Protocol of the Session on September 25, 2008

und das wirft ein schlechtes Licht auf die Art, wie der Senat dieses Projekt befördern möchte. So kann man imagebildend mit BBI nicht umgehen. Man hat es sich seitens der rot-roten Koalition dann selbst zuzuschreiben, dass immer wieder Zweifel daran laut werden, ob man dieses Projekt wirklich mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und mit dem gebotenen Zeitmanagement zu realisieren versucht – sei es neue Ausschreibung, sei es diese Finanzierung, die wir heute behandeln müssen.

Wir haben gestern im Hauptausschuss kritisiert, dass die Rechtskonstruktion, die man gewählt hat, offenbar nicht sonderlich durchdacht ist. Wir haben eine Bürgschaft im Landeshaushalt, im letzten Haushaltsgesetz, über etwas mehr als 700 Millionen Euro, das ist der Anteil für das Land Berlin. Diese Festschreibung, dieses Gesetz soll nun mit einem weiteren gleichrangigen Gesetz mit einem höheren Betrag, 888 Millionen, nicht etwa geändert werden, sondern man setzt dieses Gesetz sozusagen daneben. Eine Rechtskonstruktion, die völlig unüblich ist, und wo man deutlich sagen muss: Hier können für die Zukunft Probleme entstehen.

Deswegen unser Vorschlag an die Regierungskoalition: Lasst den WPD ran, lasst uns das prüfen! Ein Rechtsgutachten muss her, das kann man in 14 Tagen haben. Dann hätten wir die Entscheidung in der nächsten Plenarsitzung getroffen. Abgelehnt! An einem rechtsförmigen Verfahren und an Rechtssicherheit bestand kein Interesse. Warum, musste man diese Bürgschaft übers Knie brechen? Nein, musste man nicht. Das Gesetz hätte ohne weiteres in drei Wochen beschlossen werden können, denn der Bund als dritter Anteilseigner hat seine Aufgaben auch noch nicht gemacht, deswegen gab es Zeit. Es gab auch Zeit, die Einwände der Grünen zu überprüfen, der PrivateInvestor-Test, der eine wesentliche Aussage darüber macht, ob diese indirekte Subventionierung, die das Land Berlin der Flughafengesellschaft gewährt, mit dem EUBeihilferecht in Einklang zu bringen ist. Auch da hätte man in drei Wochen zusätzliche Erkenntnisse haben können, denn das ist ein großes Risiko. Die ganze Sache kann ja noch platzen. Aber auch hier musste man einfach darüber hinweggehen, Augen zu und durch. Das ist die Intention, bloß nicht darüber nachdenken, wir beschließen erst mal und sehen dann später, was dabei herauskommt.

Das ist bei BBI nicht das richtige Vorgehen. Das beklagen wir. Deswegen mussten wir gestern feststellen, dass wie an anderer Stelle auch dieser Senat offenbar die Finanzverfassung und das, was an Gesetzgebungsmöglichkeiten besteht, bei dem, was er mit den Haushaltsmitteln des Landes macht, offenbar falsch auslegt und überhastet realisiert.

Nichtsdestoweniger, diese Bedenken haben wir deutlich gemacht. Ich kündige an, dass unsere Fraktion das vom Wissenschaftlichen Parlamentsdienst überprüfen lassen wird. Ich denke, wir werden recht bekommen. Aber BBI muss realisiert werden, deswegen werden wir schweren Herzens diesem Gesetz zustimmen.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetze! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Matuschek das Wort – bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn es noch eines Zweifels oder eines Beweises bedurft hätte, dass die Grünen privatisieren wollen, dann haben wir heute hier eine Pro-Privatisierung-Flughafendebatte von den Grünen gehört.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Da muss ich Ihnen sagen, Herr Schruoffeneger: Die Privatisierung des Flughafens ist nicht vor zwei Wochen beerdigt worden, sie ist beerdigt worden, als das Land Berlin mit den beiden anderen Gesellschaftern aus der Privatisierung ausgestiegen ist und gesagt hat: Wir bauen es alleine, und wir betreiben es auch eine Weile alleine.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Und ich sage hier noch mal, der Regierende hat es gestern gesagt: Das Land Berlin hat keine Absicht, sich von dem Flughafen zu trennen – jetzt nicht und später auch nicht.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Und gestern wurden sogar Garantien verlangt für mögliche andere Regierungskoalitionen nicht nur in Berlin, sondern auch auf Bundesebene, bei einer Privatisierung Sicherheiten einzufordern, was diese Bürgschaft anbelangt. Da muss ich Ihnen sagen: So weit sind wir nicht.

