Protocol of the Session on March 13, 2008

Tun Sie nicht so, als schlösse es sich aus. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wurde die Überweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten. Darüber müssen wir nicht mehr abstimmen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5 A:

Dringliche II. Lesung

Gesetz zur vorschulischen Sprachförderung

Beschlussempfehlungen BildJugFam und Haupt Drs 16/1284 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/0794

Der Dringlichkeit wird offensichtlich nicht widersprochen.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der vier Artikel miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch.

Ich rufe auf die Einleitung, die Überschrift und die Artikel I bis IV gemäß Beschlussvorlage Drucksache 16/0794 unter Berücksichtung der Beschlussempfehlungen des Fachausschusses und des Hauptausschusses gemäß Drucksache 16/1284. Die Fraktion der CDU hat um die Aussprache gebeten und beginnt in der Redefolge. Das Wort hat Frau Demirbüken-Wegner!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich ist der Anlass für diese Rede ein freudiger, denn endlich hat auch Rot-Rot eingesehen, dass in der vorschulischen Bildung mehr getan werden muss, als nur eine Hochglanzbroschüre je Kita zu verteilen, und folgt nun unseren Vorschlägen, die Sprachstandsfeststellung mit vier Jahren durchzuführen, um den Kindern, die Sprachschwierigkeiten haben, ein Jahr vor Schulbeginn eine zusätzliche Förderung anzubieten. Ja, es war wirklich eine schwierige Geburt. Es ist den Ideologen von Rot-Rot anscheinend sehr schwer gefallen einzugestehen, dass die Reformen noch erhebliche qualitative Mängel aufweisen, auch dieser Gesetzentwurf. Trotzdem werden wir diesem ersten wichtigen, richtigen Schritt zustimmen, denn endlich werden die Kinder wieder dort abgeholt, wo sie stehen, und werden in der Vorschule, die Rot-Rot aus ideologischen Gründen abgeschafft hatte, wieder in ihren sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten gefördert, damit sie die Schule ohne Benachteiligung beginnen und erfolgreich und ohne Verzögerung durchlaufen können.

Traurig muss man allerdings darüber sein, dass drei Schülerjahrgänge ohne qualifiziertes Konzept und ohne wissenschaftliche Begleitung zum Experimentieren miss

braucht wurden. Deshalb sind wir außerordentlich erfreut darüber, dass die Koalitionsfraktionen die Verzögerung, mit der die Regierungsfraktionen die Gesetzesvorlage ihres Senators in der Beratung bis zur Schlussfassung verschleppt haben, nun doch noch zum nächsten Vorschuljahr wirksam werden lassen wollen, da die vorgezogene Sprachstandsfeststellung bis zum 31. Juli dieses Jahres abgeschlossen werden soll.

Doch dieser Gesetzesnovelle zur Verbesserung der vorschulischen Bildung müssen jetzt auch die pragmatischen Reformkonzepte in der Grundschule folgen. Die Kinder, die bei Schulbeginn immer noch Defizite aufweisen, sollten deshalb in einer Förderklasse für ein weiteres Jahr die Chance erhalten, ihre Defizite auszugleichen, sodass nicht jede zusätzliche und individuelle Förderung über die Schuleingangsphase abgewickelt werden muss. Erst wenn die Lernvoraussetzungen stimmen, kann das Lernen für die Kinder in der Regelklasse erfolgreich sein. Müssen den Kindern die fundamentalen Sprachkenntnisse weiterhin unterrichtsbegleitend vermittelt werden, dann bleibt es so, wie es ist. Die Schulleitungen werden weiterhin betrübt feststellen, dass die Kinder mit unzureichenden Sprachkenntnissen an die Oberschulen abgegeben werden müssen. Vergleichbare Bildungschancen, die Möglichkeit einer Schullaufbahn, die später einmal im Abitur mündet, sind diesen Kindern von vornherein erschwert, weil unser Schulsystem es nicht schafft, ihnen die Schlüsselqualifikation, die deutsche Sprache, frühzeitig und umfänglich zu vermitteln. Deshalb brauchen wir Konzepte, damit in allen Einrichtungen mit mehr als 30 Prozent Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache eine systematische Sprachförderung nach einem gemeinsamen Programm mit täglichen Spracheinheiten umgesetzt werden kann.

