Protocol of the Session on June 21, 2007

Dazu gehört, dass ein solches Verkaufsverfahren Unbedenklichkeitserklärungen von der Kartellbehörde, vom Bundesaufsichtsamt für das Finanzwesen und der Luxemburgischen Finanzaufsicht braucht.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Wir glauben und sind davon überzeugt, dass diese erst vorliegen müssen, bevor wir jedenfalls so einem Deal zustimmen werden.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Eine Versicherung, dass Sie falsch abstimmen!]

Ich kann nur sagen, auch das gesamte Abgeordnetenhaus darf einem solchen Verfahren nicht zustimmen, bevor diese Erklärungen nicht vorliegen. Das wäre verheerend.

[Beifall bei den Grünen]

Wenn man jemanden für seine Arbeit gratulieren muss, dann wohl Herrn Vetter und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Er hat seit seinem Amtsantritt noch im Dezember 2001 als Vorstandsvorsitzender die Bank saniert und die Vorgaben der EU konsequent umgesetzt. Ihm und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei CDU, der Linksfraktion und der FDP]

Der Ausflug der großen Koalition in die Welt der Banken wird uns noch weiterhin einiges kosten. Zahlen wird die Zeche auch noch die nächste Generation. Erfolgsgeschichte? – Ein kleiner Teil Wiedergutmachung für das, was Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, dieser Stadt angetan haben, das ist wohl eher die richtige Bezeichnung. Statt sich selbst zu gratulieren und die Dinge schönzureden, sollte sich die Berliner SPD endlich zu ihrer Verantwortung bekennen und ihre Fehler von damals eingestehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Für die Linksfraktion hat nun die Frau Fraktionsvorsitzende Bluhm das Wort. – Bitte schön, Frau Bluhm!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Überbringen guter Nachrichten gehört zu den schönen Momenten in der Arbeit einer Fraktionsvorsitzenden. Es tat gut, als ich meine Fraktion am vergangenen Freitag über den erfolgreichen Verkauf der Landesbank informieren konnte.

Die Diskussion um die Bankgesellschaft war in den letzten sechs Jahren immer voller Emotionen. Sie begann mit einem Skandal und dem Bruch der großen Koalition. Klaus Wowereit wurde Regierender Bürgermeister. Und nach einem Intermezzo von Rot-Grün wurde Rot-Rot in Berlin möglich. Kein anderes Thema ist in dieser Stadt so intensiv und so emotional begleitet worden wie der Umgang mit der Bank. Es gab Volksbegehren und üble Plakate, auf denen selbst diejenigen an den Pranger gestellt wurden, die angefangen hatten aufzuräumen. Es gab Vorwürfe von rechts und ganz links, von IHK und EU. Wir haben uns all dem mit großer Entschlossenheit entgegengestellt. Deshalb bin ich froh und erleichtert, dass die größte Bankenkrise in Deutschland ein positives Ende gefunden hat. Ich bin zufrieden, weil wir unser Versprechen erfüllt haben. Wir können stolz sein, dass die Koalition trotz massiver Anfeindungen von allen Seiten Kurs gehalten hat.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Der rot-rote Senat hat das von der EU geforderte diskriminierungsfrei Verkaufsverfahren zu einem sehr guten Abschluss gebracht. Der Verkauf der Landesbank an den Sparkassen- und Giroverband ist eine großartige Nachricht für die Berlinerinnen und Berliner. Damit steht fest, dass die Sparkasse in öffentlicher Hand und in Berlin bleibt. Das Management, das die Landesbank erfolgreich sanieren konnte, bleibt in der Stadt. Das sorgt für Kontinuität, was im Bankgeschäft bekanntlich von hohem Wert ist. Die Arbeitsplätze bleiben erhalten. Es können durchaus wieder mehr entstehen. Eine flächendeckende Versorgung mit Bankdienstleistungen ist gesichert. Der Sparkassen- und Giroverband hat die besondere Chance zur

Sicherung des Drei-Säulen-Modells im deutschen Bankensystem gesehen und hat sie ergriffen.

