Protocol of the Session on June 21, 2007

Sie machen es auch in den anderen Politikfeldern ziemlich deutlich. Wir sehen es immer wieder. Ohne Druck passiert bei Ihnen gar nichts.

Die Bank scheint in guten Händen. Die Probleme bleiben beim Land Berlin. Das Land Berlin hat für die Bank einen akzeptablen Kaufpreis erhalten. Es ist kein sensationeller, wie manche meinen, wohl aber einer, der dem tatsächlichen Wert entspricht. Jetzt klopft sich so mancher auf die Schulter ob des vermeintliches Erfolges.

[Elke Breitenbach (Linksfraktion): Vor allem die Grünen!]

Ich will gar nicht verhehlen, liebe Frau Breitenbach, dass es Entscheidungen gab, die der Senat richtig getroffen hat. Es war richtig, die Bank nicht für wenige Millionen Euro an Flowers zu verkaufen. Es war richtig, den von der Europäischen Union verordneten Konsolidierungskurs zu verfolgen. Es war richtig, den zeitlichen Spielraum zur Sanierung zu nutzen. Es ist begrüßenswert, dass die Bank im öffentlich-rechtlichen Bankensektor verbleibt. Ob dann die damit erhofften Wohltaten kommen werden, lieber Herr Wowereit und lieber Herr Müller, werden wir sehen. Wir haben uns die Verträge angesehen. Vereinbarungen dazu haben Sie nicht getroffen. Sie haben recht, Herr Wowereit, es geht auch darum, in Berlin dafür zu sorgen, dass der Aufschwung, den wir gerade erleben, unten ankommt. Sie haben den Kollegen Lindner gerade gefragt, wie es sein kann, dass die FDP nicht in der Regierung, der Aufschwung aber trotzdem vorhanden ist. Mir drängt sich die Frage auf, lieber Herr Wowereit, wie es denn sein kann, dass die SPD in der Bundesregierung ist und unten trotzdem von dem Aufschwung nichts ankommt.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Weil Sie nicht dabei sind!]

Wir wollten eine der Bedingungen, die Sie jetzt erhoffen, nämlich das Konto für jedermann und jede Frau, im Ge

setz festschreiben. Das haben Sie sich nicht getraut. Auch die Linksfraktion, die jetzt so schön tönt, wie toll das alles sei und was man jetzt alles durchsetzen könne, hat sich – wie immer, wenn es konkret wird – davor weggeduckt.

[Elke Breitenbach (Linksfraktion) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Aber machen diese richtigen Entscheidungen aus dem Bankenskandal zu guter Letzt eine Erfolgsgeschichte – einem Skandal mit dem größten Bankenprozess in der Geschichte der Bundesrepublik, mit einem bislang – bislang! – nur einmal verurteilten Ex-Fraktionsvorsitzenden der CDU, mit Villen, mit gekühlten Weinkellern für Vorstandsmitglieder auf Staatskosten und mit dem völligen Versagen der Aufsichtsgremien, in denen das gesamte politische und wirtschaftliche Establishment dieser Stadt versammelt war?

Herr Kollege Ratzmann! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Breitenbach?

Ja, natürlich! Sehr gerne!

Bitte schön, Frau Breitenbach!

Vielen Dank! – Herr Ratzmann! Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass es in Berlin ein einklagbares Recht auf ein Girokonto gibt, noch aus den Zeiten von Pieroth? Und ist Ihnen auch bekannt, dass der DGSV dieses beibehalten möchte?

Herr Kollege Ratzmann, bitte!

Es ist mir bekannt, dass es deswegen sehr viele Verfahren gegeben hat. Und wenn Sie sich noch an die 80er Jahre erinnerten, wüssten Sie noch, dass es einigen – auch aus Ihrem Bekanntenkreis – nicht gelungen ist, ein Girokonto bei einer der Banken in der Stadt zu erhalten.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Stichwort IWF, wenn Sie sich noch daran erinnern, Frau Breitenbach!

Mir ist auch klar, dass Herr Haasis verkündet hat: Wir wollen das Konto für jedermann in der Stadt erhalten. – Aber wer das für sich als politischen Erfolg verkauft, der hätte auch dazu stehen müssen, vorher die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass es obligatorisch wird.

