Protocol of the Session on April 29, 2004

1. Welche Konsequenzen beabsichtigt der Senat aus dem Explosionsunglück am unterirdischen Gasspeicher in Spandau zu ziehen?

[Allgemeiner Beifall]

Nichtsdestotrotz ist klar, dass der Unglücksfall untersucht werden muss, ebenso wie die Frage, welche Maßnahmen gegebenenfalls zur Erhöhung der Sicherheit notwendig sind. Zunächst einmal haben wir aber bereits jetzt bei diesem Erdgasspeicher hohe Sicherheitsanforderungen – soviel zu Ihrer Frage, welche Überprüfungen in der Vergangenheit stattgefunden haben. Es gibt eine ganze Reihe vorgeschriebener Prüf- und Überwachungsmaßnahmen, die ausführlich in Prüfberichten und Checklisten dokumentiert werden. Es hat zuletzt in den Monaten Februar und März umfangreiche Überprüfungen gegeben. Die letzte Inspektion nach der Störfallverordnung durch das Landesbergamt Brandenburg, das dafür zuständig ist, weil es kein eigenes Berliner Landesbergamt gibt, erfolgte im Jahr 2003. Das Landesbergamt hat sofort am Unglückstag Ermittlungen bezüglich der Unfallursachen und der Sicherheitssituation aufgenommen. Gleichzeitig beginnen heute die gutachterlichen Ermittlungen, die die Staatsanwaltschaft eingeleitet hat. Wir werden diese beiden Untersuchungen abwarten müssen, bevor wir genauere Schlussfolgerungen ziehen können, inwieweit Verbesserungen der Sicherheitslage notwendig sind. Ich sage es aber noch einmal deutlich: Nach dem bisherigen Erkenntnisstand ist eine Gefährdung der Anwohnerinnen und Anwohner nicht

Der volle Betrieb des Erdgasspeichers wird nur dann stattfinden können, wenn die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen getroffen sind. Was dies im Einzelnen sein wird, kann ich bei dem gegenwärtigen Erkenntnisstand noch nicht sagen. Wir werden alles dafür tun, dass entsprechende Sicherheitsstandards gewährleitstet sind. Sie wissen, der Betrieb von Gasanlagen bringt auch an anderen Stellen in der Stadt Risiken mit sich. Wir müssen versuchen, die Sicherheitsmaßnahmen und die Voraussetzungen für die Gewährleistung von Sicherheit so weit zu schaffen, dass nach menschlichem Ermessen nichts passieren kann. Fehler können wir natürlich nie ausschließen, aber wir werden versuchen, die Sicherheitsstandards an dieser Stelle nochmals zu erhöhen.

Die nächste Zusatzfrage geht an Frau Kubala – bitte sehr!

gegeben. Die Sicherheitsüberprüfungen, die jetzt vorgenommen werden, beziehen sich auf die Situation auf dem Betriebsgelände. Ich wiederhole: Eine Entzündung des Speichers ist nicht zu befürchten.

Ein letzter Aspekt: Der Erdgasspeicher ist zu Westberliner Zeiten auf Verlangen der Alliierten eingerichtet worden, um die Versorgungssicherheit der Stadt zu gewährleisten. Unter Versorgungs- – da wir unser Erdgas aus dem Ausland beziehen – sowie unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es durchaus sinnvoll, einen solchen Erdgasspeicher zu haben, der einen gesamten Jahresvorrat speichern kann. Die GASAG kann dadurch je nach Marktpreis günstigere Einkäufe tätigen und damit die Gaspreise für die Kunden in Berlin günstig halten. Deshalb halte ich es für sinnvoll, solch einen Erdgasspeicher auch weiter zu betreiben. Wir werden allerdings die Untersuchungen über die Sicherheitslage auf dem Betriebsgelände penibel auswerten, um gegebenenfalls noch eine höhere Sicherheit zu schaffen und um solche Unglücke für die Zukunft auszuschließen, soweit dies nach menschlichem Ermessen möglich ist.

