Das „goldene Buch“ sagt das so, aber Frau Senftleben, Sie sind herzlich willkommen und haben selbst verständlich das Wort. Bitte schön!
In Anbetracht dessen, dass wir heute Weiberfastnacht haben – vielen Dank, Herr Präsident! – Wir haben uns eben über 32 Millionen € unterhalten, diesmal geht es um ca. 4 Millionen €. Es geht auch um die Zukunft der Stadt, und es geht auch um ein bürgerschaftliches Engagement. – Frau Dr. Tesch, wenn Sie die erneuten Kürzungen bedauern – handeln Sie!
Es scheint so zu sein, dass etwas Bewegung in die Finanzierung der freien Schulen gekommen ist. Zumindest kann man das glauben, wenn man den Aussagen des
SPD-Fraktionsvorsitzenden Müller Glauben geschenkt hat. Herr Müller, Sie haben offensichtlich in einem Gespräch mit den Vertretern der freien Schulen eingesehen, dass nochmalige Kürzungen für diese Schulen nicht zu verkraften sind. Sie wollen sich für ein Abfedern der Kürzungen einsetzen sowie für eine mittelfristige Umstellung der Finanzierungsbasis für die freien Schulen. Was kann ich da anderes sagen als: Einsicht ist der erste Weg zur Besserung, Herr Müller. Vielleicht ist die alte Tante SPD noch lernfähig, insbesondere in dem Jahr der Bildung und Innovation. – Bereits heute haben Sie, verehrte Vertreter der freien Schulen, die noch da sind, die Möglichkeit zu überprüfen, was die Aussagen eines SPDFraktionsvorsitzenden wert sind. Dieser nämlich hat, wahrscheinlich ohne es zu wissen, sich die Forderung unseres Antrags zu eigen gemacht. Und nun heißt es: Farbe bekennen.
Es liegen zwei Anträge vor. Im Grunde genommen haben sie dasselbe Ziel: die Existenz der freien Schulen zu sichern und ihnen eine Grundlage für eine Fortführung ihrer erfolgreichen Arbeit zu geben. Die Schulen in freier Trägerschaft gehören zu den Leuchttürmen in der Berliner Bildungslandschaft. Das besondere Profil, die hohe Eigenständigkeit – da wollen öffentliche Schulen erst hin. Aber sie symbolisieren gleichermaßen einen Teil der Bürgergesellschaft, nach der wir alle so vehement rufen. Hier treffen wir nämlich auf das verstärkte Engagement, die Eigeninitiative bei allen Beteiligten, und genau diese Eigenschaften sind es, die die Bürgergesellschaft voraussetzt. – Die Intention des Grünen-Antrags ist lobenswert, doch leider ist die Ausformung nicht gelungen. Der Antrag ist rechtlich nicht durchdacht; denn sobald es wieder zu Veränderungen an öffentlichen Schulen käme, stünden wir wieder vor demselben Debakel. Die aktuellen Entwicklungen im Schulbereich einfach auszuklammern, wie zum Beispiel Tarifverträge und die Verlängerung der Lehrerarbeitszeit, das nenne ich dilettantisch. Und die Annahme, hier könnte geltendes Recht, nämlich das Schulgesetz, einfach ignoriert werden, ist schlicht nicht realisierbar.
Der zweite Antrag stammt aus der Feder der FDPFraktion. Bereits vor zwei Jahren haben wir uns vehement gegen die Herabsetzung der Förderhöhe der freien Schulen von 97 % auf 93 % der Personalzuschüsse gestellt. Und mit aller Entschiedenheit haben wir uns gegen eine Marginalisierung der Ergänzungsschulen gewehrt und auf die Konsequenzen aufmerksam gemacht, die die Reduktion der Zuschüsse an die freien Schulen mit sich bringen. Wir haben zudem frühzeitig eine Umstellung der Berechnungsgrundlage bei der Bemessung der Zuschüsse auf Schülerkostensätze gefordert. Die Vorteile einer solchen Regelung liegen auf der Hand. Die freien Schulen könnten endlich planen; das Land wäre ausnahmsweise einmal ein verlässlicher Partner. Und außerdem hätten wir mehr Transparenz; der Wettbewerb zwischen den freien und den staatlichen Schulen würde auf eine reelle Basis gestellt.
