Protocol of the Session on August 18, 2005

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Jantzen! Ich bin ganz sicher, dass es das Sozialticket auch im Jahr 2006 geben wird. Neulich titelte eine Tageszeitung, dass dieses Sozialticket durchaus eine Erfolgsgeschichte geworden ist. Wenn man sich anschaut, wie viele Nutzerinnen und Nutzer von diesem Angebot der Verkehrsbetriebe Gebrauch gemacht haben, kann man das unterstreichen.

In der Tat ist es so: Der Vertrag, den wir ausgehandelt haben, läuft bis zum Ende dieses Jahres. Wenn wir das Ticket fortführen, wird dazu eine neue Vereinbarung mit den Verkehrsbetrieben benötigt. Über eine solche Vereinbarung wird zurzeit mit den Verkehrsbetrieben auf Staatssekretärsebene verhandelt. Auch dort ist deutlich geworden, dass alle Vertragspartner ein Interesse daran haben, das Berlin-Ticket S über den 1. Januar 2006 hinaus fortzuführen.

In dem bestehenden Vertrag wurde zwischen den Verkehrsbetrieben, der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen und meiner Senatsverwaltung vereinbart, dass es einen Defizitausgleich geben wird, so er auftritt. Dieser Defizitausgleich ist auf 4,8 Millionen € gedeckelt worden. Er wird aus dem Haushalt des Wirtschaftssenators finanziert. Insgesamt hatte der Senat aber die begründete Annahme, dass ein Sozialticket der Verkehrsbetriebe sich durchaus rechnen kann, wenn entsprechend viele

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Personen von diesem Mobilitätsangebot Gebrauch machen.

Es wurde aber vereinbart – das hat auch stattgefunden –, dass zu der Nutzung des Sozialtickets eine Nutzerinnen- und Nutzerbefragung durchgeführt und eine entsprechende Analyse angefertigt wird. Über die Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen wird zurzeit im Staatssekretärsausschuss verhandelt.

Eine Nachfrage von Frau Kollegin Jantzen! – Bitte schön! Sie haben das Wort!

Das ist eine etwas vage Antwort, was die möglichen Ausgleichszahlungen angeht. Ich frage deshalb noch einmal nach: Werden wir es spätestens bis zur II. Lesung des Haushalts wissen, ob im nächsten Jahr Ausgleichszahlungen auf uns zukommen? Können Sie versichern, dass die Fortführung des Sozialtickets nicht zu Lasten der Preise für die Schülertickets geht, wie es eine Zeitung angekündigt hat?

Frau Senatorin Dr. KnakeWerner – bitte!

Vielen Dank! – Frau Abgeordnete Jantzen! Wenn Verhandlungen geführt werden, bietet es sich immer an, möglichst vage Informationen zu geben, weil es in der Regel so ist, dass sonst die Verhandlungen eher gestört denn befördert werden. Zweitens macht man, wenn verhandelt wird, möglichst keine Zusicherungen zu diesem oder jenem Fakt in der Öffentlichkeit, sondern gestaltet die Verhandlungssituation so, dass alles möglich ist. Ich jedenfalls gehe zunächst einmal davon aus, dass die Verhandlungspartner sich einig werden und wir die Leistung, die insbesondere von den Langzeitarbeitslosen – von den Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II – genutzt wird, auch künftig anbieten werden.

[Frau Jantzen (Grüne): Das war jetzt keine Antwort auf meine Frage!]

Danke schön, Frau Senatorin! – Es gibt keine weiteren Nachfragen. Damit ist die Fragestunde beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden gemäß § 51 Abs. 5 der Geschäftsordnung mit einer Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet.

Nun rufe ich auf die

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen. Es beginnt der Kollege Gaebler von der Fraktion der SPD. – Bitte schön, Herr Gaebler, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an die Senatorin für Stadtentwicklung, Frau Junge-Reyer. Welche Überlegungen werden in Ihrem Haus angestellt hinsichtlich Schlussfolgerungen aus der Brandkatastrophe in der Ufnaustraße und den dort ersichtlich gewordenen Mängeln in der Abstimmung und vielleicht auch bei den Mieterinformationen?