Der Verkaufserlös, der sich aus einem Kaufpreis von 4,622 Milliarden € und der Ablösung der stillen Einlage von 723 Millionen € zusammensetzt, entlastet die Stadt in erheblichem Maß von ihren mit der Risikoabschirmung verbundenen Verpflichtungen. Die Höhe des Kaufpreises ist auch ein Teil der Wiedergutmachung dafür, dass Berlin keinen Cent aus dem Sparkassensicherungsfonds erhalten hat.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Das sind viele Gründe und gute Gründe, all denen einmal Dank zu sagen, die in den vergangenen sechs Jahren hart dafür gearbeitet haben. Das waren die Abgeordneten der Koalition, die standhaft blieben. Wir haben 2004 gemeinsam ein gutes Sparkassengesetz verabschiedet und bis zuletzt gemeinsam deutlich machen können, dass jeder neue Eigentümer der Sparkasse verpflichtet sein würde, seinen Unternehmenssitz in Berlin zu halten und das Girokonto für alle anzubieten.

Bedanken möchte ich mich im Namen der Fraktion bei Berlins Finanzsenator Sarrazin, der seinen Job ausgezeichnet gemacht hat.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Dank auch dem Management der Bank, das kompetent und unaufgeregt die Sanierung des Unternehmens vollzogen hat. Insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bank möchte ich danken. Sie haben die Zeiten der Ungewissheit mit großem Engagement begleitet. Sie haben den Stellenabbau mitverfolgen müssen, der eine wichtige Voraussetzung dafür war, dass die Geschichte der Bank zu einem guten Ende geführt wurde.

Nicht zuletzt den Berlinerinnen und Berlinern möchte ich Dank sagen. Sie haben der Bank ihre Treue gehalten. Das war eine wichtige Voraussetzung dafür, dass – wie es Herr Finanzsenator Sarrazin so schön beschrieben hat – „eine geschmückte Braut“ vorgewiesen werden konnte. Das hat zum Verkauf geführt.

Ich bitte um Verständnis, aber der Opposition zu danken, ist beim besten Willen nicht möglich.

[Stefan Zackenfels (SPD): Ich würde ja so gerne!]

Dass eine Bank nicht automatisch in der öffentlichen Hand besser aufgehoben ist, zeigt die verhängnisvolle Geschichte der Berliner Bankgesellschaft. Zwei Legislaturperioden, zwei Untersuchungsausschüsse haben sich mit der Aufarbeitung beschäftigt. Ich erlaube mir, aus dem Fazit unseres Mitglieds Michail Nelken zu zitieren, der hier vor gut einem Jahr im Abschlussbericht konstatierte:

Die Entwicklung der Bankgesellschaft von der Gründung bis in die Existenzkrise war ein Spiegelbild des politischen Regierens im Berlin der 90er Jahre. In diesem lebten Gewohnheiten, Abhängigkeiten, Sichtweisen und Beziehungsgeflech

te der Westberliner Gesellschaft fort, obgleich sich die wirklichen gesellschaftlichen Verhältnisse in der Stadt und im Land radikal geändert hatten.

Am Beginn des Berliner Bankenskandals standen eine unkorrekte Parteienspende an die Berliner CDU und Millionenverluste für einen fragwürdigen Kredit an die Spender und Parteifreunde des CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus-Rüdiger Landowsky. Im Verlauf des Jahrs 2001 wuchs sich der Skandal von einer Existenzkrise des Konzerns Bankgesellschaft zur größten bundesdeutschen Bankenkrise aus.

Die Linke – damals noch PDS – hatte die Gründung und die Konstruktion der Bankgesellschaft, die Vermischung aus Öffentlich-Rechtlichen und Privaten immer deutlich abgelehnt und vor den finanziellen Risiken für das Land deutlich gewarnt. Nun, es waren die Warner, die den Karren letztlich aus dem Dreck ziehen durften.

Vor gut fünf Jahren hatten die Abgeordneten hier im Haus eine unglaublich schwierige Entscheidung zu treffen – zwischen Pest und Cholera, wie unser damaliger Fraktionsvorsitzender und heutiger Wirtschaftssenator Harald Wolf es beschrieb. Es ging um die Risikoabschirmung. Ich kann mich noch gut erinnern, wie die Abgeordneten meiner Fraktion über Wochen Zeit im Datenraum zubrachten, heftige Debatten im und außerhalb des Hauses führten, Sachverständige hinzuzogen. Am Ende wurde die Entscheidung nicht schöner.

Was wir hier beschließen müssen, ist abartig, es ist pervers, dass das Land Berlin für derartige Geschäfte in die Haftung treten muss.

