Protocol of the Session on December 9, 2004

Wir kommen zu

lfd. Nr. 8:

Wahl

Vier Abgeordnete zu Vertretern Berlins für die 33. Ordentliche Hauptversammlung des Deutschen Städtetages vom 31. Mai bis 2. Juni 2005 in Berlin

Wahlvorlage Drs 15/3392

Für die Wahl von vier Vertretern gibt es insgesamt fünf Vorschläge. Von der Fraktion der SPD wird die Frau Abgeordnete Dilek Kolat und der Herr Abgeordnete Jürgen Radebold vorgeschlagen. Von der Fraktion der CDU wird der Herr Abgeordnete Axel Rabbach, von der Fraktion der PDS der Herr Abgeordnete Uwe Doering, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Frau Abgeordnete Barbara Oesterheld vorgeschlagen.

Es ist ein Wahlzettel vorbereitet worden; bei jedem Kandidaten haben Sie die Möglichkeit, mit Ja, Nein oder Enthaltung zu stimmen. Es darf jedoch höchstens vier Mal mit Ja gestimmt werden, da nur vier Vertreter zu wählen sind. Gewählt sind die vier Abgeordneten, die die meisten Stimmen erhalten haben. Die Wahl ist nicht geheim. Nach Erhalt des Wahlzettels füllen Sie diesen bitte aus und werfen ihn in die Wahlurnen. Ich darf die Beisitzer nun bitten, die Wahlzettel auszugeben, und dann fangen wir an.

[Abgabe der Wahlzettel]

Hatte jeder die Möglichkeit, seinen Stimmzettel abzugeben? – Das scheint der Fall zu sein. Dann schließe ich diesen Wahlgang.

Vizepräsident Dr. Stölzl

Frau Abgeordnete! Ich würde Ihnen gern zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen und bitte alle Damen und Herren, die jetzt noch stehen – das ist eine große Anzahl –, ihre Gespräche einzustellen beziehungsweise nach draußen zu verlegen. Wir sind bei der Großen Anfrage, und Frau Hämmerling hat das Wort.

Den innerstädtischen Verkehr hat die Stadt München per Direktvergabe vergeben, aber auch hier, Herr Gaebler, sind die Stadtväter auf Nummer sicher gegangen.

Denn die Kosten für Infrastruktur und für den Betrieb werden gesondert erfasst. So muss nämlich im Fall einer erfolgreichen Konkurrentenklage nur der Betrieb anderweitig vergeben werden, und der Stadt bleiben englische Verhältnisse erspart.

Die Münchner Strategie ist klar: Weniger Geld und weniger Emissionen, aber umweltfreundliche und attraktive Mobilitätsangebote. Das sind die Vorteile des kontrollierten Wettbewerbs, und diese Vorteile hat Berlin bitter nötig.

Ich bitte die Beisitzer, auszuzählen, und schlage Ihnen vor, dass wir den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufen und mit der Sitzung fortfahren. Das Ergebnis der Wahl teile ich Ihnen dann nach der Großen Anfrage mit.

[Auszählung]

Als kleine Anmerkung: Es haben mehrere Abgeordnete gefragt, warum in dieser Weise gewählt wurde. Es handelte sich um eine offene Wahl. Da die Abstimmungsmaschine nicht gewünscht war, haben wir nach Votum des Ältestenrats diese Form gewählt.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 9:

a) Große Anfrage

Eine Zukunft für die BVG

Große Anfrage der Grünen Drs 15/3184

b) Beschlussempfehlung

Umweltpolitische Geisterfahrt der BVG beenden: Umweltstandards bei Erneuerung der Busflotte durchsetzen

Beschlussempfehlung BauWohnV Drs 15/3417 Antrag der Grünen Drs 15/3368

c) Antrag

Ein Euro für die BVG

Antrag der FDP Drs 15/3444

in Verbindung mit

Dringliche Beschlussempfehlungen

Umweltpolitische Geisterfahrt der BVG beenden: Umweltstandards bei Erneuerung der Busflotte durchsetzen

Beschlussempfehlungen BauWohnV und Haupt Drs 15/3417 – neu – Antrag der Grünen Drs 15/3368

Für die Begründung der Großen Anfrage hat nunmehr die antragstellende Fraktion, das ist die Fraktion der Grünen, das Wort für 5 Minuten. – Bitte schön, Frau Hämmerling!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Verkehrsbetrieb in Frankfurt/Oder hat seinen Fuhrpark auf gasbetriebene Busse umgestellt. Nürnberg stellt seine städtische Busflotte auf Gasbetrieb um.

[Beifall bei den Grünen]

Beide machen sich für den Wettbewerb fit, Herr Gaebler! Der Münchner Verkehrsverbund hat schon heute ein Viertel der Strecken ausgeschrieben, und ein Ausschreibungsmerkmal ist die Tariftreue. Trotzdem spart dieser Verkehrsverbund bis zu 35 % Kosten bei gleichzeitiger sprunghafter Qualitätssteigerung hinsichtlich der Kundenfreundlichkeit und der Umweltstandards.

