Protocol of the Session on November 9, 2006

Wir haben gerade jüngst wieder bei der Frage, wie viel der Bund für die Unterkunft bei Hartz-IV-Empfängern zahlt, eine merkwürdige Situation gehabt, dass bei der vom Bundesrat vereinbarten, mit der Bundesregierung und dann gesetzestextlich auch umgesetzten Formulierung, dass prozentual die Kommunen die Erstattung bekommen, zuletzt 29,1 %, demnächst mehr, eine merkwürdige Debatte aufkam. Da verlangten tatsächlich Länder

wie Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg von dem armen Land Berlin, dass wir einen Ausgleich für BadenWürttemberg, Bayern und – zum Schluss, weil sich die Quote verändert hat – Nordrhein-Westfalen leisten. Da wird Berlin in die Solidargemeinschaft wie selbstverständlich einbezogen, weil zufällig durch die Regelung diese drei Länder, die nicht zu den ärmsten in der Republik gehören, aus ihrer Sicht nicht auf ihre Kosten gekommen sind. Da muss Berlin zahlen. Das ist ein bisschen merkwürdig, gerade nach der Debatte. Ich habe nach wie vor Verständnis dafür, dass die unter dem Strich bei solchen Regelungen nicht oberhalb der Nullgrenze dort ankommen. Aber da wird selbstverständlich die Verpflichtung der anderen Länder – auch des Landes Berlin – in Anspruch genommen, in einer Solidargemeinschaft der Länder und des Bundes. Deshalb gibt es einen Vorabzug. Wir kriegen nicht die Prozente, die der Bund den Ländern zuweist, sondern 0,7 % werden vorher umverteilt. Ich hätte das stoppen können. Ich hätte – weil das einstimmig sein muss – sagen können: Das machen wir nicht. – Ich sage auch nach Karlsruhe: Wenn wir es einsehen, sind wir auch mit anderen Ländern solidarisch, auch wenn wir dann weniger mehr bekommen, weil das vernünftig ist. Diese Art von Vernunft fordere ich auch ein, wenn es um Belange Berlins geht.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Jetzt hat der Kollege Meyer eine Nachfrage und das Wort.

Danke, Herr Präsident! – Herr Regierender Bürgermeister! Unabhängig von dem kleinen Ausflug in die Föderalismusdebatte eben frage ich: Wann plant denn das Land Berlin, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Meyer! Ein Haushalt ist immer ausgeglichen.

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

Denn sonst wird er vom Abgeordnetenhaus nicht verabschiedet. Der Ausgleich erfolgt entweder durch Vermögensaktivierung, wenn der Finanzierungssaldo da ist – das meinen Sie höchstwahrscheinlich –, oder durch eine Netto-Kreditaufnahme. Und dann ist der Haushalt ausgeglichen. Mit dieser Ausgeglichenheit kommen Sie nicht weiter.

Sie wollen aber höchstwahrscheinlich von mir die Antwort haben, wann wir keine neuen Schulden aufnehmen müssen, nachdem Sie die Debatte über die Verfassungsmäßigkeit des Haushalts irgendwo beerdigt haben, nehme ich einmal an.

[Zuruf von der FDP]

Nein? Der kommt, verfassungsgemäß wird er sein. Also, das war zuerst die Debatte. Das ist jetzt weg. – Wir werden, so wie die Finanzplanung aussieht, die Verfassungsmäßigkeit des Haushalts schon im Jahr 2007 sicherstellen können. Trotzdem werden wir noch neue Kredite aufnehmen müssen. Selbstverständlich muss es das Ziel sein, so wenig Kredite wie möglich aufzunehmen, am besten gar keine. Ich sage Ihnen ganz deutlich, weil das höchstwahrscheinlich der Hintergrund Ihrer Frage sein wird: Dies wird durch noch so viele Wohnungsverkäufe nicht zu erreichen sein, und dies wird durch noch so viele Sparmaßnahmen nicht zu erreichen sein, sondern durch mehr Einnahmen aufgrund einer verbesserten wirtschaftlichen Situation und durch weniger Sozialausgaben als Ausfluss der wirtschaftlichen Stärke.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Deshalb hoffe ich – dieser Trend zeichnet sich ab –, dass die Wirtschaftskraft dieser Stadt demnächst noch besser sein wird, um noch mehr Steuereinnahmen zu haben, um noch weniger Kredite aufnehmen zu müssen. Wenn das so erfolgreich sein wird, dass das zu einer Null bei der Kreditaufnahme führt, dann können wir glücklich miteinander sein, denn dann haben wir das Ziel erreicht, das uns höchstwahrscheinlich alle eint, nämlich dass wir sogar in der Lage wären, Schulden zurückzuzahlen oder in sinnvolle Zukunftsbereiche mehr zu investieren, als wir das heute können.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Wir kommen nun zur Mündlichen Anfrage des Kollegen Sascha Steuer von der Fraktion der CDU über

Massiver Stellenabbau bei den KitaStaatsbetrieben

Bitte schön, Herr Steuer, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie viele Erzieherinnen und Erzieher wurden mit bzw. seit der Gründung der Kita-Eigenbetriebe in den zentralen Stellenpool abgezogen, und um wie viele Stellen hat sich damit der Bestand des Personals bei den Eigenbetrieben verringert?

