Protocol of the Session on January 29, 2009

Ähnlich hat es ein Untersuchungsausschuss des Bundestages formuliert und geschrieben – ich zitiere –:

dass die Haltung der SED/PDS von Anfang an darauf gerichtet war, einen möglichst großen Teil der in der Zeit ihrer Herrschaft angeeigneten Vermögenswerte für sich zu sichern.

Darüber hinaus sei deutlich geworden,

dass eine sorgfältig geplante Strategie der Partei zur Abwehr von Angriffen auf das Parteivermögen vorliegt.

Das muss man sich – auch nach einer so langen Zeit – immer mal wieder auf der Zunge zergehen lassen. Da ist die Firma Novum überhaupt nur ein Element. Vieles wissen wir vielleicht gar nicht, vieles wissen vielleicht Herr Gysi oder die Linkspartei, aber vielleicht auch die nicht. Es ist jedenfalls noch eine große Dunkelziffer dabei. Aber die Novum-Millionen sind gefunden worden. Es gab – wie schon erwähnt – lange Prozesse. Wer noch

einmal nachliest, dass 1991/92 die Treuhänderin der SED, die sogenannte „rote Fini“, Frau Steindling, in der Größenordnung von 60 Banküberweisungen 164,7 Millionen Schweizer Franken auf anonyme Konten in aller Welt beiseite gebracht hat, weiß, dass das schon eine Menge Holz war. Wenn davon 4,5 Millionen Euro irgendwann wieder nach Berlin zurückkommen, dann kann man sich darüber vielleicht etwas freuen.

[Beifall bei den Grünen]

Das ist im Prinzip so, als wenn jemand mit seiner Firma bankrott macht und vorher versucht, noch etwas beiseite zu schaffen – ob das ein Immobilienunternehmer Schneider ist oder ein Diktator von den Philippinen.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Oder die SED/PDS!]

Das ist genau die Masche, die hier gelaufen ist, und das muss auch noch öfters erwähnt werden.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Das hat etwas mit Geld und Kapital zu tun. „Das Kapital“ hatten die Genossen sehr häufig gelesen.

Das Ganze ist ein Krimi. Wenn man noch einmal die Berichte nachverfolgt – insbesondere Frau Steindling ist da eine interessante Person –, dann fällt einem noch etwas auf, was in dieser Geschichte ein ganz merkwürdiger Vorgang ist: Die Frau Steindling wohnt zum Teil in Israel – wenn sie nicht in Wien wohnt. Sie ist als Mäzenin sehr bekannt und spendet ganz viel Geld – möglicherweise von dem SED-Geld, das weiß man nicht so genau –, unter anderem in Israel an jüdische Organisationen. Da denke ich mir, dass das vielleicht auch ein Stück Gerechtigkeit ist.

Herr Otto! Darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit beendet ist?

Ja, danke! – Wenn dieses SED-Geld, das Geld einer Partei, die dezidiert antiisraelische Politik gemacht hat, jüdischen Einrichtungen in Israel zugute kommt, dann ist das nicht so ganz schlecht. – Danke sehr!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Otto! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Abgeordnete Wechselberg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt eine glasklare Beschlussfassung des Berliner Abgeordnetenhauses, wie mit diesen Geldern umgegangen werden soll. Kollege Hilse hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das seinerzeit auf Ihre Initiative, meine Damen und Herren

von der CDU, erfolgt ist, dass wir hier einen Beschluss gefasst haben, dass der Senat uns, wenn die Rechtsstreitigkeiten um die so genannten Novum-Millionen abgeschlossen sind, darüber berichtet, wie mit diesen Geldern umgegangen werden soll und welche Zwecke damit erfüllt werden sollen. Dieser Bericht steht aus. Ich habe vorhin einmal die Verwaltung gefragt, wie denn jetzt der exakte Stand ist, weil das Problem darin bestand, dass sehr umfangreiche zivilrechtliche Verhandlungen zu führen waren und auch die Frage der Verfassungsbeschwerde erst noch geklärt werden musste. Alles das hat dazu geführt, dass es sehr lange gedauert hat, bis diese Gelder der Bundesrepublik Deutschland abschließend zugesprochen wurden.

Das ist wohl mittlerweile erfolgt. Allerdings sagte mir die Verwaltung, dass die Schlussrechnung zu diesen Geldern immer noch aussteht und dass auch die Beträge noch nicht exakt feststehen, sodass das, was wir seinerzeit in den Abgeordnetenhausbeschluss hineinformuliert haben, dass nämlich die haushaltsmäßige Verwendung dieser Gelder abschließend gesichert sein soll, wohl noch nicht so weit ist. Das ist auch der Grund dafür gewesen, weshalb uns die Finanzverwaltung gebeten hat, im Wege der Fristverlängerung erst Ende Juni abschließend über die Vereinnahmung und dann auch die entsprechende Verwendung dieser von Ihnen genannten rund 4,5 Millionen Euro berichten zu dürfen.