Und da, meine Damen und Herren von Rot-Rot, haben Sie nun einmal gekniffen, das ist eine Tatsache.

[Beifall bei den Grünen – Zurufe von der Linksfraktion]

Dieser Skandal wird durch den Verkauf wahrlich nicht zu einer Erfolgsgeschichte. Wer das meint – und das scheinen neben Ihnen, Herr Regierender Bürgermeister, sowohl auf Regierungs- als auch auf Oppositionsseite einige zu sein –, der versucht, von seiner eigenen politischen Verantwortung abzulenken. Aber das – das kann ich Ihnen versprechen – werden wir nicht zulassen.

[Beifall bei den Grünen]

Wir verstehen, dass Rot-Rot in dieser Legislaturperiode endlich einmal einen politischen Erfolg verbuchen will.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Was für einen?]

Aber das ist keiner, das war bestenfalls tätige Reue nach einem Raubüberfall auf die Landeskasse, und das ist für uns kein Erfolg.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Sie sind gründlich gescheitert und wollen jetzt den Schlussstrich. Und das, Herr Wowereit, haben Sie in Ihrer Regierungserklärung ebenso deutlich gemacht, wie es Herr Pflüger und Herr Goetze bereits in der von Ihnen zitierten Presseerklärung gemacht haben. Und das kann nach der Erschütterung, die die Stadt erlebt hat, wahrlich nicht sein. Uns ist auch klar, dass wir für diesen Teil des Bankenskandals und der Debatte darum wahrscheinlich keine Verbündeten haben werden. Aber wir werden es uns trotzdem nicht nehmen lassen, diesen Teil immer wieder zu thematisieren.

Wer wie die CDU insgeheim hofft – ich zitiere aus Ihrer Presseerklärung, Herr Pflüger –, dass mit dem Verkauf der Landesbank Berlin doch nun bitte Schluss sein möge, mit dem „Horrorszenario ehemalige Bankgesellschaft“, der verkennt den Ernst der Lage. – Es ist, lieber Herr Goetze, wie Sie ebenfalls in Ihrer Presseerklärung schreiben, eben nicht so, dass der Verkaufserlös mit über 4 Milliarden € – wir haben gerade gehört, es sind 4,622 Milliarden € – weit über den erwarteten Risiken liegt. Es verwundert etwas, dass Sie den öffentlich verlautbarten Angaben von Herrn Sarrazin so einfach Glauben schenken. Aber da ist wohl eher der Wunsch der Vater des Gedankens.

[Zurufe von Uwe Goetze (CDU) und Martina Michels (Linksfraktion)]

Erinnern wir uns einmal: Risikoabschirmung, erster Teil! – Herr Sarrazin legt ein Gesetz vor, in dem es ganz lapidar heißt: Das Land Berlin wird ermächtigt, Garantien bis zu einer Höhe von 3,75 Milliarden € zu übernehmen. Dann wurden daraus 6 Milliarden €, zwischendurch waren es wieder 5,5 Milliarden €. Jetzt wurde die Risikoabschirmung über 21,6 Milliarden € beschlossen.

[Zuruf von Steffen Zillich (Linksfraktion)]

Dieses Spielchen wiederholt sich gerade, weil es allen ganz gut in den Kram zu passen scheint, jetzt die Risiken kleinzurechnen und den Erfolg damit groß zu machen. Es ist noch einmal gut gegangen. Der Erlös deckt die Risiken aus dem Bankenskandal. Jetzt ist Schluss. – Das soll die Botschaft sein. Selbst Herr Harald Wolf, der es eigentlich besser wissen müsste – und zu seiner Oppositionszeit komischerweise auch noch besser wusste –, stimmt in das Siegesgeheul mit ein. Mit dem Kaufpreis kann die Risikoabschirmung gegenfinanziert werden, sodass die Berliner Steuerzahlerinnen und Steuerzahler damit nicht belastet werden. – Ich kann verstehen, dass Sie den Verkauf innerparteilich als Erfolg verbuchen müssen. Ihnen sitzt Ihr Oskar im Nacken und piekst gegen Ihre Regierungsbeteiligung. Aber das, lieber Herr Wolf, war nun wirklich Nonsens!

