Protocol of the Session on May 24, 2007

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Ökonomisch würde es sich auch rechnen. Durch die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energie-Gesetz käme es zu erheblichen Einnahmen bei Vergasung der Bioabfälle. So könnte sich vielleicht die Biotonne sogar noch rechnen. Die kostenlose Biotonne: Das wird auch den immer kritischen Rechnungshof erfreuen – eine klassische Win-Win-Situation, die der Senat bisher ungenutzt lässt.

Ein drittes Problem, das wahrscheinlich alle nervt: Hygienisch ist die Biotonne nach wie vor auf dem Stand der Neunzigerjahre. Die Tonnen stinken und sind ein Tummelplatz für Maden und Fliegen. Abgeholt wird sie auch nicht regelmäßig. Die versprochene Reinigung erfolgt auch nicht. Biofilterdeckel werden nur angekündigt. Es gibt hierzu sogar einen Modellversuch, aber flächendeckend ist der Biofilterdeckel in Berlin immer noch nicht eingeführt. Was anderenorts nicht mehr notwendig ist: Hier in Berlin muss die Biotonne weiter stinken.

Nun zum Antrag der FDP: Wir freuen uns, dass jetzt auch substanziell Ökologisches aus der FDP kommt. Sonst haben wir immer nur Irres aus dem Buch der Ökoirrtümer von Herrn Hahn gehört.

[Beifall bei den Grünen]

Da freuen wir uns, dass die FDP sogar ein Ökothema zur Priorität erhebt. – Weiter so, Herr Schmidt! Das freut uns alle. – Bei der flächendeckenden Ausweitung der Biotonne darf die Eigenkompostierung nicht verdrängt werden. Da können wir Ihrem Antrag nur zustimmen. Die ausschließlich energetische Verwertung können wir aber nicht uneingeschränkt stehen lassen. Bioabfall zu Biogas

ist auch unsere Devise, aber die Reste aus der Vergärung können, wenn sie denn gütegesichert sind, durchaus auch auf den Acker. Das muss nur nach hohen Umweltstandards geschehen, kann dann aber auch noch zur Verwertung beitragen.

Die Senatorin müssen wir noch gemeinsam für das Thema gewinnen. Sie ist der Meinung – so in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage –, dass sich um das Thema Bioabfall am besten das Abgeordnetenhaus kümmert. Da hat sie wahrscheinlich unsere Erfahrungen aus der letzten Wahlperiode aufgenommen. Da mussten wir bis ins Detail vorgeben, wie die Ausschreibung für den Hausmüll aussieht. Aber wir werden auf Gutachten aus dem Haus der BSR oder der Umweltverwaltung nicht länger warten. Wenn bis zum Jahresende die Biotonne nicht optimiert wird und die Potenziale herausgeholt werden, dann werden wir sie ausschreiben und schauen, ob unter Umständen ein Privater die Bioabfallsammlung besser kann, denn unser Anliegen ist eine Biotonne, die nicht nur klimafreundlich und ökologisch ist, sondern sich auch für die Gebührenzahler rechnet und im guten Sinn zukunftsfähig ist. [Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Der Ältestenrat empfiehlt zu beiden Anträgen die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 5:

II. Lesung

Gesetz über die Prüfung von Umweltauswirkungen bei bestimmten Vorhaben, Plänen und Programmen im Land Berlin – Berliner Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG-Bln)

Beschlussempfehlung GesUmVer Drs 16/0545 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/0179

Hierzu liegt ein Änderungsantrag von SPD und Linksfraktion vor, Drucksache 16/0545-1.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der elf Paragrafen miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe auf die Überschrift und die Einleitung sowie die elf Paragrafen, Drucksache 16/0179, und den eben erwähnten Ändeungsantrag. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. r Ich lasse zuerst über den Änderungsantrag Drucksache 16/0545-1 abstimmen. Wer für den Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der Grünen. Wer ist gegen den Antrag? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der CDU und der FDP ist der Änderungsantrag angenommen.