Wir sind dafür, dass wir das abwarten. Nun ist dieser Antrag den Ausschüssen überwiesen worden. In der Tat ist das die allerbeste Gelegenheit, dann auch gemeinsam darüber zu beraten, was man mit diesem Geld machen möchte. Uns ist wichtig, dass es einer gemeinwohlorientierten Verwendung zukommt. Wir sind sicher, dass wir in Berlin den passenden Ausgabezweck finden werden, der dann auch sicherstellt, dass dieses Geld dem Gemeinwohl zugute kommt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Wechselberg! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Braun.

Herr Wechselberg! Mit Ihrem Redebeitrag bestätigen Sie alle Vorurteile gegen die SED/PDS/Linke. Ich hätte von Ihnen zunächst einmal einen Satz der Entschuldigung dafür erwartet, dass die und ihre diversen Vorgänger- und umbenannten Parteien dem Steuerzahler Geld hinterzogen haben.

[Zuruf von Martina Michels (Linksfraktion)]

Das war von Anfang an beabsichtigt. Auf dem berühmten Parteitag im Dezember 1989, als sie sich das erste Mal umbenannt haben, stand die Frage zur Abstimmung, ob die Partei sich auflöst und neu gründet. Auf diesem

teitag sind Ihre heutigen Spitzenmänner Bisky und Gysi nach vorne gegangen und haben gesagt: Das dürfen wir nicht machen, wir müssen das Vermögen der SED sichern. – Wie sie das gemacht haben, diskutieren wir heute, und das hat der Deutsche Bundestag diskutiert.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Herr Wechselberg! Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie auch einen Satz dazu sagen, warum Sie und Ihre Parteigenossen bis heute an der Aufklärung des Verbleibs dieser Gelder nicht mitgewirkt haben.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Was wollen Sie wirklich?]

Der zweite Punkt ist, dass Ihre recht formale Begründung, wir warten mal ab, was der Senat sagt, auch von mangelndem Parlamentsverständnis zeugt. Es ist schließlich die Aufgabe – mit Verlaub – des Parlaments zu sagen, wie wir mit bestimmten Einnahmen umgehen und die Gelder zur Lösung der Probleme dieser Stadt einsetzen wollen. Dazu sagen Sie kein Wort, sondern Sie verstecken sich hinter dem, was Herr Sarrazin möglicherweise irgendwann sagt – wenn er dann überhaupt noch in Berlin Senator und nicht schon längst bei der Bundesbank ist. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie auch ein Wort der Entschuldigung und zu den Opfern sagen, dass denen dieses Geld moralisch zusteht.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Braun! – Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Jotzo das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Braun! Es erstaunt mich eigentlich, dass Sie von Herrn Wechselberg erwartet haben, dass er hier konstruktive Vorschläge unterbreitet oder sich gar um die Aufklärung des Verhalten der SED/PDS hinsichtlich des Verbleibs der Parteigelder verdient machen würde. Also, ich muss sagen, wir von der FDP-Fraktion haben das nicht erwartet. Denn das ist genau das Verhalten, das die Linke hier heute an den Tag legt, das die Vorgängerparteien SED und PDS in der gesamten Aufklärung dieser Frage an den Tag gelegt haben, nämlich: ein vorsichtiges Abwarten und das direkte Betreiben einer Verweigerung einer Aufklärung. Das wurde durch den Kollegen Otto bereits herausgestellt. Das wurde auch schon in der Vergangenheit mehrfach festgestellt, nicht zuletzt durch die unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien der DDR, sondern auch schon im zweiten Untersuchungsausschuss, wo gesagt wurde, das Verhalten der SED/PDS sei von Anfang an darauf gerichtet gewesen, einen möglichst großen Teil der in der Zeit ihrer Herrschaft angeeigneten Vermögenswerte für sich zu sichern, und man könne den Eindruck haben, dass das Verhalten der PDS gegenüber der UKPV, der Kommission, nahezu durchgängig von eben dieser strategischen Zielsetzung

Parteitag sind Ihre heutigen Spitzenmänner Bisky und

geprägt gewesen sei. Deswegen ist es gut, dass wir es auch an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich erwähnen.

