Nun scheint es aber so zu sein, dass sowohl das Bundesministerium für Arbeit als auch – Sie hatten es eben angesprochen – andere Länder und nicht nur solche, bei denen die Bundesagentur die Fristen berechnet, eine andere Handhabung an den Tag legen. Ich frage Sie noch mal: Wodurch sieht das Land Berlin sich gehindert, diese scheinbar mögliche rechtlich Auslegung der entsprechenden Verordnung dann auch so zu gestalten, dass wir dieses Problem in Ihrem Sinne, wie Sie es eben geschildert haben, schon vor einer entsprechenden Änderung gestalten können?
Herr Kollege Ratzmann! Wie gesagt, ich sehe, dass dort durch die Beschäftigungsverordnung ein Ergebnis herauskommt, das in Einzelfällen für mich nicht sinnvoll ist. Aber ich werde meine Mitarbeiter nicht anweisen, entgegen einer eindeutigen gesetzlichen Regelung – –
Das mögen andere anders machen, Rechtsbrecher gibt es überall, aber deshalb muss ich nicht Recht brechen. Ich sehe nicht ein, dass ich meine Mitarbeiter anweise, entgegen einer eindeutigen rechtlichen Regelung zu handeln – da steht drin: erlaubt im Sinne einer Aufenthaltserlaubnis oder geduldet; alle anderen Fragestellungen, wie man sich hier aufhalten kann, illegal oder gestattet oder was auch immer, sind gerade nicht genannt. Ich sehe nicht, dass man die anweisen soll, so zu verfahren. Man hat Fälle, wo
man das über Härtefall oder so so etwas regeln kann. Aber die saubere Lösung ist doch, dass der Herr Bundeswirtschaftsminister, wenn denn die Beschäftigungsverordnung falsch ist – was ich so sehe –, einfach mit einem Zweizeiler die Beschäftigungsverordnung wieder ändert und damit zu einem Ergebnis kommt, das wir höchstwahrscheinlich gemeinsam wollen. Bis zu diesem Ergebnis sehe ich mich nicht imstande, meinen Leuten zu sagen: Da steht zwar etwas im Gesetz oder in einer Verordnung, aber haltet euch nicht dran.
Ich frage zum Thema Flughafen Tempelhof als Behördenstandort den Regierenden Bürgermeister: Wie lautet das wesentliche Ergebnis der vom Bundesbauministerium in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie zur Nutzung des Flughafens Tempelhof als Behördenstandort hinsichtlich der Berlin entstehenden Kosten und Nutzen?
Herr Präsident! Das Gutachten kenne ich nicht und liegt mir nicht vor, und deshalb kann ich Ihnen keine Einschätzung dazu geben.
Eine Nachfrage des Kollegen von Lüdeke? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die erste Runde nach der Stärke der Fraktionen beendet, und wir können nun die weiteren Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Wie immer eröffne ich diese Runde mit dem Gongzeichen.
Da ist er schon. Schon mit Ertönen des Gongzeichens haben Sie die Möglichkeit wahrgenommen, sich zu melden, und zwar ist die Kollegin Frau Villbrandt dran und hat das Wort. – Bitte schön, Frau Villbrandt!
Ich habe eine Frage an Senator Körting. – Senator Körting, über den schrecklichen Brand in Moabit, bei dem neun Menschen umgekommen sind, haben wir täglich in der Presse gelesen. Ihre Kollegin hat es eben auch schon angesprochen. Wir haben darüber gelesen, wie mit dem minderjährigen Täter umgegangen wird. Das finden wir richtig, wenn es so stimmt. Meine Frage: Welche Hilfe und Unterstützung haben die Opfer erhalten? Kümmern Sie sich selbst darum, dass sie die notwendigen Informationen und Unterstützungen – materielle wie auch psychologische – erhalten, und wie konkret?
Frau Kollegin Villbrandt! Bei diesem schrecklichen Vorgang sind sehr viele Mitarbeiter meiner Behörde im Einsatz gewesen, sowohl
sowohl von der Polizei als auch von der Feuerwehr. Sie haben sich bemüht, den Menschen vor Ort zu helfen, sie haben sich zusammen mit dem Bezirksamt bemüht, Unterkünfte für diese Menschen zu finden u. Ä. Das ist geschehen. Teilweise wurden die Unterkünfte nicht in Anspruch genommen, weil die meisten Betroffenen zu Verwandten gegangen sind und dort Unterkunft gesucht haben. Eine darüber hinausgehende Betreuung der Betroffenen, bei denen eine starke Traumatisierung vorliegt und die die Ereignisse erst verarbeiten müssen, erfolgt nicht nur durch die Feuerwehr, sondern gegebenenfalls durch soziale Dienste des Bezirksamtes und ist durch diese zu leisten. Die Feuerwehr ist vor Ort nur für den ersten Zugriff zuständig, für die Löschung des Feuers, die Rettung von Betroffenen und für die Hilfe gegenüber den Betroffenen. Das ist die Aufgabe. Alles Übrige wird im Rahmen des Sozialbereichs von den anderen zuständigen Behörden erledigt. Ich habe im Moment keinen Hinweis darauf, dass das nicht der Fall wäre.