2. Wie viele Erzieherinnen und Erzieher sollen bis zum 1. Januar 2007 noch in den Stellenpool wechseln,

und wie soll so die bisherige Betreuungsqualität erhalten bleiben?

Danke schön, Herr Kollege Steuer! – Für den Senat antwortet der Bildungssenator. – Bitte schön, Herr Böger, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Kollege Steuer! Zunächst halte ich fest, dass es in den Kita-Eigenbetrieben keinen Personalabbau gibt, sondern dass wir in Berlin die glückliche Situation haben, dass wir für jedes Kind, dessen Eltern einen Bedarf anmelden, auch einen qualitativ guten, pädagogisch betreuten Platz bekommen. Davon träumen viele Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, ich vermute, auch in Hannover. Das ist der erste Punkt, den man sehen muss.

[Beifall bei der SPD]

Der zweite Punkt ist: Ich bin froh, dass wir zwischenzeitlich – Herr Steuer, Sie wissen das auch – eine Situation haben, in der es einerseits Eigenbetriebe und andererseits freie Träger gibt. Beide werden nur nach den belegten Plätzen bezahlt. Wie sich die Eltern entscheiden, so werden auch die finanziellen Mittel zugewiesen. Das ist ein erhebliches Potenzial. Das sind über 700 Millionen € im Jahr, die das Land ausgibt, um diese Plätze zu finanzieren. Das Personal folgt den finanzierten Plätzen. Das ist eine sehr gelungene Lösung, weil sie einen vernünftigen Wettbewerb um die Qualität für die Kinder in Gang setzt. Wir haben die kommunalen Kitas – Eigenbetriebe – und die freien Träger. Wenn festgestellt wird, dass sich die Zahl der Kinder und der nachgefragte Bedarf bei den Eigenbetrieben reduzieren, dann muss das Personal auch entsprechend reduziert werden. In einem Punkt gebe ich der Intention Ihrer Frage recht: Man kann und darf nicht – gleichgültig, ob bei einem freien Träger oder Eigenbetrieb – abrupt das pädagogische Personal abziehen, wenn weniger Kinder da sind, weil wir eine Betreuungs- und Bildungskontinuität brauchen. Aber zu drei Stichtagen – so ist das vereinbart worden – wird das Personal nachgesteuert. Dies ist absolut notwendig.

Noch ein Hinweis – ich weiß, dass Sie das vor dem Hintergrund eines Eigenbetriebs in Neukölln fragen –: Mein Ratschlag und meine Bitte – ich habe dort keine Weisungsfunktion – an die Eigenbetriebe ist, bitte zu beachten, dass dieses Parlament und diese Koalition mit dem 1. Januar 2007 das letzte Kitajahr komplett kostenfrei gestellt haben, selbstverständlich mit der Intention, dass noch die 4 oder 5 %, die diesen Platz nicht genutzt haben, diesen Platz dann nutzen werden. Deswegen wäre es völlig falsch, dort das Personal zu reduzieren.

Ich will nun Ihre Frage beantworten, wie viele sich in dem Überhang befinden: Manche stellen sich den Überhang so vor, dass die Erzieherinnen irgendwo sitzen und

auf ihren Einsatz warten. Das ist selbstverständlich falsch. Überhang heißt, dass dieses Personal im Zentralen Stellenpool erfasst ist, jedoch weiterhin in den Einrichtungen tätig ist. Um nun Ihre Frage exakt zu beantworten: Seit Mai haben wir einen leichten Rückgang von 1 286 auf 1 283 Personen zu verzeichnen. Von diesen Kräften geht niemand spazieren oder langweilt sich, bis die Kinder kommen. Vielmehr befinden sich 955 der Überhangkräfte in Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen. Der Rest ist im Übergangseinsatz, das heißt, er bleibt in den Einrichtungen. Zum Teil sind dieses Kräfte – worüber ich sehr froh bin – auch in die Schulen gekommen. Dies ist also das Management, das dort abläuft.

Von Stellenabbau kann also keine Rede sein. Im Gegenteil: Berlin hält an der Spitze der deutschen Bundesländer bedarfsorientiert und bedarfsgerecht eine qualitativ hochwertige, pädagogische Betreuung von Kindern vor. Das ist eine große Leistung.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Steuer, der auch das Wort hat. – Bitte schön, Herr Steuer!

