Protocol of the Session on January 26, 2006

Wenn man sich die Ergebnisse des Wettbewerbs anschaut, dann ist das für Berlin zwar erfreulich, aber man stellt fest, dass es in der regionalen Verteilung deutliche Unterschiede gibt. Wenn man die Zahl der Wettbewerber insgesamt nimmt und mit denen vergleicht, die den Zuschlag erhalten haben, stellt man fest, das ungefähr ein Drittel Gewinner aus dem Norden Deutschland kommt und sich der Rest im Süden der Republik konzentriert. Wenn ich mir den dritten Teil des Wettbewerbs – die Zukunftskonzepte der Universitäten bzw. den Eliteuniversitätswettbewerb – anschaue, dann ist besonders auffällig, dass sieben der zehn Prämierten aus Baden-Württemberg und Bayern kommen.

Man muss überlegen, woran das liegt. Aus Berliner Sicht muss man sich die Frage stellen: Hat die Politik – deshalb diskutieren wir heute hier – alles getan? – Der Erfolg bei diesem Wettbewerb liegt zuerst bei den Hochschulen. Die Politik hat damit relativ wenig zu tun.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Aber wir geben zumindest den Rahmen vor, in dem sich Universitäten und Wissenschaft in Berlin entwickeln können. Da stellt sich die Frage – dabei muss man die letzten vier Jahre Rot-Rot kritisch hinterfragen –: Hat Politik in Berlin alles getan, um den Erfolg der drei Universitäten zu unterstützen? – Die Antwort lautet leider: Nein! RotRot hat nicht alles getan, sondern vieles schleifen lassen, vieles in die falsche Richtung bewegt und den Universitäten in dem Wettbewerb eher geschadet.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

In diesem Sinn ist es schon mutig – Herr Liebich hat vorhin um Lob gebeten –, den schlechtesten Senator, den der Berliner Senat zu bieten hat, in dieser Aktuellen Stunde vorzuführen. Ich denke – von den Kollegen wurden bereits viele Beispiele genannt –, dass die rot-rote Hoch

Zum nächsten Punkt, den Hochschulverträgen: Wenn man die Änderung und den Bruch der Hochschulverträge anspricht, werden die Kollegen aus der Koalition immer ganz allergisch. Sie sagen: Na ja! Die Universitäten haben das unterschrieben. Aber wir können uns noch genau an die Beratung des Nachtragshaushalts erinnern, in der Sie im Hauptausschuss beschlossen haben, die 54 Millionen € herauszunehmen, obwohl kein einziges Kuratorium den geänderten Hochschulverträgen zu dem Zeitpunkt zugestimmt hatte. Das ist wirklich ein Indiz dafür, wie Rot-Rot

in dieser Stadt Hochschulpolitik betrieben hat. Das sucht seinesgleichen! Deshalb sind die Beteuerungen aus der Koalition, wie wichtig Ihnen doch das Instrument Hochschulvertrag ist, einfach lachhaft und nicht mehr glaubwürdig,

Eine rot-rote Hochschulpolitik, wie sie Herr Flierl in den letzten vier Jahren betrieben hat, wird es in dieser Stadt nicht wieder geben. – Ich appelliere an Sie, dass Sie die letzten Monate, die Sie noch haben – das besonders an Herrn Senator Flierl gerichtet –, nutzen, um zumindest wieder eine Kursänderung einzuleiten, so dass Berlin wieder an die Richtung anknüpft, die es vorher hatte: Vorreiter bei der Entwicklung neuer Instrumente der Hochschulpolitik und nicht mehr Schlusslicht der Entwicklung zu sein und sich deshalb von anderen Bundesländern und international überholen lassen zu müssen. Ich denke, Sie müssen begreifen,

schulpolitik, die Senator Flierl betreibt, wenig Grund zur Freude bietet.

Das Gegenteil ist der Fall – ich beginne mit dem Berliner Hochschulgesetz –: Nach dem, was in der Berliner PDS-Fraktion dazu diskutiert wird, kann man fast froh sein, dass uns kein Gesetzentwurf dazu erreicht hat. Die Viertelparität und andere Punkte wurden bereits erwähnt. Wenn man sich Bayern und Baden-Württemberg anschaut, sieht man, in welche Richtung sich die Berliner Hochschulpolitik entwickeln muss. Wir waren einst Vorreiter bezüglich der Autonomie und Freiheit der Hochschulen. Das hat sich nicht erst mit Rot-Rot in die falsche Richtung verändert, aber seit vier Jahren ist in dieser Hinsicht rein gar nichts passiert. Das kann nicht sein. Das bringt die Universitäten und Hochschulen nicht voran, sondern legt ihnen eher Steine in den Weg.

