Protocol of the Session on January 12, 2006

Beschlussempfehlung JugFamSchulSport Drs 15/4555 Antrag der CDU Drs 15/2660

d) Beschlussempfehlung

Berliner Schulgesetz: mehr Bildungsqualität, weniger ideologische Experimente (2) – Bildungschancen durch Frühdiagnose von Lernentwicklungsrückständen und Hochbegabung

Beschlussempfehlung JugFamSchulSport Drs 15/4556 Antrag der CDU Drs 15/2661

e) Beschlussempfehlung

Bekenntnis zur Hochbegabtenförderung!

Beschlussempfehlung JugFamSchulSport Drs 15/4557 Antrag der FDP Drs 15/1086

Ich eröffne in Bezug auf den Gesetzesantrag die II. Lesung und schlage hierzu vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch.

Mir ist signalisiert worden, dass die Reden zu Protokoll gegeben werden sollen. Dann bitte ich, dies jetzt so zu tun. – Danke schön!

Liebe Kollegin Schultze-Berndt! Ihre Bemühungen in

allen Ehren, Sie zeigen Einsatz und kämpfen, auch wenn Sie damit zu der Minderheit Ihrer Fraktion gehören. Ich bin auch mit Ihnen einer Meinung, was die Frage der Umsetzung der Reformmaßnahmen angeht.

Die Umsetzung der Reformmaßnahmen in die Praxis

der Berliner Grundschule im Schuljahr 2005/2006 hat an vielen Grundschulen zu erheblichen Problemen geführt und viele Defizite aufgezeigt. Trotzdem und dennoch sage ich: Die eingeleiteten Reformmaßnahmen sind Schritte in die richtige Richtung.

Sie gehen den falschen Weg, Sie betreiben einfach

Stückwerk. Sie wollen hier und dort herumdoktern, je nachdem, was gerade auf der Tagesordnung ist, stellen Sie auf die Schnelle einen Antrag oder beantragen eine Gesetzesänderung. Das, meine Damen und Herren von der CDU, ist nicht die Antwort auf die bildungspolitische Misere dieses Landes.

Nun komme ich zu Ihren Anträgen. Drucksache

15/4041 – Sonderpädagogische Diagnostik erhalten–: Der Erhalt der sonderpädagogischen Diagnostik für die Bereiche Lernen, Sprache und Verhalten ist durchaus sinnvoll. Sie gehen aber weiter und fordern die Wiedereinführung entsprechender Klassen an sonderpädagogischen Förderzentren. Das ist aus unserer Sicht nicht im Interesse der Betroffenen. Diagnostik ja, vor allem, um entsprechende Ressourcen für die Förderung der Kinder in der Schuleingangsphase zu gewährleisten.

Drucksache 15/4553 – Änderung des Schulgesetzes –:

Mit einem Vorziehen der Sprachstandsmessung kann ich mich durchaus anfreunden, und dieses hat in Anbetracht der Defizite vermutlich auch Sinn. Aber Ihre anderen Forderungen helfen den betroffenen Schülerinnen und Schülern nicht. Sie und wir alle im Fachausschuss haben im Rahmen der Anhörung zu dieser Schulgesetzänderung Prof. Dr. Rost gehört. Er als anerkannter Fachmann hat deutlich gemacht, wie unsinnig es ist, Diagnosen hinsichtlich der Hochbegabung von 4-Jährigen vorzunehmen. Ich zitiere: „Eine derartige Diagnose ist nicht nur eine Geldverschwendung, sondern unter pädagogischen Gesichtspunkten möglicherweise sogar kontraproduktiv.“ Wenn Sie uns schon nicht glauben, vertrauen Sie wenigstens auf die Wissenschaft!

Auch ein weiteres Vorziehen des Einschulungsalters

lehnen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Ein halbes Jahr nach der Änderung des Einschulungsalters auf fünfeinhalb Jahre ist eine erneute Herabsetzung des Einschulalters nicht angebracht.

Drucksache 15/2660 – Hochbegabtenförderung –: Wir

haben uns bei diesem Antrag im Ausschuss enthalten. Prinzipiell halte ich regionale Förderschwerpunkte für Hochbegabte für sinnvoll. Diese gibt es bereits heute schon. Schulverbünde, bestehend aus Grund- und Oberschulen, bieten schon ergänzende Programme an. Deshalb verstehe ich den Sinn Ihres Antrags nicht. Ihr Fokus ist falsch! Wir wollen individuelle Förderung! Wir wollen alle Begabten fördern, die Leistungsstarken gleichermaßen wie die Leistungsschwachen. Deshalb haben wir uns eben enthalten.