[Beifall bei der CDU]

Die Fortbildung und fachliche Begleitung dazu müssten zentral gesteuert werden, sinnvollerweise über das Jugendamt. Gleichzeitig müsste eine rege Elternarbeit durchgeführt werden. Solche Modelle gibt es, allerdings noch sehr selten und in Berlin eher gar nicht.

Doch es erscheint unter der Leitung von Bildungssenator Zöllner eine gewisse Vernunft in Berlin einzukehren. Einen ersten zögerlichen Umkehrschritt hat der Senator im Februar mit den vorgestellten neuen Organisationsregeln skizziert. Er gesteht schweren Herzens ein, dass die Qualität des Berliner Bildungsprogramms in den Kitas nicht ausreicht, um die sprachlichen Fähigkeiten bis zur Einschulung zu verbessern, denn immer mehr Kinder brauchen anscheinend zusätzlichen Sprach- und Förderunterricht vor und nach dem Schulstart. Das haben wir jüngst in den Zahlen gesehen. Aber dass immer mehr Kinder mit dem gleichen personellen und finanziellen Aufwand besser gefördert werden können, hat bestimmt jemand in „Schilda“ erdacht und nicht der Wissenschaftsprofessor, der sich teilweise vergeblich bemüht, die qualitativen Voraussetzungen zu verbessern.

Jeder Versuch, mit dem geringsten Ressortaufwand überproportionale Leistungssteigerungen zu erreichen, wird

scheitern. Bestes Beispiel dafür ist die Umsetzung der flexiblen Schulanfangsphase oder die gestern getätigte vollmündige Ankündigung über eine siebenstündige Betreuung im letzten Kitajahr. Erst abschaffen, Chaos erzeugen, dann Besserung ankündigen, aber vergessen, wie es finanziert werden soll: Das ist typisch für diesen Senat, der bei Bildung ungern über Geld spricht. Ich hoffe, hier kommen Sie insbesondere zur Besinnung in Bezug auf die praktische Umsetzung des neu geschaffenen Gesetzes.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Demirbüken-Wegner! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Scheeres das Wort – bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir nach intensiven Diskussionen das Sprachfördergesetz heute zur Verabschiedung auf der Tagesordnung haben.

[Mieke Senftleben (FDP): Endlich!]

Wir alle wissen, dass Sprache eine wesentliche Grundlage für den Bildungserfolg ist, aber auch, dass Sprache eine wesentliche Grundlage für den guten Start in der Grundschule darstellt. Die Sprachförderung ist daher ein wesentlicher Bestandteil unserer Bildungsanstrengung gerade in den Kindertageseinrichtungen. Wir wollen, dass möglichst viele Kinder die Kindertageseinrichtungen besuchen, um von diesen Ansätzen wie zum Beispiel unserem Bildungsprogramm profitieren zu können.

[Özcan Mutlu (Grüne): 90 Prozent sind schon da!]

Aus diesem Grund ist seit 2007 der Besuch des letzten Kitajahres beitragsfrei. In den Jahren 2010 bis 2011 werden auch die letzten beiden Kitajahre beitragsfrei sein.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Zukünftig werden die Eltern aller Kinder, die noch nicht die Kita besuchen, vor dem dritten Geburtstag ihres Kindes ein Anschreiben bekommen, und sie werden auf den Rechtsanspruch auf ihren Kitaplatz aufmerksam gemacht. Es wird ihnen ein Antrag für einen Kitagutschein zugesandt. Wir möchten, dass die Familien über die Kitas im Umfeld, in ihrem Bezirk informiert werden, dass sie einen Überblick über die Kitalage vor Ort haben. Wir möchten mit dem Versand des Antrags mögliche Hemmschwellen vor dem Gang ins Jugendamt abbauen.