Man muss sich fragen, weshalb wir nichts tun, um den Hochschulen in den Bereichen mehr Freiheit zu schaffen, die uns kein Geld kosten. Wir sind uns alle darüber einig, dass es die Berliner Haushaltssituation schwer macht, zusätzliche Investitionen in Wissenschaft und Forschung zu tätigen. Aber ich frage Sie von SPD und PDS, warum Sie nicht bereit sind, Freiräume zu geben, in denen sich Kreativität entfalten kann, die keine Haushaltsmittel verbrauchen. Das hätte die Hochschulen in dem Wettbewerb unterstützt. Warum haben Sie die Chancen, die Sie dort in den letzten vier Jahren hatten, nicht genutzt?

Zum zweiten Schwerpunkt, nämlich der Hochschulmedizin: Im Dezember 2001 haben Sie angefangen, über die Schließung des Klinikums Benjamin Franklin zu diskutieren. Sie sind dann auf die Idee gekommen, es vielleicht doch nicht zu schließen und die Hochschulmedizin zu fusionieren. Dann wurde ein Vorschaltgesetz beschlossen, dann das Hochschulmedizingesetz. Insgesamt muss man feststellen, dass die Hochschulmedizin nach vier Jahren Entwicklung immer noch nicht auf einem Weg ist, der sicherstellt, dass sie am Ende erfolgreich bestehen wird. Die Prognosen des Vorstands für die wirtschaftliche Zukunft der Charité sind vielmehr äußerst düster. Es muss sich erst zeigen, ob die Charité auf einen Weg kommt, der zum Erfolg führt. Da kann man nur fragen, was SPD und PDS dafür getan haben, die Charité voranzubringen. Sie haben viel diskutiert, Klientelinteressen ins Gesetz aufgenommen und Gremien und Räte geschaffen, die nicht zu einem effizient geführten Unternehmen, das die Charité auch ist, gehören.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

weil Sie vor Augen geführt haben, dass die Universitäten bei den Vertragsverhandlungen leider immer der schwächere Partner sind.

Rot-Rot wird – da bin ich mir ziemlich sicher! – in dieser Stadt keine lange Zukunft mehr haben.

[Och! von der Linkspartei.PDS]

Bei einem bin ich mir noch sicherer:

[Zurufe von der Linkspartei.PDS]

[Zurufe von der Linkspartei.PDS]

dass nicht Geld wichtig ist, sondern dass wir auch eine Menge tun können, um die Wissenschaftseinrichtungen der Stadt voran zu bringen. Das kostet kein Geld!

[Liebich (Linkspartei.PDS): Das glauben Sie!]

Fangen Sie endlich damit an, Sie haben nur noch einige wenige Monate Zeit – Gott sei Dank! –, aber tun Sie endlich etwas!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Das Wort für den Senat hat nun der Senator für Wissenschaft, Herr Dr. Flierl. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute einen bemerkenswerten Erfolg der Berliner Hochschulen zu erörtern. Es ist schon erstaunlich, wie sehr die Lust zum Vorwahlkampf manche Diskussionsrede beeinflusst.

Ich möchte einen Punkt daraus aufgreifen, den überregionalen Vergleich herbeiführen. Er muss mit dem sehr klaren Urteil beginnen: Berlin ist nach München die erfolgreichste Stadt bzw. Metropolregion in Deutschland.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Auf Vergleiche aus dem Sport möchte ich verzichten, weil ich da nur dilettieren kann, aber so viel kann man wohl sagen: Berlin spielt nicht gegen den Abstieg, sondern wir spielen ganz oben mit.

Ich möchte noch auf eine Rahmenbedingung aufmerksam machen, die in den medialen Betrachtungen bisher keine Rolle gespielt hat. Der Erfolg in der Exzellenzinitiative ist auch auf das überaus vielfältige Angebot an außeruniversitären Forschungseinrichtungen in der gesamten Wissenschaftslandschaft Berlins zurückzuführen. Bundesweit sind das eben Max-Planck-Institute, Fraunhofer-Institute, Helmholtz-Forschungszentren und die Leibniz-Institute, denn sie haben sich überdurchschnittlich an den Exzellenzclustern und den Graduiertenschulen beteiligen können. Das ist eben der zu Recht bereits genannte Erfolg der TU, dass sie durch die Verknüpfung mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen so viele Cluster und Graduiertenschulen hat unterbringen können. Das ist auch der Erfolg des Projekts Adlershof, das wahrlich nicht von Rot-Rot angefangen wurde, aber das von uns konsequent fortgeführt wurde. Auch das verdient, erwähnt zu werden.

