Protocol of the Session on April 14, 2005

Im dritten Absatz Ihres Antrages steht: Wir sollen uns mit den Herstellern von Dieselrußfiltern zusammensetzen. Die sind Ihnen, die sind uns bekannt. Der Senat hat die Kontakte schon. Ich habe Ihnen schon gesagt: Bei der Neubeschaffung ist das überhaupt keine Frage. Da kann und wird Berlin auch weiterhin beispielhaft bleiben. 2 000 Filter sind aber keine große Nachfragemacht. Das wären 200 000 Filter, das wären 2 Millionen Filter, wenn man sagt: Viele Fahrzeuge in der Bundesrepublik! – Dass Sie bei 2 000 eine große Nachfragemacht sehen, Frau Kubala, ist ein bisschen schwierig, wenn Sie mit Herstellern reden wollen. Da müssten Sie Berlin noch zehnmal so groß machen, um etwas bewirken zu können.

Ich fasse zusammen: Es bleibt nicht viel von dem Antrag übrig. Gut gemeint, aber leider in der Umsetzung doch ein bisschen dünn! Deshalb wird davon im Ausschuss wahrscheinlich nicht viel übrig bleiben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD – Zuruf der Frau Abg. Kubala (Grüne)]

Danke schön! – Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Kaczmarek das Wort. – Bitte sehr!

Sie brauchen jetzt noch gar nicht zu pöbeln, warten Sie erst einmal ab, was ich sage –, dass die Senatorin in sehr gelassener Art und Weise auf diese Daten reagiert und sagt: Wir müssen nun untersuchen, woran es wirklich liegt.

Die Gesamtkonzeption des Luftreinhaltungsplans zeigt bereits richtige Wege auf. An dieser Stelle kann ich den Senat durchaus loben, gar keine Frage! Das hat man – so weit ich das sehen kann – gut vorbereitet. Nun muss man allerdings auch in der konkreten Ausgestaltung konsequent bleiben und darf sich nicht von der Panik und Hysterie, die an einigen Stellen künstlich erzeugt wird, treiben lassen. Wenn wir wissen, dass die Deutsche Umwelthilfe, von der viele vorher gar nicht wussten, dass sie existiert, entscheidend von einigen Rußfilterherstellern gesponsort wird – das ist nicht verboten, finde ich auch okay, sollen sie ruhig machen –, dann weiß man natürlich auch, woher der rußige Wind weht. Deshalb sollte man mit etwas mehr Ruhe und Gelassenheit an die Sache herangehen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt gerade einen Koalitionsstreit zwischen der Bundeskoalition aus SPD und Grünen.

[Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Lieber Kollege Gaebler! Da gebe ich Ihnen Recht, aber dann müssen Sie vielleicht auch einmal mit Herrn Eichel reden. Es wäre hervorragend, wenn sich der Bund nicht einfach nur hinstellte und sagte: Ihr Länder könnt ruhig den Einbau von Rußfiltern aus eurem Steueraufkommen, aus der Kfz-Steuer fördern –, sondern seine Verantwortung ernst nähme und nicht nach dem üblichen Muster verführe: Der Bund vereinbart bestimmte Richtwerte, die die Länder dann einhalten sollen, und finanzieren sollen das dann auch noch die Länder. – Das ist eine Chuzpe, die wir bei Herrn Eichel schon öfter feststellen durften. Da sind Sie beide gefordert, so lange Sie noch regieren – das ist ja nicht mehr lange, die paar Monate –, wenigstens das entsprechend in die Wege zu leiten. Dafür wären wir Ihnen alle sehr dankbar.

Wir reden über den Gesamtkomplex Feinstaub. Das ist ein verkehrspolitisches Thema, das in der ganzen Stadt für große Aufregung sorgt. Bis vor kurzem wusste gar keiner, dass es Feinstaub gibt. Da war das auch kein Problem. Aber nun kam der Stichtag, und auf einmal ist die Problematik riesengroß, die Gesundheitsgefahr überbordend, und im Grunde kann man so nicht mehr weiterleben. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir wollen genauso wie Sie eine saubere Stadt, eine gesunde Umwelt, aber wir wollen auch – da bin ich mir nicht mehr sicher, dass wir uns da einig sind – eine mobile Metropole. Das alles müssen wir unter einen Hut bringen. Das ist schwierig genug, aber machbar.