[Zurufe von der Linksfraktion]

Meine Mutter hat zu solchen Sprüchen immer gesagt: Wer es glaubt, wird selig, und wer es nicht glaubt, kommt auch in den Himmel.

[Unruhe]

Es ist völlig unklar, wie hoch die Risiken sind. Selbst die Finanzverwaltung schafft es innerhalb einer Woche, im Abstand von wenigen Tagen, zwei völlig unterschiedliche Zahlen zu den Risiken zu präsentieren. Herr Sarrazin verkündete auf der Verkaufspressekonferenz, die Risiken beliefen sich auf 4 bis 6 Milliarden €, wohl eher 4 Milliarden €. Seine Verwaltung hat dann zusammengerechnet und aufgeschrieben, dass die vom Land zu tragenden Kosten aus der Risikoübernahme bei 7,1 Milliarden € liegen. Was stimmt denn nun? – Auf der Verkaufspressekonferenz „wohl eher 4 Milliarden €“, im Datenraum dann, wohl behütet, werden aus den 4 Milliarden € 7,1 Milliarden €. Sie wissen, die Berechnungen der Europäischen Union gehen ebenfalls in Richtung 7 Milliarden €. – Das einzig Verlässliche, lieber Herr Sarrazin, ist, dass Ihre Angaben zu den Risiken nicht verlässlich sind.

[Beifall bei den Grünen]

Ihr Umgang mit den Risiken der Bankgesellschaft ist wahrlich keine Erfolgsgeschichte.

Wir reden hier – das muss man sich einmal klar machen – nicht über Peanuts. 7,1 Milliarden €, das sind 2,5 Milliarden € mehr als der Kaufpreis. Das ist fünfmal die Summe, die Sie den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Solidarpakt pro Jahr abgerungen haben. Dafür könnten Sie 2 000 Lehrer 20 Jahre lang bezahlen. Das sind viel, viel mehr als die gesamte Investitionssumme, die das Land Berlin in seinem Haushalt veranschlagt. Was soll das für ein Erfolg sein?

Dabei ist das noch nicht einmal der ganze Verlust. Alle tun immer so, als läge der Verlust einzig und allein in dem, was wir noch zu zahlen hätten. Dabei deckt der Erlös aus dem Verkauf nicht einmal die Verluste der Vergangenheit ab. Addiert man das Gründungskapital, die Zuschüsse, die zum Abwenden der Insolvenz gegeben wurden, und den Verzicht auf die Verzinsung der Einlage,

macht das 6,2 Milliarden € Verlust. Dagegen setzen Sie 4,6 Milliarden € Kaufpreis. Wenn Sie das Erfolg nennen, meine Damen und Herren Großkoalitionäre – ich nenne das ein schlechtes Geschäft.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Lieber Herr Müller! Jetzt einmal ohne meine ganz persönliche Vorbehalte gegenüber der SPD: Es ist erstaunlich, dass Sie am Ende des Verkaufsprozesses eine Presseerklärung herausgegeben haben und als Fraktionsvorsitzender der SPD dem Senat gratulieren, dass er einen sehr schwierigen Prozess der Konsolidierung und Sanierung zu einem großartigen Abschluss gebracht habe.

[Beifall von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion) – Zurufe von der Linksfraktion]

Wie es aussieht, scheint die Europäische Union erhebliche Zweifel daran zu haben, denn anders sind deren Ermittlungen über mutmaßliche Absprachen im Bieterverfahren nicht zu verstehen.

[Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

Für uns steht jedenfalls fest: Wir werden unsere Zustimmung zu einem solchen Deal nur geben, wenn sämtliche Unbedenklichkeitserklärungen von der Kartellbehörde – –

[Zurufe von Christian Gaebler (SPD) und Stefan Liebich (Linksfraktion)]

Lieber Herr Liebich! Sie wissen, es gibt ein paar gesetzliche Voraussetzungen, die Sie auch mit Ihren sozialistischen Allmachtsfantasien nicht über Bord schmeißen können.

[Oh! von der Linksfraktion]