Frau Senatorin, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaebler! Das Unglück in der Ufnaustraße, das wir alle verfolgt haben, hat uns nicht nur durch die Darstellungen der Feuerwehr, sondern auch durch die öffentliche Bewertung bei dem, was wir in dieser Situation zu betrachten haben, veranlasst, noch einmal über die Möglichkeiten des vorbeugenden Brandschutzes nachzudenken. Dies bedeutet, dass wir uns nach meiner Einschätzung einerseits viel intensiver auseinander setzen müssen mit der Forderung nach Informationen über das Verhalten in einem solchen Brandfall oder bei Rauch in den Wohnungen und in den Hausfluren, die in der Bevölkerung so sicher wie möglich akzeptiert und angenommen werden müssen. Diese Informationen können zu einem Verhalten führen, mit dem sich Menschen in einer solchem Situation sicherer schützen können.

Andererseits müssen wir uns auch auseinander setzen mit der aktuellen Diskussion über das Anbringen von Rauchmeldern in Wohnungen. Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir in einer solchen Situation alle, die bei einem solchen Thema zu beteiligen sind – also die Wohnungsbaugesellschaften, die Mieterverbände, die Vermieterverbände, die Berliner Feuerwehr in Abstimmung mit dem Kollegen Körting –, an einen Tisch holen. Ich habe deshalb die Genannten zu einem Gespräch darüber eingeladen, welchen Beitrag wir miteinander leisten können, um in solchen Brandfällen einen sichereren Schutz präventiv gewährleisten zu können.

Ich glaube nicht, dass es richtig wäre, die Verpflichtung zur Anbringung von Rauchmeldern gesetzlich zu verankern. Eine solche gesetzliche Verpflichtung würde sich im Ergebnis und im Effekt nicht kontrollieren lassen. Wir können und wollen keine zusätzliche Bürokratie aufbauen, die schließlich auch noch in den Wohnungen kontrollieren müsste, ob die Batterien in den Geräten ausgewechselt werden. Aber mein Appell an die Berlinerinnen und Berliner und an die Wohnungsbaugesellschaften ist, eine solche Investition in einer Größenordnung von 3 € zu tätigen und diese Geräte in den eigenen Wohnungen, aber auch in den Fluren anzubringen. Er richtet sich auch an diejenigen, die dazu beitragen können, dass hier vorbeugend gearbeitet wird. Ich möchte dies besprechen und verabreden und Wohnungsbaugesellschaften, Mieterverbände und Vermieterverbände zu einer gemeinsamen Aktion zum vorbeugenden Brandschutz zusammenführen, damit wir im Sinn der Prävention alles dazu beitragen,

Frau Sen Dr. Knake-Werner

solche Unglücke künftig – soweit dies möglich ist – vermeiden.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei den Grünen]

Es gibt keine Zusatzfrage des Kollegen Gaebler.

Dann geht es weiter mit dem Kollegen Schmidt von der Fraktion der CDU. – Bitte schön, Herr Kollege Schmidt!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Herrn Senator Wolf: Können Sie uns Auskunft darüber geben, wie sich die personelle und räumliche Situation in den Jobcentern Mitte und FriedrichshainKreuzberg darstellt und diese gleich bewerten?

Herr Senator Wolf – bitte!

Herr Abgeordneter! Ich habe jetzt nicht die aktuellen Zahlen, was die Jobcenter FriedrichshainKreuzberg und Mitte angeht. Beim Jobcenter Mitte kennen Sie die Diskussion über die Warteschlangen, die es dort vor einigen Tagen gegeben hat. Hintergrund ist, dass das Jobcenter Mitte das letzte gewesen ist, das in ein einheitliches Gebäude gezogen ist. Ich hoffe, dass von Seiten der Regionaldirektion und der Bezirke entsprechend daran gearbeitet wird, dass derartige Missstände abgebaut werden und dass dies nur Übergangsschwierigkeiten waren.

Ansonsten wissen Sie, dass wir von Seiten des Landes Berlin in großem Umfang aus dem Stellenpool zusätzliches Personal für die Jobcenter bereitgestellt haben und entsprechende Schulungsmaßnahmen veranstaltet worden sind. Das Land Berlin hat also die notwendigen Maßnahmen ergriffen. Allerdings ist es richtig, dass in diversen Jobcentern die Dinge immer noch nicht so rund laufen, wie man es sich wünscht. Wie gesagt, man kann nur darauf hoffen und auf die Verantwortlichen den Druck ausüben, dass dort, wo es noch nicht vernünftig läuft, wo noch Missstände herrschen – lange Wartezeiten und Ähnliches –, Abhilfe geschaffen wird.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Schmidt gibt es nicht.