Als Erste treten bei einer solchen Diskussion immer die üblichen Verdächtigen auf, nach dem alten Motto: Naht ihr euch wieder, schwankende Gestalten? – nämlich die, die schon immer darauf gewartet haben, endlich eine Straße sperren zu können, und bisher nicht richtig zum Zuge kamen. Vor Jahren haben sie es mit Busspuren versucht. Dann hatten sie andere Ideen, in der Beusselstraße dieses und jenes. Nun endlich liefert man ihnen einen Vorwand, den Verkehr beschränken zu können. Da holen sie ihre große Mottenkiste heraus und all das, was drin ist, von Tempo 30 bis zu Einfahrverboten und Straßensperrungen.

[Zurufe der Abgn. Gaebler (SPD) und Dr. Rogall (SPD)]

Man merkt richtig, wie gut das diesen Leuten tut, endlich wieder einmal den Autofahrer drangsalieren zu können, endlich wieder neue Schilder aufstellen zu können, endlich wieder sagen zu können: So geht es nicht weiter, hier müssen wir die Mobilität unterbinden. – Diesem Panikorchester der Demagogen, das in dieser Stadt und auch in anderen Städten schon wieder mächtig am Fiedeln ist, sollten wir nicht folgen. Nach dessen Melodie sollten wir nicht tanzen. Deswegen ist an dieser Stelle Gelassenheit angesagt. Ich finde es auch ganz gut –

[Zuruf des Abg. Buchholz (SPD)]

Beispiel Silbersteinstraße – das ist ein nettes Beispiel, übrigens mit Tempo 30. Erstaunlicherweise!

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Waren Sie da mal?]

Bei der ersten Reaktion habe ich aus grünen Kreisen gehört: Man hat gesehen, das mit der Autobahn bringt gar nichts. Die Silbersteinstraße liegt parallel. Trotzdem haben wir dort die Überschreitung der Werte. – Komischerweise ist da aber Tempo 30. Tempo 30 bringt also auch nichts. Davon habe ich bei Ihnen nichts gehört. Insofern ist eine seriöse und intensive Analyse dieser Werte und der Einflussgrößen notwendig. Wir wissen alle, dass der Feinstaubeintrag von weither relativ groß ist und maximal 15 bis 20 % von dem Verkehr in der Straße herrühren. Da muss man sich schon fragen, ob Straßensperrungen und ähnliche Maßnahmen die geeigneten sind. Ich sage ganz klar: Nein, das sind sie nicht. Ich glaube, wir müssen da ganz anders herangehen.

Nun zu diesem Programm, das hier vorgeschlagen wird: Es tut mir Leid, das Geld ist gestern im Hauptausschuss schon ausgegeben worden. Insofern kommt Ihr Antrag ein wenig – wenn man so will, 24 Stunden – zu spät. Wir haben dem Programm zur Straßensanierung mit großen Bedenken zugestimmt, weil wir weder die Konstruktion ideal fanden noch die Summe ausreichend, aber wir waren der Meinung: Besser als wie nichts! Ein Einstieg in die Straßensanierung ist allemal der richtige Weg. Straßensanierung ist übrigens auch ein Mittel, um Umweltbelastungen zu verringern, übrigens genauso wie die Erhöhung der Durchlassfähigkeit von Straßen. Grüne Welle, schnelleres Durchkommen ohne viel stop and go, es gibt eine Reihe von verkehrsverträglichen und stadtverträglichen Maßnahmen. Die sollten wir gemeinsam umsetzen. Die sollten auch nicht allzu viel Geld kosten. Da gibt es Lösungen, ohne die Stadt lahm zu legen und ohne populistisch und nicht seriös finanziert Sonderprogramme

Nun noch einmal zu der Reduzierung mit Hilfe des Dieselprogramms, das Sie vorschlagen. Diese Herangehensweise halten wir nicht für sachgerecht. Im Übrigen ignorieren Sie auch den Umstand, dass beispielsweise die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ihren Fuhrpark auf Erdgas umstellt.

Ihren Antrag könnte man so verstehen, dass man das auch nicht tun, sondern bei Diesel mit Filter bleiben sollte. Aber Erdgas ist – gerade bei Ausstattung des Fuhrparks – eine Variante, die auch schon vom Abgeordnetenhaus beschlossen worden ist.