Das ist eine Feststellung, die keineswegs erwartet werden konnte. Sicherlich reizt es auch mich, über das Verhältnis, wie sich wissenschaftspolitische Rahmenbedingungen und Leistungsfähigkeit der Hochschulen im Einzelnen gestalten, zu reden. Ich will jetzt nur so viel sagen: Die Verlässlichkeit durch den Abschluss der Hochschulverträge, die Ausgestaltung der Autonomie der Hochschulen und die gute Verflechtung mit den außeruniversitären Einrichtungen waren und sind Grundlagen erfolgreicher Wissenschaftspolitik.

Ich bin erstaunt, wie sehr sich die Oppositionsparteien doch in den einseitigen Akzentsetzungen vergangener Jahre oder den Ängsten umhertreiben und diese ahnungslos reproduzieren. Frau Paus, meinen Sie wirklich, behaupten zu können, dass ich eine Wissenschaftspolitik mache, die einseitig die Humboldt-Universität bevorzugt hätte? Haben Sie nicht gesehen, dass es mein besonderes Anliegen war, eine Orientierung der großen Koalition, des CDU-Wissenschaftssenators Erhardt, nach dem gerade gerufen wird, umzukehren und zu sagen: Nein, wir brauchen eine gesamtstädtische Sicht, eine gesamtstädtische Struktur der Hochschulen!? Deswegen muss die FU eine Chance erhalten. Und sie hat sie wahrgenommen. Nicht, weil ich das meine – ich glaube auch nicht, dass wir gut dastehen und sagen: Wir heften uns die Erfolge ans Revers! –, aber wir fragen doch genau, was wir wissenschaftspolitisch wollen.

Da finde ich es schon einigermaßen bedenklich und absurd, wenn Oppositionsvertreter regelmäßig davon reden, dass wir Hochschulverträge gebrochen hätten. Die Hochschulverträge wurden im Einvernehmen geändert, weil wir eine Haushaltskrise hatten, weil wir eine Verfassungsklage der Oppositionsparteien hatten und weil es auch bei den Vertragspartnern Einsicht in die Notwendigkeit der Änderung von Hochschulverträgen gab. Denn die Freiheit hatten die Hochschulen bereits, zu sagen, sie wollten die Verträge nicht ändern. Aber da ist die gesamtgesellschaftliche Vernunft so groß gewesen, mit uns gemeinsam diesen schwierigen Weg zu gehen. Wir sind ihn gegangen, weil wir die Substanz der Berliner Wissenschaftslandschaft nicht beschädigen wollten und sie auch nicht beschädigt haben.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Ganz sicher stünden die Berliner Universitäten noch besser da, wenn hinter ihnen die Wirtschaftskraft eines Landes wie Bayern oder Baden-Württemberg stünde. Anders gesagt: Bemühen wir uns doch um Objektivität und lassen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die finanzielle Lage der einzelnen Länder im Vergleich zu Berlin bei der Beurteilung nicht außen vor! Berücksichtigen wir, das wir in unserem Hochschulsystem für 60 % auswärtig Studierende Hochschulplätze vorhalten, dass wir im Saldo 40 000 Studienplätze mehr anbieten als andere Länder, als andere Länder bei uns studieren lassen und dass es gerade die südwestdeutschen Länder sind, die nicht diesen Überschuss haben! Das heißt, wir leisten für die gesamte Republik sehr viel mehr, und dennoch haben wir diese Erfolge zu verzeichnen.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]

[Frau Ströver (Grüne): Das heißt Champions League!]

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir haben in Berlin alle diese Forschungseinrichtungen mit ihren Instituten und damit ein ideales Umfeld. Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang alle daran, dass die Landesfinanzierung für diese außeruniversitären Forschungseinrichtungen trotz Haushaltsnotlage nie in Frage stand. Das heißt im Klartext: Die Ausgaben für die außeruniversitären Forschungen steigen kontinuierlich und synchron zu denen des Bundes. Das ist ein Punkt, den Sie fair anerkennen sollten – was Sie nicht tun werden. Das ist übrigens ein Punkt, über den ich schon lange nicht mehr mit dem Finanzsenator streiten muss. Dieser Punkt ist im Senat von Anfang völlig unstrittig gewesen.