Der Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt einstimmig – bei Enthaltung der CDUFraktion, der Grünen und der FDP – die Annahme der Vorlage – zur Beschlussfassung – mit den Änderungen gemäß Drucksache 16/0545. Wer so – einschließlich der zuvor beschlossenen Änderungen – votieren möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist gegen diesen Antrag? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der Grünen, der CDU und der FDP ist der Antrag angenommen. – Damit ist das Berliner Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung beschlossen.

Wir kommen jetzt zur

lfd. Nr. 6:

I. Lesung

Erstes Gesetz zur Änderung des Berliner Ladenöffnungsgesetzes (BerLadÖffG)

Antrag der CDU Drs 16/0537

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. – Herr Kollege Melzer, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor wenigen Monaten, im November 2006, wurde hier im Berliner Abgeordnetenhaus das Ladenöffnungsgesetz beschlossen. 50 Jahre gesetzlich verordnete Einkaufszeiten haben damit ihr Ende gefunden. Nach 50 Jahren liegt es jetzt in der Entscheidung jedes Einzelnen, wann er Handel betreiben will, wann er einkaufen will und wann nicht. Das ist wahrlich ein großer Fortschritt mit einem liberalen Ladenöffnungsgesetz.

Mit diesem Gesetz wurde auch eine alte Forderung der Unionsparteien verwirklicht, nämlich die Schaffung von mehr Liberalisierung und mehr Freiheit. Das ist in einer Stadt wie Berlin sehr positiv für die Wirtschaft, die Berlinerinnen und Berliner, die Verbraucher und die Gäste der Stadt.

Die neuen gesetzlichen Regelungen beenden eine über hundertjährige Diskriminierung unseres Wirtschaftszweiges.

Das sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Herr Busch-Petersen, im November des vergangenen Jahres. Berlin profitiert weitgehend von den Chancen, die sich aus dem neuen Ladenöffnungsgesetz ergeben.

Trödelmärkte, Bäcker und Blumenhändler werden jedoch gegenüber der alten Regelung schlechtergestellt, indem diese am Ostersonntag oder in Kürze auch am Pfingstsonntag und zusätzlich – was insbesondere für Blumenhändler ein Problem ist – am Totensonntag und Volks

trauertag nicht öffnen dürfen. Mit dieser Entscheidung diskriminiert Rot-Rot Bäcker und Floristen. Die Koalition verhindert eine sinnvolle Anpassung der Ladenöffnungszeiten an die Verbraucherwünsche, und letztlich gängelt die Koalition damit diese Wirtschaftszweige.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Wir reden von zwei Tagen!]

Ja, das tun wir, aber es handelt sich um zwei wesentliche Tage im Jahr, Herr Doering. – Rot-Rot hat schon an Ostern Blumenhändler, Floristen, Bäcker und Konditoren durch das Ladenöffnungsgesetz zur Ladenschließung gezwungen. Deswegen hat die IHK recht, wenn sie diese Regelung „ für nicht nachvollziehbar“ hält. Sie führt weiter aus:

Die ersten Feiertage

Oster- und Pfingstsonntag –

sind die Topptage für die Bäcker und Floristen.

Die Bäckerinnung spricht zu Recht von einer „puren Katastrophe“, denn in den letzten 50 Jahren war dieser Sonntagsverkauf möglich. Viele Händler, die auf die Einnahmen an diesen umsatzstarken Tagen angewiesen sind, hatten und haben erhebliche Umsatzeinbrüche zu verkraften. Die Berlinerinnen und Berliner müssen an diesen Tagen nicht nur auf ihre Antikmärkte verzichten, sondern auch auf frische Brötchen und Blumen. Insbesondere kleinere Geschäfte des Berliner Mittelstandes benötigen deshalb unsere Unterstützung. Der Kauf von Brötchen an Tankstellen ist keine Lösung.