[Anhaltende Unruhe]

Interessant ist dabei: In München nimmt der Verkehrsverbund eine wichtige Rolle ein.

[Gaebler (SPD): Genau! – Beifall bei der SPD und der PDS]

[Doering (PDS): Was ist mit den Stadtmüttern?]

[Beifall bei den Grünen]

[Beifall bei den Grünen]

Jetzt zu Berlin: Wie ist die Situation des öffentlichen Personennahverkehrs bei uns? – Der Rahmen ist klar. Das europäische Recht verpflichtet zu kontrolliertem Wettbewerb, und spätestens 2008 muss sich die BVG diesem Wettbewerb stellen. Dabei kann der Senat, das ist richtig, auch auf dem Weg der Direktvergabe mit der Verkehrsdienstleistung die BVG beauftragen. Zwingende Voraussetzung dafür ist aber, dass die BVG die Kriterien eines durchschnittlich gut geführten Unternehmens mit vergleichbarer Aufgabe erfüllt. Das ist Rechtsprechung. Und das ist auch logisch, denn nur ein erfolgreiches Unternehmen kann preiswerten, umweltfreundlichen und zuverlässigen öffentlichen Nahverkehr anbieten, und nur ein solches ist auch wettbewerbsfähig – und genau das braucht Berlin.

[Beifall bei den Grünen]

Die Wettbewerbskriterien bei der Direktvergabe sind bindend, das hat der S-Bahn-Vertrag bewiesen. Hier hat Berlin sich gerade einen Rüffel von der EU eingefangen und muss nachbessern. Es ist allerhöchste Zeit, sich Gedanken zu machen, ob die BVG fit genug ist für den Wettbewerb oder wie sie besser auf diesen vorbereitet werden kann, ob die Zuschüsse an die BVG beihilferechtlich unbedenklich sind und welche Rolle der VBB im kontrollierten Wettbewerb spielen soll.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Hämmerling! Wir hatten vor einiger Zeit bereits Gelegenheit, uns im Rahmen einer Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus mit der Situation im öffentlichen Personennahverkehr und der BVG auseinander zu setzen. Ich wiederhole deshalb heute sehr gern, dass ein attraktiver öffentlicher Personennahverkehr ein herausragender Standortfaktor für diese Stadt, für Berlin, ist. Diese große Bedeutung wird sicher erst dann deutlich, wenn wir uns überlegen würden, wie wir und wie einige Städte ohne dastehen würden, das heißt, über 50 % der Bevölkerung würden von einer ausreichenden Mobilität abgeschnitten. Wir würden bei den Fahrten zur Arbeit, zum Fußballspiel oder in der Freizeit in einer Situation sein, in der die Stadt im

Stau stehen und ersticken würde. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit einem leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr die Mobilität für alle sichern. Dies bedeutet auch, dass wir nur mit einem konkurrenzfähigen öffentlichen Personennahverkehr die hohen Emissionsbelastungen des Kraftfahrzeugverkehrs, die wiederholt angesprochen worden sind, senken können. Nur mit einem großen Anteil öffentlichen Personennahverkehrs am Gesamtverkehr lässt sich die Urbanität einer kompakten Stadt – das ist Berlin, und das soll Berlin bleiben – erhalten. Denn allein der Flächenbedarf des ÖPNV beträgt höchstens ein Zehntel des Flächenbedarfs des Autoverkehrs.

Aus unserer Sicht ist es auch zwingend, den Plan B vorzubereiten. Den brauchen wir nämlich dann, wenn es die BVG nicht schafft, wettbewerbsfähig zu werden. Eine Direktvergabe käme dann nicht mehr in Frage. Und welche Perspektive bieten wir denn dann den Beschäftigten, und wie sichern wir die Infrastruktur in diesem Fall? – Ich jedenfalls möchte nicht das nächste Desaster mit einem landeseigenen Betrieb erleben. Der Senat darf bei der BVG einfach nicht so weiterwursteln. Erinnern Sie sich doch an die Entwicklungsgebiete, erinnern Sie sich an die Bankgesellschaft. Deren Schulden in Milliardenhöhe belasten heute den Landeshaushalt, und die meisten Beschäftigten haben ihre Jobs verloren. Immer haben die jeweiligen Senate abgewiegelt, und immer haben sie auf die Zukunft, also auf die nächste Wahlperiode, verwiesen.

Wir müssen jetzt und heute entscheiden, welche Art öffentlichen Personennahverkehr wir in Zukunft in Berlin haben wollen. Dazu haben wir einen Antrag und entscheidende Fragen gestellt. In dem Antrag verlangen wir beispielsweise, dass die BVG wettbewerbstaugliche Busse anschafft. Die müssen in 5 Jahren auch noch die Umweltstandards einhalten.

[Radebold (SPD): Warum?]

Das können nämlich die 160 bestellten Busse nicht – im Gegenteil, mit ihren Stickoxidemissionen sind sie heute schon eine Ursache des Waldsterbens.