Wir wissen aber auch, dass trotz aller Bemühungen ein kleiner Teil der Kinder vor der Schule nicht die Kita besuchen wird, und aus diesem Grund wollen wir auch diesen Kindern einen guten Start für die Schule ermöglichen. Wir werden 24 Koordinatoren – zwei pro Region – einsetzen, damit alle Berliner Kinder mit vier Jahren eine Sprachstandsfeststellung erhalten werden. Diese Sprachstandsfeststellung wird unter Schulaufsicht durchgeführt.

Um auf den guten Ansätzen in den Kitas aufzubauen, wollen wir, dass der Sprachstandstest anhand des Sprachlerntagebuchs, der sehr positiv in den Kindertageseinrichtungen aufgenommen wurde, entwickelt wird. Dies wird zurzeit von der Verwaltung geprüft.

Doch warum wollen wir den Test ein Jahr vor Schuleintritt? – Wir gehen davon aus, dass bei einem Teil der Kinder, die nicht die Kita besuchen, ein Sprachförderbedarf besteht. Diesen Kindern möchten wir die Möglichkeit geben, bis zum Schuleintritt ihre Sprachkompetenz weiterentwickeln zu können, und dies geht nicht von heute auf morgen. Dies braucht Zeit, und wir finden, ein Jahr vorher ist ein guter Zeitraum, um den Sprachstand aufzuholen.

Ihre Familien sollen darüber beraten werden, welche Fördermöglichkeiten es gibt. Wenn die Eltern ihre Kinder nicht in einer Kita anmelden, ein Sprachförderbedarf aber festgestellt wird, werden sie verpflichtet, an einer Sprachförderung am Ort Kita teilzunehmen. Wie sieht das praktisch aus? – Die Kinder, die einen Sprachförderbedarf haben, werden einen Gutschein für einen Halbtagsplatz erhalten. Die Sprachförderkoordinatoren werden in Zusammenarbeit mit den Erzieherinnen einen Förderplan erarbeiten. Wir sind der Auffassung, dass der Ort Kita die optimale Umgebung für eine Sprachförderung der Kinder ist.

Um den Kindern den Übergang von der Kita in die Grundschule zu erleichtern – das haben wir schon mehrfach im Plenum diskutiert –, haben wir die Kooperation zwischen Kita und Grundschule im Gesetz verstärkt verankert. Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes sind wir, was die Sprachförderung im vorschulischen Bereich angeht, einen großen Schritt weiter.

[Mieke Senftleben (FDP): Abwarten!]

Die intensiven Diskussionen der letzten Monate haben sich wirklich gelohnt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Der rot-roten Regierung ist es ein Anliegen, Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.

[Mieke Senftleben (FDP): Ach ja!]

Sie sind doch gleich dran, Frau Senftleben! – Dass die umfassende Förderung in Kitas dabei eine ganz besondere Rolle spielt, hat auch die Bertelsmannstiftung gerade wieder bestätigt. Aus diesem Grund werden wir ab 2009 allen Berliner Kindern im letzten Kitajahr ohne Bedarfsprüfung einen Kitabesuch von sieben statt fünf Stunden ermöglichen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Nachdem wir schon heute mehr Eltern eine bessere Versorgung bieten als wir es nach Bundesrecht müssten, gehen wir auch hier im Interesse der Kinder einen Schritt weiter.

Wir haben im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auch eine Änderung bei der Aufnahme von Kindern in die Grundschule vorgenommen. Wir wollen, dass das Kriterium der Geschwisterkinder oder der persönlichen Bindung zu anderen Kindern

[Beifall von Özcan Mutlu (Grüne)]

bei der Anmeldung in der Grundschule Priorität hat. Erst danach zählt das Schulprogramm oder der Wunsch nach einem Ganztagsschulprogramm.

Es tut mir leid, dass ich Sie unterbrechen muss, Frau Scheeres, aber Ihre Redezeit ist bereits beendet!

Es ist heute ein sehr guter Tag für Kinder und Familien, und darauf können wir stolz sein. – Danke!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Mieke Senftleben (FDP): Warten wir es ab!]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Scheeres! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Abgeordnete Mutlu das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Berlin hat einen neuen Slogan – ich bemühe ihn für diese Debatte: Sei Stümper, sei Heuchler, sei Rot-Rot!