Frau Matuschek! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Scholz?

Nein, ich habe wenig Zeit, und das Thema ist leider kompliziert. – Der Vorwurf, der gestern von den Grünen erhoben wurde, heißt im Klartext: Die Grünen wollen unbedingt regieren, damit sie privatisieren können. Das ist mir heute noch einmal richtig klar geworden.

Nun komme ich noch einmal zu dem Gesetz, weil dieses zur Abstimmung vorliegt. Gestern war übrigens der Hauptvorwurf der Grünen die angebliche Verfassungsnichtkonformität, heute ist es die Unmöglichkeit einer späteren Privatisierung. Auch das ist schon interessant. Die Grünen können mich aber nicht mehr erschüttern oder erstaunen.

[Volker Ratzmann (Grüne): Wollen wir auch gar nicht!]

Verfassungs- und gesetzeskonform ist dieses Gesetz, weil der Bürgschaftsrahmen nach unserer Haushaltsordnung und die Bürgschaften des Landes Berlin, die es einzugehen gilt, durch ein Sondergesetz ermöglicht werden können. Das macht dieses Sondergesetz.

Es wurde die Frage gestellt: Verschleudern wir in riskanten Bürgschaftsgeschäften möglicherweise Steuergelder? – Da kann ich sagen: Nein!

[Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Denn dieses Gesetz ermöglicht die Einhaltung des Kosten- und Zeitrahmens, was auch immer eine Forderung der Opposition an die Koalition ist, darauf zu achten. Wenn mit einer hundertprozentigen Bürgschaft der Gesellschafter mit den Banken verhandelt werden kann, Sicherheit gegen weniger Zinsen, und ein Ergebnis herauskommt, das bei den Finanzierungskosten eine halbe Milliarde günstiger ist, dann wäre ich doch mit dem Klammerbeutel gepudert, das nicht einzugehen oder nicht zu versuchen. Darum geht es: Sicherheit gegen niedrige Zinsen, eine halbe Milliarde Finanzierungskosten gespart!

[Joachim Esser (Grüne): Abwarten!]

Das wischen Sie hier vom Tisch. Das machen die Grünen, aber das machen wir nicht mit. Wir gehen diesen Weg und versuchen, ihn durchzusetzen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Frau Matuschek! Der Herr Abgeordnete Scholz bleibt hartnäckig und fragt noch einmal an, ob Sie eine Zwischenfrage gestatten.

Er kann mich ja hinterher noch fragen. – Natürlich steht dieses Verfahren unter dem Vorbehalt der Notifizierung in Brüssel wie auch unter dem Vorbehalt, dass alle drei Gesellschafter diesen Weg gehen. Dazu hat der Kollege Zackenfels gesagt: Brandenburg ist diesen Weg schon gegangen, wir gehen ihn heute, und es gibt keinerlei Anzeichen, dass der Bund diesen Weg nicht geht. Das ist ein Märchen, das die Grünen heute verbreiten. Die Gesellschafter stehen zu diesem Weg. Natürlich fängt ein notwendiges Notifizierungsverfahren erst dann an, wenn man so weit ist. Man geht doch nicht nach Brüssel und sagt: Wir könnten uns vorstellen, eine hundertprozentige Bürgschaft zu übernehmen. Was sagt denn Brüssel dazu? – Die denken doch: Die sind da in Berlin völlig verrückt geworden. – Also müssen wir doch erst die Voraussetzungen schaffen, um ein solches Notifizierungsverfahren überhaupt unterlegt mit den entsprechenden Gutachten in Brüssel anzumelden, und dann zu einem Ergebnis kommen. Sollte es – was wir nicht glauben, aber das Risiko besteht – irgendwelche Zweifel geben, dass dieser Weg nicht EU-rechtskonform ist, dann müssen wir uns natürlich noch einmal überlegen, was wir dann machen. Aber jetzt haben wir die Chance, diesen Weg einzuschlagen. Eine halbe Milliarde bessere Zinskonditionen sind nicht von Pappe. Die müssen wir zu heben versuchen. Dann bleiben wir auch im Kosten- und Zeitrahmen. Die Forderung der Opposition ist hier offensichtlich nicht mehr wichtig.