Noch ein Satz zur Finanzierung. Die Finanzierung des Schlaglochsonderprogramms wurde gestern durch Ihre Fraktion wegen unseriöser Gegenfinanzierung abgelehnt. Auf solch ein Programm, von dem Sie sagen, es sei unseriös gegenfinanziert, berufen Sie sich nun, um ein anderes Programm damit zu finanzieren. Aber Sie bringen damit genau den Konflikt zum Ausdruck, den ich anzudeuten versuchte, als ich über die Bestandteile des Feinstaubs sprach. Sie wollen den Dieselruß reduzieren, indem Sie Partikelfilter unterstützen, und verhindern, dass der Abrieb und die Feinstaubbelastung durch die Aufwirbelung durch einen besseren Straßenbelag verringert wird.

in Aussicht zu stellen, die wir letztendlich nicht verantworten können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die PDS-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Matuschek das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kaczmarek! Gelassenheit ist manchmal ganz gut, aber wenn Sie das Wort so betonen, wie Sie es hier getan haben, dann hört sich das so an wie: Nichts tun ist auch ganz gut. – Das machen der rot-rote Senat und die ihn tragende Koalition nicht.

[Beifall des Abg. Dr. Rogall (SPD)]

Wir gehen sachlich an das Problem heran. Wir haben ein Aktionsprogramm und nicht ein gelassenes Zurücklehnen auf den Tisch gelegt. Ein Aktionsprogramm heißt Aktionsprogramm, weil dort auch Maßnahmen enthalten sind, die dann auch durchgesetzt werden. Man kann darüber streiten, ob sie schnell genug ergriffen werden, aber es ist auf jeden Fall etwas anderes als Nichtstun.

Was mir an dieser Debatte, die seit Wochen auch durch die Medien wabert, überhaupt nicht gefällt, ist die Reduzierung der Feinstaubstaubproblematik auf Dieselruß. Es wird gern vergessen, dass Dieselruß in den Bestandteilen des Feinstaubs, der in Berlin gemessen wird, einen Anteil von ganzen 9 % hat. 25 % hingegen kommen durch Abrieb und Aufwirbelung durch den Kfz-Verkehr. – Da ist der Verkehr wieder dabei, aber nicht als Dieselrußemittent. – Dann haben wir noch 15 % Ausstoß aus genehmigten Industrie- und sonstigen Anlagen und 41 % aus sonstigen Quellen. Da ist auch die hohe Belastung der Berliner Luft durch Fremdeintrag zu nennen. Man kann versuchen, es zu ignorieren, aber man kann es nur versuchen, und es bleibt dann auch dabei. Man kann auch sagen – und das ist richtig –, jeder fege vor allen Dingen vor seiner eigenen Tür. Da tut Berlin eine ganze Menge.

[Niedergesäß (CDU): Dann fangen Sie mal an!]

Die Standorte der Messstationen sind dort, wo es weh tut, an der Frankfurter Allee, an der Silbersteinstraße und ähnlichen Standorten. Da machen andere Städte etwas anderes. Berlin sagt, wir stellen uns dem Problem, wir messen ordentlich und bestimmen dann auch die entsprechenden Maßnahmen. Das darf man nicht ignorieren, liebe Freunde von den Grünen. Man darf auch nicht ignorieren, dass sich die Feinstaubbelastung Berlins in den letzten Jahren nicht nur allein wegen der abgeschalteten OstIndustrieanlagen, wegen der abgeschafften Ofenheizungen in den Altbaugebieten verringert hat. Nein, zwischen 2000 und 2002 – zu dieser Zeit gab es gar keine OstIndustrieanlagen mehr, die man hätte abschalten können – ist die Feinstaubbelastung in Berlin um 10 % gesunken, und an der Messstation Frankfurter Allee ist die Feinstaubbelastung in den letzten sechs Jahren um 40 % gesunken. Diese Zahlen muss man der Öffentlichkeit auch mitteilen, wenn man sich dem Problem angemessen nähern will.

[Frau Kubala (Grüne): Wann denn?]

[Zurufe der Abgn. Frau Kubala (Grüne) und Niedergesäß (CDU]

Ich nenne noch einmal den Anteil der Feinstaubbestandteile: 9 % Dieselruß, 25 % durch Abrieb und Aufwirbelung. Diese beiden Elemente gegeneinander aufzuzählen, ist der falsche Weg. Wir reden im Ausschuss gern über Ihren Antrag, aber dann in der ganzen Komplexität dieses Themas. – Vielen Dank!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön! – Der Abgeordnete Schruoffeneger hat um eine Kurzintervention gebeten. – Bitte sehr!

