Protocol of the Session on January 29, 2004

Einsatz von Tausalzen oder Auftaumitteln auf Gehwegen und Privatstraßen und insbesondere auf Grundstücken untersagt und nur den Stadtreinigungsbetrieben an speziellen Gefahrenstellen erlaubt ist?

2. Wie beurteilt der Senat dieses private Streuverbot für Tausalze vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Baumärkte, Drogerien, Supermärkte und Gartengeschäfte in Berlin auch in diesem Winter wieder große Mengen von Tausalz für jedermann frei verkäuflich anbieten?

Danke schön! – Für den Senat hat Herr Senator Strieder das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu der Anfrage der Abgeordneten Hertlein zunächst: Wir haben eine neue Winterdienstregelung, und damit erhalten die Stadtreinigungsbetriebe die Möglichkeit, wirksamer, umweltverträglicher und kostengünstiger diesen Winterdienst durchzuführen. Die Stadtreinigung kann nun unmittelbar auf eintretende Wetterereignisse reagieren. Bei vorhergesagter Glättebildung, angekündigtem Eisregen kann die BSR beispielsweise präventiv Feuchtsalz ausbringen. Das hat sich auch in diesem Winter bewährt. Wir hatten am 7. Januar den angekündigten Eisregen. Die vorbeugende Ausbringung von Feuchtsalz war positiv. Es kam an diesem Tag nicht zu dem üblichen Verkehrschaos. Die Polizei registrierte weniger Verkehrsunfälle als im Durchschnitt. Und die Verspätungen im Buslinienverkehr der BVG hielten sich ebenfalls in engen Grenzen.

Diese neue Winterdienstregelung für die Fahrbahnen wurde in Berlin in einer dreijährigen Erprobungsphase unter wissenschaftlicher Begleitung durch das Pflanzenschutzamt getestet und führte durchweg zu positiven Ergebnissen, weil durch das vorausgehende Ausbringen von Feuchtsalz sehr viel weniger Salz ausgebracht werden musste. Wenn erst einmal alles glatt und eisig ist und danach richtig gesalzen wird, um es wieder aufzutauen, führt das zu einem sehr viel höheren Einsatz von Salz und damit auch zu höheren Umweltschäden. Wir gehen davon aus, und das ist auch das Ergebnis dieses dreijährigen Versuchs, dass nunmehr die Belastungen merklich niedriger ausfallen. Und wir erwarten deswegen deutlich geringere Folgewirkungen für die Vegetation.

Für die Autokarosserien, Frau Abgeordnete, spielt das auch keine Rolle, denn der Split auf den Straßen ist viel unangenehmer für die Autos als das bisschen Feuchtsalz, das vorausschauend aufgebracht wird.

Zu der Frage der Kollegin Kubala: Die Stadtreinigungsbetriebe sind nicht zuständig für private Flächen. Das müssen die Privaten selbst etwas machen. Die Privaten dürfen kein Salz verwenden, es sei denn, in Ausnahmefällen wird ihnen das durch ein Bezirksamt genehmigt. Die Bezirksämter genehmigen so etwas nur sehr zurückhaltend, und wenn überhaupt, dann genehmigen sie nur

Sen Dr. Sarrazin

das Ausbringen eines Salz-Sand-Gemisches im Verhältnis von 1:9.

Wenn wir Kenntnis erlangen von solchen Verkaufsaktionen in Baumärkten, Drogerien oder dergleichen mehr, dann schreiben wir diese Firmen an und bitten sie, ihre Angebote mit einem Hinweis auf das Verwendungsverbot im Land Berlin zu versehen.

Danke schön! – Jetzt haben beide Fragestellerinnen die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen. Frau Hertlein, haben Sie eine Nachfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator! Lässt sich die Einsparung an Salzmenge und bei den Kosten irgendwie beziffern oder abschätzen?

Danke schön! – Herr Senator Strieder!

Frau Abgeordnete! Wenn wir im Sommer wieder darüber reden können, dann können wir das sicher darstellen, im Moment noch nicht, weil wir noch mitten im Winter sind.

Danke schön! – Haben Sie eine weitere Nachfrage, dann bitte sehr, Frau Hertlein!

Herr Senator! Wie wirkt sich das Salz auf Hundepfoten aus? Müssen Hundebesitzer sich jetzt immer im Karree bewegen, damit ihre Tiere nicht die gesalzenen Straßen überqueren müssen?