[Beifall bei der FDP]

In der guten Tradition dieses Verhaltens von SED, PDS, Linkspartei und Linksfraktion bewegt sich auch der Senat, der bis heute keine Notwendigkeit sieht – obwohl wir uns seit Jahren in diesem Haus mit dieser Problematik beschäftigen –, uns endlich Vorschläge zu unterbreiten. Richtig ist – Herr Braun hat darauf hingewiesen –, dass wir eine Beschlusslage in diesem Haus haben, und sie lautet:

Unmittelbar nach der haushaltsmäßigen Wertstellung der Novum-Gelder soll darüber berichtet werden, wie diese verwendet und in welche Maßnahmen sie investiert werden sollen.

Es erstaunt mich, dass der Senat die Gelegenheit bis jetzt immer noch nicht genutzt hat, sich Gedanken darüber zu machen, wie man mit diesen Geldern umgeht. Das ist ein unverantwortlicher Umgang mit diesen Geldern, ebenso ein Umgang, der der Beschlusslage in diesem Parlament zutiefst zuwiderläuft. Insoweit muss man feststellen, dass der Senat den erklärten Willen dieses Parlaments in dieser Frage missachtet, und das ist ein Skandal!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Ich will kurz noch auf den Antrag der CDU-Fraktion eingehen, der aus unserer Sicht noch einige Schwierigkeiten in sich birgt. Ich denke, wir werden im Rahmen der Ausschussberatungen darüber reden müssen, wie wir eine solche Verwertung tatsächlich gestalten wollen. Nach der für uns bei der Verwertung der Gelder maßgeblichen Verwaltungsvereinbarung zwischen der Treuhandanstalt, der UKPV und den Regierungen der neuen Bundesländer sind die Gelder zu 60 Prozent für investive und investitionsfördernde Maßnahmen im Bereich der wirtschaftlichen Umstrukturierung zu verwenden und im Rahmen der restlichen 40 Prozent für investive und investitionsfördernde Maßnahmen zu sozialen und kulturellen Zwecken, etwa 25 Prozent im Bereich der öffentlichen Hand, 15 Prozent im Bereich nichtstaatlicher Träger.

Wir müssen uns Gedanken darüber machen, welche Organisationen geeignet sind, um der besonderen Zwecksetzung dieser Gelder Rechnung zu tragen. Deswegen ist es gut, dass die CDU diesen Antrag heute hier eingebracht hat, sodass Sie genügend Gelegenheit haben, Ihr Schweigen der letzten Jahre zu brechen, damit auch dieser rotrote Senat endlich die Gelegenheit bekommt, sich darüber klarzuwerden, welche Verantwortung er gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, aber insbesondere auch gegenüber den Opfern der SED-Diktatur in unserem Land hat. Vielleicht werden diese Gelder dann eine heilsame Wirkung entfalten können. Dann wird sich auch eine solche Verantwortung – falls sich der rot-rote Senat entscheidet, sie wahrzunehmen – heilsam für eine Versöhnung auswirken, wenn wir nämlich eine sinnvolle und zweckgemäße Verwendung dieser Gelder im Sinne der Opfer der SED-Diktatur finden. Derer gibt es viele in unserem

Land. Viele Bürgerinnen und Bürger in Ost und West haben unter der Gewaltdiktatur der SED gelitten. Ich denke, es wird uns leichtfallen, eine entsprechende Verwendung dieser Gelder zu finden, wenn wir uns im Ausschuss konstruktiv mit dieser Frage befassen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jotzo! – Herr Hilse von der SPD-Fraktion hat für eine kurze Intervention das Wort.

Herr Jotzo! Ich bin sicher nicht dafür bekannt, dass ich jede Gelegenheit nutze, um ans Mikrofon zu gehen. Aber was Sie hier abgeliefert haben, war unerträglich. Sie haben es fast so dargestellt, als wenn der Senat nichts gemacht hätte und es jetzt erstmals die Chance gäbe, mit 4,5 Millionen Euro die Opferbetreuung zu fördern, den Opfern dieses Geld zuzuwenden oder Unrecht zu lindern. Das ist Unsinn!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir haben kontinuierlich seit 20 Jahren Aufarbeitung befördert, und ich empfehle Ihnen, wirklich einmal einen Blick in den 16. Bericht zur Aufarbeitung der SEDDiktatur zu werfen. Ich sage Ihnen die Nummer dazu, damit Sie ihn besser finden: Es ist die Drucksache 16/2052. Da können Sie herauslesen, dass das für uns ein kontinuierliches und wichtiges Politikfeld ist und der Eindruck eben nicht stimmt, den Sie hier erwecken wollten.

Ich sage abschließend noch etwas: Wenn es nur um diese 4,5 Millionen Euro ginge, die wir zur Verfügung hätten, um diese Arbeit zu befördern, dann wären die Opfer sehr schlecht dran. Das ist eine geringe Größe gegenüber dem, was wir bisher geleistet und eingebracht haben. Ich bitte Sie, dass Sie das im Interesse der historischen Wahrheit anerkennen!