Ich habe eine Nachfrage. – Senator Körting, uns ist berichtet worden, dass es für die Familien, so, wie sie jetzt untergebracht sind, auf Dauer nicht tragbar ist und dass psychologische Hilfe sehr spät kam. Sind Sie nicht der Meinung, dass der Senat ziemlich schnell Hilfe für die Menschen organisieren muss, zumal es sich in diesem Haus um Leute handelt, die Einwanderer sind, die zwar im Durchschnitt gut Deutsch sprechen, aber durchaus nicht genau über ihre Rechte Bescheid wissen?
Frau Kollegin Villbrandt! Wir sind hier überhaupt nicht auseinander. Die Leute haben Schreckliches erlebt, und ich bin der Meinung, dass den Leuten auch entsprechend geholfen werden muss. Ich habe eben gesagt, dass ich sicher davon ausgehe, dass viele Betroffene auch eine psychologische Hilfe nötig haben, weil sie dort im Zusammenhang mit diesem Brand und neun Toten, die teilweise aus dem Haus getragen wurden oder bei denen teilweise versucht wurde, sie zu reanimieren, Schreckliches erlebt haben. Aber ich bin bisher davon ausgegangen, dass dieses durch den Bezirk geleistet worden ist. Der Bezirksbürgermeister und der zuständige Stadtrat waren mit mir schon am nächsten Morgen vor Ort und haben sich sachkundig gemacht.
Wenn es zutrifft, was Sie sagen, nämlich dass die Menschen dort nicht ausreichend betreut sind, gebe ich das gern an den Bezirk weiter. Aber der Ansprechpartner für diese unmittelbaren Sachen ist eben nicht der Senat, sondern vor Ort der Bezirk. So ist das bei uns in Berlin organisiert.
Es geht jetzt weiter mit Frau Hämmerling, dann folgen Herr Schruoffeneger und Frau Seidel-Kalmutzki! – Jetzt ist aber erst einmal Frau Hämmerling dran. – Bitte schön!
Schönen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage zu dem zweistelligen Millionendefizit, das bei der BVG aus dem Betrieb des U-Bahnfernsehens „Berliner Fenster“ entstanden ist. – Herr Senator Sarrazin, ich frage Sie: Werden diese Verluste im zweistelligen Millionenbereich durch eine Erhöhung der Fahrpreise kompensiert, da sie quasi die Größenordnung der letzten Fahrpreiserhöhung ausmachen, oder bekommt die BVG jetzt höhere Zuwendungen?
Frau Abgeordnete Hämmerling! Keines von beidem! Das ist eine Altlast. Diese Entscheidungen fielen in den Jahren vor 2001. Sie waren damals hinsichtlich ihrer Implikationen nicht ausreichend abgeprüft. Man hat etwas angefangen, was abstrakt vielleicht gut war, was man aber nur mit starken Partnern und einem gesicherten Werbeaufkommen hätte machen dürfen. Beides war nicht der Fall. Jetzt haben wir eine relative Katastrophe, und der Aufsichtsrat wird entscheiden, wie er weiter mit den Dingen umgeht. Es geht darum, ob wir das ganze Geschäft mit Verlust verkaufen, aber nicht mit allen Risiken – das wird nicht möglich sein –, oder ob wir den Weg wählen, dass wir diese Angelegenheit in die Insolvenz gehen lassen. Das wäre auch möglich, ist aber noch nicht entschieden. Wir müssen bei beiden Möglichkeiten die sachlichen Implikationen und auch die politischen Auswirkungen sehen. Wir werden aber sicherlich keine Entscheidung treffen, die dazu führt, dass durch weitere, nicht notwendige Subventionierung Kosten bei der BVG nicht in dem anderenfalls möglichen Umfang abgesenkt werden können.
Das erhöht das Defizit von 1,1 Milliarden € entsprechend. Das ist nicht gut. Aber wie bewerten Sie denn vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen andere Aktivitäten der BVG außerhalb des Kerngeschäfts, z. B. bei der Entwicklung eines elektronischen Ticketings? – So etwas gibt es schon. Warum kann die BVG so etwas nicht kaufen, sondern muss das in Eigenregie entwickeln, um es dann europaweit zu vermarkten?
