das gilt auch für Ihre jährliche Nachfrage zum Girls’ Day, was denn der Boys’ Day macht. Ich bleibe an dieser Stelle auch berechenbar: Der Girls’ Day ist der Girls’ Day, und er soll es auch bleiben.
Wir haben es mit einer geschlechtsspezifischen Benachteiligung von Frauen zu tun, und es muss daran gearbeitet werden, dies zu überwinden. Das andere ist die Arbeit an der Berufsorientierung von Jungen und jungen Männern sowie das Aufbrechen von Rollenstereotypen bei jungen Männern.
Das ist aber kein Thema, zu dem ich analog zum Girls’ Day einen Aktionstag für sinnvoll halte. Dies ist eine Frage, die in der Berufsorientierung eine wichtige Rolle spielt. Wie Sie wissen, werden in den Schulen, die sich am Girls’ Day beteiligen, entsprechende Unterrichts
einheiten und Diskussionen mit den in der Schule verbliebenen Jungen stattfinden. Ich halte dies für ein adäquates Verfahren. Wir sollten bei der Spezifik des Girls’ Day bleiben und ihn nicht zu einem allgemeinen Tag der Berufsorientierung machen.
Es geht weiter mit der Mündlichen Anfrage Nr. 2 des Kollegen Sascha Steuer von der Fraktion der CDU zum Thema
1. Warum ignoriert der Senat die Erkenntnisse der ELEMENT-Studie zu Grundschulleistungen, die FUStudie zum DDR-Geschichtsbild Berliner Schüler, die Brandenburg-Studie zur flexiblen Schulanfangsphase, und auf welcher wissenschaftlichen Grundlage macht der Berliner Senat Bildungspolitik?
2. Warum ignoriert der Senat den Wunsch Tausender Eltern, die ihre Kinder nach der vierten Klasse auf ein grundständiges Gymnasium schicken wollen, wenn sie an den Grundschulen nicht genug gefördert werden?
1. Wie bewertet der Senat die jetzt vorgelegte dritte und abschließende Studie ELEMENT zur Entwicklung des Lese- und Mathematikverständnisses in den Jahrgangsstufen 4 bis 6 an Berliner Grundschulen und grundständigen Gymnasien, und teilt er die vom Autor Prof. Rainer Lehmann u. a. im „Zeit“-Interview – „Zeit“ 17/2008 – vorgetragene Auffassung?
2. Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat aus der ELEMENT-Studie für die weitere Qualitätsentwicklung der Berliner Grundschulen?
Danke schön, Herr Kollege Zillich. – Es folgt Frau Senftleben von der Fraktion der FDP mit einer Frage zu dem Thema
Ist der Senat der Auffassung, dass er die Ergebnisse der ELEMENT-Studie zur Lernentwicklung an grundständigen Gymnasien hinsichtlich der im Vergleich zur Grundschule nachgewiesenen höheren Lernzuwächse in allen Leistungsbereichen zutreffend interpretiert, wenn er als Fazit schlussfolgert, dass die grundständigen Gymnasien vorrangig ein Angebot für „Kinder mit besonderen Begabungen“ darstellen?
Danke schön, Frau Kollegin Senftleben. – Zur Beantwortung hat Herr Prof. Zöllner, der Senator für Bildung, das Wort. – Bitte, Herr Zöllner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Bildungspolitik ist auf seriöse und fundierte wissenschaftliche Studien zu ihrer Unterstützung angewiesen. Ich erinnere daran, dass diese – von vielen aus meiner Sicht zu Recht so bezeichnete – empirische Wende der Bildungspolitik nicht aufgezwungen werden musste. Diese Entwicklung haben die Kultusministerinnen und Kultusminister selbst mit ihrem sogenannten Konstanzer Beschluss im Jahre 1998, an dem ich mitgewirkt habe, eingeleitet. Die TIMSS-Studie, PISA, IGLU und letztlich auch die ELEMENT-Studie wären ohne diesen breiten Konsens in der Bildungspolitik schlechterdings unmöglich.
Wie wichtig dem Senat wissenschaftliche Erkenntnisse und Expertisen sind, können Sie auch daran erkennen, dass wir gemeinsam mit dem Land Brandenburg das wissenschaftlich arbeitende Institut für Schulqualität gegründet haben. Aber genauso klar und mit ebenso großer Bestimmtheit sage ich Ihnen auch, dass die Rollen von Bildungspolitik und wissenschaftlicher Forschung unterschiedlich sind, und diese unterschiedlichen Rollen darf man nicht verwischen. Die Wissenschaft liefert Daten und Fakten. Mögliche Konsequenzen daraus müssen und können nur die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker
ziehen. Das liegt daran – und das ist eine Aussage von Wissenschaftlern, in diesem Fall von jemandem, der Wissenschaftler war –, dass Wissenschaft das Schönste im Leben ist, weil es das Einzige ist, was sicheres Wissen vermittelt.