[Heiterkeit – Dr. Augstin (FDP): Man kann sie doch tragen! – Doering (PDS): Was ist mit einer streunenden Katze? – Frau Senftleben (FDP): Mit Gummikappen!]

Herr Senator Strieder – bitte sehr!

Frau Abgeordnete! Das Ausbringen von Feuchtsalz im Vorhinein geschieht nur auf Gefahrenstellen, nicht überall, im Wesentlichen auf Kreuzungen, und da ist es im Winter ohnehin ganz gut, wenn sich die Hunde nicht auf der Kreuzung befinden.

Danke schön! – Die nächsten Nachfragen gehen an die zweite Fragestellerin, Frau Kubala! – Bitte sehr!

Meine Frage richtete sich nicht an die BSR, sondern an den Senat. Deswegen frage ich beim Senat noch einmal nach: Kann es nicht bei der Verwendung von Salz durch die BSR bei Bürgern zu Verwirrungen kommen, dass diese glauben, Salz ebenso auf Privatgrundstücken anwenden zu können? Es kommt hinzu, dass es seitens des Senats keine offensive Informationspolitik über das Tausalzverbot gibt.

Herr Senator Strieder – bitte schön!

Frau Abgeordnete! Wir haben hier im Parlament, im Ausschuss, in der Stadt drei Jahre lang diesen Versuch über diesen frühzeitigen Einsatz von Feuchtsalz durch die BSR begleitet. Unser Problem ist, dass der Verkehr, wenn der Schnee glatt gefahren ist, wenn es zu Eis wird, wenn ein Eisregen kommt, zusammenbricht und wir erhebliche Gefährdungen auch von Fußgängern haben, Beinbrüche und dergleichen mehr.

[Beifall des Abg. Hoffmann (CDU)]

Ich finde, wir müssen da schon abwägen. Nicht alles, was dem Staat zur Gefahrenabwehr erlaubt ist, muss auch der Private selbst machen dürfen. Auf einem privaten Weg im eigenen Garten herrschen andere Verhältnisse als auf einer vielbefahrenen Kreuzung. Deswegen finde ich die Gleichsetzung, die Sie hier versuchen, völlig unangebracht. Der private Gehweg kann gut mit Sand gestreut werden. Das ist leider nicht möglich bei den Kreuzungen in Berlin und bei wesentlichen Fußgängerüberwegen, wo der Schutz der Menschen im Vordergrund steht.

Danke schön! – Frau Kubala, haben Sie eine weitere Nachfrage? – Bitte sehr!

Das ist hier nicht die Frage. Ich frage noch einmal: Was macht der Senat, um das Tausalzverbot für Private durchzusetzen? In der Tat haben wir oft über Sinn und Unsinn des Einsatzes von Tausalz durch die BSR gesprochen. Aber bei meiner Frage hier geht es ausschließlich um das Tausalzverbot für Private und was der Senat macht, um dieses durchzusetzen vor dem Hintergrund, dass das Tausalz offen in den Baumärkten angeboten wird.

Herr Senator Strieder!

Zunächst einmal ist es kein verbotenes Mittel, sondern darf frei verkauft werden, und wir können es nicht verhindern. Zum Zweiten hat der Senat nicht vor, eine Tausalzpolizei einzurichten, und drittens glauben wir, dass das Rechtsbewusstsein und das Umweltbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger ausgeprägt genug ist, dass wir nicht in einer Schnüffelaktion hinter allen herlaufen müssen.

[Beifall des Abg. Schmidt (FDP)]

Danke schön! – Die nächste Zusatzfrage geht an Herrn Buchholz von der SPDFraktion. – Bitte sehr!

Herr Senator, um noch einmal auf die BSR und den Winterdienst zu sprechen zu kommen: Inwieweit wird kontrolliert, dass auch die exakten Mengen ausgebracht werden? Wie Sie wissen, hängt die ökologische Verträglichkeit und Wirksamkeit entscheidend davon ab, dass exakt dosiert wird. Nehmen diese Kontrollen nur die BSR oder auch die Senatsverwaltung vor?

Sen Strieder

[Hoffmann (CDU): Der Senator persönlich! – Doering (PDS): Was machen eigentlich die Wildschweine?]

Herr Senator – bitte!