[Dr. Lindner (FDP): Aber very short!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Für Sie, Herr Lindner, immer very short! – Da Sie der Vorschlag zur Gegenfinanzierung so fürchterlich erregt, müssen Sie einmal weiter hinten in die Tagesordnung schauen. Dort haben wir einen Antrag zu dem schönen Sonderprogramm der Frau Junge-Reyer zur Tiefbauunterhaltung. Die „Weihnachtsmannhaltung“ die sich da zeigt, ist unseriös. Man kürzt den Bezirken Jahr für Jahr die notwendigen Mittel und wundert sich, dass die bauliche Substanz verfällt. Dann kommen die Sonderprogramme, vor ein paar Jahren das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm, jetzt das Tiefbausanierungsprogramm. Es wird behauptet, man stelle überbezirkliche Dringlichkeitslisten auf, in Wirklichkeit gebiert man ein bürokratisches Monster, das nur die Arbeitsplätze der Stadtentwicklungsverwaltung sichert. Da werden die Bezirke angeschrieben, sie sollen ihre Maßnahmen nennen.

Ich war herausgefordert. Als altes linkes Greenpeace-Mitglied hatte ich mich lange mit Umweltfragen beschäftigt. Gleichzeitig lehre ich Statistik, so dass es mir nicht schwer fallen sollte, Simons Quellen zu überprüfen. Außerdem predige ich meinen Studenten immer wieder, dass die Statistik für die Wissenschaft eine der besten Methoden ist, um herauszufinden, ob unsere hochgehaltenen gesellschaftlichen Überzeugungen der Überprüfung standhalten oder sich als Mythen erweisen. Ich hatte aber meine eigene Überzeugung von einer zunehmend zerstörten Umwelt nie wirklich in Frage gestellt. Und nun kam Simon und sagte, ich solle doch meine Überzeugung einmal statistisch unter die Lupe nehmen.

Im Herbst ’97 organisierte ich mit zehn meiner aufgewecktesten Studenten eine Forschungsgruppe, um Simon einer gründlichen Prüfung zu unterziehen. Wir hatten die ehrliche Erwartung, dass sich sein Gerede größtenteils als schlichte Propaganda der amerikanischen Rechten erweist. Und in der Tat, nicht alles, was er sagte war richtig, aber entgegen unseren Erwartungen stellte sich heraus, dass ein überraschend großer Teil seiner Positionen der Überprüfung standhielt und mit dem kollidierte, was wir selbst zu wissen glaubten: Die Luft ist in der entwickelten Welt immer weniger verschmutzt, nicht immer stärker. Die Menschen hungern in Entwicklungsländern nicht immer mehr, sondern immer weniger usw. Ich fragte mich, warum ich so felsenfest davon überzeugt war, dass unsere Umwelt in einem desolaten Zustand ist, der immer schlimmer wird.

Dann befasst sich die Ministerialverwaltung mit der Frage, ob der Gehweg in der Waldemarstraße 35 saniert werden muss – eine klassische Ministerialverwaltungsaufgabe –, und stellt eine Liste auf. In der nächsten Sitzung diskutiert man wiederum über die Verwaltungsreform und die Verfahrensabläufe.

Im Schulanlagensanierungsprogramm ist es noch absurder. Da fertigt man nicht nur eine Liste an, sondern die Bezirke müssen die Bauplanung anschließend zur Abzeichnung an die verschiedenen Verwaltungen schicken. Und dann wundert man sich, warum alles so lange dauert.

[Doering (PDS): Reden wir über Feinstaub oder worüber?]

Deswegen haben wir Ihnen einen Antrag zur Gegenfinanzierung des Feinstaubprogramms vorgelegt.

[Gaebler (SPD): Wir reden jetzt über den anderen Antrag!]

Da bin ich gerade, Herr Gaebler. Regen Sie sich nicht auf. Ich weiß, dass Sie das ärgert! – Wir haben gesagt, auf diese unsinnigen Sonderprogramme in 10 Millionen € Höhe verzichten wir in diesem Jahr, realisieren dafür das sehr wichtige Feinstaubprogramm und stellen die 60 Millionen € der beiden Sonderprogramme mit einer Zweckbindung wieder in den Bezirkshaushalt 2006/2007. Dann wird es die Tiefbausanierung und die Schul- und Sportanlagensanierung dort geben, wo sie hingehören, und nicht mehr in der Ministerialverwaltung.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Frau Matuschek! Sie haben jetzt das Wort zur Erwiderung!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schruoffeneger! Ich finde es unfair, dass Sie Ihren Redebeitrag zu einem Antrag, der auf der Konsensliste steht, im Zuge einer Kurzintervention halten.

[Doering (PDS): Richtig! Unerhört!]