Das sagte Harald Wolf damals, an jenem 8. April 2002 in der Debatte. Ja, letztlich war der Mehrheit in diesem Haus klar, eine Alternative wäre für Berlin um ein Vielfaches schlimmer gewesen. Denn die Alternative zur Risikoabschirmung hätte die Insolvenz der Bankgesellschaft bedeutet. Kurzfristig hätte das Land für gigantische Summen einspringen müssen. Mehr als die Hälfte der kleinen und mittleren Unternehmen, die am Netz der Bankgesellschaft bzw. der Landesbank hingen, wären über Nacht ohne Geschäftskonto und Kreditgeber gewesen. Das hätte die Wohnungsbaugesellschaften, die Wohnungsbaugenossenschaften betroffen, die Krankenhausgesellschaft, den Wissenschaftsstandort Adlershof, das Gesundheits- und Forschungszentrum Buch, und 14 000 Arbeitsplätze bei der Bankgesellschaft wären schlagartig weggefallen. Nicht zuletzt deshalb haben die Gewerkschaften, die ein großes Interesse daran hatten, dass das Risiko der Bankgesellschaft vom Land Berlin abgeschirmt wird, einen sehr deutlichen Kurs gefahren.

Auch Zweifler aus den eigenen Reihen erkannten mit den Jahren, dass die Risikoabschirmung die beste der möglichen Alternativen war. Mit der Risikoabschirmung hat Rot-Rot zudem ein Kontrollrecht des Abgeordnetenhauses durchgesetzt, dass es in Zeiten, als die große Koalition diese Stadt regierte, nie gab.

Und erinnert sei auch an die Grünen, die damals aus fadenscheinigen Gründen der Risikoabschirmung ihre Zustimmung verweigert haben.

[Ramona Pop (Grüne): Aus guten Gründen! – Volker Ratzmann (Grüne): Alles, was Ihnen die EU nachher aufgedrückt hat!]

Ein Weg zwischen Pest und Cholera, wir haben ihn gefunden, und er war schwer. Wir haben weiter die Nerven behalten. Als sich Ende 2002 abzeichnete, dass die Privatisierungsbemühungen auf Angebote von US-Investmentgesellschaften wie Lone Star und Flowers hinausliefen, haben wir die Notbremse gezogen. Als das Angebot lautete: 10 Millionen € für Flowers und dafür alle Risiken beim Land. Da haben wir gesagt: Nein! – Und da kam Freude auf.

Die Debatte vom 27. März 2003 hat hier schon eine Rolle gespielt. Herr Zimmer von der CDU warf dem Senat einen Crashkurs bei der Bank vor. Herr Lindner bescheinigte uns Unfähigkeit, zur Privatisierung zu kommen, und erkannte „Obstruktion beim Management, bei Verdi und den üblichen Verdächtigen“. Der Senat, so wetterte der FDP-Fraktionschef, sei eine Versammlung von gelernten Soziologen, Gewerkschaftlern und Bürokraten. Und er prophezeite, die Bankgesellschaft sei das Ende von RotRot.

Aber trösten Sie sich, mit dieser Auffassung, Herr Lindner, hätten Sie sogar Unterstützer in den Reihen meiner Partei gefunden. Hier sorgten das Verkaufsverfahren und ein Exkurs über das Berliner Sparkassengesetz für Aufklärung. Dort ist klar formuliert – wie in allen deutschen Sparkassengesetzen, auch im saarländischen –, dass es Aufgabe der Sparkasse ist, den Kreditbedarf vor allem der kleinen und mittelständischen Unternehmen zu befriedigen, das Sparen der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsschichten zu fördern, und dass es Hauptzweck des Geschäftsbetriebs der Sparkasse ist, nicht die Gewinnerzielung an die vorderste Stelle zu stellen.

Es ist eben besser, die Dinge von ihrem Ergebnis her zu betrachten.