Allerdings darf man nicht vergessen: im Bewusstsein der Subjektivität der Fragestellung und der Begrenztheit der Methode!
Das bedeutet, dass wir durch die Wissenschaft in der Regel eine sichere Erkenntnis gewinnen. Aber da das Leben im Grundsatz sehr viel komplizierter ist als die begrenzten Bedingungen, unter denen die wissenschaftliche Fragestellung gestellt worden ist, liefert die Wissenschaft kein vollständiges Abbild der Wirklichkeit, sodass die Schlussfolgerungen nur unter Einbeziehung anderer Fakten gezogen werden können. Die Bildungspolitik ist es also letztlich, die die Verantwortung für ihre Entscheidungen tragen kann und tragen muss. Ich empfehle daher beiden Seiten – das ist mir sehr wichtig, und ich hoffe, Sie bemerken auch ein gewisses inneres Engagement gerade wegen meiner Positionierung zur Wissenschaft –, dass sie Zurückhaltung üben, wenn sie sich über das Feld der anderen Seite äußern.
Unabhängig von diesen grundsätzlichen Bemerkungen werden die Grundlagen und Ergebnisse der ELEMENTStudie in die weiteren Überlegungen meiner Verwaltung und in die bildungspolitischen Entscheidungen des Senats mit einfließen. Herr Steuer! Inwieweit ich aber die Ergebnisse der ELEMENT-Studie ignoriere, wenn ich erstens sage, dass im Grundschulbereich in den Klassen 5 und 6 eine spürbare, erfreuliche und beachtliche Förderung aller Leistungsniveaus erfolgt, und inwieweit ich diese Ergebnisse ignoriere, wenn ich zweitens feststelle, dass in der Studie der Befund vorhanden ist, dass Leistungsstärkere in grundständigen Gymnasien besser gefördert werden, aber weiterhin sage, dass aus der Studie nicht abgeleitet werden kann, worauf dieses zurückzuführen ist, so ist das leicht zu klären, denn der Autor führt in der Studie auf Seite 25 selbst Folgendes aus – ich darf wörtlich zitieren:
Die Frage jedoch, welche Mechanismen hinter den rascheren Lernfortschritten an den Gymnasien stehen – wirksamere familiäre Unterstützung, günstigere allgemeine Lernvoraussetzungen, eine vorteilhaftere Zusammensetzung der Lerngruppen oder ein anspruchsvolleres Entwicklungsmilieu..., um nur einige Möglichkeiten zu nennen –, ist damit noch nicht beantwortet. Auch in diesem Punkt muss noch auf ausstehende Detailuntersuchungen verwiesen werden.
Nur mit schlichteren Worten habe ich diese Position öffentlich vertreten. Es stellt damit ohne Zweifel kein Ignorieren der Ergebnisse dieser Studie dar.
Wir haben auch auf die FU-Studie zum DDRGeschichtsbild reagiert und z. B. eine Intensivierung der Lehrerfortbildung für diesen Inhaltsbereich veranlasst.
Die Brandenburg-Studie zur flexiblen Schuleingangsphase war hinsichtlich der Nachjustierung des Berliner Konzeptes in der Ausstattung und zur Flexibilisierung des Zeitrahmens für diesen jahrgangsübergreifenden Unterricht in der Schuleingangsphase nützlich.
Zur Frage 2: Zunächst betone ich nachdrücklich, dass von einer nicht genügenden Förderung und Forderung in den Grundschulen auch nach dieser Studie nicht die Rede sein kann. Das belegen ja gerade die Ergebnisse der ELEMENT-Studie, die einmal unideologisch zur Kenntnis genommen werden sollten. Die Studie weist auf erhebliche Lernzuwächse in den Jahrgangsklassen 5 und 6 der Grundschule hin. Gleichwohl stehen im Schuljahr 2007/2008 immerhin 2 409 Schülerplätze an grundständigen Gymnasien zur Verfügung. 35 von insgesamt 98 öffentlichen Gymnasien sowie eine Gesamtschule führen bereits eine oder mehrere Lerngruppen in der Jahrgangsstufe 5.
Die Berliner Bildungspolitik – das ist nachweislich dieser Zahlen ein objektives Faktum – ist charakterisiert durch eine Vielfalt der Angebotsformen, die den jeweiligen Neigungen und Begabungen der Schülerinnen und Schüler Rechnung trägt. An dieser vernünftigen Politik wird der Senat festhalten.