Danke sehr, Herr Präsident! – Herr Senator! Ist es nicht das klare Ergebnis Ihrer Gründung der Kita-Eigenbetriebe – entgegen Ihren eigenen Gutachten –, dass Sie – wie Sie soeben ausführten – erstens keine politische Kontrollmöglichkeit über die Eigenbetriebe mehr haben und diese – zweitens – so defizitär arbeiten, dass ihnen gar nichts anderes übrigbleibt als, wie dies beispielsweise im KitaEigenbetrieb Südost geschehen, 150 Erzieher in den Überhang zu schicken, damit sie ihren Wirtschaftsplan ausgleichen können?

Herr Senator Böger, bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Steuer! Entgegen dem, was mir sehr häufig unterstellt wird, bin ich ein Anhänger von Dezentralisierung und Eigenverantwortung. Ich hoffe sehr, dass Sie und Ihre Partei, die das sonst auch immer fordern, dem auch folgen. Das heißt, wenn man freie Träger und Eigenbetriebe hat, dann müssen sie selbstständig operieren, sie müssen ihre Wirtschaftspläne erfüllen, und sie müssen effektiv arbeiten. Das finde ich vollkommen richtig. Ich finde es auch absolut vernünftig, dass eine Senatsverwaltung dort nicht ministeriell eingreift.

Nochmals in aller Ernsthaftigkeit: Der Eigenbetrieb Südost mag vielfältige wirtschaftliche Justierungsprobleme

haben, aber wenn sich dort die Eltern entscheiden, ihre Kinder zur pädagogischen Betreuung in diesen Eigenbetrieb zu geben, dann wird das Personal entsprechend steigen. Wenn sich die Eltern entscheiden, das nicht zu tun, wird das Personal sinken. Das ist der normale Vorgang. Man muss darauf achten, dass man pädagogisches Personal nicht vielfältig wechseln kann, da die Kinder in ihren Gruppen die Betreuungspersonen brauchen. Die eigentliche Kunst liegt in der vernünftigen Steuerung.

Da wir lange über Eigenbetriebe gestritten haben, sage ich Ihnen noch etwas: Ich war und bin dafür, dass auch die Kommunen – in Berlin die Bezirke – die Fähigkeit haben, über einen Eigenbetrieb eine kommunale Kita zu führen. Das brauchen wir schon deshalb, um vernünftige Maßstäbe zu haben, die freien Träger entsprechend kostenglatt zu finanzieren. Ob sich diese Eigenbetriebe in dieser Formation am Markt bewähren können, das wird die Zukunft zeigen.

[Mieke Senftleben (FDP): Das hat sich schon gezeigt!]

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt ist die Kollegin Jantzen mit einer Nachfrage an der Reihe und hat das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Böger! Können Sie sicherstellen, dass bei der Erfüllung der Wirtschaftlichkeit – wir sehen es auch so, dass die Eigenbetriebe wirtschaftlich arbeiten müssen – die Personalverordnung eingehalten wird? Wird das über die Kita-Aufsicht in Ihrem Haus geprüft? Damit hängt nämlich die Qualität zusammen.

Wenn Sie sagen, die Eingebetriebe sollen Personal behalten, obwohl sie nicht belegte Plätze nicht finanziert bekommen: Woraus sollen diese dann finanziert werden?

Herr Senator Böger, bitte!

Herr Präsident! Frau Kollegin Jantzen! Die Grundlage für die Entscheidung der Eigenbetriebe ist die Personalverordnung. Ich bin sicher, dass die Eigenbetriebe nebst ihren Verwaltungsbeiräten – Bezirke und Personalräte – dies auch kontrollieren und steuern werden. Sie werden sich an diese Personalverordnung halten.

Es gibt schon Vereinbarungen. Bei uns ist häufig angemerkt worden, dass wir den Eigenbetrieben auch die Chance geben müssen, auf dieses Ziel hinzusteuern. Wenn ich sage, ab 1. Januar 2007 ist das letzte Kitajahr – gleichgültig wie lang der Betreuungsumfang ist; zurzeit sind ohnehin bereits fünf Stunden im letzten Betreuungs

jahr kostenfrei – kostenfrei, dann darf man damit rechnen, dass noch die restlichen Prozent Kinder in die Kita gehen. Dies ist auch der Wunsch der Politik.

Ich würde als Verantwortlicher beispielsweise in einem Eigenbetrieb diesen voraussichtlichen Anstieg der Zahlen wegen der Kostenfreiheit bei Personalverlagerungen im Auge haben und entsprechend reagieren. Ich denke, dies ist auch zu steuern. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass sich dort wirtschaftliche Gegebenheiten mit bildungspolitischer Vernunft vereinbaren lassen.

Danke schön, Herr Senator Böger!

Dann ist mit der nächsten Frage die Kollegin Matuschek von der Linkspartei an der Reihe, und zwar zum Thema

Baustopp am Flughafen Schönefeld