Dann ist Frau Simon von der Linkspartei.PDS dran. – Bitte schön, Frau Simon!

Schönen Dank! – Meine Frage geht an die Gesundheitssenatorin. Ich stelle sie vor dem Hintergrund der Diskussion um die so genannte Vogelgrippe. Die Öffentlichkeit wird weiterhin zunehmend durch Informationsstrategien beunruhigt, die nicht immer mit der Wirklichkeit übereinstimmen, Panikmache ist eher angesagt. Vor diesem Hintergrund frage ich, wie Ihre Verwaltung, die für den vorbeugenden Ge

sundheitsschutz der Berliner Bevölkerung Verantwortung trägt, diese drohende Gefahr einschätzt.

Frau Senatorin Knake-Werner, bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Simon! In der Tat machen im Moment die Schlagzeilen über eine drohende Pandemie wieder große Wellen. Ich verstehe schon, dass sich daraufhin die Menschen Sorgen machen, zumal die Informationen, die vermittelt werden, äußerst widersprüchlich sind. Ich nenne nur zwei Magazinsendungen wie „Monitor“ und „Fakt“, die beide völlig gegensätzlich informieren und damit zur tiefen Verunsicherung der Bevölkerung beitragen. Schlagzeilen wie die von heute, dass die Länder zu wenig Impfstoff bevorraten, schüren das noch, zumal das absoluter Unsinn ist. Die Länder können keinen Impfstoff bevorraten, weil es ihn noch nicht gibt. Deshalb will ich kurz den Hintergrund schildern und wie wir uns vorbereiten.

Es gibt erstens keine isolierte Berliner Politik in Fragen einer weltweiten Grippepandemie. Insofern halte ich die Schuldzuweisungen des Bundesinnenministeriums gegenüber dem Land Berlin für äußerst verfehlt. Es gibt einen gemeinsamen Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz von Ende Juli. Auf dieser Konferenz ist festgelegt worden, dass Medikamente beschafft werden. Es geht hier um Medikamente, die nicht präventiv und die schon gar nicht gegen eine mögliche Grippeepidemie oder Vogelgrippe – oder wie immer der Volksmund sagt – wirken, sondern es sind Medikamente wie Tamiflu, die den Verlauf einer Grippe bei besonders gefährdeten Menschen erleichtern können. Dieses Medikament schaffen wir alle an.

Der Impfstoff, der wirklich gegen eine Grippeepidemie diesen Ausmaßes wirken kann, muss entwickelt werden, wenn das Virus bekannt ist. Deshalb verfährt das Land Berlin gemeinsam mit dem Land Niedersachsen folgendermaßen: Wir tragen dafür Sorge, dass wir den Zeitraum zwischen dem Bekanntwerden des Virus und der Produktion so kurz wie nur irgend möglich machen. Deshalb haben wir uns gemeinsam Produktionskapazitäten bei einem holländisch-belgischen Pharmazieunternehmen gesichert, das uns zusagt, in sehr großer Geschwindigkeit den tatsächlich wirkenden Impfstoff zur Verfügung stellen zu können.

Eine Nachfrage von Frau Simon, die das Wort hat!

Frau Senatorin! Ihnen wird auch der entsprechende Plan des Robert-KochInstituts bekannt sein, der fordert, dass es für mindestens 20 % der Bevölkerung Einlagerungen antiviraler Medikamente geben muss. Gleichzeitig wird damit der Vorwurf erhoben, dass das aus Kostengründen unterlaufen

Frau Sen Junge-Reyer

würde. Gibt es dazu – mit dem Hintergrund der Beschlusslage der GMK – eine Strategie?

Frau Senatorin Knake-Werner, bitte!