Zur Mündlichen Anfrage Nr. 8 von Herrn Zillich – zunächst zum ersten Teil der Frage: Nach dieser Studie haben sowohl in den Grundschulen als auch in den grundständigen Gymnasialklassen die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler hinsichtlich des Leseverständnisses im Verlauf der Untersuchungen bis hin zur Klasse 6 zugenommen, und zwar teilweise mit beträchtlichem Erfolg. An den Grundschulen sind vor allem im unteren Teil des Leistungsspektrums kompensatorische Leistungen erkennbar, und besonders beim Leseverständnis ist der Leistungszuwachs absolut noch etwas höher als bei grundständigen Gymnasien. Das ist übrigens eine Aussage, die Herr Lehmann in einem heute erschienen Interview gegenüber einer früheren Aussage richtiggestellt und bestätigt hat.
In den grundständigen Gymnasialklassen sind, wie zu erwarten, im Durchschnitt höhere Leistungen zu beobachten. Dieses Ergebnis ist keine Überraschung, denn in den grundständigen Gymnasialklassen sind Schülerinnen und Schüler mit ungünstigem Lernstand am Ende der 4. Klasse gar nicht anzutreffen.
Für das mathematische Verständnis gelten ähnliche Befunde. Hier sind die Lernfortschritte in den grundständigen Gymnasialklassen etwas höher, beschränken sich aber auf eine relativ kleine Gruppe. Insgesamt hat eine Annäherung der durchschnittlichen Mathematikleistungen zwischen Grundschule und grundständigem Gymnasium stattgefunden, sodass die Grundschulen hier fast die Intensität der Förderung der grundständigen Gymnasialklassen erreichen.
Die Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund sind an den Grundschulen anfangs ausgesprochen groß. Doch es gelingt – und das ist gerade für Berlin ein äußerst erfreuliches Ergebnis –, diese im Untersuchungszeitraum nennenswert zu reduzieren. An den Gymnasien hingegen sind die Differenzen zwischen Schülern ohne Migrationshintergrund und solchen aus zugewanderten Familien von Anfang an relativ unbedeutend, was auch keine so große Überraschung ist.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die vorliegenden Ergebnisse zeigen ein sehr differenziertes Bild der Lernentwicklung der Schüler in den verschiedenen Leistungsbereichen. Dabei schneiden die Grundschulen im Hinblick auf die Kompensation – ich betone: Kompensation! – von Lernrückständen vor allem im unteren Segment in der Studie insgesamt besonders positiv ab. Mir geht es aber auch darum, dass die guten Schülerinnen und Schüler in den Grundschulen noch besser individuell gefördert werden. Da man selbstverständlich den Befund der Studie zur Kenntnis nehmen muss – wenn er auch nach Aussage des Autors in der Studie nicht auf eine Ursache zurückgeführt werden kann –, werden wir genau prüfen, wie wir durch gezielte Maßnahmen in der Fortbildung, durch den vermehrten Einsatz von Fachlehrerinnen und Fachlehrern oder durch Kooperation mit Gymnasien die pädagogische Arbeit in den Grundschulen noch weiter verbessern können. Ich weise aber darauf hin, dass ein vorschneller Schluss – und dabei beziehe ich mich gerade auch auf die Studie und die Aussagen von Herrn Lehmann – abzulehnen ist. Ich kann gern das bereits vorgetragene Zitat noch einmal bringen.
Er schreibt selbst, dass er aus der Studie keine Ursache ableiten kann – sprich: keine Handlungsanweisung an die Politik geben kann – und dass es möglicherweise – Klammer auf: wahrscheinlich sogar – Faktoren sind, die mit Schulorganisation nichts zu tun haben.
In diese Überlegungen werde ich selbstverständlich mit dem Ziel einer optimalen individuellen Förderung jeder Schülerin und jedes Schülers auch die grundständigen Gymnasien miteinbeziehen.
Nun zur Frage 10 von Frau Senftleben: Ich betone nochmals, dass sich die Leistungsniveaus von Grundschülerinnen und -schülern und Schülerinnen und Schülern auf grundständigen Gymnasien nachhaltig entwickeln, allerdings bei sehr unterschiedlichen Ausgangsniveaus. Beide Schulformen – das sollte uns froh und zufrieden machen – erfüllen grundsätzlich ihren Förderauftrag. Dennoch ist es richtig, die optimale Förderung jeder Schülerin und jedes Schülers in beiden Schulformen zu verbessern. Selbstverständlich sind die grundständigen Gymnasien ein Angebot für die Schülerinnen und Schüler, die ein hohes kognitives Potenzial haben beziehungsweise zusätzliche Bega