Als kürzlich im Hauptausschuss über dieses Problem debattiert wurde, habe ich durchaus den Eindruck gewonnen, dass selbst Abgeordnete von Rot-Rot dieses Ansinnen nachvollziehen können – Herr Nolte zum Beispiel. Herr Böger, Sie behaupten, die freien Schulen würden gar keine andere Finanzierung wünschen. Dazu empfehle ich Ihnen: Reden Sie mit ihnen. Was die Schulen wollen, ist Planbarkeit und Verlässlichkeit. Bisher, und das ist das eigentlich Skandalöse, sind diese Schulen immer nur als Bittsteller aufgetreten, anerkannt wurden sie nur in Sonntagsreden. Nun brauchen es diese Schulen endlich schwarz auf weiß, dass sie in dieser Stadt willkommen, dass sie gewollt sind, weil sie unsere Bildungslandschaft bereichern.
Es kommt hinzu: Die Schulen in freier Trägerschaft sind für den Staat ein Schnäppchen. Diese Vermutung hatten wir schon lange, bestätigt wurde sie in der roten Nummer 1908 A im Hauptausschuss. Dort hat die Verwaltung endlich nach langem Hickhack dargelegt, was ein Schüler an einer öffentlichen Schule der jeweiligen Schulart kostet. Das Ergebnis ist ein wenig bizarr. Es macht aber eines deutlich: Gelackmeiert sind die Schulen in freier Trägerschaft.
Ziel muss es für uns alle sein, mittelfristig die Zuschüsse an die freien Schulen auf 80 % der vergleichbaren Schülerkosten heraufzusetzen. Dieses Land spart eine erkleckliche Summe allein durch die Existenz der Schulen in freier Trägerschaft, aber dennoch wird ihnen weiterhin der Geldhahn zugedreht. Das ist mehr als paradox. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Fördern Sie die freien Schulen, dann wird das Land zum zweifachen Gewinner und dann können wir es unter dem Label „intelligentes Sparen“ zusammenfassen.
Bis jedoch eine derartige Umstellung realisiert wird, dauert es einige Zeit, wir kennen das. Deshalb fordern wir die Heraufsetzung der Zuschusshöhe auf 97 % der vergleichbaren Kosten einer öffentlichen Schule. Frei nach Kant rufe ich Ihnen zu: Wagen Sie es, Ihren Verstand zu gebrauchen, und stimmen Sie unserem Antrag zu! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Kollegin Senftleben! – Wir fahren fort mit der PDS. Frau Kollegin Schaub hat das Wort – bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dann versuchen wir es mit dem Verstand: Deshalb möchte ich heute keine Grundsatzdiskussion über Stellenwert und Bedeutung über Schulen in freier Trägerschaft führen.
Das haben wir gründlich und ausführlich getan. Die Positionen sind völlig klar, darüber müssen wir uns nicht neu verständigen. Mit der Änderung des Privatschulgesetzes im Juli 2002 und der Verabschiedung des neuen Schulge
setzes jetzt im Januar sind die rechtlichen Grundlagen für die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft definiert. Wir sind dabei, – das ist zu Recht eingefordert worden – stabile Finanzierungsgrundlagen zu schaffen und die Existenz von Schulen in freier Trägerschaft selbstverständlich zu sichern. Gelegentlich wird anderes unterstellt, sogar in Antragsüberschriften.
Ich denke, dass es wenig sinnvoll ist, an solchen Regelungen – eine solide Finanzierungsgrundlage zu schaffen – ständig herumzubasteln.
Nein, wir haben nicht herumgebastelt, wir haben ein Gesetz vorgelegt, das jetzt mit der Koalitionsmehrheit angenommen wurde. Über die Anträge müsste man deshalb heute gar nicht mehr reden, aber es bleibt ein Problem. Es ist hier zu Recht auf den Auflagenbeschluss des Hauptausschusses verwiesen worden. Der besteht, und der ist nicht ohne Weiteres aufzuheben. Er bedeutet – ich habe eine etwas andere Rechnung –, dass 2,1 Millionen € im Haushalt gefunden werden müssen. Ich komme darauf noch einmal zurück.