Rot-Rot hat sich damals entschlossen, die Bankgesellschaft erst zu sanieren und dann zu verkaufen, und das war genau richtig.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Denn auch die Europäische Kommission ließ nicht locker. Die 2002 beschlossene Risikoabschirmung war in ihrer Höhe europaweit einmalig und bei der EU genehmigungspflichtig. Am 18. Februar 2004 wurde sie letztlich unter der Bedingung erlaubt: Berlin muss die Landesbank bis 2007 diskriminierungsfrei verkaufen und damit die Verflechtung zwischen privatrechtlich organisierter Bank und öffentlicher Hand endgültig auflösen. Wir mussten international ausschreiben, damit war klar: Ohne Verkauf keine Beihilfe, und ohne Beihilfe keine Fortexistenz der Bank, und zwar der gesamten Bank ohne Wenn und Aber. Die EU-Kommission hat diese Aufgabe nicht grundlos

formuliert, schließlich hat die Bank eine marktbeherrschende Stellung, und der Marktanteil der Sparkasse liegt bei nahezu 60 Prozent.

Hier ist heute in der Debatte die allergrößte Differenz klar geworden zwischen allen einzelnen Oppositionsparteien auf der einen Seite und der Regierungskoalition auf der anderen Seite. Als aufgeklärte Europäerin habe ich mich während des Privatisierungsverfahrens in der Tat öfter gefragt: Was soll das? – Ich bin ins Grübeln geraten. Wollte die EU-Kommissarin ein diskriminierungsfreies Verfahren überwachen oder die sparkassenfreie Zone in Berlin ermöglichen? Ich finde, diese Frage bleibt offen.

Der Senat und die Koalition haben einen unideologischen Weg aus der Krise gesucht und pragmatische Lösungen gefunden. Maßgabe waren immer und ausschließlich die Rettung der Bank für die Berlinerinnen und Berliner und die Reduzierung des damit verbundenen Risikos, die Sicherung von Arbeitsplätzen und der Erhalt eines Geldinstituts für die sogenannten kleinen Leute. Wir hatten weder Zeit für noch Lust auf ordnungspolitische Abenteuer, die hatten andere bekanntlich umso mehr. Frei von wirklicher Verantwortung plädierten sie für Experimente auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger. Das gilt für die ganz Linken, denen das Gefühl wichtiger als das Ergebnis war, und für die Liberalen, deren Privatisierungswahn zur finanziellen Katastrophe geführt hätte; für die Grünen, die immer dann, wenn es darauf ankam, sich einen schlanken Fuß gemacht haben, und auch für die IHK, deren wirtschaftspolitischer Fundamentalismus sie hat dafür plädieren lassen, die Bank für einen Apfel und ein Ei zu verscherbeln. Es ist gut, dass wir auf all diese Ratgeber nicht gehört haben.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Noch ein Wort zur CDU. Ich weiß, dass sechs Jahre nach dem Bankenskandal und nun, da mit dem Verkauf der Landesbank die Geschichte eine positive Wende genommen hat, die Versuchung groß ist zu glauben, mit einer partiellen personellen Erneuerung könnten Sie einen Schlussstrich unter das Desaster ziehen. Dem ist nicht so. Die Stadt ist nicht so vergesslich, wie Sie glauben. Und wenn Sie dieser Tage wieder großmäulig über die Schulden des Landes Berlin daherreden, dann sollten Sie einmal nachdenken über Ursachen und Wirkungen, etwas Demut wäre angebracht.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zuruf von der FDP: 40 Jahre Sozialismus!]

Herr Pflüger, ich hätte es nicht für möglich gehalten, nach all Ihren Selbstankündigungen, wie man mit eigener Vergangenheit und Geschichte umzugehen hat, mit all Ihren Botschaften und Ratschlägen für andere, dass Sie eine Rede zu diesem Thema halten und die Verantwortung Ihrer Faktion und Ihrer Landespartei nicht mal mit einem Halbsatz erwähnen, dass Sie glauben, Sie können einfach über dieses Thema hinwegreden. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Fangen Sie mal an, Ihren Teil der Geschichte aufzuarbeiten. Das haben Sie an keiner Stelle getan. Sie haben noch im Mai 2001 den Fraktionsvorsitzenden Lan

dowsky, der erst im Mai zurückgetreten war, zum stellvertretenden Landesvorsitzenden wählen wollen. Das war Ihre Art der Aufarbeitung, und Sie haben darüber heute kein einziges kritisches Wort verloren. Ich glaube, so kann man kein Vertrauen gewinnen, so kann man auch keine Verantwortung für die Stadt übernehmen wollen, wenn man nicht in der Lage ist, eigene Verantwortung kritisch zu beleuchten.