Man muss gewisse Unterschiede machen. Werbetätigkeit ist in der Tat kein Kerngeschäft. Maßnahmen, wie man Fahrgeldbeiträge anders einziehen bzw. wie man Verkehrsströme richtig
messen kann, zählen zu den Aufgaben der BVG. Ich habe bereits in den Jahren 2002, 2003 dafür gesorgt, dass die Aktivitäten der BVG auf diesem Gebiet überprüft wurden, und wir gehen jetzt diese Fragen zusammen mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr und mit dem Frankfurter Verkehrsverbund an. All das, was wir auf diesem Gebiet tun, wird darauf abgestellt sein, dass wir bundesweit kompatibel sind.
Im Übrigen muss man bedenken, dass unter diesem unscharfen Begriff sehr unterschiedliche Dinge diskutiert werden. Das reicht von der automatischen Vollerfassung sämtlicher Fahrgastströme bis hin zur Frage, ob man nicht das Ziehen von Tickets für den Kunden komfortabler machen kann. Man muss auch nach den einzelnen Verkehrsarten unterscheiden. Manche Dinge, die bei der U-Bahn gehen, gehen beim Bus nicht und umgekehrt. Das Feld ist ein weites. Wir gehen mit Vorsicht und zusammen mit anderen vor. Hier sind aber auch gewaltige Potentiale. Grundsätzlich gehen wir mit großer Vorsicht daran, genau zu sehen, wie eigentlich das Fahrverhalten der Kunden ist, denn nur wenn wir wissen, wie das Fahrverhalten der Kunden ist, können wir besser und zielgenauer die Tarife gestalten, wir können die Kunden besser bedienen und besser mit der S-Bahn zusammenarbeiten. Das ist der eine Punkt.
Zum anderen sind hier wesentliche Elemente des Kundenkomforts enthalten, so dass auch der Widerstand zum Fahrkartenlösen absinken kann und wir dadurch ohne zusätzlichen Kontrollaufwand weniger Schwarzfahrer haben. Das ist ein vielschichtiges Thema, bei dem man nicht einfach den Hebel umlegen und sagen kann: Das sieht man so oder so. Aber Sie haben Recht, man muss es mit großer Vorsicht angehen.
Danke! – Ich habe eine Frage an Herrn Senator Böger. – Herr Böger, wie bewerten Sie den Beschluss der Gremien des Jugendaufbauwerks zur Vermeidung einer VBL-Ausgleichszahlung, die beabsichtigte Übertragung der Einrichtung des JAW nur an Träger vorzunehmen, die ihrerseits in die VBL einsteigen und diese Zahlung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich bin beim Jugendaufbauwerk wie in vielen Einrichtungen Kuratoriums- oder Aufsichtsratsvorsitzender. In dem Fall nimmt Herr Staatssekretär Härtel meine ständige Vertretung wahr. Ich muss Ihnen zu meiner Schande jetzt gestehen, dass ich diesen Beschluss so noch nicht kenne. Ich kenne aber die Gesamtproblematik VBL beim Jugendaufbauwerk. Insofern
glaube ich, dass wir dort eine Lösung finden müssen, die einerseits die notwendige Übertragung an freie Träger garantiert und andererseits verhindert, dass auf das Land Berlin zusätzliche Zahlungen zukommen bzw. dass die Mitglieder des Jugendaufbauwerkes sagen, sie bleiben dann gleich beim Land Berlin bzw. dann in einem Stellenpool. Das ist die schwierige Aufgabe.
Ich will nicht verhehlen, dass sich die Gesamtlage der VBL nach verschiedenen Bewegungen auch in anderen Ländern für uns rechtlich nicht ganz einfach darstellt. Das hängt mit dem zusammen, was das Land Berlin in den 90er Jahren gemacht hat. Daraus folgert die VBL bestimmte Verhaltensweisen. Insofern kann ich dazu noch nicht abschließend Stellung nehmen. Ich werde das in den nächsten Tagen prüfen.
Herr Böger! Da Sie die Gesamtproblematik kennen: Wie beurteilen Sie das finanzielle Risiko für das Land, wenn man sagt, Trägerübertragungen finden nur statt, wenn die Träger in die VBL gehen und dadurch die bisher günstige Kostenstruktur der freien Träger flächendeckend angehoben wird, weil dann alle zusätzliche Versorgungsleistungen zahlen müssen? Wird das nicht letztlich teurer als eine einmalige Ausgleichszahlung?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Schruoffeneger! Ich kann Ihnen dazu noch keine abschließende Einschätzung geben. Ich verkenne nicht, dass Ihre Güterabwägung zumindest die relevanten Fragestellungen offenbart. Ich kann das gegenwärtig noch nicht abschließend beurteilen.