Die Grünen haben einen Antrag vorgelegt, in dem sie ziemlich deutlich, ganz korrekt, eine Gesetzesänderung beantragen. Die FDP ist mit ihrem Antrag unter der Teppichkante herumgesegelt, indem ihr Antrag glauben macht,
dass es sich nicht um eine Gesetzesänderung handele, und behauptet, dass das Land Berlin die freien Schulen nicht erhalten will. Das könnte man zumindest der Überschrift entnehmen. Sie heben bereits in ihrem Text auf eine Kostenfinanzierung ab. Man könnte nun meinen, es gäbe dazu bereits konkrete Vorstellungen. Gerade das wäre aber zunächst einmal zu diskutieren, wenn man eine andere als die jetzige Lösung will. Für Diskussionen sind wir durchaus offen. Die Werte liegen vor, sie müssen diskutiert werden. Danach muss man abwägen, ob das eine Lösung wäre. Schon allein deshalb können wir dem Antrag nicht zustimmen.
Wir haben ein rechtliches Problem. Der Auflagenbeschluss hat die Senatsverwaltung beauftragt, einen Lösungsvorschlag zu unterbreiten. Das war nicht möglich, wie uns die Senatsverwaltung wissen ließ.
Ich will der Vollständigkeit und der guten Ordnung halber und nicht nur nebenbei darauf hinweisen, dass es in dieser Legislaturperiode selbstverständlich finanzielle Verbesserungen für die Schulen in freier Trägerschaft gegeben hat. „Selbstverständlich“ sage ich deshalb, weil es sich um Zahlungen handelt, die diesen Schulen zustehen. Aber man wird sie nennen dürfen, um darzulegen, wie die Finanzierungsgrundlage ist. Es waren Mittel
nachzureichen – rund 5 Millionen € – auf Grund der Angleichung der Personalkosten an das reale Alter, es gab die Nachzahlung in Höhe von 2,4 Millionen € wegen einer veränderten Lehrer-Schüler-Relation, und selbstverständlich sind die bewährten Träger mit der Neuregelung in den Genuss von 1,28 Millionen € für die schnellere Gewährung von Zuschüssen gekommen. Natürlich sind auch höhere Schülerzahlen bedacht und die entsprechenden Zahlungen geleistet worden. Das heißt, das Land Berlin hat etwa 10,3 Millionen € im vergangenen Jahr gezahlt, die den Schulen – ich betone das – rechtmäßig zustanden. So viel zu dem Argument, das Land Berlin schneide den Schulen in freier Trägerschaft die Luft ab. Dem ist nicht so.
Wir stehen aber vor der Schwierigkeit, woher die 2,1 Millionen € genommen werden sollen. Aus dem Einzelplan 10, das ist selbstverständlich. Dies hat zur Folge – ich sage das ganz deutlich als Bildungspolitikerin, auch ganz persönlich –: Vorausgesetzt, die Haushälter fänden den Betrag, dann gibt es im Einzelplan 10 noch einige andere schwierige Themenfelder. Ich nenne ein Beispiel, bei dem sich die Summe ungefähr deckt: Wenn ich als Bildungspolitikerin vor die Frage gestellt würde, 2,1 Millionen € für den Erhalt von Schulstationen und Schülerclubs oder aber Schulen in freier Trägerschaft einzusetzen, dann muss ich mich für den Erhalt von Schulstationen und Schülerclubs entscheiden.
Dass wir vor solchen Entscheidungen stehen, das hat nicht Rot-Rot zu verantworten. Daran wollte ich Sie erinnern. – Vielen Dank!
Danke schön, Frau Kollegin Schaub. Nun folgt wirklich die CDU. Das Wort hat der Kollege Goetze – bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wenn man wollte, könnte man etwas für die Schulen in freier Trägerschaft tun.
Man lässt völlig unberücksichtig, dass man für einen Euro, den man im öffentlichen Schulbereich aufwendet, nur 60 Cent für die entsprechende Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft aufbringen muss. Wir haben in unseren Anträgen in dieser Legislaturperiode bereits deutlich gemacht, dass die beste Sparmaßnahme im Schulbereich die wäre, viel mehr Schulen in freier Trägerschaft zu schaffen, als wir sie momentan haben.