Da wir gerade bei der Finanzierung sind: Allen denjenigen – und Frau Paus muss ich dabei besonders ansprechen –, die immer wieder behaupten, es gebe eine Mogelpackung, sage ich jetzt zum wiederholten Mal deutlich: Die Hochschulverträge gelten, und die Kofinanzierung erfolgt zusätzlich aus dem Landeshaushalt.

[Zuruf der Frau Abg. Paus (Grüne)]

Ich weiß nicht, auf welches Differenzierungsvermögen Sie anspielen, ich kann es bei Ihnen nicht mehr erkennen, wenn Sie nicht mehr unterscheiden können, dass zwischen der grundsätzlichen Absichtserklärung des Senats am 14. Dezember letzten Jahres, in der gesagt wird: Ja, wir beteiligen uns!, und der sehr klaren Äußerung aller Regierungsparteien und des Regierenden Bürgermeisters, dieses Geld komme zusätzlich aus dem Landhaushalt, jetzt immer noch „Mogelpackung“ schreien. – Ich kann auch nicht verstehen,

[Zuruf der Frau Abg. Paus (Grüne)]

Insgesamt sind wir am Beginn einer gravierenden Umgestaltung des bundesdeutschen Hochschulsystems. Wenn ich jetzt höre, dass gesagt wird, das nächste Mal solle die Exzellenz der Lehre dienen, Frau Paus – oder wer dies sagte –, ist es eine Fehleinschätzung, wie weitreichend und langfristig dieser Exzellenzwettbewerb strategisch angelegt ist. Wir müssen also am Beginn der Umgestaltung der bundesdeutschen Hochschullandschaft sehr genau sehen, welche Auswirkungen für das Verhältnis von Forschung und Lehre sowie das Verhältnis von Spitzen- und Breitenausbildung in Deutschland damit verbunden sind. Wir haben auch einen bestimmten Standard von Hochschulausbildung zu verteidigen, der in der Einheit von Forschung und Lehre und einem spitzenorientierten, aber vor allem auch einer sehr qualifizierten Breitenausbildung liegt.

Deswegen haben sich erst gestern die Wissenschaftsminister der Länder mit der Bundesministerin darüber unterhalten, wie sich der auf Forschungsförderung zielende Exzellenzwettbewerb um ein ebenso weitreichendes Förderinstrument zur Förderung der Lehre – es geht hier um Erhalt und Ausbau der Anzahl der Studienplätze und der Verbesserung der Betreuungsrelation – kümmern kann, wie wir parallel zum Exzellenzwettbewerb im Forschungsbereich, der auf lange Zeit angelegt sein sollte, ein ähnlich qualifiziertes und wirksames Instrument für die Lehre bekommen.

Melden Sie sich doch! –, warum Sie ein befristetes Programm, das ausgelaufen ist, als Kofinanzierung für die Exzellenzinitiative anführen. Wie kann denn ein Professorenerneuerungsprogramm eine Kofinanzierung für ein Exzellenzprogramm sein? – Das sind doch strukturell völlig unterschiedliche Dinge. Auch ich bedauere mit Ihnen, dass wir das nicht mehr haben! Aber jetzt zu unterstellen, es sei weggespart worden, um dann die Exzellenzinitiative zu finanzieren, ist von der Programmstruktur völlig absurd. Ich setze darauf, dass wir mehr als 20 Millionen € benötigen werden, um die Kofinanzierung darzustellen.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Für die Wahlkampfstrategien kann ich hier erklären: Das Thema der Kofinanzierung der Exzellenzinitiative kann vom Streitzettel gestrichen werden. Wer es immer noch darauf schreibt, verbreitet wissentlich Verunsicherung.

Ich kann auch noch einem weiteren Vorurteil widersprechen. Hier und da ist die Sorge geäußert worden, die Berliner Universitäten hätten angesichts einer Debatte um die Einführung von mehr Mitbestimmungsrechten an den Universitäten und der gefürchteten Viertelparität schlechtere Chancen im Wettbewerb. – Schauen Sie sich doch bitte die Liste an, Herr Schmidt! Da gibt es die RheinischWestfälische Technische Hochschule Aachen, die zur der ausgewählten Gruppe der Eliteuniversitäten in der dritten Förderlinie gehört. Und was sage ich Ihnen: Ganz unspektakulär ist dort in der Grundordnung vom Februar 2004 ein viertelparitätisch zusammengesetzter erweiterter Senat verankert worden.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Und nun? – Da staunen Sie!