Danke schön, Herr Senator! – Zunächst eine Zusatzfrage des ersten Fragestellers, Herrn Buchholz – bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Sehen Sie nach diesem Unfall, der eigentlich nicht hätte passieren dürfen, vor allem in dieser Schwere nicht, die Notwendigkeit, eine schnelle Überarbeitung der Notfallpläne vorzunehmen, vor allem in Hinblick auf die Anwohner und ihre Ängste?

Herr Senator Wolf!

Auch mit der Frage, inwieweit Notfallpläne überarbeitet werden müssen, müssen wir uns beschäftigen. Ich wiederhole aber: Eine Gefährdung der Anwohner ist nach den Erkenntnissen des Senats, des Landesbergamtes Brandenburg sowie der GASAG bisher auszuschließen. Es handelt sich hier um eine Gefährdung auf dem Betriebsgelände. Wir müssen alles tun, um die Sicherheit zu erhöhen. Dafür benötigen wir allerdings die Ermittlungsergebnisse, um zu wissen, was die eigentliche Unglücksursache gewesen ist, die zu diesem tragischen Ereignis geführt hat.

Herr Buchholz, haben Sie eine weitere Frage? – Bitte!

Herr Senator! Heißt das, dass der volle Betrieb des Erdgasspeichers erst wieder beginnen wird, wenn diese Überprüfungen beendet sind und gegebenenfalls neue Sicherheitseinrichtungen installiert worden sind?

Herr Senator Wolf!

Deutschlandweit ist der Gasspeicher in Spandau der einzige in der Nähe eines Wohngebietes, wie wir den Medien entnehmen konnten, was in der Vorwendezeit sicher gerechtfertigt war, als es die Insellage Westberlins notwendig machte, solche Lager zu errichten. Meinen Sie, dass es auch heute noch angemessen ist, solch ein Lager hier vor Ort zu haben, dies mit dem Hinweis auf günstige Gaspreise zu begründen und damit die Gefährdung von Anwohnerinnen und Anwohnern in Kauf zu nehmen? –

Herr Senator Wolf!

Frau Kubala! Ich habe gesagt, dass wir eine Gefährdung der Anwohner für ausgeschlossen halten auf Grund der Konstruktion der Anlage als Porenspeicher. Deshalb halte ich den Betrieb für vertretbar. Eine Gefährdung sehe ich nur auf dem Betriebsgelände. Solch ein Porenspeicher ist an bestimmte geologische Voraussetzungen gebunden, die wir an dieser Stelle vorfinden, die man aber sicherlich an einer anderen Stelle in der Region auch findet. Ich gehe davon aus, dass nach allen uns vorliegenden Untersuchungen und Unterlagen eine Gefährdung von Anwohnern ausgeschlossen werden kann. Ich glaube, dass die Gefährdung von Anwohnern auf Grund einer defekten Gasleitung größer ist als die Gefährdung der Anwohner des Gasspeichers. Wir sollten alle unseren Beitrag dazu leisten, um unangebrachter Beunruhigung von Anwohnern durch sachliche Aufklärung und gleichzeitige Verbesserung der Sicherheitsstandards auf dem Betriebsgelände entgegen zu wirken.

Danke schön! – Frau Kubala, Ihre zweite Zusatzfrage – bitte!

Ich stimme Ihnen zu, dass man hier keine Panik verursachen sollte. Aber ich stimme Ihnen nicht zu, dass es hier – –

Eine Frage bitte!

Frau Abgeordnete! Ich bin der Auffassung, dass wir sehen müssen, dass wir in einer Stadt möglichst hohe Sicherheitsstandards haben, dass wir eine unnötige Gefährdung der Bevölkerung ausschließen und deshalb auch entsprechende hohe Sicherheitsstandards durchsetzen müssen und vor der Genehmigung von sicherheitsrelevanten Einrichtungen diese Sicherheitsauflagen machen.