Hamburg hat doppelt so viele Schulen in freier Trägerschaft. Man kann damit deutlich einsparen. Die Effekte
im Landeshaushalt würden dazu beitragen, dass man erstens den Organisationsaufwand der öffentlichen Hand etwas reduziert, dass zweitens Einsparungen realisiert werden könnten, drittens Schulvielfalt besteht und man es viertens solide finanzieren könnte. Es geht, natürlich geht es. Das beliebte Beispiel Hamburg, das uns immer als Leuchtturm vorgestellt wird, macht es sehr deutlich. Man brauchte es einfach nur zu kopieren. Die Gegenrechnungen sind aufgemacht worden, sie sind im Schulausschuss weder von der Verwaltung noch der Regierungskoalition bestritten worden. Aber man macht es nicht. Es ist eine bewusste Entscheidung gegen eine solide Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft. Man könnte, genauso wie man mit dem Haushaltbegleitgesetz in ein paar Wochen ganz viele Berliner Gesetze ändert, natürlich auch das Schulgesetz ändern und hätte die Möglichkeiten, die Zuschüsse an die Schulen privater Trägerschaft neu zu definieren. Man möchte es aber nicht machen. Das ist der entscheidende Punkt. Deswegen sind auch die vorgeschützten rechtlichen Probleme nicht vorhanden. Diese Koalition mit ihrer Mehrheit könnte sie lösen.
Frau Dr. Tesch geht davon aus, dass das geltende Recht einfach so gesetzt und unveränderlich ist. Bedauerlicherweise müssen die Juristen der Schulverwaltung nun mitteilen, dass dieses oder jenes aus solchen und diesen Gründen nicht geht. Aber wir sind der Gesetzgeber. Frau Dr. Tesch, Sie auch sind mit der Gesetzgeber. Sie können das geltende Recht ändern. Sie können zu einer soliden Finanzierung beitragen. Das wird an dieser Stelle nicht einmal versucht. Das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen müssen.
Ansonsten ist zu diesem Thema praktisch alles gesagt worden. Ich möchte das nicht wiederholen. Wir müssen hier festhalten, dass der Wille dazu, die Schulen auskömmlich zu versorgen und dabei auch die besondere Situation zu berücksichtigen, nicht ausgeprägt ist. Bei den Schulen in freier Trägerschaft gibt es die besondere Situation, dass man eben nicht einfach als Land Berlin Mehrarbeit anordnen kann; es müsse mehr zum gleichen Geld gearbeitet werden. Das können Sie bei den Schulen in freier Trägerschaft nicht machen. Sie haben dort private Arbeitsverträge abgeschlossen. Sie haben das gleiche Problem wie etwa bei den Zuwendungsempfängern des Landes Berlin, wo es im Hauptausschuss ein großes Hin und Her hinsichtlich der Frage gab, ob man ihnen dieses so einfach überstülpen kann.
Bei den Privatschulen haben Sie zusätzlich das Problem, dass sich das, was das Land Berlin an seinen öffentlichen Schulen an Sparmaßnahmen durchführt, dort sukzessive im ersten Halbjahr realisieren lässt, die Zuschüsse an die Privatschulen aber eisenhart ab 1. Januar 2004 reduziert berechnet werden. Das trägt nicht dazu bei, Vertrauen in die Finanzierung des Landes herbeizuführen und eine Beschulung in angemessener Weise zu sichern.
Hier geht es nicht um die Details. Die sind alle lösbar. Man muss es nur wollen. Mit der entsprechenden gesetz
lichen Änderung und etwas Willen könnte ein Kompromiss herbeigeführt werden, der nicht so radikal und nicht so drastisch das durchsetzt, was das Land Berlin hier offensichtlich durchzuziehen willens ist. Ich kann nur appellieren, das noch einmal zu überdenken und nicht in dieser Weise zu verfahren. Aber alle Ankündigungen, die wir heute hier erhalten haben, laufen darauf hinaus, dass die beiden Anträge wie alle anderen auch zur Reform der Privatschulfinanzierung wieder niedergestimmt werden. Deswegen gehe ich nicht sehr optimistisch in die nächsten Minuten dieser Plenarsitzung.
Vielen Dank, Herr Kollege Goetze. – Der Senat wünscht das Wort und erhält es. – Herr Senator Böger, bitte schön!