrer Argumentation bedenken!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Sie begehen – zusammen mit dem BUND – mit ihren Argumenten gegen den Ausbau und der Forderung, die Mittel für alternative Verkehrsmittel umzuwidmen, eine massive Wählertäuschung. Sie spielen mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger, der 6 000 Betroffenen, um Ihre billige Klientelpolitik zu machen, vollkommen unabhängig davon, wie sich die Betroffenen vor Ort zu der Thematik positionieren.

Frau Eichstädt-Bohlig! Sie sprechen immer von einer Rolle rückwärts. Ich weise Sie darauf hin, dass der Bundesverkehrswegeplan im Jahr 2003 beschlossen worden ist. Das war zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung. Wenn ich mich richtig erinnere, waren Sie damals Mitglied des Bundestags.

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Wenn einerseits eine rot-grüne Bundesregierung diesen Verkehrsweg beschließt und 400 Millionen Euro Investitionen nach Berlin kommen und Sie andererseits ein paar Jahre später – zu Beginn des Planfeststellungsverfahrens – die Rolle rückwärts machen, dann müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, wie doppelzüngig Ihre Argumentation ist.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Rainer Ueckert (CDU)]

Herr Meyer! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Eichstädt-Bohlig?

Nein! Das tue ich nicht. Frau Eichstädt-Bohlig kann in Form einer Kurzintervention reagieren.

[Michael Schäfer (Grüne): Sie muss sich die Frage gefallen lassen, aber antworten darf sie nicht!]

Es ist in der Tat die Frage – und die müsste man besonders den Linken stellen –, was sich eigentlich in den letzten Wochen und Monaten geändert hat. Herr Gaebler hat zu Beginn seiner Rede auf den Stadtentwicklungsplan Verkehr hingewiesen. Im Stadtentwicklungsplan Verkehr ist der Weiterbau der A 100 beschlossen. Im Koalitionsvertrag ist er beschlossen. Dass die SPD nun ein argumentatives Problem hat, weil es einen Parteitagsbeschluss gibt, das mag sein. Warum jetzt aber ausgerechnet die Linken als erstes ihren Koalitionsvertrag und ihre Verabredungen von vor zweieinhalb Jahren aufkündigen wollen, erschließt sich mir nicht.

Herr Wowereit und Frau Junge-Reyer verteidigen das Projekt. Ich hoffe, dass sie sich damit durchsetzen können. Auch hier muss man sagen, dass das, was die SPD und insbesondere Herr Gaebler versucht, die Frage, ob man für oder gegen den Weiterbau ist, in ein Gesamtkonzept einzubinden, letztlich auch nur ein Verschieben der Entscheidung ist. Sie wollen sich um eine Entscheidung drücken, ob Sie die Autobahn bauen oder nicht bauen wollen. Das lassen wir nicht zu. Deswegen haben wir Ihnen die Möglichkeit gegeben, uns heute in einer namentlichen Abstimmung zu dokumentieren, ob Sie noch zu Ihrer Verkehrssenatorin und Ihrem Koalitionsvertrag stehen. Deswegen rege ich an und bitte Sie, unserem Antrag heute in einer sofortigen Abstimmung zuzustimmen. – Danke schön!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Das Wort für ein Kurzintervention hat jetzt der Abgeordnete Gaebler!

[Unruhe bei den Grünen – Zuruf: Es gab schon zwei!]

Entschuldigung! Bei Herrn Meyer gab es noch keine. Es gibt zu jedem Redebeitrag die Möglichkeit von zwei Kurzinterventionen. Bitte schauen Sie in die Geschäftsordnung.

Frau Eichstädt-Bohlig! So, wie ich es verstanden habe, wollten Sie am Ende dieser Aussprache reden.

[Zuruf]

Sie wollten jetzt an dieser Stelle sprechen? Ich dachte, Sie wollten am Ende eine persönliche Erklärung abgeben. – Sie möchten also an dieser Stelle sprechen.

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): Ich war direkt angesprochen!]

Es geht vor der Abstimmung, Frau Eichstädt-Bohlig. Schauen Sie in die Geschäftsordnung. – Jetzt würde ich gern meine Kurzintervention ausführen.

Einen Moment, wir unterbrechen jetzt. –

[Dr. Frank Steffel (CDU): Hammelsprung!]