Wie ist die Situation hier im Haus? – Es gab nach Ostern eine Ankündigung der SPD, dass diese Ungleichbehandlung beseitigt werden solle. Das ist bis heute nicht passiert. Wir wissen auch warum. Die Starrköpfigkeit der PDS und der in dieser Frage blinde Gehorsam, mit der sich die SPD ihrem Koalitionspartner hingibt, führen dazu, dass sich die Umkehr dieser Gesetzesinitiative – letztlich ihre Pervertierung – an Pfingsten wiederholen wird.

Wir wollen, dass die Attraktivität der Stadt gesteigert wird und die Öffnungsmöglichkeiten des Ladenöffnungsgesetzes ausgeschöpft werden können. Mit dieser Meinung sind wir nicht allein. Die IHK, die Handwerkskammer, der Fachverband Deutscher Floristen, der Landesverband Gartenbau und Vertreter der Kunst- und Trödelmärkte, der Bäckerinnung und der Bezirke unterstützen die Stoßrichtung unserer Gesetzesinitiative. Wir haben den Eindruck, dass selbst die SPD-Fraktion unsere Auffassung teilt, sich aber innerhalb der Koalition nicht durchsetzen kann.

Wir fordern den Senat auf, für das bevorstehende Pfingstwochenende eine großzügige Ausnahmeregelung zu erlassen, um am Pfingstsonntag den Bäckern und Blumenläden einen Verkauf zu ermöglichen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Dr. Martin Lindner (FDP)]

Das Schreckgespenst, mit dem Sie arbeiten, nämlich der Arbeitnehmerunfreundlichkeit, macht deutlich, dass Sie das Problem nicht erkannt haben. Das Ladenöffnungsgesetz war in den vergangenen Monaten nicht arbeitnehmerunfreundlich. Es wäre wesentlich schlechter für die Arbeitnehmer, das Gesetz nicht zu ändern und am Pfingstmontag die Arbeit zuzulassen.

Wir müssen die Gesetzesinitiative bis spätestens November dieses Jahres umgesetzt haben, wenn Volktrauertag und Totensonntag anstehen. Wir wollen, dass im nächsten Jahr an Ostern und Pfingsten dem Besuch von Kunstmärkten nach einem Frühstück mit frischen Brötchen nichts mehr im Weg steht.

Die SPD-Fraktion wird sich in den Ausschussberatungen entscheiden müssen, wie lange sie in dieser Frage – und leider auch in anderen – mittelstands- und wirtschaftsfeindliche Entscheidungen an der kurzen Leine des Koalitionspartners mittragen möchte. Wir wollen eine sinnvolle, praxisorientierte Änderung des Ladenöffnungsgesetzes und fordern Sie auf, daran mitzuwirken. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Jahnke das Wort. – Bitte!

[Mieke Senftleben (FDP): Wenn Sie ehrlich sind, sind Sie auch gegen die Schließung!]

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Koalition hat mit dem Ladenöffnungsgesetz vom November 2006 die Basis für die Öffnung aller Geschäfte und Verkaufsstellen an sechs Werktagen rund um die Uhr geschaffen. Das wird momentan immer weniger praktiziert. Auch das ist der freie Markt. Einige haben den Mund vielleicht ein bisschen voll genommen und behauptet, sie würden zu sehr eingeengt.

[Beifall bei der SPD]

Wir beengen sie nicht, sondern – das wurde auch von meinem Vorredner von der CDU anerkannt – wir haben die Forderungen der Wirtschaft und der Einzelhandelsverbände umgesetzt, sobald dies auf Landesebene möglich war. Bis zum Sommer 2006 gab es bekanntlich keine Möglichkeit, das auf Bundesebene seit 50 Jahren geltende Ladenschlussgesetz durch landesgesetzliche Regelungen abzulösen.

Die umfassende Freigabe der Ladenöffnungszeiten wurde – entgegen mancher Unkenrufe im Vorfeld – auch noch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft 2006 ermöglicht, und zwar inklusive der Öffnung an vier Adventssonntagen. Das war nicht ganz unproblematisch. Immerhin gibt es den Artikel 139 Grundgesetz, der den Sonntag und die

staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung schützt. Muss man das einer christlichen Partei in Erinnerung rufen?

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Heidi Kosche (Grüne)]