Bündnispartnern erreichen und nicht, indem wir sie vor den Kopf stoßen und verprellen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es bietet sich direkt an, sehr geehrter Herr Kollege Pflüger! Sie zitierten den Satz: L'État, c’est moi! – Es gibt einen anderen wunderschönen Satz, aber von einem Franzosen, den Sie wahrscheinlich nicht so gern zitieren. François Mitterrand sagte: Il faut laisser le temps au temps! – Ich übersetze es Ihnen: Es geht auch darum, der Zeit die Zeit zu lassen. – Es gibt Momente, bei denen Entscheidungen notwendig sind, und Momente, wo es besser ist, sich nicht zu entscheiden.
Genau ein solches Problem haben wir jetzt in der Föderalismuskommission II. In einem gesamten Zeitrahmen von zwei Jahren
verlangen Sie jetzt eine Positionierung – und das ist heute deutlich geworden –, die die Position Berlins nur schwächen kann. Das will ich hier noch einmal deutlich machen.
Ich möchte noch einmal auf das eingehen, was Kollege Ratzmann gesagt hat. Er sagte, was die anderen Ministerpräsidenten – darunter Herr Oettinger – formuliert hätten, schreie geradezu danach, dass sich der Regierende Bürgermeister dazu positioniere.
Wenn Sie sich noch einmal intensiv die Datenlage anschauen und sich mit dem Gutachten des Sachverständigenrats auseinandersetzen, werden Sie feststellen, dass es letztendlich in diesem Spannungsverhältnis von Modul 1 und Modul 2 – der Schuldenschranke, die Sie erwähnt haben – gar keine Lösung gibt, ohne über Altschulden zu reden. Es ist gar nicht möglich, dieses System einzuführen, ohne über die Altschuldenproblematik zu reden und eine Lösung dafür zu finden, wie diese bei der Berechnung keine Rolle mehr spielen. Deswegen sage ich Ihnen: Was Herr Oettinger gemacht hat, ist nichts Besonderes. Er hat sich dem Unvermeidbaren gefügt. Die Frage ist nämlich nicht mehr, was wir mit Altschulden machen und ob wir es überhaupt machen, sondern es wird diesbezüglich in jedem Fall etwas geschehen müssen. Sie
in jedem Fall etwas geschehen müssen. Sie sagen, es schreie geradezu danach, Reaktionen hervorzurufen. Ich kann Ihnen nur antworten: Herr Oettinger hat praktisch in seiner Rede auf das, was sowieso Realität ist, reagiert.
Ich will nicht darauf eingehen, dass Sie den Namen Hassemer reinwaschen wollen, und Sie sich irgendwie bemüßigt fühlen, Herrn Hassemer als besonderen Leumund in die Debatte hineinzugeben, weil er auch in Ihrer JamaikaKonferenz eine Rolle gespielt hat. Aber auf etwas anderes möchte ich eingehen: Es ist schon eine Frechheit, wenn Sie sagen, die SPD hätte im Hauptausschuss keine Position vertreten. Wir haben klar gesagt und mit den betreffenden Grundgesetzartikeln deutlich formuliert: Artikel 115 Grundgesetz können wir ändern. Wir können über den Investitionsbegriff und eine Verengung dieses Begriffs nachdenken. Wir können auch das Schweizer Modell mit dem Modul 2 – der Schuldenschranke – entsprechend ins Auge fassen.
Sie haben nach SPD-Positionen gefragt. Doch, doch! Das haben Sie nämlich auch mitgenommen im Hauptausschuss. – Wir werden aber eines nicht machen, nämlich diese Altschuldenproblematik um jeden Preis opfern. Darum geht es, und das hat auch der Regierende Bürgermeister heute noch einmal deutlich gemacht. Wenn Sie kein Problem damit haben – und das ist heute deutlich geworden –, Artikel 106 Grundgesetz und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse als fundamentales Ziel dieser Republik zu opfern, so sage ich Ihnen: Wir haben damit ein Problem, Herr Ratzmann!
Und wir werden die Altschulden nicht auf diesem Altar opfern. Das sollten Sie mal zur Kenntnis nehmen. Ich finde es schon interessant, dass sich Bündnis 90/Die Grünen diesem geschichtsträchtigen Ziel der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr verpflichtet fühlt.
Ein weiterer Punkt: Die persönlichen Angriffe nutzen Ihnen nichts. Für mich sind es auch persönliche Angriffe, wenn man von „kleinkarierter Welt“ spricht. Das ist diesem Parlament nicht angemessen. Ich frage Sie noch einmal: Gehen Sie in sich! Wer hat mit dieser Sprache begonnen? – Es ist die Splitterpartei zu meiner Rechten. Es ist sozusagen der Führer der Splitterpartei, der – ich kann es nicht anders interpretieren – wegen des persönlichen Beleidigtseins darüber, nicht in dieser Föderalismuskommission sein zu können, hier entsprechend fordert, dass endlich darüber debattiert werden sollte. Das ist das, was ich heute wahrgenommen habe.