Wir haben wie immer alles einvernehmlich geklärt. Jetzt hat zunächst Frau Eichstädt-Bohlig das Wort zu einer Kurzintervention, nicht zu einer persönlichen Erklärung, wie es ursprünglich beantragt wurde. Das Wort hat jetzt

Christoph Meyer

Frau Eichstädt-Bohlig. Danach hat Herr Gaebler das Wort.

Danke schön! Das war eben eine Verwirrung, was rechtlich noch möglich ist oder nicht. – Kollege Meyer! Ich wollte Sie darüber informieren: Als der Bundesverkehrswegeplan beschlossen wurde, haben wir Grünen dezidiert gerade in Sachen A 100 der Berliner und der Bundes SPD dringend empfohlen, genau den Weg zu gehen, den ich vorhin in meinem Redebeitrag auch für den heutigen Tag noch empfehle, von den vielen Schienenprojekten, die Berlin noch in der Pipeline hat und die Berlin dringend braucht, von den Mitteln Gebrauch zu machen und es in diese Richtung zu schieben und nicht in die Richtung Berliner Autobahnbau.

[Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Sie haben zugestimmt!]

Wir haben dem Bundesverkehrswegeplan insgesamt zugestimmt. Wir haben aber, was von SPD Berlin und SPD Bund nicht gewünscht wurde, dringend empfohlen und wiederholen diese Empfehlung hier und heute. Natürlich konnten wir diesem ganzen rauschenden Autobahnfahrbedürfnis, das alle sonstigen Bürger in allen Ländern unseres Landes haben, nicht widersprechen. Das ist schon klar. Insofern konnte man das nicht am Berliner Wunsch scheitern lassen. Trotzdem bin ich nach wie vor der Meinung und empfehle immer wieder, von den vielen Schienenprojekten, die Berlin hat, Gebrauch zu machen – wir selbst haben als erstes vorgeschlagen, sich um dieses leidige Projekt Lichtenrade mit der Dresdner Bahn und damit auch mit der Anbindung an den Flughafen BBI, zu kümmern, damit doch die Tunnellösung erreicht werden kann, die so gewünscht wird! – Berlin hat große Bedürfnisse in Richtung Schienenverkehr. Es wäre sinnvoll und gut, in diese Richtung endlich zu verhandeln. Es wäre toll, wenn auch die FDP dies mit unterstützen würde.

[Beifall bei den Grünen – Dr. Martin Lindner (FDP): Ein Pharisäerclub sind die Grünen!]

Vielen Dank, Frau Eichstädt-Bohlig! – Herr Meyer möchte antworten und hat jetzt die Gelegenheit. – Bitte sehr!

Frau Eichstädt-Bohlig! Haben Sie zugestimmt in der Bundesregierung oder nicht? – Sie haben zugestimmt.

[Joachim Esser (Grüne): Ja, und?]

Uns fehlt einfach in der ganzen Debatte, darum geht es ja, eine gewisse Ehrlichkeit. Sie müssen den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, gerade den 6 000, um die Sie sich hier so besonders kümmern – das muss man einmal offen sagen –, sagen, dass die grüne Fraktion im Bundestag dem Plan zugestimmt hat. Was bringt dieser ganze geheime Vorbehalt, den Sie hier konstruieren? Letztlich

war die Frage, ob Sie zustimmen oder nicht zustimmen. Sie haben zugestimmt. Deshalb ist die grüne Fraktion auf Bundesebene zumindest mitverantwortlich dafür. Wir begrüßen, dass diese Autobahn hoffentlich gebaut wird.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

In der selben Art, wie Sie gerade eben Ihren geheimen Vorbehalt hier noch einmal begründet haben, haben Sie offensichtlich auch in Bremen geheime Vorbehalte. Letztlich müssen Sie sich an den Entscheidungen messen lassen. Das tun Sie offensichtlich sehr ungern. Es ist genauso abwegig, das hier als ein Schutzargument vorzutragen, wie Sie es vorhin versucht haben, uns zu erklären, dass wir eine Art Trumpf in der Hand hätten, um mit den übrigen 15 Bundesländern und dem Bund darüber zu verhandeln, dass wir dann mehr Geld für andere Projekte bekommen, wenn wir als Land Berlin jetzt auf 400 Millionen Euro verzichten. Das ist unseriös.

Es ist auch vollkommen unseriös, wenn Sie hier suggerieren, dass Sie bereit sind, einerseits 400 Millionen Euro aufzugeben, und andererseits vom Bund irgendetwas an Goodwill bekommen könnten.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer! – Für eine weitere Kurzintervention hat jetzt der Abgeordnete Gaebler das Wort.