Herr Abgeordneter Buchholz! Das ist eine technische Einrichtung. Die BSR sind sehr daran interessiert, dass dieser Modellversuch, den wir jetzt in die Wirklichkeit übertragen haben, auch bestehen bleibt und dass wir nicht wieder insbesondere die Schäden an Straßenbäumen haben, wie wir es in den vergangenen Jahrzehnten erlebt haben. Diese technische Einrichtung wird von den BSR kontrolliert, und ich bin sicher, dass wir uns dabei auf die BSR verlassen können.

Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage – eine schaffen wir noch. Das Wort hat Herr Hoffmann zu seiner Mündlichen Anfrage über

Telebus vor dem Aus – Behinderte ohne Mobilität?

Ich frage den Senat:

1. Wieso kündigt der Senat dem aktuellen Telebusbetreiber, und welche Planungen oder feste Angebotszusagen bestehen aktuell für die Aufrechterhaltung des Angebots?

2. Inwieweit sind Gespräche mit den Betroffenen erfolgreich geführt worden, um ein reibungsloses Angebot für die Nutzer zu gewährleisten – z. B. Betriebsübergang für die Beschäftigten, Telebusdienstbetreiber, Behindertenvertretung, BZA?

Das Wort zur Beantwortung hat Frau Senatorin Knake-Werner. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Hoffmann! Zunächst möchte ich eines klarstellen: Es gibt überhaupt keinen Grund, den Telebus tot zu reden. Die Zuwendungen sind – wie Sie spätestens seit der gestrigen Hauptausschusssitzung wissen – für die Jahre 2004 und 2005 in der Höhe von über 12 Millionen € eingestellt. Das garantiert die Weiterführung des Telebusses.

Gleichzeitig setzt sich der Senat dafür ein, dass die Mobilitätsbedingungen für Menschen mit Behinderungen weiter verbessert werden. Dies heißt vor allem, dass wir in den Anstrengungen, den öffentlichen Nahverkehr barrierefrei zu machen, nicht nachlassen dürfen. Auch dafür setzt sich der Senat ein.

Dies heißt aber auch – das genau ist das Ziel des Senats, und darin sind wir uns mit den Betroffenen auch komplett einig –, dass es darum geht: So viel ÖPNVNutzung für Menschen mit Behinderungen wie möglich und so viel Telebus für Menschen mit Behinderungen wie

nötig! – An einem solchen Konzept wird – wie Sie auch seit der gestrigen Sitzung ziemlich detailliert wissen – zurzeit unter Einbeziehung der Betroffenen gearbeitet. Das bedeutet nach unseren Vorstellungen eine konzeptionelle Weiterentwicklung des Sonderfahrdienstes, und diese Arbeiten sollen bis zum 1. Januar 2005 abgeschlossen sein.

Deshalb hat meine Verwaltung dem jetzigen Betreiber, dem Berliner Zentralausschuss für soziale Aufgaben, vorsorglich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Zuwendungen des Landes an den BZA zum 1. Januar 2005 einzustellen. Damit hat der jetzige Betreiber über ein Jahr Zeit – denn das ist ihm schon im letzten Jahr mitgeteilt worden –, sich auf diese neue Situation einzustellen. Unabhängig davon wird es in einem neuen Konzept auf jeden Fall einen Sonderfahrdienst geben, der für die Mobilität von Menschen mit Behinderungen da ist und diese Mobilität auch in Zukunft sichert. Zum 31. März 2004 – das haben wir gestern auch noch einmal erklärt – werden die Ergebnisse der Arbeiten dem Fachausschuss und dem Hauptausschuss vorgelegt, und sie werden dort dann sicherlich intensiv diskutiert.

Herr Hoffmann – bitte!

Wieso kündigt man einen Vertrag, wenn man noch kein Konzept hat, wie es weitergehen soll? Warum werden nicht alle beteiligt, die dazu etwas beitragen könnten, um ein gemeinsames Konzept und vor allem eine Verständigung zu erreichen, die alle Verunsicherungen verhindert – bei den Betroffenen, bei denjenigen, die das ausführen, und selbstverständlich auch bei den Beschäftigten, die jetzt in diesem Bereich tätig sind?

Frau Senatorin KnakeWerner!

Herr Hoffmann! Sie müssen sich schon einmal fragen lassen, ob Sie nicht ein Stück weit zur Verunsicherung beitragen, wenn Sie in der Öffentlichkeit damit beginnen, den Telebus für tot zu erklären,