Ich sage aber gleichzeitig, wenn auch gerade von Ihrer Fraktion immer wieder betont wird, dass Berlin mit einer Kombination von Wissenschaft und Wirtschaft eine wichtige Zukunftsperspektive braucht, dann müssen wir auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass neue wissenschaftliche Entwicklungen in dieser Stadt genutzt und in wirtschaftliche Effekte umgesetzt werden können. Ich sage noch einmal ganz klar: Klare und vertretbare Sicherheitsauflagen müssen gewährleistet sein. Aber wir werden nicht in die Situation kommen, dass wir sagen: Jedes Risiko innerhalb einer Großstadt wird ausgeschlossen. Das ist unvermeidlich. Wir gehen sehr viele Risiken ein in unseren hochindustrialisierten Gesellschaften. Die müssen kalkulierbar gemacht und nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen werden. Das ist das Kriterium, mit dem der Senat und im Übrigen auch die Bundesregierung derartige Sicherheitsfragen behandelt.

Kommt sofort! – Ich kann nicht nachvollziehen, dass Sie hier schon eine Gefährdung der Anwohnerinnen ausschließen können, zumal die GASAG selbst einräumt, dass noch ungeklärte Ursachen zu prüfen sind. Vor diesem Hintergrund kann ich nicht verstehen, dass Sie schon Optimismus verbreiten. Ich bitte Sie noch einmal, darauf einzugehen, dass die GASAG in der Tat noch von ungeklärten Ursachen redet, und das bei Ihren Ausführungen zu berücksichtigen.

Das war eine Feststellung, keine Frage. Aber der Senator kann sicherlich eine Frage daraus machen.

Ich entnehme daraus eine Frage. – Frau Kubala, ich habe auch in meiner ersten Beantwortung gesagt, dass ich sehe, dass die Unglücksursache im Einzelnen ermittelt werden muss, damit wir dann an diesen Ursachen anknüpfen und Sicherheitsmängel abstellen können. Ich habe gleichzeitig gesagt, worauf sich diese Sicherheitsmängel beziehen, nämlich auf die Frage der Sicherheit auf dem Betriebsgelände. Was wir nach den bisherigen Erkenntnissen ausschließen können, ist eine Gefährdung der Anwohner durch den Erdgasspeicher als solchen, diese Sorge, dass irgendetwas explodieren könnte, dass Flammen auf den Speicher zurückschlagen könnten und damit eine größere Gefährdung existiert. Das Problem, das wir zurzeit haben, wo die Unsicherheit existiert, ob alle Sicherheitsmaßnahmen ausreichen, bezieht sich auf das eigentliche Betriebsgelände, auf diese vier Stationen, die es im Rahmen des Erdgasspeichers gibt. Und da müssen wir in der Tat die Ermittlungen abwarten, um zu sehen, wo die Schwachstelle war, um dort Abhilfe zu schaffen und den Sicherheitsstandard zu erhöhen. Aber noch einmal: Nach allen Erkenntnissen, die vorliegen, gibt es die Gefahr nicht, dass eine Entzündung auf den Speicher selbst zurückschlagen könnte und damit größere Schäden und dann auch Gefährdungen für die Anwohner verursachen könnte.

Danke schön! – Eine Frage der Frau Abgeordneten Hämmerling – bitte sehr!

Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator Wolf! Dieser Unfall galt ja als ausgeschlossen, die Anlage als sicher. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Werden Sie in Berlin andere risikoreiche Anlagen genehmigen oder zulassen, die mit sehr hohen Risiken für die Bevölkerung verbunden sind, wie das geplante Hochsicherheitslabor der Risikostufe 4, in dem mit gentechnisch veränderten Viren gearbeitet werden soll, wie Ebola oder Lassa-Virus, bei dem immerhin das Risiko besteht, dass diese Viren, wenn sie freigesetzt werden, die Menschen in unmittelbarer Nachbarschaft verseuchen?