Letzter Satz: Ich staune immer wieder, wie die politischen Lager wechseln. Die FDP, die immer für Privatisierung ist, geht diesen Weg mit. Herzlichen Dank! Sie haben gestern mehrmals gesagt: Dieser eingeschlagene Weg ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei den Finanzturbulenzen

der richtige, der beste, der wirtschaftlichste und der vernünftigste.

[Oliver Scholz (CDU): Sie haben doch den Leuten zehn Jahre lang erzählt, dass Sie den Flughafen nicht haben wollen!]

Diesen Weg gehen wir mit.

Frau Matuschek!

Ich bin im letzten Satz! – Die Grünen wollen offensichtlich privatisieren, koste es, was es wolle, zum Schaden des Steuerzahlers.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Matuschek! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt Herr Abgeordneter Esser.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anscheinend muss man nach Rednerinnen und Rednern von dieser Seite immer wieder einiges klarstellen. Wir haben Ihnen zu dieser Sache folgendes gesagt:

Erstens: Sie verabschieden hier ein Gesetz, von dem ich wie Herr Goetze der Meinung bin, es ist nicht verfassungsgemäß und mit dem Haushaltsrecht nicht vereinbar.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Zweitens: Sie verabschieden ein verfassungswidriges Gesetz, obwohl Sie noch nicht einmal im Ansatz wissen, ob es mit dem europäischen Recht vereinbar sein wird, was Sie in drei bis vier Wochen zumindest etwas besser wüssten, wenn die interne Prüfung der Flughafengesellschaft beendet wird. Was spricht dagegen, das Resultat dieser Prüfung abzuwarten? – Liebe Frau Matuschek! Dass man die EU-Kommission danach selbst befragen muss, ist eine Binsenweisheit. Insofern muss man vorher auch etwas beschließen. Aber wenigstens die interne Prüfung abzuwarten, ist nicht zu viel verlangt.

[Beifall bei den Grünen]

Drittens: Sie haben die gesamte Öffentlichkeit über Wochen und Monate mit der Frage beschäftigt: Soll ich eine Ausfallbürgschaft zu 80 oder zu 100 Prozent machen? Das fand ich nicht sehr aufregend. Aber nicht nur ich – Herr Goetze hat es vorhin erwähnt –, wir alle haben uns gefragt: Wo ist denn da der Haken? Um diese Sache – statt 750 Millionen Euro 880 Millionen Euro zu verbürgen – kann es doch gar nicht gehen. Das ist den ganzen Aufwand nicht wert.

[Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

Erst gestern kam heraus, dass die Art und Weise der Bürgschaft verändert wird, was eine Privatisierung, Herr Lindner, bis an die Unmöglichkeit erschwert, weil man davon abhängig ist, was die Banken mitzumachen bereit sind. Das muss jeder wissen. Die Tür ist danach nur noch ganz schmal.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Dann sagt der Regierende Bürgermeister: Wir müssen es halt selbst machen. – Und Frau Matuschek sagt: Ja, das will ich auch. Ich will einen Staatsflughafen haben. – Bis zum heutigen Tag habe ich noch nicht gewusst – man kann über eine staatliche oder private Wohnung oder BVG streiten –, dass das inzwischen für alles gilt, auch für Flughäfen. Und dass das eine hochideologische Frage ist, geradezu eine Frage von Sozialismus oder Barbarei, ob der Flughafen in Schönefeld wie in Frankfurt ein privater oder ein staatlicher in der Hand einer rot-roten Berliner Regierung und einer irgendwie gearteten Bundesregierung ist, das war mir völlig neu.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Diese Form der Ideologisierung finde ich sehr entlarvend.

[Beifall bei den Grünen]

Herr Abgeordneter Esser! Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Wir bleiben dabei, nach der günstigsten Möglichkeit zu suchen, Frau Matuschek, diesen Flughafen zu bauen, aber auch zu betreiben. Und da haben sich die Dinge um 180 Grad geändert.