Es geht nicht darum, eine Regierungserklärung abzuhalten. Das wird in der Föderalismuskommission keinen Meter an Veränderung bringen – in der Gemengelage, die der Regierende Bürgermeister gerade geschildert hat. Es geht darum, die Interessen durchzusetzen, und das tue ich
nicht, indem ich hier deklariere, was ich vorhabe, was ich gut finde und was ich auf keinen Fall machen würde.
Ein letzter Punkt – zu Ihrer Begrifflichkeit des Abwartens und Gespanntseins: Ich würde dem entgegensetzen: Ich warte jetzt, dass Herr Oettinger seinen Worten Taten folgen lässt, Herr Goetze!
Das ist nämlich der Punkt. Ich kann erzählen, was ich will. Ich kann sagen, ich sei dafür, die Altschulden in irgendeiner Form in einen Fonds einzubringen.
Aber er ist Kommissionsmitglied. Ich erwarte, dass er demnächst einen entsprechenden Beitrag und Antrag in der Kommission bringt. Dann reden wir hier noch einmal, und dann gestehe ich Ihnen zu, dass ich Respekt vor seiner Vorgehensweise habe. Aber ich sage Ihnen: Den Worten werden keine Taten folgen. – Das wage ich schon heute zu prognostizieren.
Sie wollen im Endeffekt – das ist heute noch einmal deutlich geworden – nichts anderes als eine andere Republik
das haben wir heute gehört –, und zwar eine Republik, die von Kannibalismus unter den Ländern geprägt ist, aber nicht von Solidarität und dem Ziel, Gerechtigkeit und gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen.
Dazu sage ich Ihnen – und Herr Liebich hat das deutlich herausgearbeitet: Politisch steht Rot-Rot hier wie ein Mann hinter der Position, dass wir das nicht wollen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dafür, dass hier anfänglich die Sorge bestand, das Thema könne nicht wichtig genug genommen werden, haben wir schon sehr lange und ausführlich geredet.
Dass man dem Regierenden Bürgermeister vorwirft, er habe sich weggeduckt, kann ich in dieser Debatte auch nicht nachvollziehen. So oft, wie er sich in dieser Debatte zu Wort gemeldet, habe ich das schon lange nicht mehr erlebt.
Herr Pflüger! Sie haben heute auch schon zum dritten oder vierten Mal zu diesem Thema geredet, und Sie haben es geschafft, wieder nur Haltungsnoten zu vergeben. Mag sein, dass wir keine Klippschule sind, aber eine Benimmschule sind wir auch nicht.
Was Herr Ratzmann macht, ist auch sehr amüsant. Er hat mich schon gestern im Hauptausschuss ein bisschen dafür kritisiert, dass ich Positionen des Kollegen Ramelow aus der Föderalismuskommission vertrete. Das finde ich aber nicht besonders ehrenrührig, wenn ein Linksparteipolitiker die Position eines anderen Linksparteipolitikers vertritt. Richtig amüsant finde ich, dass Sie von uns verlangen, dass wir quasi keine Parteien mehr kennen, sondern alle nur noch Berlin sein sollen. Es mag sein, dass Sie, weil Sie jetzt Landtagsvertreter sind, jegliche GrünenPosition beiseite legen. Aber deswegen müssen wir das noch lange nicht machen. Wir haben Parteipositionen, und die werden wir auch vertreten.
Deshalb etwas zu den knappen Mehrheiten, die prognostiziert werden: Die Mehrheiten in dieser Koalition mögen knapp sein, aber ich kann Ihnen versichern: Nach dieser Debatte – und ich war vorher auch nicht hundertprozentig begeistert von dem Agieren unserer Koalition bei diesem Thema – steht diese Koalition wie eine Eins.
Denn jetzt ist völlig klar, in welche Richtung das Land Berlin in der Föderalismuskommission geht. Wir sind dafür, dass der Solidarpakt I und II erhalten und verteidigt wird – selbst wenn es für seine Änderung keine absehbaren Mehrheiten gäbe. Wenn in der Bundesrepublik – und das wird immer wieder passieren – die Stimme dagegen erhoben wird, dann erwarte ich von der Hauptstadt Deutschlands, von der Hauptstadt, die im Osten liegt, dass sie klar die Stimme dagegen erhebt. Und deswegen finde ich es gut, dass Klaus Wowereit das macht.
Ich finde es weiterhin wichtig, dass wir ein klares Bekenntnis zum solidarischen Föderalismus ablegen, wie es hier erfolgt ist, und gegen den Wettbewerbsföderalismus kämpfen, wie ihn Herr Lindner und seine JamaikaFreunde haben wollen. Wir finden es wichtig, dass es weiter gleichwertige Lebensverhältnisse gibt, und mit dieser Position wird diese rot-rote Koalition in der Föderalismuskommission auftreten. Das ist heute klargestellt worden. Das finde ich super.