Die restlichen Anträge überspringe ich einmal und

wiederhole zum Schluss: Insgesamt kann bei allen Anträgen konstatiert werden, dass Sie weniger Veränderung von Schule als Ganzes im Blick haben und nur spezielle Angebote für einzelne Bereiche und einzelne Schülerinnen und Schüler einfordern. Das mag für Sie aus populistischen Gründen richtig sein. Aber in Anbetracht der bil

dungspolitischen Probleme vor Ort, die von Eltern, Schülerinnen und Schülern und auch von Schulen beklagt werden, ist Ihr Stückwerk die falsche Antwort.

Es grenzt an Beschäftigungstherapie, wenn die CDU 5

in Worten: fünf! – Beschlussempfehlungen, die ausführlich im Ausschuss besprochen wurden, erneut ins Plenum zur Beratung zerrt. Dafür haben wir insgesamt fünf Minuten Redezeit. Aber bitte sehr, ich tue Ihnen den Gefallen und werde unsere Überzeugungen erneut darlegen.

1. Zur vorschulischen Förderung und vorfristigen Ein

schulung: Wir haben das Einschulungsalter mit Beschluss des neuen Schulgesetzes bereits auf 5 ½ Jahre vorgezogen. Ich darf Sie daran erinnern, liebe CDU-Fraktion, dass die frühere Einschulung gerade bei Ihnen und Ihren Anhängern oft Proteste ausgelöst hat!

Bei der Anmeldung zur Grundschule müssen die Kin

der sich u. a. einem Deutschtest unterziehen. Kinder, deren Sprachfertigkeiten erkennen lassen, dass sie nicht problemlos eingeschult werden können, müssen verpflichtend einen halbjährigen Deutschkurs besuchen. Dieser wird demnächst von zwei auf drei Zeitstunden pro Tag aufgestockt werden. Denkbar ist langfristig auch ein früherer Testtermin.

Die Förderung von hochbegabten Kindern war auch

wiederholt Gegenstand der Erörterung im Schulausschuss in dieser und vorhergehenden Legislaturperioden. Abgesehen davon, dass der Prozentsatz Hochbegabter – d. h. Menschen mit einem IQ von 130 und höher – über die Jahrhunderte hinweg konstant bleibt, versichern alle Experten, dass man eine Hochbegabung noch nicht bei einem vierjährigen Kind feststellen kann. Das wissen auch Sie, liebe CDU-Fraktion!

2. Zur sonderpädagogischen Diagnostik: Bei der Fest

stellung von geistiger Behinderung gibt es natürlich ganz klar einen Förderbedarf. Dabei können die Eltern weiterhin zwischen Grundschule und Sonderschule wählen, und die sonderpädagogischen Förderzentren bleiben erhalten. Ich darf Sie an unsere Koalitionsvereinbarung erinnern, die der Integration Vorrang gibt, die Sonderschulen aber nicht gänzlich abschaffen will. Lernbehinderungen allerdings sind verhaltensbedingt; mit ihnen muss anders umgegangen werden. Die schulpsychologischen Dienste bleiben selbstverständlich erhalten.

Auf Grund der Zeitknappheit fasse ich die Anträge 3-5

zusammen: Diese Anträge sind völlig obsolet, da ein umfangreiches Konzept zur Hochbegabtenförderung vorliegt. Es gibt bereits Förderklassen an einzelnen Schulen; es gibt eine Fülle von Schulen mit bilingualem, naturwissenschaftlich-mathematischem, künstlerischem, sportlichem, usw. Profil für besondere Begabungen.

Außerdem gibt es die Express-Züge, in denen die

Kinder bereits heute nach 12 Jahren das Abitur ablegen können. Langfristig wird das Abitur für alle nach 12 Jahren stattfinden.

Ferner erlaubt auch die flexible Schulanfangsphase ein

individuelles Lerntempo, da sie in einem, zwei oder drei Jahren durchlaufen werden kann. Ein individuelles Überspringen einzelner Klassenstufen ist daneben natürlich auch weiterhin möglich. Und ich wüsste nicht, dass die Lehrerinnen und Lehrer plötzlich das Prinzip der Binnendifferenzierung vergessen hätten.

In der Berliner Schule ist demnach eine Fülle von

Lernwegen möglich, sei es bezogen auf bestimmte Begabungen oder bezogen auf die Lernzeit. Daher sind die letzten drei Anträge obsolet.

Wie aus meinen Ausführungen ersichtlich geworden

ist, bitte ich Sie daher, meine Damen und Herren, wie der Schulausschuss alle fünf Anträge abzulehnen. – Ich danke Ihnen.

Um die vorliegenden fünf Anträge in fünf Minuten

behandeln zu können, habe ich mich auf die

Gemeinsamkeiten der Anträge konzentriert. Diese