Herr Senator Wolf!

[Beifall des Abg. Pewestorff (PDS)]

Danke schön, Herr Senator!

Wir kommen zur zweiten Frage:

Umstrittene Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien

Das Wort hat der Fragesteller, der Abgeordnete Wansner. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin, vielen Dank! – Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie schätzt der Senat die umstrittene Kunstausstellung über Kinderpornografie unter dem Gesichtspunkt des Kinder- und Jugendschutzes ein?

2. Welche Haltung bezieht der Senat dazu, dass eine solche Ausstellung durch das Bezirksamt FriedrichshainKreuzberg mitfinanziert wurde, und um welche Summe in welcher Größenordnung handelte es sich dabei?

[Brauer (PDS): Pfui Deibel, Herr Wansner! – Wansner (CDU): Manchmal sind Sie ein bisschen durchgeknallt!]

Danke schön! – Wer beantwortet für den Senat? – Herr Senator Böger – bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordne

Sen Böger

Halten Sie es nicht für persönlich fahrlässig, hier eine Antwort zu geben und die Bilder nicht gesehen zu haben?

(D

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Wansner! Jenseits des Sachzusammenhangs, dass es trotz aller Sparmaßnahmen noch einige Personen und Beamtinnen und Beamte in meinem Haus gibt, die Dinge auch beurteilen könnten, ist das aber auch in dieser Sache nach meiner festen Überzeugung nicht relevant. Ich sage Ihnen noch einmal: Ich halte es für absolut richtig, dass ein Senat – gleichgültig, ob es der Kultursenator oder in diesem Fall der Jugendsenator ist – in seiner Funktion hier in diesem Hause keine abschlägigen und letztverbindlichen Urteile darüber abgibt, was Kunst ist und was nicht Kunst ist und wo Pornographie oder Pädophilie beginnt. Das kann ich Ihnen von dieser Stelle aus nicht beantworten, ganz gleichgültig, ob ich diese Bilder gesehen habe oder nicht. Mein persönliches Werturteil nach den Berichten steht hier wirklich nicht zur Debatte. Ich sage Ihnen, das gehört in den Bereich von künstlerischer Freiheit und Gestaltung bis auf einen Punkt, den das Bezirksamt und die Aussteller offensichtlich beachten, indem sie Personen unter 18 Jahren den Zugang nicht gestatten.

ter Wansner! Das Jugendschutzgesetz in der Fassung vom 23. Juli 2002 regelt den Kinder- und Jugendschutz in der Öffentlichkeit für Personen unter 18 Jahren. Die von Ihnen angesprochene Ausstellung ist Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht zugänglich. Mit Hinweisschildern „Personen unter 18 Jahren haben keinen Zutritt“ und Personenkontrollen wird die Regelung des Jugendschutzgesetzes vom Veranstalter eingehalten.

Zu Ihrer Frage zwei: Es ist nicht die Aufgabe des Senats, das kulturelle Engagement des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg zu bewerten. Die Entscheidung zur Unterstützung der Ausstellung liegt in der alleinigen Verantwortung des Bezirksamts. Nach Informationen aus dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg wurden aus laufenden Haushaltsmitteln des Kulturamts 1 772 € und aus akquirierten Mitteln, Spenden, 1 622 € für die Ausstellung eingesetzt.

Danke schön! – Herr Wansner, Ihre Zusatzfrage!

Herr Senator! Wer diese Bilder in den Medien gesehen hat, der fragt sich – diese Frage stelle ich jetzt an Sie –: Wie weit kann Kunst eigentlich gehen, wenn sie solche kinderpornographischen Bilder darstellt?

[Brauer (PDS): Waren Sie da, Herr Wansner? Oder haben Sie nur „Bild“ gelesen?]