Ein Stück der Strategie habe ich gerade schon geschildert. Weil das, was wir jetzt an Medikamenten bevorraten können, eben nicht das bewirkt, was man sich eigentlich wünschen müsste, dass es nämlich tatsächlich gegen eine Vogelgrippe, eine weltweite Pandemie, Vorsorge ermöglicht oder die Krankheit eindämmen kann, Todesfälle verhindert – das ist das Entscheidende –, halte ich die Festlegung von 20 % für unsinnig. Die Länder, die sich auf der Gesundheitsministerkonferenz zu einem Beschaffungsverbund zusammengeschlossen haben – das sind im Wesentlichen die acht Nordländer, im Übrigen quer durch alle Parteifarben –, haben sich entschieden, so viel Medikamente anzuschaffen, wie der Anteil derjenigen in der Bevölkerung ist, die besonders gefährdet sind, also Kinder und alte Menschen. Deshalb werden wir als Berliner 12 % dieses Medikaments bevorraten. Wir stecken das alles in einen gemeinsamen Pool und gehen davon aus, dass wir vernünftig, aber auch besonders verantwortungsbewusst handeln.

Jetzt ist der Kollege Ratzmann von den Grünen dran und hat das Wort!

Ich habe eine Frage an den Innensenator, betreffend die Erteilung von Arbeitserlaubnissen an Flüchtlinge mit dauerhaftem Bleiberecht. – Herr Körting, ist es denn richtig, dass jetzt selbst der Bundeswirtschaftsminister; Ihr Parteikollege Clement, an Sie appellieren muss, damit Sie die entsprechenden Verordnungen, die die Erteilung regeln, nicht so restriktiv auslegen? Wenn ja, was ist der Hintergrund dieses Appells?

Herr Senator Dr. Körting, bitte!

Ein Appell des Kollegen Clement ist mir in dieser Frage nicht bekannt. Wir haben folgende Situation: Wir haben Menschen, die bei uns eine Aufenthaltsbefugnis bekommen, und sie bekommen gleichwohl nach der Beschäftigungsverordnung des Bundeswirtschaftsministers nicht sofort eine Arbeitserlaubnis, sondern es wird zusätzlich nach dieser Verordnung – das entspricht auch der früheren Rechtslage – verlangt, dass sie sich mindestens vier Jahre hier entweder mit einer Aufenthaltserlaubnis oder mit einer Duldung aufgehalten haben. Dazu gibt es noch eine ergänzende Vorschrift des § 55 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes. Darin steht: Soweit es auf Fristen ankommt, die bei Asylbewerbern anzurechnen sind, sind Aufenthalte, wenn das Asyl abgelehnt worden ist, nicht anzurechnen. Das ist die Rechtslage, die wir im Moment haben. Sie spielt für den Großteil aller Fälle keine negative Rolle. Wir haben eine Sondervorschrift für die Fälle, die unter die Härtefallregelung fallen. In § 7 der Beschäftigungsverordnung steht:

Wenn man Leute aus Härtefallgründen hier behält, gelten die Vorschriften, dass diese länger warten müssen, nicht. – Wir haben darüber hinaus für den Großteil aller Betroffenen eine viele lange Jahre dauernde Duldung, so dass alle die Vierjahresfrist erfüllen.

Gleichwohl gibt es eine Lücke für Asylbewerber, die nicht anerkennt werden, bei denen das Bundesamt sagt: Eine Abschiebung in die Heimat ist nicht möglich. Und da gebe ich Ihnen inhaltlich völlig Recht: Wenn ich jemandem sage, du kannst hier bleiben, dann halte ich es für sinnlos, ihm zu sagen: Jetzt musst du aber erst vier Jahre von Sozialhilfe leben. – Wir haben uns deshalb in dieser Frage sowohl an das Bundesinnenministerium wie auch an das Bundeswirtschaftsministerium gewandt und darauf hingewiesen, dass die Gesetzeslage so ist, wie sie ist, und dass wir dringend anraten, zu einer Regelung zu kommen, die nicht zu dem Ergebnis führt, das Sie eben dargestellt haben. – Das ist übrigens nicht nur ein spezifisches Berliner Problem. Es wird in anderen Ländern teilweise anders gehandhabt, Es gibt keine völlig einheitliche Handhabung. In anderen Ländern berechnet die Frist die Bundesagentur für Arbeit, die allerdings mit den ausländerrechtlichen Fragen nicht vertraut ist und dann, vielleicht glücklicherweise, zugunsten der Betroffenen immer falsch rechnet.

Eine Nachfrage des Kollegen Ratzmann. – Sie haben das Wort!